Bayrischer Landkreis Kronach: notärztliche Versorgung nicht mehr gewährleistet

  • Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) - neben dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Coburg-Kronach-Lichtenfels zuständig für die notärztliche Versorgung im Landkreis Kronach - räumt "Besetzungslücken" im Notarztdienst ein: "Wir sind nicht in der Lage, eine notärztliche Versorgung rund um die Uhr sicherzustellen".


    Immer mehr Ärzte ziehen sich aufgrund der ihrer Ansicht nach zu schlechten Bezahlung aus dem Notarztdienst zurück, hinzu kommt, dass viele Notärzte als Allgemeinmediziner tätig sind, von denen es aber gerade in ländlichen Gebieten immer weniger gibt.
    Für 24 Stunden Bereitschaftsdienst erhalten die Notärzte eine Grundpauschale von 176 Euro. Pro Einsatz gibt es tagsüber 91 Euro, nachts 111,50 Euro. Dauert die Hilfeleistung länger als 75 Minuten, kommen pro zusätzlicher Viertelstunde 16,45 Euro hinzu.
    300 bis 450 Euro als Grundpauschale für eine 24-Stunden-Bereitschaft sehen Ärzte sowie KVB-Regionalleiter Ernst Schlereth, zuständig für das Sachgebiet Bereitschaftsdienst/Notarztdienst für Ober-, Mittel- und Unterfranken, als angemessene Bezahlung. Auch die Einsätze müssten besser bezahlt werden: 150 Euro für den Tageinsatz und 200 Euro für den Nachteinsatz, so die Vorstellung eines Arztes.


    Verhandlungen über die Bezahlung der Notärzte seien seit einem halben Jahr am Laufen, vor dem nächsten Termin am 17. Februar könne aber noch keine Stellungnahme abgegeben werden, so die Pressestelle der AOK Bayern.


    Quelle: http://www.np-coburg.de/nachri…al/kronach/art2396,912748

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Auf den ersten Blick sehen die bisherigen Vergütungen sehr moderat aus für mich als nicht ärztliches Personal.


    Da ich mich da nicht so gut auskenne, muss ich mal in die Runde fragen ob die Ärzte die den Notarztdienst dort machen, damit die Kosten decken der durch das nicht öffnen der Praxis entsteht? Klärt mich bitte auf!


    Gruß Punki

  • Ist halt eine Frage, wo die Standorte sind. Ein Großstadtnotarzt kommt leicht auf 8 Einsätze /12h und da lohnt es sich schon (deswegen stellen dort auch die Krankenhäuser die Notärzte und behalten das Geld für sich und lassen das über normale Arbeitszeit laufen). Ich würde die Pauschale davon abhängig machen, wie viele Einsätze gefahren werden, sogar tageweise.
    Bsp:
    Ich gehe von einem Stundenlohn von 30 Euro aus (soviel wird angeblich Ärzten im Klinikum Rechts der Isar bezahlt, wenn sie am Wochenende in den Notdienst müssen)
    Tag 1 (12h): kein Einsatz --> 360 Euro Grundpauschale
    Tag 2 (12h): 1 Einsatz (100 Euro) --> 300 Grundpauschale + Einsatzpauschale: 400 Euro
    Tag 3 (12h): 2 Einsätze (200 Euro) --> 240 Grundpauschale + Einsatzbaupauschale: 440 Euro
    ...
    --> Pro Einsatz bekommt man 40 Euro mehr (dies als Auslgeich dafür, dass man mehr aktiv gearbeitet hat). So könnte man meiner Meinung nach unattraktive Standorte schnell beleben. Außerdem gäbe es immernoch die Jackpots zu knacken (Privatpatienten). :-)


    PS: Merkt man, dass ich gleich eine Marketing Klausur habe :eyeroll:


    Grüße,
    Markus

  • Mal eine Frage:


    Es heißt doch "Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit". Ist es demnach denn statthaft überhaupt eine Pauschale zu zahlen, die dann pro behandeltem Pat. steigt? Oder müsste man hier nicht auch einen Festbetrag aufstellen? Ein KH-Arzt bekommt doch auch keine Pauschale pro behandeltem Pat., oder? In Bayern soll es ja wohl auch so sein, dass Notärzte von zu Hause aus starten und eben nicht auf einer Wache eingebunden sind. Ist daher der Unterschied zu erklären?




    EDIT: Räschtschreipung...


  • Es heißt doch "Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit".

    Ja, so heißt es... wenn Du Dich aber mal in der Realität, ob im Rettungsdienst oder im ärztlichen Dienst umschaust,wirst Du feststellen, dass diese EU Gesetzgebung beiweitem noch nicht überall umgesetzt wird.

  • Das ist mir schon klar, deshalb frage ich ja gerade nach der Rechtmäßigkeit. Darf man so eine Bezahlungsvariante überhaupt bringen, oder könnte sie gegen eben jene Tatsache verstoßen?
    Ein Arzt, der 5 Einsätze fährt ist ja klar im Vorteil gegenüber einem Kollegen, der nur einen Einsatz fährt. Die Arbeitszeit ist jedoch die selbe. Deshalb die Frage.

