agbn warnt: Notarztdienst in Bayern in Gefahr

  • Es fordert wohl keiner nach, nur weil ein Patient einen Venenzugang braucht. Das kannst Du mir nicht erzählen. Es wird schon mit einer damit zusammenhängenden Therapie zu tun haben.

  • Ja in 24h, aber doch nicht in 12h und das auch noch durchschnittlich!?


    Da in Friedberg (zumindest früher) 24h-Schichten die Regel waren, nehme ich mal an, dass hier vielleicht auch ein fehlerhaftes Zitat eine Rolle spielt....


    Der NEF-Standort Augsburg-Innenstadt war, zumindest vor ein paar Jahren noch, für 20 Einsätze in 24h gut.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Es fordert wohl keiner nach, nur weil ein Patient einen Venenzugang braucht. Das kannst Du mir nicht erzählen. Es wird schon mit einer damit zusammenhängenden Therapie zu tun haben.


    Es gibt durchaus Städte, in denen das so gehandhabt wird und mittels einer durch den ärztlichen Leiter herausgegebenen Dienstanweisung auch versucht wird, durchzusetzen. Dies nimmt dann solche Auswüchse, daß man einen Patienten lieber (im Rahmen seiner Möglichkeiten) unterversorgt im Krankenhaus übergibt, als zu lange auf das NEF zu warten.


    Der ärztliche Leiter bekommt alle Protokolle mit dem Vermerk "Notkompetenz" unmittelbar zugestellt und es ist durchaus üblich, dass daraus mal Gespräche entstehen. Auch Ärzte aus den Ambulanzen rufen ihn gerne mal an mit der Bitte um "Klärung", wenn dann doch mal ein RettAss einen Patienten mit Zugang aber ohne Notarzt abgegeben hat.


    Und nein, wir reden hier nicht über eine Kleinstadt auf dem Lande, wir reden hier über die Landeshauptstadt.


    LG Simon

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  • Einen Patienten ohne Venenzugang einzuliefern ist keine Form der fehlenden Therapie. Ein Venenzugang alleine ist keine Therapie. Wenn mich ein Rettungsassistent für einen Zugang nachfordern würde, ohne daß es eine für ihn erkennbare weitere ärztliche Therapienotwendigkeit gibt, würde ich ihn Falten und als Sticker an meiner Jacke tragen.

  • Ich frage mich an der Stelle inwieweit ein Pat. von einem pvZ allein profitiert.
    Wenn ich einen Zugang lege dann eigentlich nur wenn der Pat. einen massiven Volumenmangel zeigt oder ich ein Medikament geben will. Und in beiden Fällen fordere ich dann auch einen Akademiker nach.

    Manchmal ist das Blatt zwischen den Zeilen auch einfach nur weiß.

  • Wie wäre es, wenn man mal etwas realistisch bleiben würde? Es gibt jeden Tag bundesweit hunderte Notfallpatienten, bei welchen eine medikamentöse Intervention (noch) nicht notwendig, ein Zugang aber angebracht ist - sei es präventiv oder aus Gründen der Volumensubstitution (z.B. bei Exsikkose) - ohne die Notwendigkeit einer Notarztalarmierung.


    @Ani


    Wenn es eine entsprechende (hanebüchene) Dienstanweisung (siehe Beitrag von Tragenträger) gibt, ich der Meinung bin, der Patient benötige aus welchen Gründen auch immer einen Zugang, dann wirst du als Notarzt in den sauren Apfel beißen müssen. Dein "würde ich ihn Falten und als Sticker an meiner Jacke tragen" könntest du dann bei mir gerne mal versuchen.
    Es gibt z.B. bei uns aktuell eine Verfahrensanweisung unseres ÄLRD, die so unglücklich geschrieben ist, dass bei genauer Lesart für jeden Zugang ein NA anzufordern ist. Einige Kollegen halten sich nun strickt daran was dazu führte, dass die Notärzte sich schriftlich über diese Anweisung beschweren. Keiner von ihnen versucht jedoch, die Rettungsassistenten zu "falten".

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • @DG


    Du hast das nicht richtig verstanden: es gibt keinen Grund, einen Notarzt für einen konsequenzlosen Venenzugang nachzufordern. Bezogen auf den o.g. Fall bedeutet dies: Entweder braucht der Patient eine ärztliche Therapie und dafür einen Venenzugang, dann wird der Notarzt nachgefordert (und Du wirst nicht gefaltet) oder der Patient braucht keine ärztliche Therapie und der Venenzugang ist lediglich optional, dann fordert man halt keinen Notarzt an. Ich sehe kein Problem und vor allem keinen Grund, für einen optionalen Venenzugang einen Notarzt nachzufordern.


    Was das Beispiel mit der Exsiccose angeht: entweder geht es dem Patienten so schlecht (Hypotonie), daß man einen Notarzt anfordern könnte (Infusionstherapie) oder aber man wartet mit der Therapie noch 20 Minuten, bis er im Krankenhaus ist.


