Qualitätsbericht der Stelle zur trägerübergreifenden Qualitätssicherung im Rettungsdienst Baden-Württemberg (SQR-BW) veröffentlicht

  • Das ist doch allgemein das Problem. Keiner traut sich, die Abfrage so zu gestalten, dass es „gesamtlogistisch“ Sinn machen würde. Weil das würde heissen, dass zu deutlich mehr Einsätzen kein RTW / NEF fahren würde, sondern an den ärztl. Notdienst oder den Hausarzt verwiesen würde o.ä. Das würde aber auch bedeuten, dass einzelne Fälle durch‘s Raster fallen und im schlimmsten Fall jemand stirbt. Und dann wiederum müssen sichdie Verantwortlichen hinstellen und sagen, dass das dennoch so sinnvoll ist. Lieber schickt man zu allem, was nur im entferntesten ein Notfallstichwort sein könnte die ganze Mannschaft. Unsere Vollkasko-Gesellschaft hat aber auch diesen Anspruch, kosten darf es allerdings nicht mehr.
    In dieser Hinsicht bin ich auf die Projekte zum „geh-mal-gucken-Gemeinde-NotSan“ gespannt. Ein Schritt wäre auch, den NA wirklich nur noch bei eindeutigen Indikationen oder auf Nachforderung zu schicken. Weil der Bewusstlose ist selten noch bewusstlos bis der RD kommt z.B. und die meisten dieser Fälle durch den NotSan beherrschbar.
    Ein spannender Artikel zum Thema RD Entwicklung findet sich gerade in der aktuellen Ausgabe „Rettungsdienst“. Ein Anästhesist der in GB tätig ist, beschreibt ohne Standesdünkel seine Vision eines Systems, das tatsächlich alle Vorteile verschiedener Systeme zusammenführt. NotSan, „Paramedic-NotSan“ und NA könnten zu einem schlagkräftigen Gesamtsystem werden.

  • Das ist doch allgemein das Problem. Keiner traut sich, die Abfrage so zu gestalten, dass es „gesamtlogistisch“ Sinn machen würde. Weil das würde heissen, dass zu deutlich mehr Einsätzen kein RTW / NEF fahren würde, sondern an den ärztl. Notdienst oder den Hausarzt verwiesen würde o.ä. Das würde aber auch bedeuten, dass einzelne Fälle durch‘s Raster fallen und im schlimmsten Fall jemand stirbt. Und dann wiederum müssen sichdie Verantwortlichen hinstellen und sagen, dass das dennoch so sinnvoll ist. Lieber schickt man zu allem, was nur im entferntesten ein Notfallstichwort sein könnte die ganze Mannschaft. Unsere Vollkasko-Gesellschaft hat aber auch diesen Anspruch, kosten darf es allerdings nicht mehr.
    In dieser Hinsicht bin ich auf die Projekte zum „geh-mal-gucken-Gemeinde-NotSan“ gespannt. Ein Schritt wäre auch, den NA wirklich nur noch bei eindeutigen Indikationen oder auf Nachforderung zu schicken. Weil der Bewusstlose ist selten noch bewusstlos bis der RD kommt z.B. und die meisten dieser Fälle durch den NotSan beherrschbar.
    Ein spannender Artikel zum Thema RD Entwicklung findet sich gerade in der aktuellen Ausgabe „Rettungsdienst“. Ein Anästhesist der in GB tätig ist, beschreibt ohne Standesdünkel seine Vision eines Systems, das tatsächlich alle Vorteile verschiedener Systeme zusammenführt. NotSan, „Paramedic-NotSan“ und NA könnten zu einem schlagkräftigen Gesamtsystem werden.


    Hoffentlich denkt man dann da auch an die entsprechende Bezahlung dieses "Hausarztes Light".
    3500 € Brutto in der Not San Endstufe halte ich da nicht mehr für angemessen. Da muss dann schon ein 4rer vorne dran. In der Endstufe wohlgemerkt.... :growup:

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."

  • Die Leitstelle Bodensee-Oberschwaben (Disponiert die Landkreise Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen) nutzt dieses System. Ich kenne keinen Vergleich der Qualität der Abfrage von verschiedenen Leitstellen mit unterschiedlichem Systemen der Abfrage.

