Aktueller Stand der Novellierung | Notfallsanitätergesetz

  • In Bezug auf die Kompetenzfragen finde ich schade, dass man die Gelegenheit anscheinend nicht nutzen will oder kann, das Verhältnis zum HPG zu klären. Einerseits will man wohl eine Ausnahme davon regeln, was mit dem interessanten Begriff der "inzidenten Rechtsgrundlage" etwas verschämt umschrieben wird. Andererseits liest es sich so, als sollten die Regelungen über den rechtfertigenden Notstand wie bisher gelten sollen. Dazu schafft man die Klausel über ärztliche Leiter, die weitere Unklarheiten produzieren wird.


    Meine Meinung zum Thema ÄLRD aus einem Parallelthread: Gehen PHTLS und DGU getrennte Wege?


    J. 8)

  • In Bezug auf die Kompetenzfragen finde ich schade, dass man die Gelegenheit anscheinend nicht nutzen will oder kann, das Verhältnis zum HPG zu klären. Einerseits will man wohl eine Ausnahme davon regeln, was mit dem interessanten Begriff der "inzidenten Rechtsgrundlage" etwas verschämt umschrieben wird. Andererseits liest es sich so, als sollten die Regelungen über den rechtfertigenden Notstand wie bisher gelten sollen. Dazu schafft man die Klausel über ärztliche Leiter, die weitere Unklarheiten produzieren wird.


    Seltsam, das habe ich anders gelesen. § 4 II teilt doch die Kompetenzen ausdrücklich in 3 unterschiedliche Kategorien:

    • Eigenverantwortliche Tätigkeiten (Gefahrenabwehr am Einsatzort, Beurteilen des Gesundheitszustandes (Diagnose!), durchführen "angemessener" (finde ich wirklich gelungen, auch wenn es natürlich an das Konstrukt des § 34 StGB erinnert) incl. invasiver Maßnahmen, Herstellen und Sichern der Transportfähigkeit, u.a.)
    • Mitwirkung (Assistenz, Delegation, eigenständige Durchführung freigegebener heilkundlicher Maßnahmen [hier eigentlich falsch einsortiert, müsste unter 1 stehen])
    • Fachübergreifende Zusammenarbeit


    Gerade die unter 1 aufgelisteten Tätigkeiten weisen doch darauf hin, dass der Gesetzgeber hier keine Probleme bezüglich der Heilkunde zu sehen scheint, weshalb sich eine Argumentation im Sinne von "Lex posterior derogat legi priori" geradezu aufdrängt. Allerdings ist bei solcher Betrachtung § 4 Abs. II Nr. 2 lit. c) tatsächlich erklärungsbedürftig.

  • Randbemerkung: Krass, dass dieser Thread über sieben Jahre alt ist.
    Es ist durchaus interessant, die eine oder andere Prognose aus dem Diskussionsverlauf aus der jetzigen Perspektive noch einmal zu lesen; manche haben sich ganz schön getäuscht, manche hatten ganzschön Recht. Bin mal gespannt, wie sich alles weiter entwickelt, denn der Prozess ist ja noch nicht am Ende...
    J.

  • Erstens weiß man das noch nicht.
    Zweitens hat das eine mit dem anderen nicht zwingend etwas zu tun.
    Drittens kann man ja auch als Rettungssanitäter irgendwann im Leben mal einen echten Beruf erlernen.


    Aber das sollten wir an dieser Stelle nicht diskutieren.
    J.

    Danke für die Antwort auch wenn die mir nicht weiterhilft. Im übrigen habe Bereits eine 3 Jährige duale Berufsausbildung absolviert und erfolgreich bestanden, aber die Rückkehr dahin kommt für mich nicht in Frage da mein Interessenbereich klar im RD/ KTP liegt. Ansonsten bin ich beim letzten Satz deiner Meinung.

  • Nun, wenn dein Interessenbereich da liegt, sollte es doch in deinem eigenen Interesse sein, auch dort eine Berufsausbildung zu erlangen. Ewig der ganz leicht ersetzbare Hilfsarbeiter zu sein, ist doch nicht wirklich die Erfüllung, oder doch?


