Qualität in EH-Kursen

  • mein vorschlag wäre es den tn eine gewisse berührungsangst zu nehmen..


    ich bin der festen überzeugung das viele ersthelfer dadurch den mut verlierne( siehe viedeo von rtl link zu beginn)
    dies wäre sicher ein punkt an dem man ansetzten sollte


    wobei ich auch die aussage verstehen kann das der ekelfaktor (bei der atemspende) eine grosse rolle spielt

  • Wieso wird dann im Eh-Lehrgang oder auch LSM-Lehrgang nicht prinzipell mit kleinen Hilfsmitteln geübt? wie zB Taschenmasken oä?
    Dies nimmt vielen die Angst, und man weiß, daß es kleine Hilfsmittel gibt, wo einem auch Schützen.
    Zudem wird in den "Laien-Lehrgängen" auch regelmäßig gelehrt, daß das Drücken das wichtigste ist.

  • @ blackylein :hallo:
    ich glaube das der kostenfaktor hier eine rolle spielt...
    keine HIORG wird 25 taschenmasken pro kurs verschenken (stückpreis ca. 3?)


    ich persönlich zeige die dinger schon immer vor aber ich denke das diese teile nur den ekelfaktor mindern und nicht die berührungsangst

  • meiner Meinung nach ist die mangelnde didaktischAufbereitung des Lehrstoffes zu bemängeln. Zu viele Details und Anatomie bis Physiologie Weiterhin halte ich die Ausbildung der Ausbildner größtenteils unzureichend.Wir haben es in der mit Erwachsenen zutun, wenn Sie behandelt werden wie Schüler, dann verhalten Sie sich auch wie solche.


    Auch ist die Gruppengröße oft zu groß. Gruppenarbeiten und dergleichen sind kaum möglich
    Die Kursgebühren sind zu gering.
    Die Inhalte oft zu detailreich, es sollte mehr problemorientiert gelehrt werden und dann nur noch ergänzend doziert werden.
    Der Interviewpartner auf RTL erschien mir auch etwas schlecht informiert zu sein. Die Wiederbelebung nimmt einen großen Stellenwert in den derzeitigen EH und LSM Kursen ein.

    "Die Tugend in die Mitte", sagte der Teufel und setzte sich zwischen zwei Juristen.

  • Zitat

    Original von Medic5754
    Es wird - wie auch bei der AHA - mit Videos gearbeitet.


    Ich kenne dieses Konzept vom MFA-Kurs der Firma "emergency medical planing". Allerdings empfinde ich dieses System als zu starr, es lässt den Referenten keine Möglichkeit, individuell auf eine entstehende Situation (z.B. Fragen, Zielgruppe) einzugehen.
    Der Vorteil ist sicherlich das konsequente Durchziehen der Lehrmeinung, z.B. bei jeder Videosequenz wird auf das Benützen der Handschuhe hingewiesen, als Nachteil empfinde ich das permanente "Berieseln".
    Zumindest für europäische Gemüter halte ich dieses Konzept für wenig brauchbar.

  • Vielleicht steigt HSH ja wieder ein oder ein anderer Ausbilder bei der JUH.


    Da gibt es doch seit einiger Zeit das Konzept mit den Inseln, damit eben nicht

    Zitat

    Original von lifepak
    Zu viele Details und Anatomie bis Physiologie


    unterrichtet werden, sondern Handeln nach Leitsymptomen, was leichter einzuprägen sein soll. Wie sehen die Erfahrungen hierzu inzwschen aus?


    Nähere Infos hierzu: www.johanniter.de

  • Anatomie und Physiologie im EH-Kurs ?
    Hab ich da erfolgreich etwas verdrängt ?
    Oder hab ich als Medizinstudent davon eine andere Definition ?


    Kann mich echt nicht erinnern, dass ich das hatte.

