Stuttgart: DRK in der Kritik - Hilfsfristen erneut Thema

  • Erneut gibt es in der baden-württembergischen Landeshauptstadt Diskussionen um die Hilfsfrist. Das DRK - bis 2006 alleiniger Träger der Rettungsleitstelle - soll die Stadt über Jahre hinweg bewusst nicht über die nicht eingehaltenen Hilfsfristen informiert haben.


    Das DRK weist die Vorwürfe zurück, man habe die Zeiten immer dokumentiert. Eine nachträgliche Auswertung der Daten sei allerdings nicht möglich, da mit Einführung der integrierten Leitstelle zusammen mit der Feuerwehr eine neue Software in Betrieb genommen wurde. Man müsste daher die alte Software erneut installieren, wofür das DRK aber nicht unbedingt Geld ausgeben möchte. Dass von 2007 an die Einsatzzeiten nicht eingehalten werden konnten, führt der Stuttgarter DRK-Geschäftsführer auf die gestiegenen Einsatzzahlen zurück. Weitere Gründe soll ein vom DRK beauftragter Gutachter liefern.


    Kritiker sehen das DRK in Baden-Württemberg indes in einer Vormachtsstellung, welche auch durch das neue Rettungsdienstgesetz unterstützt wird. "Bei uns gibt die öffentliche Hand eine so wichtige Aufgabe einfach ab", so Joachim Spohn von der Bürgerinitiative Rettungsdienst. Das DRK habe im Land eine mächtige Lobby, so hätten etwa 20 Prozent der Landtagsabgeordnete Ehrenämter im DRK, auch ein Kreisgeschäftsführer sowie ein Rettungsdienstleiter seien im Landtag vertreten.


    Quelle: http://www.stuttgarter-zeitung…fe-gegen-rotes-kreuz.html



    Zum Thema siehe auch
    Nur 1/3 der Rettungsdienstbereiche in Baden-Württemberg halten die Hilfsfrist ein
    Stuttgart bundesweit Schlusslicht
    Bürgerinitiative Notfallrettung- Stuttgart / Novell. RDG BaWü

  • wie froh bin ich, wenn ich unsere letzte auswertung anschaue in der die hilfsfrist in über 95 % der fälle eingehalten wird. und diese zahl wird noch höher steigen, da einiges noch optimiert wurde.


    auch ich sehe oft das kritische in den augen wenn ich berichte das eine hilfsorganisation eine/unsere/viele leitstellen in bawü betreibt. ich kann nur für uns sprechen. ich sehe keine probleme darin, da wir auf allen wegen neutral bleiben und auch komplett einsehbar sind. statistiken in allen möglichen ausführungen belegen dieses eindeutig. und wenn ich höre das stuttgart keine auswertung betreiben kann, muss ich ein wenig schmunzeln.

  • Abgesehen davon, dass es sicher organisatorische Mißstände in der Zeit gab, als das DRK die Leitstelle noch alleine betrieb, ist es halt wie immer, wenn Her Spohn sich meldet.
    Das DRK ist unfähig und nur dort, wo die Feuerwehr Rettung fährt und/oder die Leitstelle (mit-) betreibt ist alles gut. Neutrale und nur dem Notfallpatienten verpflichtete Lobbyarbeit ist anders.
    Wenn ich sehe und höre, was manchmal in der Landeshauptstadt abgeht, liegt auch heute noch vieles im Argen, und das obwohl die ILS unter dem Dach der ach so kompetenten Feuerwehr betrieben wird.


    Auch vor Inbetriebnahme der ILS wäre es der Stadt Stuttgart möglich gewesen, über den Bereichsausschuß Einblick in die Einsatzstatistiken zu nehmen. Nur damals hat sie sich dafür überhaupt nicht interessiert. Dass sie es heute tut ist eher dem Druck der Bürgerinitiative und der Presse zu verdanken, die die Problematik in die Öffentlichkeit brachten entsprechend Druck machten.