    Andererseits sehe ich nicht, was das Notfallsanitätergesetz den Rettungssanitätern tun soll. Das RettAssG wird (wie zu erwarten war) paralell abgeschafft, daher wird sich für den Rettungssanitäter nicht viel ändern. Lediglich wird vermutlich die Kompetenzdifferenz deutlich wachsen. Aber der Rettungssanitäter verschlechtert sich ja nicht, er gewinnt nur nichts dazu. Daher ist das Problem, sofern es überhaupt besteht, lediglich im Vergleich zu sehen. Es wird wohl erstmal auf NotSan / RettSan hinauslaufen.. wobei ich persönlcih mich auf NotSan / NotSan freue. Und nun träume ich mit dieser süßen Illusion dahin...


    Gute Nacht!

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Aus Interesse zwei Fragen:
    Wie lange hatte es gedauert bis nach der RettAssG Verabschiedung die ersten "RettAss" fertig waren? Wie lange dauerte es bis der RettAss in den jeweiligen Landes-RettG Platz gefunden hat?


    Zudem finde ich als nicht Betroffener, dass die Wortwahl des neuen Berufsbilds passt. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist es immer der Sanitäter, das ist für mich nicht abwertend. Im Krankenhaus ist auch jeder "Schwester/Pfleger" egal ob MTA, MTRA, Arzthelfer/in... :hallo:


    Natürlich nicht so cool wie Paramedic, achja das heißt ja auch was von neben Medic, sprich assistierender Medic, ah Rettungsassistent. :hallo:

  • ...NotSan...


    Das allergrößte Problem wird es aber sein eine alltagstaugliche Abkürzung zu finden. :D


    NS ist irgendwie genauso doof wie NotSan. Für unsere Englisch sprechenden Pat. wird das dann: "Not-San", ahnlich wie "Not-Arzt". Wie handhaben das unsere österreichischen Kollegen? NFS?


    P.S.: Ja, war reichlich Off-Toppic und ich erwarte nicht wirklich ne Antwort... ;)

  • Gerade die unter 1 aufgelisteten Tätigkeiten weisen doch darauf hin, dass der Gesetzgeber hier keine Probleme bezüglich der Heilkunde zu sehen scheint, weshalb sich eine Argumentation im Sinne von "Lex posterior derogat legi priori" geradezu aufdrängt.


    Die Regelung in § 4 Abs. 2 Nr. 1 c) des Entwurfs wiederholt das, was heutiger Stand ist. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass jemand diesen Stand bestreitet. Der Wortlaut umschreibt nichts anderes als eine Notstandslage. Deshalb sehe ich nicht, dass der Gesetzgeber beabsichtigt, sich mit dieser Vorschrift zum HPG zu äußern.


    Im Übrigen heißt es in der Begründung: "handelt es sich in der Regel um heilkundliche Tätigkeiten, die eigentlich vom Arzt selbst
    erbracht oder veranlasst werden müssten. In Fällen, in denen der Arzt aber nicht rechtzeitig anwesend ist und einer der beschriebenen Notfälle vorliegt, übernimmt die Notfallsanitäterin oder der Notfallsanitäter die Aufgabe das zu tun, was notwendig ist, um das Leben
    des Patienten zu retten oder wesentlichen Folgeschäden vorzubeugen, die durch Verzögerungen von Hilfeleistungen drohen. Diese Befugnisse, die der Übernahme heilkundlicher Aufgaben entsprechen, sind zeitlich befristet. Sie bestehen nur bis zum Eintreffen
    einer notärztlichen oder sonstigen ärztlichen Versorgung." (S. 31)


    Wir treffen also auf das seltsame Konstrukt einer je nach Situation bestehenden, zeitlich befristeten und auf die Verhinderung schwerer Schäden beschränkten Derogation des HPG? Das haben wir schon; die wortreiche Umschreibung dessen, was die eine Interessengruppe will, der anderen aber anscheinend nicht auf die Nase binden möchte, wird aber kaum zu mehr dogmatischer Klarheit und mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zur Beendigung von Streitereien führen.


    Zumal die Begründung in sich ja auch nicht konsequent ist. Weiter heißt es (auf S. 31):


    "Güterabwägung zwischen den Interessen der Patientinnen und Patienten an der schnellstmöglichem und gegebenenfalls
    lebensrettenden Versorgung und dem Interesse, den Heilkundevorbehalt des Arztes zu genügen, gerechtfertigt."



    Allerdings ist bei solcher Betrachtung § 4 Abs. II Nr. 2 lit. c) tatsächlich erklärungsbedürftig.