  • @ securo & andere:


    Fragen und Antworten kamen eigentlich nicht zu kurz. Und die Videos sind eigentlich ein ganz guter roter Faden, an dem man sich entlang hangeln kann, jedoch nicht muss. Es besteht noch genügend Freiraum.
    Ein gutes Mischverhältnis zwischen Video, Vortrag, Dialog und ausführlichen Übungen ist natürlich optimal.


    Praxis kommt bei uns in Dland leider viel zu kurz. Wem nützt es denn z.B. im Kurs die stabile Seitenlage nur einmal zu üben (statt 3,4,5,... mal), oder die CPR nach 30x drücken und 2x beatmen zu beenden? Keinem! Dafür werden einige Dinge viel zu ausführlich theoretisch behandelt. Und sind z.T. zu kompliziert gestaltet. Kursinhalte müssen kurz und einprägsam sein. Reiz- und Informationsüberflutungen hat jeder so schon genug. Die braucht es nicht auch noch für das Erlernen von Notfallmaßnahmen.
    Ein Mangel an Übungsmaterial, Manikins und Decken macht es nicht besser, sondern verschlimmert das Ganze noch viel mehr.
    Die Teilnehmer müssen zu mehr Interaktion gebracht werden. Nur durch stures Vorlesen der Folien gelingt dieses nicht. Man muss auf die TN eingehen, sie in den eigenen Kursablauf einbeziehen.
    Dazu zählen auch Dinge wie Raum- und Pausengestaltungen, Sitzanordnungen, Beleuchtung, Belüftung, etc.


    Tests sind schon sinnvoll. So bleibt die Aufmerksamkeit erhalten. Und wer aufmerksam ist - und den Test besteht -, hat neben dem Erfolgserlebnis (>Bescheinigung) auch die Kursinhalte behalten, und erinnert sich im Notfall eher daran.
    Auch ein Verfalldatum für die Bescheinigung macht Sinn. Denn jeder kennt Leute, die vor 10, 20,... Jahren letztmalig einen EH-Kurs besuchten.
    Aufklärung tut natürlich am meisten Not. Denn nur durch immer wiederkehrende Aufklärung und Motovation (Notfälle treffen keine Fremden, sondern Menschen in der persönlichen Umgebung.) kommen die Leute auch in die Kurse.
    Was man auch nicht scheuen sollte, ist Störenfriede des Kurses zu verweisen. Wie aber auch zurückhaltende Teilnehmer zu fördern.


    Ganz wichtig für jeden Kurs - egal ob LSM, EH, AED, RH, RS, RA,... -:
    mehr als 15 Teilnehmer sind unverantwortlich gegenüber dem Ausbilder (ab 10 TN gehört ein zweiter Ausbilder dazu!) und den Teilnehmern.


    Und ja, private Anbieter haben Vorteile gegenüber den grossen HiOrgs. Sie können schneller auf Neuerungen reagieren, und diese umgehend in ihren Lehrplänen umsetzen.
    Und sie verlassen sich nicht in einer Art Selbstgefälligkeit auf ihren grossen Namen wie ASB, DLRG, DRK, JUH, MHD,etc., sondern vielmehr auf ihre Leistungen und Kundennähe.


    Abschliessend sei noch gesagt:
    Ja, das hier ist eine Laiendiskussion. Denn sie betrifft Maßnahmen (nicht nur) durch/für Laien.
    Und nur wenn diese Maßnahmen ergriffen und gut durchgeführt werden, kann der RD auf dieser Basis aufbauen.
    Denn so wie kein Haus ohne gutes Fundament (Basis) stehen bleibt, so wenig bringen erweiterte, rettungsdienstliche Maßnahmen ohne gute Vorarbeit durch die Erste Hilfe.
    Wer sollte das besser wissen, als die RDler?

  • Zitat

    Original von Medic5754
    Fragen und Antworten kamen eigentlich nicht zu kurz. Und die Videos sind eigentlich ein ganz guter roter Faden, an dem man sich entlang hangeln kann, jedoch nicht muss. Es besteht noch genügend Freiraum.