    Wenn Herr Spohn darauf hinweist dass sich in den Reihen des DRKs etliche (Landes-)Politiker befinden, verschweigt er geflissentlich, dass auch die Stuttgarter Feuerwehr durch ihren Chef als Landtagsabgeordneter durchaus politisch Einfluß nehmen kann. Fragt sich nur, für wen.

  • Dass sie es heute tut ist eher dem Druck der Bürgerinitiative und der Presse zu verdanken, die die Problematik in die Öffentlichkeit brachten entsprechend Druck machten.


    Was ja eigentlich eine gute Sache ist.



    Wenn Herr Spohn darauf hinweist dass sich in den Reihen des DRKs etliche (Landes-)Politiker befinden, verschweigt er geflissentlich, dass auch die Stuttgarter Feuerwehr durch ihren Chef als Landtagsabgeordneter durchaus politisch Einfluß nehmen kann. Fragt sich nur, für wen.


    Meiner Meinung nach, macht es dennoch ein Unterschied, ob lediglich ein Vetreter einer komunalen Einrichtung im Landtag vertreten ist, oder ob gleich ein Fünftel des Landtags aus Personen besteht, die Ämter innerhalb einer privaten Organisation inne hat. Wessen Einfluss dürfte größer sein?

  • Zitat von Stuttgarter Zeitung

    Das DRK habe im Land eine mächtige Lobby, so hätten etwa 20 Prozent der Landtagsabgeordnete Ehrenämter im DRK, auch ein Kreisgeschäftsführer sowie ein Rettungsdienstleiter seien im Landtag vertreten.


    Wie kann man denn seinen Job als Rettungsdienstleiter bzw. Kreisgeschäftsführer verantwortungsbewusst ausführen, wenn man "nebenher" auch noch im Landtag sitzt?

  • In vielen Parlamenten (weltweit gesehen, z.B. Schweiz, viele Bundesstaaten der USA, historisch: Hamburg,...) ist es üblich, dass man als Abgeordneter kein Gehalt bekommt, sondern nur einen Anwesenheitspauschale (wenn man wirklich kommt). Dort laufen Sitzungen häufig am Abend, damit die Abgeordneten brav nebenbei arbeiten können.

  • In vielen Parlamenten (weltweit gesehen, z.B. Schweiz, viele Bundesstaaten der USA, historisch: Hamburg,...) ist es üblich, dass man als Abgeordneter kein Gehalt bekommt, sondern nur einen Anwesenheitspauschale (wenn man wirklich kommt). Dort laufen Sitzungen häufig am Abend, damit die Abgeordneten brav nebenbei arbeiten können.


    Und das ist in den deutschen Landtagen auch so? Oder arbeitet der Herr vom DRK außerhalb der Bundesrepublik?

  • Ich wollte damit ausdrücken, dass es eigentlich nichts ungewöhnliches ist, neben dem "Beruf" Abgeordneter noch seiner "normalen" Tätigkeit nachzugehen. Und ich sehe da auch kein Problem drin.


    Es wird immer dann ein Problem, wenn die vom Abgeordneten ausgeübte berufliche Tätigkeit zu einer Interessenkollision mit seiner Tätigkeit als Abgeordneter führen kann.
    Die meisten vergessen, daß sich die Arbeit eines Abgeordneten nicht nur im Parlamentssaal abspielt, sondern auch in den Ausschüssen - wo die Hauptarbeit geleistet wird.
    Es ist insgesamt gesehen sehr gut, wenn unsere Parlamente (auf allen Ebenen) vorzugsweise nicht nur mit Berufsbeamten und Juristen bestückt sind.
    Trotzdem kann[b] es zu Problemen führen, wenn Berufspraktiker im Parlament über Dinge entscheiden sollen, die sie auch beruflich tangieren.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Um diese Befangenheit geht es mir gar nicht so. Wenn einer in der Bonn2000 im Landtag sitzt, weiß man wenigstens, woran man mit ihm ist. Besser, als wenn jemand still und heimlich Lobby-Arbeit verrichtet und dafür Leistungen unter der Hand erhält.
    Mir geht es um die zeitliche Einteilung. Wie kann jemand zwei volle Jobs unter einen Hut bringen, ohne einen davon zu vernachlässigen?