    Richtig, die ILS BOS setzt die "Advanced Medical Priority Dispatch System (AMPDS)"- und "Fire Priority Dispatch System (FPDS)"-Protokolle ein, welche von den "International Academies of Emergency Dispatch (IAED)" konzipiert und gepflegt werden. Meines Wissens nach sind sie nicht die einzigen Anwender im deutschsprachigen Raum.
    Die softwaretechnische Umsetzung der Protokolle nennt sich "ProQA Paramount" und wird von der "Priority Dispatch Corp. (PDC)" zur Verfügung gestellt. All diese Begriffe fallen oft im Zusammenhang mit standardisierter Notrufabfrage, genau wie "NOAS-ILS".
    NOAS jedoch ist keine auf den Konzepten der IAED basierende (Weiter-)Entwicklung. Nach meiner Wahrnehmung ist NOAS stellenweise erstaunlich ähnlich gehalten, allerdings merklich weniger umfangreich.
    Die "Priority Dispatch"-Systeme bieten bspw. zahlreiche Anleitungen zu Sofortmaßnahmen, etwa zur Telefonreanimation, zum Stoppen kritischer Blutungen, zur systematischen Fluchtwegsuche aus brennenden Gebäuden, bei klemmendem Gaspedal, für die Zustandsanamnese beim Schlaganfall, bei Personen in (Fließ-)Gewässern uvm. In "NOAS" sind mir weit weniger dieser Protokolle bekannt.
    Wenn ich mich nicht irre, wird NOAS von der ILS Rhein-Kreis Neuss genutzt.

  • Da DaniRA und Securo nach Berichten gefragt haben, versuche ich hier mein mein persönliches Erleben und die Meinung, die ich mir daraus gebildet habe, darzustellen. Versteht meine Posts hierzu nicht als eine Stellungnahme; die geschilderten Sachverhalte sind Dinge, die jeder normale Bürger über die ILS BOS recherchieren könnte und ich kann mich in Detailangaben täuschen.


    Die Notrufbearbeitung mit diesem System funktioniert wie folgt: Nach zwei Eingangsfragen ("Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst - wo genau ist der Notfallort?" und "Wie lautet Ihre Rückrufnummer?") sagt der Disponent "Sagen Sie mir genau was passiert ist!" und entscheidet anhand der Schilderungen, über welches Protokoll er weiter verfährt. Es gibt hier spezifische Protokolle z.B. für Atemstörungen, aber auch allgemein gehaltene, die lebensbedrohliche Leitsymptome abfragen und dann anhand der Ergebnisse weiter verfahren. Am Ende eines jeden Protokolls steht ein eindeutiger Dispositionsvorschlag nach AAO, an den sich der Calltaker halten oder bei Zweifeln auf höherwertige Rettungsmittel aufwerten kann.
    Dies funktioniert nach meinem Erleben sehr treffend: Wenn angebracht, verweist das System an den Ärztlichen Bereitschaftsdienst oder schlägt einen KTW-Transport vor. Am Einsatzort entsprach die vorgefundene Lage subjektiv viel häufiger der gemeldeten als in anderen Rettungsdienstbereichen. Dabei hat man als Rettungsteam detailliertere Informationen zur Verfügung als anderswo, nämlich alle Antworten auf die einzelnen Protokollfragen. So fallen beim Eintreffen schon die ersten Zustandsänderungen auf, was ich gerade beim Schlaganfall sehr sinnvoll finde.
    Sobald nach den ersten Protokollfragen nach Atmung und Bewusstsein eine Lebensbedrohung feststeht, wird durch einen zweiten Disponenten bereits ein Rettungsteam alarmiert und das Gespräch parallel weitergeführt. So kommt es, dass die Gesprächsdauer im landesweiten Vergleich äußerst lang ist, die Dispositionszeit hingegen vergleichsweise kurz gehalten wird.
    Es gab in der Vergangenheit immer wieder politische Ambitionen, die Gesprächszeit möglichst kurz zu halten, siehe z.B.: https://www.landtag-bw.de/file…sachen/2000/15_2858_D.pdf unter II.3. Nach meinem Dafürhalten ist es zu kurz gegriffen, die Gesprächszeit alleine als Qualitätsindikator heranzuziehen.
    Einen "Protokollmissbrauch", also bewusst falsche Angaben von Anrufern, um z.B. RTW/NEF-Einsätze zu erwirken, konnte ich nie feststellen.
    Möglicherweise liegt es am Notrufabfragesystem, dass die Anzahl der RTW-Einsätze im RDB BOS nun schon im zweiten Jahr in Folge leicht rückläufig ist? Siehe: https://www.drk-bos.de/2017-10…t-hohes-einsatzaufkommen/