    Um es noch mal klar zu stellen: ich wehre mich nicht gegen notärztliche Tätigkeiten, aber einen Notarzt nachzufordern für einen Venenzugang, der lediglich "nice to have" ist, nachzufordern, dagegen wehre ich mich. Und zwar persönlich beim nachfordernden Rettungsassistenten. In Form einer Stickerfaltung.

  • Es gibt in der täglichen Praxis immer wieder Beispiele, in welchen ein Zugang gelegt werden sollte, ein NA jedoch nicht erforderlich ist. Patienten mit z.N. Kollaps unklarer Genese z.B., die sich beim Eintreffen des Rettungsdienstes wieder völlig unauffällig zeigen. Auch wenn das für dich unter "nice to have" läuft, so sehe ich dies als angebracht. Bei entsprechender Dienstanweisung wäre dann aber eben auch ein NA anzufordern. Dein Ansprechpartner für Beschwerden wäre dann der zuständige ÄLRD, welcher eine solche Anweisung gegeben hat.


    Was das Beispiel mit der Exsiccose angeht: entweder geht es dem Patienten so schlecht (Hypotonie), daß man einen Notarzt anfordern könnte (Infusionstherapie) oder aber man wartet mit der Therapie noch 20 Minuten, bis er im Krankenhaus ist.


    Auch hier würde ich wieder darauf verweisen wollen, dass man etwas realistisch bleiben sollte. Wird das in den Bereichen, in denen du fährst, tatsächlich so gemacht? Ich stelle immer wieder fest - du würdest bei uns wohl graue Haare bekommen, wenn es denn physisch möglich wäre. Wir hier nennen uns Rettungsdienst und handeln auch entsprechend, auch wenn ich grundsätzlich eher zurückhaltend damit bin, einen Zugang zu legen.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ich kenne keinen Bereich, in denen ein Notarzt nur für einen Venenzugang angefordert werden muß. Entweder der Patient muß therapiert werden oder nicht. Dann komme ich und alles ist gut. Für einen optionalen Venenzugang komme ich nicht. Und wenn das wiederholt vorkommen würde, würde ich da nicht mehr fahren. Ansonsten lege ich als RA halt keinen.


    Ich bin als RS nie auf die Idee gekommen, für einen Venenzugang eine Notarzt anzufordern. Kann mich nicht auf der einen Seite über die knappe Ressource beschweren und dann als RA/RS so eine Aktion starten.

  • Hallo!


    Es gibt in der täglichen Praxis immer wieder Beispiele, in welchen ein Zugang gelegt werden sollte, ein NA jedoch nicht erforderlich ist. Patienten mit z.N. Kollaps unklarer Genese z.B., die sich beim Eintreffen des Rettungsdienstes wieder völlig unauffällig zeigen.


    Auch wenn es jetzt ein wenig vom Thema abkommt: wieso braucht der Patient, der sich beim Eintreffen vom RD "wieder völlig unauffällig zeigt" und dies auch die gemessenen Vitalparameter etc. so untermauern überhaupt einen i.v.-Zugang?



    Ciao
    Rettungshund

  • In einem meiner ehemaligen Wirkungskreise war das von Daniel beschriebene Problem durchaus real.
    Zum einen wurde dort der venöse Zugang zu den EVM gezählt, was laut Maßnahmenkatalog eine Notarztalarmierung nach sich zog. Zum anderen stand beispielsweise im Versorgungsalgorithmus "Schlaganfall" der Zugang plus VEL als Standardmaßnahme des Rettungsassistenten.
    Je nach dem wie engstirnig man die einzelnen "Anweisungen" nun ausgelegt hat, hat man eben beim 08-15 Schlaganfall einen Zugang gelegt und dann den Notarzt nachalarmiert, der dann auch nur neben dem Patienten gesessen hat.
    Einige Kollegen haben das dann halt auch so praktiziert.

  • Sehen wir das Ganze doch mal aus Patientensicht. Gehen wir hypothetisch mal davon aus, eine Synkope, ein Kollaps, ein Patient in postiktaler Phase, deutlich exsikkierter Patient und ein komplikationsloser Apoplex würden durch einen NAW behandelt. Ich behaupte vehement, dass keiner dieser Patienten unter normalen Umständen ohne einen Venenzugang das Krankenhaus erreichen würde. Ich behaupte weiterhin, dass diese ärztlichen Maßnahmen Sinn ergeben. Entweder zur Volumengabe oder um im Falle einer Verschlechterung Medikamente geben zu können. Ich behaupte weiterhin, dass der Patient Anspruch auf eine optimale Therapie hat, unabhängig von wem er behandelt wird. Sollte unser ÄLRD also auf die Idee kommen, den PVZ nur nach Notarztnachforderung zu gestatten, würde hierfür jeweils ein Notarzt nachgefordert werden. Und wenn die Anweisung dies zulässt halt nach erfolgreicher Venenpunktion wieder abbestellt werden. Hierzulande sind wir sehr stur im Umsetzen solcher Maßnahmen, denn durch nichts wird man Missstände im Rettungsdienst leichter los, als durch eine meuternde Notärzteschaft.


