Bayern ohne Notarzt?


  • nun, für mich gibt es sehr wohl noch einen Unterschied zwischen einem Unternehmer und einem freiberuflich tätigen Arzt. Neben seiner Ausbildung, die überwiegend durch den Steuerzahler getragen wird, hat der Arzt (zumindest für den Notarztdienst) keine bis nur sehr geringe Investitionskosten.



    Und wer trägt die Ausbildungskosten für Juristen, Betriebswirte und Ingieneure? Wer finanziert die Berufsschulen für z.B. Schreiner? Jawoll, der "Steuerzahler"......

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker


  • Was die Investitionskosten angeht: Ich kenne die genaue Rechtslage in Bayern nicht, aber muss man nicht niedergelassen sein (=eine Praxis haben und finanzieren), um am Notarztdienst teilzunehmen?


    Bisher nicht, ab 01. Juli sieht es etwas anders aus.... Und genau diese neue Rechtslage ist (Mit-)Auslöser der Kampagne "Bayern ohne Notarzt".

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Zur Qualifikation:
    Die Voraussetzungen zum NA-Dienst unterscheiden sich nicht wesentlich von denen anderer Bundesländer. Das gerade ein Rettungsassistent den Vorwurf bringt, es seien zuviele "Restbestände" vorhanden, also Notärzte, die eine deutlich kürzere Ausbildung ohne Prüfung in der Vergangenheit durchlaufen haben, ist einfach nur dreist.

  • Das gerade ein Rettungsassistent den Vorwurf bringt, es seien zuviele "Restbestände" vorhanden, also Notärzte, die eine deutlich kürzere Ausbildung ohne Prüfung in der Vergangenheit durchlaufen haben, ist einfach nur dreist.

    Naja mit dem Argument ist dann ja jede Diskussion über das Thema schon im Keim erstickt.


    Vergleich zwischen der Qualifikation der jeweiligen Bundesländer:
    http://www.bundesaerztekammer.…_Notarztqualifikation.pdf



    Übergangsregelungen (Bayern):
    http://www.blaek.de/weiterbild…ownload/WBO/C/notfall.pdf



    Aus meiner Zeit in Bayern (so ums Jahr 2008 herum) muss ich sagen, dass man abseits der Großstädte sehr häufig mit Hausärzten und Ärzten notfallmedizin-fremder Fachrichtungen zu tun hatte. Das hatte manchmal durchaus seinen Charme. In vielen Einsätzen führte das aber bei mir auch zu großem Kopfschütteln. Sogar der HNO-Arzt, in dessen Praxis ich kurz gearbeitet habe, hatte noch seinen "Schein" und fuhr ein paar mal im Jahr im Landkreis als Notarzt. Eine Koryphäe auf dem Gebiet war er jetzt zugegebenermaßen nicht...


    Ob das immer noch so ist, weiss ich ehrlich gesagt nicht. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass sich in manchen Regionen daran so viel geändert hat.


    Ciao,


    Madde

    "You won't like me when I'm angry.


    Because I always back up my rage with facts and documented sources."



    The Credible Hulk.

  • Naja mit dem Argument ist dann ja jede Diskussion über das Thema schon im Keim erstickt.

    Nö, das Argument sagt nix anderes als: wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen, angesichts der "Adelung" vieler RA und der unterschiedlichen RA qualität durchaus berechtigt, oder nicht? Zumal viele Deiner Kollegen erneut Adelungen fordern, bzw. einfache "Überleitungen" zum NFS. Vielleicht haben da Ärzte und nichtärztl. RFP ja mal Gemeinsamkeiten, auch wenn es weh tut...

  • Nö, das Argument sagt nix anderes als: wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen, angesichts der "Adelung" vieler RA und der unterschiedlichen RA qualität durchaus berechtigt, oder nicht? Zumal viele Deiner Kollegen erneut Adelungen fordern, bzw. einfache "Überleitungen" zum NFS. Vielleicht haben da Ärzte und nichtärztl. RFP ja mal Gemeinsamkeiten, auch wenn es weh tut...

    Welche Gemeinsamkeit denn? Ob ein erfahrener RA jetzt den Ritterschlag bekommt und NFS wird oder ein Facharzt mal eben zum NA wird, ist doch nicht vergleichbar. Das eine ist ein Übergang zwischen zwei in großen Teilen identischen Berufen, das andere der Wechsel eines Spezialisten in ein neues Fachgebiet.