    Ich glaube gerne, dass Fragen und Antworten nicht zu kurz kommen. Jedoch zwingen Videos auch dazu, Fragen zurück zu stellen (der Film läuft ja noch), anstatt spontane Einwürfe zuzulassen, die letztendlich die Lebendigkeit eines Kurses ausmachen ... sollten.


    Gerade aktuelle US-Amerikanische Ausbildungskonzepte orientieren sich immer mehr an Videos und fixen Präsentationen. Diese lassen in jüngerer Vergangenheit immer weniger Freiraum und Individualität zu (vielleicht auch aus versicherungsrechtlichen Gründen ?)


    Diese Fix-Fertig-Pakete ersetzt die Persönlichkeit des Ausbilders als Gestalter durch einen Moderator. Dies kann Vorteile haben ... muss aber nicht.


    Ich möchte gar nicht alle diese Konzepte schlecht machen, dass MFA-Konzept ist auch schon in die Jahre gekommen und in Europa kaum noch verbreitet, sicherlich gibt es hier bereits bessere Weiterentwicklungen.


    Zitat

    Original von Medic5754
    Reiz- und Informationsüberflutungen hat jeder so schon genug...


    Dieses Problem produzieren wir durch den Einsatz von Präsentationssoftware und Videos. Da bin ich ein Freund des Flip-Chart.

  • @ securo:


    Ich mache meine Antwort kurz:


    Zitat

    Original von Medic5754
    Ein gutes Mischverhältnis zwischen Video, Vortrag, Dialog und ausführlichen Übungen ist natürlich optimal.
    (...)
    Reiz- und Informationsüberflutungen hat jeder so schon genug. Die braucht es nicht auch noch für das Erlernen von Notfallmaßnahmen.


    Viel wichtiger sind da doch die anderen von mir angesprochenen Punkte.
    Gerade da hapert es doch bei den meisten Kursen.


    Mir fällt da noch ein wesentliches Problem ein: Die Vorbildung der Ausbilder.
    Rettungsdienstlich vorgebildete Ausbilder (RH,RS,RA) neigen leider allzu häufig dazu ihr geballtes Wissen an den Teilnehmer zu bringen, und überfordern diesen damit. Um nicht zu sagen, dass einige Teilnehmer möglicherweise dadurch sogar verängstigt werden.
    Gerade wir Ausbilder müssen uns in die Teilnehmer hinein versetzen, ihre Unsicherheiten und Defizite (z.T. durch Falschinformationen (> Atemwegsverlegung = Koniotomie mit Taschenmesser und Kugelschreiber; Helmabnahme = Kopf fällt auseinander; brennendes Auto = Explosion, ...)) erkennen. Und ihnen auf gleicher Ebene helfen Maßnahmen zu erlernen und auch anwenden zu können.
    Geschichten aus dem (eigenen) Rettungsdienstleben helfen dabei nur ganz wenig, bis garnicht. Man kann zwar einige Dinge fallbezogen erwähnen, soll sie jedoch nicht ausweiten zu einer biografischen Heldengeschichte innerhalb eines EH-Kurses.


    Die Edith hat nur an zwei Stellen den Satzbau verbessert. ;-)

    Einmal editiert, zuletzt von Medic5754 ()

  • Zitat

    Original von lifepak
    meiner Meinung nach ist die mangelnde didaktischAufbereitung des Lehrstoffes zu bemängeln. Zu viele Details und Anatomie bis Physiologie


    Würde ich so nicht sagen. Die Anatomie und Physiologie hält sich meiner Meinung nach sehr in Grenzen und ein bisschen Theorie muss sein, um z.B. ein bestimmtes Krankheitsbild (Herzinfarkt: was verschließt sich da? O2 wird im Blut transportiert. Usw.) oder Maßnahmen (wieso Thoraxkompression? Wieso auf der Mitte des Brustkorbs? Usw.) verstehen zu können.



    Zitat

    Original von lifepak
    Weiterhin halte ich die Ausbildung der Ausbildner größtenteils unzureichend.Wir haben es in der mit Erwachsenen zutun, wenn Sie behandelt werden wie Schüler, dann verhalten Sie sich auch wie solche.