    2 Mal editiert, zuletzt von Bodensee () aus folgendem Grund: Anpassung Zeilenumbruch

  • Das ist doch allgemein das Problem. Keiner traut sich, die Abfrage so zu gestalten, dass es ?gesamtlogistisch? Sinn machen würde. Weil das würde heissen, dass zu deutlich mehr Einsätzen kein RTW / NEF fahren würde, sondern an den ärztl. Notdienst oder den Hausarzt verwiesen würde o.ä. Das würde aber auch bedeuten, dass einzelne Fälle durch?s Raster fallen und im schlimmsten Fall jemand stirbt. Und dann wiederum müssen sichdie Verantwortlichen hinstellen und sagen, dass das dennoch so sinnvoll ist. Lieber schickt man zu allem, was nur im entferntesten ein Notfallstichwort sein könnte die ganze Mannschaft.

    Wenn gewisse Vorgaben eingehalten werden (u.a. in fast allen Gesprächen muss AMPDS und FPDS zum Einsatz kommen, ein fester einstelliger Prozentsatz der Kontakte jedes Calltakers in jeder Schicht wird von speziell geschulten Mitarbeitern der Leitstelle nachgehört und [ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen] nach vorgegebenen Kriterien v.a. auf Protokolltreue bewertet), können sich der Calltaker und der Leitstellenbetreiber auf das Protokoll berufen, sollten sich Dispositionsentscheidungen im Nachhiniein als falsch herausstellen. Fehleinschätzungen von Hilfeersuchen sind jetzt nicht mehr die Schuld des Calltakers, da ProQA auf Grundlage der eingegebenen Antworten die Entscheidung übernimmt. Das sehe ich als großen Vorteil an.
    Besondere Fälle fallen in diesem Abfragesystem weniger oft durch's Raster, da auch für Situationen abseits der Routine Protokolle existieren. So kann der Calltaker jederzeit und in jedem Fall souverän abfragen und bekommt ohne nachdenken oder improvisieren zu müssen wenn nötig sofort "Direct Life Support (DLS)"-Anweisungen vorgegeben.
    Aus den oben genannten Anforderungen und der verlängerten Gesprächsdauer resultiert abgesehen von der besseren Rechtssicherheit logischerweise auch ein höherer Personalbedarf. Man reduziert zwar eventuell die notwendige Vorhaltung im Rettungsdienst, benötigt dafür aber auch 25% mehr Stellen als auf einer "konventionellen" ILS. Ich persönlich finde, dass es uns dies im Sinne der Patientensicherheit und der geringeren Verantwortbarkeit der Calltaker wert sein sollte.
    Braucht es trotz der Hilfestellung durch die Protokolle weiterhin medizinisches Fachpersonal in den Leitstellen? Nach meiner Erfahrung ja, denn nicht jede Antwort des Anrufers und nicht jede Situation vor Ort passt exakt in ein Protokoll. Hier ist vor allem Rettungsdiensterfahrung gefragt, um flexibel reagieren und erklären zu können. Ob der Calltaker nun RettSan oder RettAss bzw. NotSan ist, ist meiner Meinung nach weniger von Bedeutung.

    Einmal editiert, zuletzt von Bodensee () aus folgendem Grund: Präzisere Formulierung

  • AMPDS ist nicht als System pauschal problematisch, es kann aber bei dem falschen Setzen der Rahmenbedingungen eine blanke Katastrophe werden. Ich habe es oft gehört und an einem Standort selbst erleben "dürfen", wie sehr man damit, wenn man es ängstlich konfiguriert, wirklich jeden Einsatz überbeschicken kann. Aber selbst als die Einsatzabbruchgründe "auf Anfahrt aus medizinsichen Gründen abbestellt" und "Fehleinsatz, keine Indikation" durch die Decke gingen, hat es sehr lange gedauert, bis man umgestellt hat. Man sollte sehr vorsichtig sein, was man sich wünscht. Allerdings hat man es geschafft, dass quasi kein Einsatz unterbeschickt wurde - und darauf war man sehr stolz. Und das man bei einer angestrebten Fehlerquote (für Unterbeschickung) von 0% auch schlicht zu jedem (ansatzweise medizinischen) Anruf schlicht einmal RTW und NEF rausschickt, kann man sich ja an zwei Fingern abzählen.

