Prozessbeginn gegen Ärztin in Lübeck

  • Schlimm und nachdenkenswert finde ich den Satz: "Wenn Babak M. im juristischen Sinne keine Schuld trifft, trifft sie dann vielleicht jemanden anderen?"

  • Schlimm und nachdenkenswert finde ich den Satz: "Wenn Babak M. im juristischen Sinne keine Schuld trifft, trifft sie dann vielleicht jemanden anderen?"


    Theoretisch kann ich dem Gedankengang schon folgen.
    Ein Beispiel: Wenn ich auf einem Autobahnparkplatz ein Pferd freilasse und das Tier dann in Panik auf die Fahrbahn läuft und einen schweren Unfall mit Verletzten und Toten verursacht, wird man dem Pferd auch keinen Schuldvorwurf machen können. Mir aber unter Umständen schon.


    Die Frage impliziert immerhin nicht, dass irgendjemand schuldig sein muss. Aber die Frage, ob jemand schuld/verantwortlich sein könnte, sollte doch erlaubt sein.


    J.

  • Aussage der Krankenschwester:"Das ist nicht meine Aufgabe", sagte sie vor Gericht.



    Mittlerweile kann ich nur noch darüber lachen. Diesen Satz höre ich am Tag bestimmt fünfmal. Ich habe ihn noch nie von einem Sani, vom Pförtner oder einem Kollegen gehört...

  • Zitat

    Auf solche Ideen kommen auch nur Deutsche Staatsanwälte. Kann ich gar nicht nachvollziehen.


    Das finde ich eigenartig - dass ärztliche Fehler, die vermeidbar sind und zum Tod eines Menschen führen, strafrechtlich relevant sind, ist eigentlich kein ungewöhnlicher Gedanke. Ebenso wenig wie es neu sein sollte, dass vor der Entlassung eines von der Polizei "vorbei gebrachten" psychiatrischen Patienten die Frage der Eigen- und Fremdgefährdung zu klären ist. Und wenn jemand tatsächlich bereits Dritten offenbar glaubhaft Stimmenhören mit imperativen Charakter geschildert und in diesem Zusammenhang über ein Tötungsdelikt gesprochen hat, ist es kaum nachvollziehbar, dass ein psychiatrisch erfahrener Arzt nicht entsprechend bewertet.

  • Ich glaube manche begreifen nicht wie schwierig es ist diese Leute einzuschätzen. Polizei, Rettungsdienst, und einige Notärzte machen es sich sehr einfach, und weisen fast jeden ein. Ob dies mit dem Grundgedanken des GG zu vereinbaren ist, kann man lang und breit diskutieren.


    Psychiatrien sind i.d.R. keine Gefängnisse, und Psychiater haben nicht als oberste Gebot das alle weggeschlossen werden müssen.


    Ich möchte diesen Fall nicht kommentieren, aber grundsätzlich beneide ich Psychiater nicht um ihre Aufgabe, und ich glaube einen intelligenten psychiatrischen Patienten gut einzuschätzen ist eine Wahnsinnssache.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Für mich ist klar das ärztliche Fehler die zum Tod DES Patienten führen unter Umständen strafrechtlich relevant sind.


    Aber hier hat der Patient einen anderen Menschen ermordet - das ist in meinen Augen was anderes.


    Oder haftet in Zukunft der Arzt auch für Epileptiker die Autounfälle verursachen? Oder für den alten Menschen mit Herzschwäche der trotzdem Auto fährt? Wo ist die Grenze?


    Muss einn Augenarzt dem "eingetropften" Patienten der offenbar vorhat mit dem Auto zu fahren in der Ordination einsperren? Oder muss er die Polizei rufen? Wie löst man das?


    Ich sehe diesen Fall als schicksalshaften Verlauf, wenn man hier anfängt die Strafrechtskeule zu schwingen öffnet man die Büchse der Pandora.