    Ein weiteres Argument für meine Enttäuschung. Abgesehen davon, was ich sonst von der Idee einer Kompetenzfreigabe durch ÄLRD halte, stellt sich im Zusammenspiel mit der Begründung die Frage: Soll dieser Passus auch als "inzidente Rechtsgrundlage" für Anordnungen des ÄLRD verstanden werden?

  • Aus Interesse zwei Fragen:
    Wie lange hatte es gedauert bis nach der RettAssG Verabschiedung die ersten "RettAss" fertig waren? Wie lange dauerte es bis der RettAss in den jeweiligen Landes-RettG Platz gefunden hat?

    RettAss gab´s damals wegen der Überleitung sofort jede Menge. Wie lange es gedauert hat bis der Rettass in den Landes -RettG auftauchte, würde mich auch interessieren.

  • Aus Interesse zwei Fragen:
    Wie lange hatte es gedauert bis nach der RettAssG Verabschiedung die ersten "RettAss" fertig waren? Wie lange dauerte es bis der RettAss in den jeweiligen Landes-RettG Platz gefunden hat?


    Nach der Verabschiedung des RettAssG Ende 1988 kamen natürlich erstmal die Anerkannten auf den Markt, wobei die Anerkennungsverfahren auf Grund der Masse recht lange gingen. Ich meine, dass die ersten Kurse (hauptsächlich die Aufbaukurse RS->RA) 1991 begonnen haben.
    Die Zementierung des RA in den jeweiligen RDG erfolgte natürlich länderspezifisch unterschiedlich, in Ba-Wü dürfte es 1994 oder 1995 gewesen sein.

  • Nun, wenn dein Interessenbereich da liegt, sollte es doch in deinem eigenen Interesse sein, auch dort eine Berufsausbildung zu erlangen. Ewig der ganz leicht ersetzbare Hilfsarbeiter zu sein, ist doch nicht wirklich die Erfüllung, oder doch?


    Mod.: Wir werden das IN DIESEM THREAD auf gar keinen Fall diskutieren!
    Danke, J.

  • Die Regelung in § 4 Abs. 2 Nr. 1 c) des Entwurfs wiederholt das, was heutiger Stand ist. Mir ist jedenfalls nicht bekannt, dass jemand diesen Stand bestreitet. Der Wortlaut umschreibt nichts anderes als eine Notstandslage. Deshalb sehe ich nicht, dass der Gesetzgeber beabsichtigt, sich mit dieser Vorschrift zum HPG zu äußern.


    Im Übrigen heißt es in der Begründung: "handelt es sich in der Regel um heilkundliche Tätigkeiten, die eigentlich vom Arzt selbst
    erbracht oder veranlasst werden müssten. In Fällen, in denen der Arzt aber nicht rechtzeitig anwesend ist und einer der beschriebenen Notfälle vorliegt, übernimmt die Notfallsanitäterin oder der Notfallsanitäter die Aufgabe das zu tun, was notwendig ist, um das Leben
    des Patienten zu retten oder wesentlichen Folgeschäden vorzubeugen, die durch Verzögerungen von Hilfeleistungen drohen. Diese Befugnisse, die der Übernahme heilkundlicher Aufgaben entsprechen, sind zeitlich befristet. Sie bestehen nur bis zum Eintreffen
    einer notärztlichen oder sonstigen ärztlichen Versorgung
    ." (S. 31)


    (Hervorhebung durch mich)
    Damit scheint für mich zumindest formuliert, was bisher unklar war: dass der Arzt nicht zwingend zum Patienten kommen muss, sondern dass der RD auch den Patienten versorgen und dann zum Arzt (ins KH) bringen kann, obwohl "erweiterte Maßnahmen" ergriffen wurden.


    J.

  • Ich frag mich grade wirklich, wie ich die 6 Monate Kurs absolvieren soll.... Aber meine Klinik wird das schon schaukeln.
    Zur Not bleib ich halt im OP :D



    Zum einen find ich es toll, wie hier endlich wieder disskutiert wird...
    Spannend ist der NFS als neues Produkt jedenfalls...

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    Aktuelle "Patient bleibt zu Hause Quote": 67% :stop_1:

  • Wie lange dauerte es bis der RettAss in den jeweiligen Landes-RettG Platz gefunden hat?

    Im Fall von Niedersachsen wurde der RettAss erst Ende 2007 verbindlich auf RTW eingeführt (NRettDG §10, 2007, neuste Fassung 2012)!