    Sicherlich mag es einige Ausbilder geben, die es besser lassen sollten, ob es wirklich der Großteil sein soll, glaube ich nicht.


    Wie kommst Du darauf, dass die Teilnehmer wie kleine Schüler behandelt werden? Beruht das auf persönliche Erfahrungen?


    Zitat

    Original von lifepak
    Auch ist die Gruppengröße oft zu groß. Gruppenarbeiten und dergleichen sind kaum möglich


    Da gebe ich Dir recht. Kurse mit knapp 20 TN (zwar dann mit 2 Ausbildern aber trotzdem) sind zu groß. Es wird unruhig.


    Zitat

    Original von lifepak
    Die Kursgebühren sind zu gering.


    Wieso? Was ändert sich mit höheren Gebühren?


    Zitat

    Original von lifepak
    Der Interviewpartner auf RTL erschien mir auch etwas schlecht informiert zu sein. Die Wiederbelebung nimmt einen großen Stellenwert in den derzeitigen EH und LSM Kursen ein.


    Das stimmt!


    Ciao
    Rettungshund

  • ich glaube das es so gemeint war wenn die kursgebühren steigen dann passen die leute besser auf---
    denn am geldbeutel tuts am meisten weh.


    dies ist aber auch nur dann sinnvoll wenn die bescheinigung nicht "verschenkt" wird


    im allgemeinen stimme ich medic5754 voll zu. :applaus:

  • Zitat

    Original von Sam-Splint
    ich glaube das es so gemeint war wenn die kursgebühren steigen dann passen die leute besser auf---
    denn am geldbeutel tuts am meisten weh.


    dies ist aber auch nur dann sinnvoll wenn die bescheinigung nicht "verschenkt" wird


    im allgemeinen stimme ich medic5754 voll zu. :applaus:


    Die Lehrgänge zu verteuern halte ich für unsinnig. Die Teilnehmer der LSM Kurse brauchen den Wisch für den Führerschein, wenn er satt 20-30 ? dann 50-80 kostet, wird das eher Frust, denn Motivation steigern.


    Meiner Meinung nach sind 85% des Kurses durch den geprägt, der vorne steht. Egal, was und wie viel er unterrichtet, wie er es rüber bringt, so bleibt es hängen. Und selbst wenn ich auf Nachfrage irgendwelche (für Laien) schwierige medizinische Feinheiten beleuchte, so spiegelt das das Interesse des Teilnehmers wider und untermalt mit einer "Heldengeschichte" setzt man Verknüpfungspunkte, an die der Teilnehmer später wieder denkt.


    So lange aber gelangweilte oder völlig übermotivierte Alleskönner einen LSM/ EH Kurs abhalten, wird sich nichts an der Gesamtsituation ändern.

  • Zitat

    Original von Sam-Splint
    ich glaube das es so gemeint war wenn die kursgebühren steigen dann passen die leute besser auf---
    denn am geldbeutel tuts am meisten weh.


    Sehe ich nicht so, denn die Bescheinigung kostet immer das Gleiche, egal ob der Teilnehmer aufpasst oder nicht. Und da er das Geld so oder so ausgeben muss (jedenfalls bei LSM-Kursen für Führerscheinbewerber), hilft es im Ergebnis nichts, den Preis zu erhöhen.


    Wer als Kursleiter motivierte Teilnehmer haben möchte, muss bei sich selber anfangen und überlegen, wie er den Unterricht so gestalten kann, dass die Teilnehmer Spaß dran haben. Dann sind sie auch motiviert - jedenfalls diejenigen, welche bereit sind, sich motivieren zu lassen. Gerade in Zwangskursen wird es immer auch die anderen geben. Das muss ein Lehrgangsleiter akzeptieren und trotzdem zu einem guten Umgang mit diesem Personenkreis finden.