  • Und wo ist da jetzt der Unterschied? Die Tätigkeit als NA hat nichts mit einem Facharztstatus zu tun. Die Zusatzbez. Notfallmedizin berechtigt zum Fahren als Notarzt, vor 15 Jahren war es die Fachkunde Rettungsdienst. Die Zusatzbez. Notfallmedizin ist schwieriger zu erlangen wie die alte Fachkunde. In manchen Ländern kann man die Fachkunde unter best. Voraussetzungen in die Zusatzbez. umschreiben lassen, bzw. einfach mit der alten Fachkunde weiterfahren. Also mir fallen da schon erheblich viele Parallelen ein. Auch wird wohl niemand ernsthaft bestreiten wollen, dass die Qualität des nichtärztlichen RFP erheblich divergiert, auch da sehe ich durchaus Parallelen.
    So sehr unterscheiden wir uns gar nicht, im Guten wie im Schlechten :)

  • Aber ich kann doch als RettAss den Zustand der RettAss Ausbildung und Leistung kritisieren, und genauso die NA Situation kritisieren?


    Die Kritik muss doch nicht nur von Intern kommen? Oder muss ich NA werden, um dazu eine Meinung zu haben und kundzutun?


    Ich finde es gibt genug zu verbessern, und auch genug berechtigte Kritik an der Situation an Bayern. Die Kampagne Bayern ohne Notarzt finde ich unqualifiziert und reißerisch.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Die Kampagne Bayern ohne Notarzt finde ich unqualifiziert und reißerisch.


    Was ist daran unqualifiziert und reißerisch? Es hat ja schon eine nicht unerhebliche Bedeutung für die Bevölkerung. Und die erreicht man nicht durch einen Nebensatz in der Wochenpost.

  • Nö, das Argument sagt nix anderes als: wer im Glashaus sitzt, der sollte nicht mit Steinen werfen, angesichts der "Adelung" vieler RA und der unterschiedlichen RA qualität durchaus berechtigt, oder nicht? Zumal viele Deiner Kollegen erneut Adelungen fordern, bzw. einfache "Ãœberleitungen" zum NFS. Vielleicht haben da Ärzte und nichtärztl. RFP ja mal Gemeinsamkeiten, auch wenn es weh tut...

    Dass die Situation bei den RettAss problematisch ist, wissen wir ja nun seit einigen Jahren.


    Da kann aber auch weder der einzelne RettAss noch in diesem Fall der einzelne Arzt was. Ich finde das daher tödlich und unnötig für jede Diskussion mit dem Argument zu arbeiten: "Kehrt erst mal vor der eigenen Tür" und das Ganze so auf die berufspolitische Grabenkampflinie zu bringen.


    Ciao,


    Madde

    "You won't like me when I'm angry.


    Because I always back up my rage with facts and documented sources."



    The Credible Hulk.

  • klar kann das auch von extern kommen, nur ist das so ungefähr wie wenn der Esel seinen Esel-Kollegen Langohr schimpft. Klar kann und darf der das, von mir aus, wenn es irgendwie hilft? Ich find es echt müßig, aber ich beklage mich auch nicht, weder über nichtaerztliches RFP, noch über die Kollegen, weil der Alltag mir zeigt Blinzen gibt es überall, auch mit der tollsten und einheitlichsten Ausbildung wird es sie immer geben. Diese ewigen Meckereien über Ärzte sind anscheinend eine Form der Gruppenidentitaet und auch immer ganz gut um mal die eigenen Minderwertigkeitskomplexe lozuwerden. Ich habe als junger Rettungssani auch oft alles besser gewusst und gekonnt, irgendwann mit der Zeit nimmt man sich nicht mehr so wichtig und wird toleranter und gelassener. Dann regt man sich nicht mehr über vermeintlich unfähige Leute auf, sondern fragt sich öfter mal ob deren Problemlösung evtl. sogar einen Lerneffekt haben kann, auch wenn sie unkonventionell war, bzw. ignoriert Unfähigkeit einfach, ohne sich ein Ei darauf braten zu müssen.