  • Manche Notärzte in Bayern starten auch aus der Gemeinschaftspraxis heraus, während den regulären Öffnungszeiten der Praxis.
    Es hängt halt oft vom Standort ab. Notarztstandort mit 1-2 Einsätzen und einer abgelegenen geographischen Lage sind für viele nicht "attraktiv."
    Aber wie sieht es mit einem Krankenhaus in dieser Region aus ?
    Können die keinen NA stellen ?
    Oder sind die zu sehr "ab vom Schuss" ?


    Denn manchmal verteidigen die Niedergelassenen auch vehement ihr Einsatzgebiet gegenüber den Krankenhausärzten.
    Wundert mich allerdings,
    denn Notarztdienste sind ja generell soooo schlecht bezahlt. :rolleyes:

  • Das mit der Arbeitszeit ist , glaube ich, nicht relevant, weil der Notarzt freiberuflich tätig wird.
    Startet er während seiner Dienstzeit, so ist es jedenfalls bei uns, dann ist das ein Entgegenkommen der Klinik, die Arbeit, die liegen bleibt, muss nachgearbeitet werden.
    Außerdem ist die Pauschale brutto, der durchführende Arzt muss davon seine Versicherungen und auch die Steuer entrichten

  • Mal ganz davon abgesehen, dass von den genannten Summen zuerst die KV noch Verwaltungsgebühren abzieht, die Krankenkassen via die KV sich einen Teil für die "integrierte Versorgung" zurückgeben lassen, muss das Ganze noch versteuert werden, das Versorgungswerk und die Haft-, Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherung (die Absicherung der notärztlichen Tätigkeit lassen diese sich extra bezahlen) wollen bezahlt werden.


    Unabhängig davon sind die 144 Euro für 24h Stunden Bereitschaft nicht sonderlich viel, wenn man diese 24h ohne Einsatz (und das gibt es häufiger auf den kleineren Wachen) auf einer Wache absitzt. Wenn ich mir als Selbstfahrer das NEF vor mein Haus oder meine Praxis stelle wird das etwas besser, aber gerade die selbstfahrenden Notärzte sind ja nicht gerade gern gesehen.
    (In der Tat ist es so, dass bei einigen kleineren Notarztstandorten, als diese vom Selbstfahrer auf den NEF-Fahrer umgestiegen sind, die Bereitschaft der Niedergelassenen, als auch die eventuell vor Ort wohnender KH-Ärzte, sich am Notarztdienst zu beteiligen stark zurück gegangen ist.)


    Wenn ich einen Standort wie die Standorte in Augsburg mit im Schnitt mehr als 10 Einsätzen am Tag betrachte, ist das Notarztfahren sehr lukrativ. An kleinere Standorten ist das nicht mehr so. (Ich selbst bin eine zeitlang an einem Standort gefahren, an dem es im Schnitt 2-3 Einsätze pro Tag (lt. Statistik genau 2,3 Einsätze7Tag) gegeben hat. Bei 2 Einsätzen (Durchschnitt 100 Euro/Einsatz) macht das brutto 14,33 Euro Stundenlohn, bei 3 Einsätzen 18,5 Euro.. Klar, es gab auch mal einen Tag mit 14 Einsätzen, aber halt auch einmal eine Serie von 4 mal 24h ohne Einsatz..... Wirklich "reich" wird man dabei nicht.)


    Als Lösungsmöglichkeiten, um den Notarztmangel an kleineren Standorten zu bekämpfen, wären:
    1. Wer an einem Einsatzstarken Standort fährt, muss eine gleiche Zahl von Diensten an kleinen Wachen machen.
    2. Deutliches Anheben der Pauschale bei gleichzeitiger Reduktion der pro Einsatz gezahlten Summe (Z.B. 500 Euro Pauschale, aber nur noch 40 Euro pro Einsatz. Würde kleinere Standorte attraktiver machen.)
    3. Engere Kooperation mit Krankenhäusern. (Sprich: Durch feste Abmachungen mit bestimmten KH's wäre es sicher möglich den einen oder anderen Standort mit Notärzten zu versorgen. Nicht als Dienstaufgabe, aber als vom Arbeitgeber geförderte Nebentätigkeit. Beispiele dafür gibt es einige.)

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • also ich kenne diesen kreis, weils mein nachbarkreis ist. das problem ist einfach, dass die wege sehr weit sind und die notärtze oft zusätzlich die praxis haben und das beides eben nicht wirklich zusammen geht.


    die kliniken in dem gebiet sind auch ziemlich klein und somit haben sie auchnicht wirklich "lust" einen notarzt den ganzen tag abzustellen, also wird halt auf allgemeinmediziner zurückgegriffen und die haben ein hohes alter oder es ist einfach zu unlukrativ.


    meiner meinung nach sollten in solchen kreisen die kliniken verpflichtet werden, sich am notarzt dienst zu beteiligen und tagsüber einen notarzt zu stellen.