    Beste Grüße

  • guten tag.



    der aufforderung des thread-starters folgend werde ich mal meine sicht der erste-hilfe-ausbildung in D schildern.


    die inhalte


    die ausbildung sei realitätsfern und theoretisch, heisst es in dem in rede stehenden text, und ich muss leider sagen: das stimmt im großen und ganzen. in einem standard-erste-hilfe-kurs kommen notfälle vor, die sehr selten sind, und wenn, dann sind sie schwierig zu erkennen. beispielsweise der pneumothorax. dass das oft noch so ist, hat historische gründe, die da heissen [kalter] krieg, wettrüsten und [neuerdings] terrorismus. der gesetzgeber wollte weite teile der bevölkerung in zivilschutz-inhalten ausbilden, um sich so auf den katastrophenfall vorzubereiten. dass die internistischen notfälle zahlenmäßig viel häufiger sind, hat sich erst die letzten jahre herumgsprochen. die EH-ausbildung folgt dabei dem vorbild des rettungsdienstes. schließlich ist unser aller tätigkeit hauptsächlich den technischen gefahren der industrialisierung [ASB] und dem straßenverkehr [johanniter unfallhilfe und die kurse "sofortmaßnahmen am unfallort"] geschuldet und nicht zuletzt auch der aggressiven form der industrialisierung, sprich, dem eigendynamischen kriegsgeschehen mit einer vielzahl von verwundeten [vgl. rotes kreuz/henry dunant] in kurzer zeit ohne die möglichkeit einer professionellen, individualmedizinischen versorgung.


    was niemand bestreiten dürfte: die inhalte des [standard-]erste-hilfe-kurses sind veränderungsbedürftig. wie alle gewachsenen strukturen lassen sich erste-hilfe-kurse aber nur träge verändern und hinken der zeit hinterher. dass die hilfsorganisationen einen hydrocephalischen aufbau zeigen, macht es auch nicht einfacher. in anbetracht dieser tatsache kommt es vor allem auf den/die einzelne[n] ausbilder[in] an, den erste-hilfe-kurs eigenverantwortlich den bedürfnissen der teilnehmerInnen anzupassen.


    die ausbilderInnen


    diejenigen, die in den hilfsorganisationen ausbilden, entstammen historisch gesehen in der hauptsache dem ehrenamtlichen bereich unserer tätigkeit, sprich, dem katastrophenschutz. sie verfügen oft über eine ausbildung als helferInnen im katastrophenschutz und haben nicht regelhaft erfahrungen mit echten notfallsituationen. für meine organisation gilt, dass die fachliche voraussetzung für die tätigkeit als breitenausbilder [erste hilfe und lebensrettende sofortmaßnahmen] die sanitätshelfer-qualifikation ist, eine woche lehrgang mit einer kleinen abschlussprüfung. was ein solcher ausbilder, der selbst laie ist, weitergeben kann, ist natürlich nur graue theorie. da mag er in aktuellen guidelines noch so versiert sein [was nach ein paar jahren ausbilder-tätigkeit ohne medizinische weiterqualifikation eher die ausnahme sein dürfte]. natürlich gibt es da diese fortbildungspflicht, aber wenn wir mal ehrlich sind, dann werden die ausbilder-fortbildungen gelegentlich von ausbildenden abgehalten, die selbst ausschliessliche theoretiker sind.
    das andere extrem sind rettungsdienstmitarbeiter, die ihr selbstdarstellungsbedürfnis in EH-kursen ausleben oder die nicht in der lage sind, das niveau ihrer lehrgänge dem laienverständnis anzupassen.
    davon abgesehen finde ich, dass meine organisation ein gutes system aufgebaut hat, neue ausbilderInnen auszubilden. die qualifikation besteht aus einem grundmodul, in dem methodisch-didaktische inhalte gelehrt und geübrt werden und aus einer praxisphase, in der der kandidat einen erfahrenen und speziell qualifizierten ausbilder [mentor] begleitet und seine tätigkeit unter qualifizierter kritik einübt.