    Die Reproduzierbarkeit der Dispositionsentscheidungen macht systematische Auswertungen überhaupt erst möglich. Wenn nun aus jeder Nachforderung für einen Frage-Antwort-Pfad gleich auf ein generelles Bedürfnis geschlossen wird, eskaliert das Ganze selbstverständlich. Jedoch glaube ich, dass man hier zwischen standardisiertem Notrufabfragesystem und Alarm- und Ausrückeordnung klar trennen muss: AMPDS hilft dem Calltaker lediglich bei der Diagnose- und Lagefeststellung und übernimmt somit das Auswählen des passendsten AAO-Eintrags. Unter diesem kann ein unpassender Alarmierungsvorschlag stehen, egal ob die Leitstelle nun AMPDS nutzt oder nicht.
    Dass dies in dem von dir genannten Rettungsdienstbereich schief gegangen ist, liegt wie von dir treffend festgestellt an der Zielsetzung, nicht am Notrufabfragesystem. Hätte man das Ziel "0% Nachforderungsquote für jeden AAO-Eintrag" in einer Leitstelle mit Freihandabfrage gesetzt, wäre genau das Gleiche herausgekommen.
    Motivation und Ziel der Einführung von AMPDS sollte sein, die Lage vor Ort unabhängig vom annehmenden Calltaker und der Tageszeit möglichst genau zu erkennen. Arbeitet man daran, folgt daraus eine treffsichere Beschickung - nicht umgekehrt.
    Sollten Alarmierung und Bedarf einmal nicht übereinstimmen, muss man dem in alle Richtungen nachgehen und nicht nur nach "mehr" rufen. Vielleicht hat sich der Patientenzustand nach dem Auflegen zunehmend verschlechtert und der Anrufer sich trotzdem nicht mehr gemeldet? Es kommt auch vor, dass ein Calltaker eine Antwort des Anrufers fehlinterpretiert hat oder ein Protokoll verbessert werden muss. Hier kommt es insbesondere auf die enge Zusammenarbeit zwischen Leitstellen- und Einsatzpersonal an: Kurze Dienstwege, unkomplizierte Feedbackmöglichkeiten, man kennt sich untereinander und man bildet sich gemeinsam fort.
    Es braucht nicht einmal besonders standhaftes oder gar waghalsiges Führungspersonal für eine zu AMPDS passende AAO. Ein guter Überblick in Notfallmedizin, Feuerwehr und Einsatztaktik, der ständige Dialog mit den Einsatzkräften sowie die korrekte Anwendung von Statistik und Logik reichen aus, um diese langfristig richtig zu optimieren.
    Die erfolgreiche Nutzung von Priority Dispatch im Bereich Bodensee-Oberschwaben zeigt, dass dieses System sehr gut funktioniert. Ich behaupte, das ist definitiv auch auf andere Bereiche übertragbar, wenn man die von dir genannten Punkte beachtet.

    Einmal editiert, zuletzt von Bodensee () aus folgendem Grund: Rechtschreibkorrektur

  • AMPDS ist nicht als System pauschal problematisch, es kann aber bei dem falschen Setzen der Rahmenbedingungen eine blanke Katastrophe werden.


    AMPDS, ich kenne einige Umsetzungen davon, ist vom Prinzip her sehr ausgeklügelt. ABER: Die Umsetzung scheitert an der Anpassung an das lokale System, denn AMPDS wurde nie für ein bestimmtes Rettungssystem konzipiert. Die Rahmenbedingungen müssen eingepflegt werden.


    AMPDS wird in den Niederlanden (Notärzte wohl eher exotisch), in Österreich (niedrige Notarztschwelle) und in der Schweiz (Notärzte werden sehr sparsam eingesetzt) als System identisch eingesetzt. Wie erwähnt müssen die Rahmenbedingungen jetzt eingefügt werden.


    Betrachtet man die Codes, auf denen AMPDS beruht, kann man vereinfacht sagen, dass:


    ALPHA: kein Notfall,
    BRAVO: aktuelles Ereignis ohne akute Gefahr
    CHARLIE: akutes Ereignis, bei dem eine Lebensgefahr in Betracht kommen könnte
    DELTA: gemäss Protokoll liegt eine Lebensgefahr vor
    ECHO: auf Grund des Meldebildes sind die Atemwege in Gefahr


    Mehr sagt AMPDS zunächst nicht aus.