  • Gut Ani, das ist sicherlich richtig. Doch ich möchte nochmal auf meine Frage zurück. Ist das überhaupt statthaft einen NA pauschal und dann pro Einsatz zu bezahlen? Kann man hier nicht sagen 650 Euro (als Beispiel) und du rollst wie oft du halt rollen musst? Provokant ausgedrückt: Wir reden bei 650 Euro von einem Stundenlohn von 27 Euro. Das ist für Bereitschaftszeit schon sehr anständig wie ich finde. Erst recht wenn du noch ne Praxis nebenbei hast, die nochmals Kohle abwirft. Oder ist das zu Blauäugig?

  • Die Zahlungsmodalität und die Höhe der Bezahlung muß individuell angepasst sein. Pauschalisieren kann man das nicht. Wobei die Kombination "Grundgehalt" und "Einsatzpauschale" durchaus Sinn macht. Gerade in Gegenden mit geringem Einsatzaufkommen. Immerhin ist man in der Bereitschaftszeit als Notarzt deutlich eingeschränkt.

  • In einem mir nicht ganz so unbekannten und fernen Rettungsdienstbereich, bzw. an einem der Notarztstandorte, hat man ein schleichendes, aber kontinuierliches und sich z.T. verschlimmerndes NA-Problem.
    Die Ärzte des Hauses bekommen für den NA-Dienst eine Pauschale (ca. 180-250EUR/24h) und ein Einsatzhonorar ab dem xten Einsatz von 30EUR.
    Naja... da das ja zusätzlich zu den eigentlichen Hausdiensten usw. kommt, und man einen chronischen Assistenzarzt-Mangel hat kann man sich vorstellen wie viel Interesse der einzelne Arzt hat, sich zum NA weiterzubilden oder diese Dienste zu übernehmen.
    Nun hat das Haus vor einiger Zeit den fatalen Fehler begangen und Notärzte "eingekauft".
    Diese bekommen pauschal 720EUR / 24h, also 30EUR/h.
    Vergleichen wir das mal mit einem Arzt aus dem Haus bei sagen wir mal 3 zusätzlich bezahlten Einsätzen sind das 720EUR vs. 340EUR oder auch 30EUR/h vs. 14,17EUR.
    Na, welcher Doc. ist motivierter?
    Wer kommt freudiger zum Dienst?
    Wo ist das System fairer?
    Das Resultat:
    Ärzte, die aus dem Hause kamen, und freiwillig Dienste übernommen haben, machen das nicht mehr, da sie ja bestraft werden und besser woanders Dienste für gutes Geld fahren können....
    Geld, so hat Ani Recht, ist ein guter Motor.
    Aber die Bezahlung muss fair sein und transparent und egalitär.
    Viele Grüße,


    Marcus

  • Gut Ani, das ist sicherlich richtig. Doch ich möchte nochmal auf meine Frage zurück. Ist das überhaupt statthaft einen NA pauschal und dann pro Einsatz zu bezahlen? Kann man hier nicht sagen 650 Euro (als Beispiel) und du rollst wie oft du halt rollen musst? Provokant ausgedrückt: Wir reden bei 650 Euro von einem Stundenlohn von 27 Euro. Das ist für Bereitschaftszeit schon sehr anständig wie ich finde. Erst recht wenn du noch ne Praxis nebenbei hast, die nochmals Kohle abwirft. Oder ist das zu Blauäugig?


    Inkonsequent, nicht blauäugig. ;o)
    Soll heissen, wenn ein Allgemeinmediziner neben seiner Praxis noch NEF fährt, mögen die von Dir vorgeschlagenen 650 Euro ein netter Lohn sein. Wobei man dann aber bedenken muss, dass während der NA-Einsätze die Praxis kein Geld abwirft und eventuell dort wartende Patienten etwas ungehalten werden.
    Wobei dies nur unter der Voraussetzung funktioniert, dass der Notarzt das NEF selbst lenkt und es sich deshalb tagsüber vor die Praxis und Nachts vors eigene Domizil stellen kann. (Etwas, was zu recht als suboptimal beurteilt wird.)


    Wenn ich aber als an einem KH beschäftigter Arzt in meiner Freizeit irgendwo noch einen Notarztstandort besetzte, sind brutto 27 Euro die Stunde nicht übermässig viel, um jemanden zu motivieren, weitere 24h seiner eh knappen Freizeit in irgendeiner Wache zu verbringen.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Es ist natürlich immer so, dass man möglichst laut schreien muss, damit sich etwas geringfügig ändert. Eine ähnliche Taktik wie bei den Gewerkschaften. Man könnte ja schon fast Absicht unterstellen. Ein nicht besetzter Standort kommt gerade recht bzw. wird gerne auch mal von der Presse aufgenommen. Und wem nützt das? Dies ist jetzt nur mal so ein Gedanke von mir, der keine Beweiskraft enthält.
    :-)