    die teilnehmerInnen


    diejenigen, die unsere lehrgänge besuchen, tun dies oft nicht aus einer eigenmotivation heraus, sondern aufgrund einer äusseren zwangslage [führerschein, trainierschein usw.]. das hat oft was von zeit-rum-kriegen mit möglichst wenig aufwand. hin und wieder versucht sogar jemand, den ausbilder zu bestechen, dass er die bescheinigung ohne lehrgang herausrückt. dass das so ist, liegt meiner meinung nach hauptsächlich daran, dass die teilis nach wie vor von umfangreichen vorurteilen geprägt sind. die glauben, sie müssten hauptsächlich "halbtote von der straße kratzen", "puppen knutschen" und "verbände wickeln". diese vorurteile resultieren aus verschiedenen gesellschaftlichen prozessen. einer davon ist die spezialisierung und institutionalisierung von dienstleistungen. für jedes problem gibt es einen dienst. warum nicht einfach den dienst rufen? die sind schliesslich dafür da. ein weiterer faktor ist die form der gesellschaftlichen entwicklung in der neuzeit. traditionelle gesellschaftlichen strukturen wie die großfamilie oder die nachbarschaft sind in der auflösung begriffen. in einem silo mit 300 wohnungen gehen mich die probleme der mitmenschen weniger an als in dem dorf mit 300 seelen. wenn jemand ein problem hat, soll er sich doch an den staat wenden. irgendein formular wird schon weiterhelfen.
    zusammengefasst könnte man sagen, dass teilnehmer leute sind, die etwas zu tun gezwungen werden, von dem sie glauben, dass sie es nicht brauchen.


    der ideale kurs


    wie müsste man die kurse bzw. die EH-ausbildung verändern, damit sie zeitgerecht und effizient wird? ein paar punkte möchte ich mal vorschlagen:


    motivation ist alles


    wenn ich nicht weiss, wozu ich das brauche, was ich lernen muss, dann lerne ich es nicht. teilen wir den teilnehmern also zu beginn eines lehrganges mit, warum sie die inhalte in der tat dringend brauchen. dazu gehört notwendigerweise, dass ich mich der jeweilgen lebenswelt der teilis anpasse. in einem LSM-kurs sollte ich also nicht mit dem apoplex anfangen. wenn man 17 ist, gehen einen schlaganfälle von haus aus nichts an. unter einer horde 17jähriger gibt es aber oft einige, die sich schonmal hilflos gefühlt haben, weil sie einen alkoholisierten freund nicht mehr wachgekriegt haben. da kann man meistens ganz gut ansetzen.
    was man ferner behandeln muss, sind handlungsblockaden. dazu gehört eine stellungnahme zu den [für ersthelfer quasi nicht vorhandenen] rechtlichen gefahren einer hilfeleistung, zu den medizinischen gefahren [verschlechterung durch falsche maßnahmen] und zu den psychischen gefahren [versagensängste, hilflosigkeit etc.]. ich weise meine teilis häufig darauf hin, dass jede situation anders ist und dass jeder mal auf dem schlauch steht. hier helfen auch oft heldengeschichten weiter oder auch anti-helden-geschichten. die ersthelfer sollten wissen, dass der rettungsdienst auch keine patentrezepte hat. hilfreich ist es, den leuten zu sagen, dass es ein paar maßnahmen gibt, die man immer durchführen kann [zB wärmeerhaltung].


    weg vom wissen und hin zur handlungskompetenz


    ausbildungen sind oft lexikalisch aufgebaut. wir beginnen bei "A" wie asthmaanfall. anatomie, pathophysiologie, symptome, maßnahmen. wir gehen also von der diagnose aus. in der praxis aber gehen wir von den symptomen aus. ein lehrgang muss das berücksichtigen, sonst ist das wissen nicht praxistauglich. am besten wäre es, die diagnosen im hinblick auf das praktische handeln ganz abzuschaffen. ich verbringe einen beträchtlichen teil der lehrgangszeit damit, den leuten zu sagen, dass sie keine diagnosen brauchen, um jemandem effektiv helfen zu können. wenn der toaster brennt, muss ich ihn löschen. warum der toaster brennt, ist egal. eine effiziente erste hilfe ist oft mit wenigen regeln machbar und nicht auf spezielles wissen angewiesen.