    @Ani sicherlich ist die Ressource Notarzt knapp und dies ist bedauerlich. Sollte man im Umkehrschluss aber den Rettungsassistenten die Anweisung geben, zu jedem Fliegendreck einen NA zu holen, dann soll es halt so sein. Die Option kann nicht sein, dass ein Patient weniger versorgt ins Krankenhaus kommt. Wer keine kompetenten Rettungsassistenten will, muss mit schwachsinnigen Alarmierungen als Notarzt leben. Und den Versuch mich zu Falten würde ich gern sehen... Hauen dürfen Ärzte nicht und meckern tut nicht weh!

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Ich denke, dem ÄLRD geht es nicht um den PVZ, sondern der Therapie. Gemäß der Intention: wenn der Patient einen PVZ braucht, braucht er eine notärztliche Therapie. Ist zwar albern und absolut nicht mehr zeitgemäß, aber sei's drum. Er meint sicherlich nicht den routinemäßig gelegten PVZ bei diversen Bagatellen, die keinen Notarzt erfordern. Auf den kann man sicherlich verzichten. Die meisten PVZ, die ich im Notarztdienst lege, lege ich, weil ich schon mal da bin und der Patient eh im Krankenhaus einen bekommt. Wer mich wegen eines solchen PVZ (ohne harte Indikation) nachfordert, verliert einen Freund. Dabei bleibe ich auch. Damit ist die Diskussion für mich beendet.

  • Ich arbeite im von Tragenträger beschriebenen RD-Bereich und dort gibt es keine "optionalen" Zugänge für RettAss. Nur bei Hypoglykämie, Hypovolämie und natürlich Reanimation ist dies seitens ÄLRD gewünscht. Streng genommen darf ich nicht einmal bei einem polytraumatisierten Patienten, welcher (noch) einen adäquaten Blutdruck hat, einen Zugang legen.


    Und es gibt auch immer wieder Fälle in denen ich einen PVZ aufgrund der Erkrankung legen würde, bei denen ich aber gleichzeitig aufgrund des aktuellen Zustand keinen NA nachfordern würde. Einige Konstellationen wurde ja bereits genannt.
    Letztens hatte ich eine Patientin, die bei bek. DM Typ 2 eine Hyperglykämie mit einem BZ von weit über 400 mg/dl aufwies. AF erhöht, adäquate Sättigung, hämodynamisch stabil, aber vollständig desorientiert (GCS 13-14). Im 6-Kanal EKG war zwar ein SR zu erkennen, zeitgleich zeigten sich aber auch Anzeichen einer Hyperkaliämie.
    Die Patient war nicht dermaßen vigilanzgemindert, dass dies in meinen Augen eine NA-Nachforderung gerechtfertigt hätte. Eine Kapazitätsabfrage der vefügbaren Intensivbetten habe ich zwar durchgeführt, damit eine kontrollierte BZ-Senkung stattfinden kann, aber ansonsten hat die Patientin nur Sauerstoff bei vermeintlicher met. Azidose erhalten.
    Kaum sind wir am Krankenhaus angekommen konvertiert die Patientin in eine symptomatische SVT. Dann wurde es kurz hektisch in der Aufnahme bis die aufnehmende Ärztin und das Pflegepersonal die Patientin stabilisiert hatten. Alles gut gegangen, aber völlig unnötige Gefährdung der Patientin, da die Anlage des Zugangs dauerte. Vielleicht lag der Fehler auch bei mir, aber ich habe initial keine valide Indikation für eine NA-Alarmierung gesehen.


    BTW: Wir werden tatsächlich in einigen KH vom Pflegepersonal deutlich darauf angesprochen, warum wir einen Patienten mit Zugang oder mit einer bestimmten Erkrankung (z.B. Z.n. einem generalisiertem Krampfanfall), aber ohne NA bringen: "Dies sei doch eine Notarztindikation."

  • BTW: Wir werden tatsächlich in einigen KH vom Pflegepersonal deutlich darauf angesprochen, warum wir einen Patienten mit Zugang oder mit einer bestimmten Erkrankung (z.B. Z.n. einem generalisiertem Krampfanfall), aber ohne NA bringen: "Dies sei doch eine Notarztindikation."


    Was mich daran irgendwie immer wundert: Seit wann ist das Krankenhaus dazu da, unsere Arbeitsleistungen in Frage zu stellen, bzw. bewerten zu wollen? Wir bringen den Patienten und gut. Ob der einen Zugang hat, bzw. ob ein NA notwendig ist, ist nicht Belang des Krankenhauses solange der Patient adäquat versorgt ist.