    Wenn man jetzt natürlich hingeht und den Code CHARLIE unbedingt als NA-Indikation betrachtet (Synkope, Person nach Bewusstlosigkeit am Aufklaren, jedoch noch nicht ganz wach) werden die Zahlen der NA-Einsätze eher steigen. Man könnte natürlich DELTA als Schwelle für den NA nehmen (akuter Brustschmerz, cardial vorbelastet).


    Oder das Bauchgefühl als Grundlage hinzuziehen (Einsatz aufgewertet).


    Letztlich steht und fällt ein solches Schema mit der Umsetzung anhand von Kriterien.

  • Wie kann man so etwas beurteilen? Wenn der Kollege „low Performer“ den Druiden für alles holt, weil er permanent überfordert ist, dann ist der NA indiziert

  • Ich habe ja auch nicht gesagt das die NA Nachforderungsquote als Qualitätsindikator taugt - genau aus diesem Grund halte ich sie tatsächlich für fragwürdig. Zumindest sollte in dem Fall auch gemessen werden, wie oft der NA nicht draußen benötigt wurde. Denn sonst entstehen im System falsche Anreize.

  • Es kann zumindest beurteilt werden, wie häufig ein Notarzt noch vom Team vor Ort nachgefordert wurde und wie häufig er auf Anfahrt abbestellt wird. Steigt letzteres sprunghaft an und übertrifft dabei die 50% Grenze, darf man getrost davon ausgehen, dass man die Rahmenbedingungen schlecht eingepflegt hatte.


    Im damaligen System war es sogar über 70% Abbruch auf Anfahrt aus med. Gründen gestiegen. Den Fehler fand man allerdings zeitnah: man hatte bei der Frage, wie securo schon vermutete, „ist der Patient bei normalen Bewusstsein“ bei „Nein“ eine zwingende NA Indikation hinterlegt und die Möglichkeit der Einsatzabwertung deaktiviert...


    Wenn man in einer hinreichend großen Metropole zu jedem Betrunkenen und zu jeder stattgehabten Synkope plötzlich einen NA schickt, explodieren die Einsatzzahlen.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Man könnte AMPDS auch einfach weg lassen und dem Disponenten die Möglichkeit geben auch mal nein zu sagen. In der Realität ist es aber so, dass nach dem Motto "Lieber 100 mal zu viel, als ein mal zu wenig" gefahren wird.
    Was passiert denn, wenn der Disponent als Vorschlag den ÄBD bekommt und es doch eine RTW/NEF Indikation war. Kann der Disponent sich dann auch auf AMPDS oder heißt es dann wie so üblich, dass das System ja nur als "Stütze" vorhanden ist?


    Ich weiß nicht so genau warum man nicht einfach auf die Kompetenzen des ILS Personal setzt (i.d.R RettAss/Notsan + mind. F3) und gezielte Fortbildungen für die Gesprächsführung und Abfrage erarbeitet und auch die Kompetenzen hat und auch mal "nein" sagt.
    Das geht heute auch, aber wehe es geht schief. Die Ansage ist "Es darf keiner durch das Raster fallen!) aber das passiert auch mit AMPDS .

  • Es gab vor einiger Zeit mal einen Bericht aus dem Bereich. Das Problem war eine Beschwerde, dass der NA viel zu spät alarmiert wurde.


    Was war passiert? Gestürzte Person meldet sich, strukturierte Abfrage ergibt KTW Einsatz. Dieser trifft nach 45 Minuten ein, stellt fest das ist zu viel für uns und bestellt einen RTW nach. Dieser hat 12 Minuten Anfahrt, aber es ist insgesamt schon über eine Stunde vergangen. Der RTW stellt fest, dass es ohne Analgesie nicht geht. Daraufhin kommt ein RTH als NA Zubringer zum Einsatz. Dieser braucht auch etwas über 15 Minuten. Insgesamt, war der Notarzt also erst knapp 2 Stunden nach Anruf bei der Patientin.


    Hier hat sich die Geschäftsführung, in den Medien, direkt hinter den Disponenten gestellt und das entsprechend dargestellt. Es gab bei einem Brandeinsatz noch ein Beispiel wo es so lief. Ich hoffe das beantwortet deine Frage.