    weg vom partikularen spezialkonzept hin zum ganzheitlichen gesundheitskonzept


    der ersthelfer sollte sein handeln in einen kontext einordnen können. darüber hinaus sollte er grob wissen, wie das gesundheitssystem aufgebaut ist. andernfalls wird er kaum erkennen, dass seine stellung in der rettungskette sehr wichtig ist, und andernfalls wird er im ernstfall nicht genau wissen, an wen er sich wenden soll. deshalb erkläre ich meinen teilis bei den häufigsten notfällen auch jeweils kurz, wie der rettungsdienst vorgeht und wie die klinische therapie aussieht [und warum zeitfenster so wichtig sind]. das interessiert die leute und baut vorurteile ab. ganz wichtig ist auch, den unterschied zwischen hausarzt, ärztlichem notfalldienst und notarzt des rettungsdienstes zu erläutern.


    und zum schluss nochmal


    die ausbilderInnen


    meine persönliche erfahrung ist die, dass lehrgangsteilnehmerInnen hochqualifiziertes personal bevorzugen. jemand, der auch spezielle rückfragen seiner teilnehmerInnen beantworten kann, gewinnt interesse und vertrauen. ein ausbilder sollte also mindestens über eine RS-qualifikation verfügen und auch hin und wieder im rettungsdienst eingesetzt werden [und sei es als 3. besatzungsmitglied]. dem einwand, dass profis sich oft nicht auf das notwenidge laien-niveau herunterbegeben können, möchte ich entgegnen, dass die pädagogische qualifikation mindestens ebenso wichtig ist. auch ein spezialist kann laien-lehrgänge erfolgreich gestalten, wenn er systematisch gelernt hat, wie das geht. dabei kann man sich beliebig weiterbilden in puncto körpersprache, methodik, didaktik, psychologie etc. etc.
    organisatorisch kann man erste-hilfe-kurse dadurch verbessern, dass man im vorfeld eine bedarfsabfrage durchführt. meine firma zum beispiel sendet jedem betrieb einen fragebogen, der besondere gefahrensituationen abfragt. das gibt dem ausbilder die möglichkeit, seinen lehrgang der zielgruppe anzupassen und sich speziell auf besondere fragestellungen vorzubereiten.


    PS: erste-hilfe-kurse sollten kostenlos sein.

    2 Mal editiert, zuletzt von res cogitans ()

  • Hallo res cogitans,


    vielen Dank für die sehr ausführliche Stellungnahme!


    Zitat

    Original von res cogitans
    die ausbildung sei realitätsfern und theoretisch, heisst es in dem in rede stehenden text, und ich muss leider sagen: das stimmt im großen und ganzen. in einem standard-erste-hilfe-kurs kommen notfälle vor, die sehr selten sind, und wenn, dann sind sie schwierig zu erkennen. beispielsweise der pneumothorax. dass das oft noch so ist, hat historische gründe, die da heissen [kalter] krieg, wettrüsten und [neuerdings] terrorismus.


    Entweder stehe ich auf dem Schlauch und verstehe die Ironie nicht oder aber ich bin blind, da ich in unseren Folien noch nichts (direkt) über Pneumothorax gefunden habe.



    Ansonsten gebe ich Dir in den meisten Punkten recht.


    Auch was die Vorbildung der Ausbilder angeht: meiner Meinung nach sollten diese wirklich zumindest hin und wieder im Regel-RD eingesetzt sein.
    Und ja, auch ein RA kann das Niveau seiner Sprache und des zu vermittelnden Wissens anpassen, damit auch der medizinisch unbedarfte Teilnehmer es versteht. Ist wirklich eine Frage der Ausbildung und v.a. des Willens der Ausbilder!


    Unbestritten ist aber auch, dass es für die Ausbilder nicht gerade einfach ist, 10-15 unwillige Teilnehmer (nur da wegen Führerschein usw.) halbwegs zu motivieren und den Kurs lebendig zu gestalten.
    Gerade in diesem Bereich sollte noch mehr Fortbildung für die Ausbidler selbst betrieben werden!