    Gruß, Christian


  • Mir geht es um die zeitliche Einteilung. Wie kann jemand zwei volle Jobs unter einen Hut bringen, ohne einen davon zu vernachlässigen?


    Am besten fragst du "deinen" Abgeordneten oder "deine" Abgeordnete und teilst uns seine bzw. ihre Antwort mit. Dann hätten wir alle etwas gelernt.

  • In Ludwigshafen sind es nicht gerade die oben erwähnten, welche "Einfluss haben und Geklüngel ausleben bis zum bitteren kotzen"
    Wie sagte ne liebe Patientin zu mir....


    Zitat: Wenn der "Dicke von der Kreisverwaltung" und der "Doofe vom DRK" gut miteinander können, dann hat der Saubere Rest keine Chance. Entweder man dreht nen Film über sie, oder man belächelt sie mitleidig! Wo sie recht hat hat sie recht!


    Hans

  • Ich bin hier zwar sonst nur stiller Mitleser (bitte entschuldigt die fehlende Vorstellung), aber eines wüsste ich doch mal zu gern: Wer ist dieser Herr vom Bürgerforum Rettungsdienst eigentlich? Und wie viele Bürger sind in diesem Forum? Eine Homepage finde ich nämlich nicht... Kann mir da jemand weiterhelfen? ?(


    Die Hauptaufgabe der Medien ist Information der Bürger und als "vierte Gewalt" sicher auch die Kontrolle von Politik und Wirtschaft (investigativer Journalismus). Aber doch bitte auf der Basis von (überprüften) Fakten. Und da hapert es gewaltig in dem Beitrag.

  • Ich bin hier zwar sonst nur stiller Mitleser (bitte entschuldigt die fehlende Vorstellung), aber eines wüsste ich doch mal zu gern: Wer ist dieser Herr vom Bürgerforum Rettungsdienst eigentlich? Und wie viele Bürger sind in diesem Forum? Eine Homepage finde ich nämlich nicht... Kann mir da jemand weiterhelfen?


    Veröffentlichungen der Initiative gibt es in Zusammenarbeit mit dem Forum Notfallrettung Stuttgart auf dessen Seiten: http://www.notfallrettung-stuttgart.de
    Die Bürgerinitiative Rettungsdienst ist wohl schon seit den siebziger Jahren aktiv, siehe http://www.plieningen-online.de/krankenwagen/00_k_wagen.html sowie http://notfallrettung-stuttgart.de/chronik.htm


    Zitat


    07.06.2007


    Brüssel: Im Rahmen des Notfallgipfels der European Emergency Number Association (EENA) wird Joachim Spohn von der Bürgerinitiative Rettungsdienst aus Leinfelden-Echterdingen mit dem 112-Award für die "best citizen initiative" ausgezeichnet. Joachim Spohn gründete die Bürgerinitiative 1976 nachdem er erleben musste, wie einem Verletzten erst nach sehr langer Zeit geholfen wurde Seitdem kämpft er unermüdlich für eine Verbesserung des Rettungsdienstes. In seiner Rede vor der EENA und EU-Vizepräsidentin Diana Wallis prangerte er nochmals die unbefriedigenden Zustände in Baden-Württemberg und Stuttgart an. Das Forum Notfallrettung gratuliert Joachim Spohn ganz herzlich und wünscht ihm weiterhin viel Kraft für sein Engagement!