  • Was passiert denn, wenn der Disponent als Vorschlag den ÄBD bekommt und es doch eine RTW/NEF Indikation war. Kann der Disponent sich dann auch auf AMPDS oder heißt es dann wie so üblich, dass das System ja nur als "Stütze" vorhanden ist?

    Der Calltaker wird sich auf AMPDS berufen - es ist nicht nur eine Stütze, sondern sein Arbeitsmittel. Außerdem wird das Gespräch intern nachgehört werden, um zu eruieren, warum die scheinbar von Anfang an bestandene NEF-Indikation nicht erkannt wurde. Diesen Prozess können Calltaker auch selbst anstoßen, bei aus ihrer Sicht nachhörenswerten Einsätzen. Hierbei geht es um eine Verbesserung der Abfrage, nicht um arbeitsrechtliche Konsequenzen.
    Es könnte dann verschieden weiter gehen:
    Findet das Qualitätsmanagement heraus, dass die RTW/NEF-Indikation nicht zu erkennen war, dann fragt man sich gemeinsam, wieso. Vielleicht fehlt der alles entscheidende Schritt im Protokoll? Dann wird er in Zusammenarbeit mit der IAED eingepflegt.
    Eventuell können die Calltaker tatsächlich noch etwas besser machen? Dann wird dies zeitnah mit dem Team besprochen.
    Die Möglichkeit, die Abfrage langfristig nachzujustieren, betrachte ich als großen Benefit. Da alle Calltaker nach den gleichen Prinzipien arbeiten, geht es bei Verbesserungen mehr um Details geht als um's große Ganze. Die Fragestellungen sind nicht mehr "Wie bekommen wir Mitarbeiter dazu, dies und jenes nicht zu vergessen?" sondern eher "Wie können wir kleine, aber möglicherweise dispositionsrelevante Unterschiede in der Lage vor Ort noch erfolgreicher erfragen?".
    Aufgrund dessen, dass bereits ein Konzept zur Abfrage vorliegt, sind angestoßene Veränderungen nun viel einfacher umsetzbar, somit der Erfolg näher, dadurch die Mitarbeiter motivierter.


  • Hierzu eine kurze Information bezüglich der Dringlichkeitsstufen, welche im Sinne der Academy angedacht ist.


    Omega = Weitergabe an dritte (Ärztlicher Bereitschaftsdienst, Stadtwerke, Verweis an Hausarzt etc.)
    Alpha = Basic Life Support ohne Sonderrechte (Im Feuerwehrprotokoll = einzelne Einheit ohne Sonderrecht)
    Bravo = Basic Life Support mit Sonderrechten (Im Feuerwehrprotokoll = einzelne Einheit mit Sonderrechten)
    Charlie = Advanced Life Support ohne Sonderrechte (Im Feuerwehrprotokoll = mehrere Einheiten ohne Sonderrechte)
    Delta = Advanced Life Support mit Sonderrechten (Im Feuerwehrprotokoll = mehrere Einheiten mit Sonderrechten)
    Echo = Advanced Life Supportmit Sonderrechten plus Ersthelfer mit Defieinsatz und Fähigkeit zur Reanimation (bei der Feuerwehr = schnellstmögliche Alarmierung mehrere Einheiten)


    Schlussendlich muss aber in jeder Leitstelle / Region / Organisation / Einsatzkraft.... jede Einsatzindikation / Code seperat betrachten und mit einer AAO versehen werden, so dass es lokal Sinn macht.


    BLS (Basic Life Support) und ALS ( Advanced Life Support) könnte man ggf. aber auch platt so beschreiben. BLS = RTW, ALS = RTW plus Notarzt. Oder BLS = KTW und ALS = RTW im Bedarf (auf Nachforderung?) mit Notarzt. Das kann man machen wie man möchte. :-) Es sollte nur lokal Sinn machen und auch reproduzierbar, den Erkenntnissen entsprechend justierbar sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Blaulix ()

  • Ich habe ja auch nicht gesagt das die NA Nachforderungsquote als Qualitätsindikator taugt - genau aus diesem Grund halte ich sie tatsächlich für fragwürdig. Zumindest sollte in dem Fall auch gemessen werden, wie oft der NA nicht draußen benötigt wurde. Denn sonst entstehen im System falsche Anreize.