  • Stimme im Grunde zu, mag aber das (vollkommen an den Haaren herbeigezogene) nächste Totschlagargument von wegen Minderwertigkeitskomplex nicht. Es ist ein bisschen zu einfach, Kritik damit zu begegnen, dass man irgendwie persönlich wird.
    Ich für meinen Teil weiß mittlerweile sehr gut, was ich kann und vor allem auch was ich nicht kann. Und ich muss mich nicht ständig daran verschleißen, mit dem Finger auf andere zu zeigen und rumzumeckern. Wenn's meine eigene Arbeit betrifft und jemandem durch den Murks von anderen Schaden droht, dann sag ich durchaus was, und zwar an der richtigen Stelle.
    Aber solang da irgendwer vor sich hinwurschtelt und sich damit allenfalls zum Horst macht, dann soll er das meinetwegen tun.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • (vollkommen an den Haaren herbeigezogene) nächste Totschlagargument von wegen Minderwertigkeitskomplex nicht. Es ist ein bisschen zu einfach, Kritik damit zu begegnen, dass man irgendwie persönlich wird.

    Meiner Meinung nach gibt es diese Minderwertigkeitskomplexe wirklich bei einigen Menschen. Es gibt sie auch beim Facharbeiter gegenüber dem Ingenieur, oder in ähnlichen Konstellationen (z.B. beim RS gegenüber dem RA). Es kann sehr gut für das eigene Ego (oder das "Gruppenego") sein, zB als RS über manchen unfähigen RA (oder als Ass.arzt über den OA, oder als Ehrenamtl. gg. den HA) herzuziehen, weil es den anderen vermeintlich herunterholt von seinem (imaginären) Sockel.
    Ich habe damit niemanden persönlich als Individuum angreifen wollen und möchte die Beobachtung auch nicht ausschliesslich auf RFP beschränken, es ist einfach nur menschlich.
    Ich bin davon überzeugt, dass Professionalität und Qualität im deutschen RD zwar ausbauwürdig sind (das ist ja immer richtig), aber sowohl auf ärztlicher als auch auf nichtärztlicher Seite im Großen und Ganzen überhaupt nicht so schlecht sind wie es hier manchmal erscheint.

  • Ein weiterer Nachtrag noch: ich finde es auch unprofessionell wenn sich eine kollegial verbundene Gemeinschaft wie die im "RD arbeitenden" gefühlt ständig gegenseitig angeblich mangelnde Qualität vorwerfen. Neulich habe ich mich schon über die in irgendeinem SPON Kommentar schreibenden ärztlichen Kollegen massiv geärgert, die gegenseitig in aller Öffentlichkeit über die Qualität als NA der jeweiligen anderen Facharztrichtung herzogen.
    Genauso blödsinnig sind die dann durch haarsträubende Einzelbeispiele wild belegten Vorwürfe gegenüber "den Ärzten", oder umgekehrt (kommt hier ja eher selten vor :)).

  • Danke für dieses Statement, Dr. Mabuse. Auch wenn mir oftmals die US-Statements eher suspekt sind, so empfinde ich den Gedanken "one Team, one Mission" überaus angebracht.

  • Genauso blödsinnig sind die dann durch haarsträubende Einzelbeispiele wild belegten Vorwürfe gegenüber "den Ärzten", oder umgekehrt (kommt hier ja eher selten vor :)).


    Auch wenn es ein wenig OT ist: Immer her damit, auch Ani wollte vor längeren Zeit eine Sammlung zu "doofen Verhalten von RA" einrichten. Ich würde sehr gerne auch mal die ärztliche Sichtweise lesen und dadurch vielleicht auch ggf mein eigenes Verhalten reflektieren und überdenken.

  • Ich erinnere mich. Inzwischen hat sich aber meine Haltung diesbezüglich geändert. Und die Diskussionen um das Notfallsanitätergesetz haben mir gezeigt, daß es wahrscheinlich besser ist, solche Beispiele weniger breit zu treten und nur bei Bedarf eventuell mal was zu kommentieren.

  • Auch wenn mir oftmals die US-Statements eher suspekt sind, so empfinde ich den Gedanken "one Team, one Mission" überaus angebracht.


    So lange du dann nicht jedem Patienten bei der Dialysefahrt pathetisch auf die Frage nach dem übergroßen Gürtelholster antwortest: "9.11. changed our lives"...
    ;-)