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Die Bürgerinitiative Rettungsdienst Stuttgart hat keine eigene Homepage. Dank guter Beziehungen zur Presse, offensichtlich vor allem zu den Stuttgarter Nachrichten, publiziert sie damals wie heute ihre Meinung überwiegend in den Tageszeitungen Seit einigen Jahren gibt es eine Art Kooperation mit dem Forum Notfallrettung Stuttgart, dessen Internetseite für Verlautbarungen genutzt werden und für das sie Informationene bereit stellt. Unter den Punkten "Chronik" und "Mitglieder" dieser Seite gibt es einige kurze Informationen hierzu.
    Ich kenne Herrn Spohn bzw. sein Wirken seit den Anfängen in den 70er Jahren. Er hat meines Erachtens eine persönliche tief sitzende Abneigung gegen die Hilfsorganisationen, im besonderen gegen das DRK. Es gibt in meinem Archiv (alte) Leserbriefe und Artikel aus denen klar herauszulesen ist, dass er den Rettungsdienst nur dann gut findet, wenn ihn die Feuerwehr betreibt. Dies mag vielleicht daran liegen, dass er seine Informationen offensichtlich ganz überwiegend von Mitarbeitern der Feuerwehr erhielt und erhält. Herr Spohn begann sein "Wirken" in einer Zeit, zu der die Feuerwehr in Stuttgart in den Rettungsdienst einstieg. Es war damals kein Geheimnis, dass etliche Feuerwehr-Kollegen seine Lobbyarbeit nicht ungern sahen und ihn dabei mit (teils einseitigen?) Informationen unterstützten.
    Was mich ausserdem sehr stört, dass er viele Probleme verallgemeinert. Es gibt Rettungsdienstbereich, in denen schon seit vielen Jahren integrierte Leitstellen problemlos funktionieren, allerdings sind die beim DRK angesiedelt. Das passt sicher nicht in sein Weltbild und wird von ihm so gut wie nicht erwähnt.
    Keine Frage - Herr Spohn hat in den vielen Jahren etliche Verbesserungen angestoßen und erreicht. Sein Einsatz für die 112 als einheitliche Notrufnummer hat meine volle Unterstützung.
    Auch dass er auf Fehler und Mißstände in der Organisation des Rettungsdienstes und beim DRK hinweist, ist ok. Allerdings schießt er dabei deutlich übers Ziel hinaus, wenn er für (fast) alles das DRK verantwortlich macht. Beim genaueren Hinsehen würde er sicher auch bei der Feuerwehr und den Kostenträgern Mißstände entdecken, die für die Öffentlichkeit interessant sein könnten.
    Etwas mehr Objektivität würde manche seiner Aktionen glaubwürdiger erscheinen lassen, so wirkt er in der Öffentlichkeit aber doch oft einfach als Lobbyist der Feuerwehr.



    Edit: Rechtschreibung

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  • Und das ist in den deutschen Landtagen auch so? Oder arbeitet der Herr vom DRK außerhalb der Bundesrepublik?


    Aktuell ist der Landtag Baden Württemberg noch ein Teilzeitparlament.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Vielen Dank für die Informationen! Grundsätzlich würde ich eine faire Diskussion der einseitigen Debatte vorziehen (bezogen auf die Artikel in den Stuttgarter Tageszeitungen).


    Und wäre es nicht wichtiger sich dafür einzusetzen, dass ein bedarfsgerechter Rettungsdienst etabliert wird in einer Stadt / Region, statt WER nun rettet? Oder bekommt die Feuerwehr so viele RTWs/NEFs von den Kostenträgern bezahlt wie sie will und die HiOrgs nicht? Wenn dem so wäre, sollte man unbedingt investigativ darüber berichten!! :ironie:

  • benztowngoere:
    Wir sind uns einig!

    Zitat

    Und wäre es nicht wichtiger sich dafür einzusetzen, dass ein bedarfsgerechter Rettungsdienst etabliert wird in einer Stadt / Region, statt WER nun rettet?

    ASB und JUH zeigen, wie eine Partnerschaft funktionieren kann. Sie treten gemeinsam auf und besetzen einen RTW mit einem gemischten Team . So weit es von aussen zu beurteilen ist, scheint diese Kooperation auch zu funktionieren. Das ist eine Möglichkeit, zu zeigen "wir ziehen an einem Strang", zumindest an der Basis.
    Das Beispiel darf Schule machen!