    Als Indikator sinnvoll - wenn man den Patientenzustand betrachtet. M-NACAR oder oder oder.... Sonst sieht man ggf. bei einigen Kollegen Nachforderungen die aus bequemlichkeit, unsicherheit oder mangelnder Ausbildung geschen als Problem der Beschickung an.

    Einmal editiert, zuletzt von Blaulix ()

  • Der Calltaker wird sich auf AMPDS berufen - es ist nicht nur eine Stütze, sondern sein Arbeitsmittel. Außerdem wird das Gespräch intern nachgehört werden, um zu eruieren, warum die scheinbar von Anfang an bestandene NEF-Indikation nicht erkannt wurde. Diesen Prozess können Calltaker auch selbst anstoßen, bei aus ihrer Sicht nachhörenswerten Einsätzen. Hierbei geht es um eine Verbesserung der Abfrage, nicht um arbeitsrechtliche Konsequenzen.
    Es könnte dann verschieden weiter gehen:
    Findet das Qualitätsmanagement heraus, dass die RTW/NEF-Indikation nicht zu erkennen war, dann fragt man sich gemeinsam, wieso. Vielleicht fehlt der alles entscheidende Schritt im Protokoll? Dann wird er in Zusammenarbeit mit der IAED eingepflegt.
    Eventuell können die Calltaker tatsächlich noch etwas besser machen? Dann wird dies zeitnah mit dem Team besprochen.
    Die Möglichkeit, die Abfrage langfristig nachzujustieren, betrachte ich als großen Benefit. Da alle Calltaker nach den gleichen Prinzipien arbeiten, geht es bei Verbesserungen mehr um Details geht als um's große Ganze. Die Fragestellungen sind nicht mehr "Wie bekommen wir Mitarbeiter dazu, dies und jenes nicht zu vergessen?" sondern eher "Wie können wir kleine, aber möglicherweise dispositionsrelevante Unterschiede in der Lage vor Ort noch erfolgreicher erfragen?".
    Aufgrund dessen, dass bereits ein Konzept zur Abfrage vorliegt, sind angestoßene Veränderungen nun viel einfacher umsetzbar, somit der Erfolg näher, dadurch die Mitarbeiter motivierter.



    Schlussendlich muss das Gesamtsystem funktionieren. Überall können Fehler vorhanden sein. Im System der Abfrage, in der Anwendung (falsch verwendete Checklisten / Abfrageprotokolle), in der Beschickung etc. pp. Sicher ausschließen kann man das nie. Beispiele sind gleich = Einsatzort falsch, eine Kaskade im Ereignis die immer verheerender wird (zu viele Köche verderben den Brei bei einem "kleinem" Transportproblem), AAO inkorrekt usw. Am wichtigsten ist die Efahrung des Abfragesystems um diese Logikfehler zu vermeiden. Z.B. die der International Academy of Emergency Dispatch beruhen auf über 38 Jahre Protokollanwendung. Das ist know how, das nicht zu unterschätzen ist. NOAS; Noratec etc. hingegen offeriert dem Kunden viel Kreativität und wenig QM Zwang mit wenig Erfahrung. Da muss jeder selber wissen was ihm wichtig ist. :-)


    Man kann ja auch mal hier rein schauen. Dort sieht man auch wer das Protokoll im deutschprachigem Raum verwendet.


    http://prioritydispatch.de/

  • Was für einen Sinn macht den ALS OHNE SoSi als Stufe über BLS MIT SoSi? ?-(



    Es kommt darauf an was man dort hinschickt. Die Logik ist folgende. Die Reduzierung von Sonderrechten. Manchmal brauch es wenig know how aber es sollte schnell gehen. Eine starke Blutung z.B. Sonst nichts. Das kann ein BLS alleine, er sollte nur nicht lange mit der Blutstillung warten. Oder eine einfache Fraktur einer Extremität ohne weiterer Probleme.


    Dann kann es ein internistisches Problem geben, das komplex erscheint, aber jetzt noch nicht hoch akut ist. Sprich die Verwendung von Sonder- und Wegerechten keinen Zeitvorteil bringt, ich aber vor Ort die höchste fachliche Qualifikation benötige. Das muss / kann ein Notarzt sein. Doch muss dieser immer mit Sonder- und Wegerechten kommen? Wie viel schneller ist man wirklich gemessem im Gesamtbehandlungszeitraum (Staus ausgenommen).