    Ich hab mittlerweile so viele verwirrte Patienten gesehen die alle/mich/jemanden umbringen wollten oder von Engeln/Todesengeln/Stimmen beeinflusst wurden. Da hätte man ganze Krankenhaustrakte füllen können. Passieren tut selten was, und wenn muss jemand schuld sein....

  • Wenn ein Pädophilertherapiert aus der Klinik entlassen wird und sich dann doch das nächste Opfer sucht, schreien alle Zeter und Mordio. Und das hier soll jetzt nicht mal eine Untersuchung wert sein? :nea:

  • max skinner


    Ein Epileptiker, der um seine Erkrankung und deren Auswirkungen weiß, handelt aber eigenverantwortlich. Genauso wie der Patient, der beim Augenarzt getropft und über die entsprechenden Risiken aufgeklärt wurde.


    Ein Mensch, der ganz offenkundig unter Wahnvorstellungen leidet tut dies meiner Auffassung nach nicht.


    Ich mag nicht täuschen, dachte aber bisher das es zu den Aufgaben eines Psychiater innerhalb einer geschlossenen Abteilung gehört Patienten hinsichtlich ihrer Eigen- und Fremdgefährdung zu beurteilen. Kommt es hierbei zu einer Fehlbeurteilung und nachfolgen zu einem Ereignis wie dem eingangs geschilderten, finde ich die Frage, in wieweit diese Fehlbeurteilung vermeidbar gewesen wäre und ob sich hieraus eine strafrechtliche Relevanz ergibt, völlig legitim.


    Um beim Beispiel des Augenarztes zu bleiben: Anders sieht die Sache möglicherweise aus wenn ein Augenarzt einem Führerscheinbewerber wider besseren Wissens die Fahrtauglichkeit attestiert und dieser später, aufgrund seiner unzureichenden Sehkraft; einen (schweren) Unfall verursacht.

  • Zitat

    Ich glaube manche begreifen nicht wie schwierig es ist diese Leute einzuschätzen.


    Doch, das ist mir durchaus bekannt und bewusst. Wenn die Sachlage allerdings so liegt wie in der Berichterstattung dargestellt, sehe ich einen klaren Fehler, der kausal für den Tod eines Menschen wurde.


    Zitat

    Ich möchte diesen Fall nicht kommentieren, aber grundsätzlich beneide ich Psychiater nicht um ihre Aufgabe, und ich glaube einen intelligenten psychiatrischen Patienten gut einzuschätzen ist eine Wahnsinnssache.


    Es ging in jedem Bereich Zweifelsfälle - aber deshalb ist nicht jeder Fehler schon unvermeidbar oder verzeihlich. Ich würde mich insoweit auf das Urteil des erfahrenen forensischen Psychiaters verlassen, der als Sachverständiger gehört wurde.

  • Naja, jemanden, der seit seinem 17. Lebensjahr in Behandlung ist, vorgibt, seine Mutter töten zu wollen am nächsten Tag ohne weiteres zu entlassen, fände ich auch problematisch..

  • Welche Option gibt es denn ohne Unterbringungsbeschluss? Es gibt offenbar eine, aber welche? ?-(

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • können Ärzte eine sog. "Zwangsunterbringung" bei solchen fällen beantragen..


    Unterbringungsgesetzte/Psychiatriegesetze sind Ländersache und da steht in jedem Bundesland etwas anderes im Gesetz drinnen.


    Viel Interessanter finde ich die Konsequenzen:
    Klar, hat der Patient unter Umständen eine Psychose deren Symptome sich durch Neuroleptika lindern lassen.
    Das setzt aber eine gewisse Compliance bei der Medikation voraus.


    Wenn ich wirklich sicher sein möchte, dass der Patient niemanden in Zukunft gefährdet, muss ich Ihn lebenslänglich einsperren, da auch unter Therapie nicht immer eine vollständige Remission erreicht werden kann bzw. Rezidive der psychotischen fremdgefährdenden Symptomatik nicht ausgeschlossen werden können.


    Wo zieht man also hier in Zukunft die Grenze?


    Das Urteil stellt meiner Meinung nach so manche Praxis in der Psychiatrie in Frage.