    Ohne auf Stammtischparolen eingehen zu wollen, denn hier ist meine größte Befürchtung, u.a. auch die einiger meiner Kollegen, dass genau dieses, die gesetzliche Umsetzung eines Notfallsanitäters im NRettDG, wieder viele Jahre dauern wird. Da lt. Entwurf zur Nachqualifizierung aber nur 5 Jahre Zeit bleiben, wird bei fehlendem gesetzlichem Druck die Nachqualifizierung (wieder) ein rein privates Vergnügen bleiben. Die Sorge besteht nun darin, dass neue Auszubildende eine Vergütung beziehen, während die "alten" RettAss ihre eigene Freizeit opfern müssen sowie die Kosten selbst tragen müssen. Das dieses mit einem drei- oder sechsmonatigen Lehrgang nicht mit dem Beruf sowie mit einer evtl. Familie vereinbar sein wird sollte logisch sein! Einen direkten Gang zur Prüfung halte ich für nicht gut, ein "wenig" Schulung sollte schon sein.


    Alles in allem freue ich mich, dass nun endlich eine dreijährige Berufsausbildung ins Haus steht, beobachte einiges aber auch mit Sorge. Das liegt wohl aber auch in der Natur des Menschen...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich habe nicht wirklich danach gesucht, aber ist von einem 6-monatigen Vollzeitlehrgang die Rede oder könnte es sich auch um Module über 6 Monate handeln ?

  • Diese Befugnisse, die der Übernahme heilkundlicher Aufgaben entsprechen, sind zeitlich befristet. Sie bestehen nur bis zum Eintreffen
    einer notärztlichen oder sonstigen ärztlichen Versorgung
    ." (S. 31)


    (Hervorhebung durch mich)
    Damit scheint für mich zumindest formuliert, was bisher unklar war: dass der Arzt nicht zwingend zum Patienten kommen muss, sondern dass der RD auch den Patienten versorgen und dann zum Arzt (ins KH) bringen kann, obwohl "erweiterte Maßnahmen" ergriffen wurden.


    J.


    Na ja - da steht ausdrücklich "bis zum Eintreffen" einer ärztlichen Versorgung. Zudem heißt es eingangs der Begründung:


    "Mit der vorgesehenen Regelung beabsichtigt der Gesetzgeber ausdrücklich keinen Einstieg in ein â??notarztfreies Rettungssystemâ??. Der Anspruch einer Notfallpatientin oder eines Notfallpatienten auf qualifizierte ärztliche Hilfe bleibt vielmehr unberührt und auch wenn die Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter ihre in § 4 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe c näher beschriebenen Kompetenzen nutzen, bleibt dennoch die Hinzuziehung einer Notärztin oder eines Notarztes zwingend." (S. 22)


    Hinzu kommen meine o.g. Hinweise zur Baum-und-Borke-Problematik.

  • Wer sollte deiner Ansicht nach die zugewiesenen Fachkompetenzen definieren?


    Das Bundesgesundheitsministerium durch eine Verordnung, zentral und bundeseinheitlich.
    Das bezieht sich dann aber auf die akademisierte Version des Notfallsanitäters.


    Mein Lieblingsbeispiel ist und bleibt der ungarische Rettungsoffizier.

  • Das Bundesgesundheitsministerium durch eine Verordnung, zentral und bundeseinheitlich.
    Das bezieht sich dann aber auf die akademisierte Version des Notfallsanitäters.


    Mein Lieblingsbeispiel ist und bleibt der ungarische Rettungsoffizier.

    Warum das?


    Ich hoffe nur das die Festlegung der Kompetenzen des NoFaSa etwas schneller vonstatten geht, als die Sache mit dem Berufsbild. 8) Das gilt auch für die Frage wie die Fortbildung des Altpersonals stattfindet. Das muss der Gesetzgeber m.A. nach auch regeln, ansonsten gibt's hier wieder was halbgares.


    Aber grundsätzlich ist es natürlich wünschenswert, die fachlichen Grundlagen der Ausbildung des höchstqualifizierten nichtärtzlichen RD-Personals zu verbessern. Ich fange jedenfalls schon mal mit den Vorbereitungen an, guter Hoffnung das die Reform zustande kommt. :thinking:

  • Sollen wir uns hier mal auf eine Abkürzung für den potentiellen "Notfallsanitäter" einigen? Bisher gibt es schon mindestens drei verschiedene... ;)