    Ciao
    Rettungshund

  • res cogitans hat die sache sehr klar ausgedrückt.
    ich kann ihm in vielen punkten zustimmen.
    :applaus:


    meine leider noch geringe erfahrung hat allerdings gezeigt das einzelne teilnehmer "störenfriede" einen ganzen kurs zum scheitern bzw. das ganze prozedere verlangsamen, und andere interessierte teilnehmer enorm ablenken.


    welche möglichkeiten hat man als ausbilder diese "kunden" zu motivieren ?( ?( ?(

  • Zitat

    Original von Sam-Splint
    welche möglichkeiten hat man als ausbilder diese "kunden" zu motivieren ?( ?( ?(


    Im allerschlimmsten Fall, gerade bei LSM etc:
    der TN bekomt sein Geld wieder in die Hand gedrückt und wird der Tür verwiesen !


    Das klingt krass, aber:


    - sexistische Äusserungen bei prakt. Übungen durch TN gegenüber Mit-Teilnehmerinnen (meist offenherzig gekleidet und mit A....-Geweih "verziert") versauen Dir das ganze Klima und führen zu deutlicher Zurückhaltung bei den nachfolgenden praktischen Übungen (für die natürlich ausreichend Platz,. Licht und Material zur Verfügung steht)


    - rassistische Äusserungen (z.B. Sch....-Kanacken, Sch....-Türken, Sch....-Russen... usw.), zumeist geäussert von TN, die Mühe haben, die Texte der BLÖD zu verstehen


    - desinteressierte TN, die im Kurs während des Unterrichtes (in deutscher Sprache ohne Mediziner-Latein etc.) ungeniert die BLÖD lesen, z.B. weil sie den Lehrgang als Auflage haben, um ihren "Lappen" wieder zu bekommen


    Edit: Räschtschraipfählergereckdur !

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

    3 Mal editiert, zuletzt von raphael-wiesbaden ()

  • Zitat

    Original von Sam-Splint
    meine leider noch geringe erfahrung hat allerdings gezeigt das einzelne teilnehmer "störenfriede" einen ganzen kurs zum scheitern bzw. das ganze prozedere verlangsamen, und andere interessierte teilnehmer enorm ablenken.


    welche möglichkeiten hat man als ausbilder diese "kunden" zu motivieren ?( ?( ?(


    Das kann man allgemein nicht sagen, weil der Umgang mit Störern sehr stark von der Persönlichkeit des Ausbilders abhängt. Gerade im Bereich LSM sind die Herausforderungen zum Teil sehr groß. Aber um es positiv zu sagen: Ich habe nirgendwo sonst ein derart anspruchsvolles Publikum gehabt wie in LSM-Kursen (was das Motivationsproblem angeht) und dementsprechend nirgendwo sonst so viel Erfahrung im Umgang mit anfangs gering motivierten Teilnehmern gesammelt.


    Wie Du mit Störern umgehen kannst, hängt auch sehr stark davon ab, wo Dein persönliches Empfinden ist, also was Du als Störung empfindest. Manche Ausbilder können eine wesentlich lautere und scheinbar unstrukturiertere Situation besser tolerieren als andere. Beides ist erlaubt, aber Du solltest Dich nach einer Ausbildung allein oder mit einem Ausbilderkollegen zu einer Art Nachbesprechung begeben.


    Mit wirklich ernsthaften Störungen (zum Beispiel sexistischen Äußerungen, wie sie Raphael angesprochen hat), kann man zum Beispiel mit der "Stopp"-Methode umgehen (die andere Leute vielleicht anders nennen). Das bedeutet: Der Ausbilder spricht das betreffende Verhalten offen an (und stoppt dafür kurz den Unterricht). Er erklärt dem Störer, dass und warum sein Verhalten nicht angemessen ist und bittet ihn, sich zukünftig angemessen zu verhalten.


    Beste Grüße