Zur aktuell vielfach geäußerten Kritik zum Notfallsanitätergesetz

  • Aktuell würde mich ja mal der Stand der Verfassungsbeschwerden interessieren, man hört ja überhaupt nichts. Nicht einmal ob sie angenommen oder bereits abgewiesen wurde.


    ...was auch daraus resultieren könnte, dass die Beschwerde sich in der ein- bis zweijährigen Warteschleife befinden könnte... ;)

  • Ich sprach von BaWü. Nur am Rande erwähnt...
    Nun ja, raus ist man dann als Transportführer.
    Gerichte können schon viel machen, bspw. Die beiden Berufe als gleichwertig anerkennen. Oder nur den Part der mit den Ergänzungsprüfungen als gegen das Grundgesetz verstossend deklarieren.


    Genau dazu gibts es die höchsten Gerichte, um die Fehler der Politik auszubügeln und den Bürger vor offensichtlichen Ungleichbehandlungen zu schützen.


    Wenn eine zusätzliche Prüfung nötig sein sollte, dann bitte für alle zu gleichen Bedingungen und keine Bevorteilung einer Tätigkeit oder Beschäftigungsgruppe.


    Die Gerichte sind dafür da, um die Verfassungsmäßigkeit und die korrekte Einhaltung der Gesetze zu prüfen, nicht mehr und nicht weniger. Was du schreibst klingt verdächtig danach, dass du meinst, dass der Richter einfach Mitleid mit den armen RettAss haben soll und das Gesetz ändern. Das kann auch die höchste Instanz der Judikative nicht, dafür ist und bleibt die Legislative zuständig. Also nein, genau dafür sind Gerichte nicht da. Sollte das Grundgesetz dem entgegen sprechen, woran hier schon Leute vom Fach erhebliche Zweifel geäußert haben, dann wird das Verfassungsgericht dies entsprechend beurteilen.


    Die Staffelung selbst finde ich nach wie vor unnötig. Ich plädiere weiterhin dafür, dass einfach alle grundsätzlich das volle Staatsexamen machen sollten. Wenn man prüft, kann man darüber schon entsprechend aussortieren. Aber das ist meine Meinung und es wurde nunmal anders entschieden. Allerdings sei auch hier nochmal angemerkt, dass jeder ohne Berücksichtigung irgendwelcher Dienstzeiten zum Staatsexamen antreten kann und der Unterschied zur Ergänzungsprüfung zwar vorhanden aber nicht derart gravierend ist. Auch nicht in den Bestehens- / Durchfallquoten.


    @Harun: Das Bundesverfassungsgericht veröffentlicht auf seiner Homepage wirklich fast alles, auch die Bearbeitung einer Beschwerde bzw Annahme oder Abweisung. Die entsprechende Rubrik hat auch eine sehr gute Suchfunktion, das kannst du quasi tagesaktuell selbst überprüfen.



    Edit:


    Mein Beitrag kann nach nochmaligem Lesen doch ziemlich leicht missverstanden werden. Ich halte diese Staffelung nach Tätigkeitsdauer für Mist, das möchte ich nochmal betonen. Ich störe mich nur an der Argumentation, dass man gegen etwas klagen will, weil man es für unfair, nicht gut oder ganz furchtbar findet. Gegen die Argumentation, dass man gegen etwas klagt, weil es Unrecht sei und gegen ein Gesetz verstößt, hätte ich nichts. Aber in den Diskussionen um das NotSanG trifft man immer wieder auf die Meinung, dass die Gesetze quasi durch Richter geändert werden sollen...

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

    Einmal editiert, zuletzt von Johannes D. ()

  • Ich weiss das ich ein böser EA Kollege bin, aber ich finde es immer unglaublicher. RettAss mit RettSanvertrag wurden jetzt auch schon vom RP für eine Ergänzungsprüfung abgelehnt. Wenn zwei RettAss auf dem RTW eingesetzt sind muss der AG beweisen wer versorgt hat. Aussage des RP "zwei Transportführer" gibt es nicht. Weiter sind aktuell Klagen wegen der ersten Prüfungen anhängig. Ist auch verständlich wenn Dozenten von Schulen betroffen sind. Die Prüfungen sind ja alle so einheitlich... :-)


    Natürlich kann man sich jetzt darüber lustig machen und das Thema tot wünschen. Das löst aber einige Probleme auch nicht. Ich bleibe dabei, das Gesetz frisst die Leute auf, für die man die Bedingungen verbessern wollte. Die zeitlich begrenzte Übergangsregelung ist unfair und behandelt RettAss unterschiedlich. Hier sehe ich durchaus einen Klageerfolg. Man kann nur hoffen das Gerichte hier erkennen, für wen das Gesetz nur Vorteile bringt under wer hier profitiert und wer nur draufzahlt, nicht nur finanziell.


    Weiter hoffe ich einfach mal, das einige Bundesländer es begreifen und den RettAss einfach so wie er jetzt gemannt ist auf dem RTW belassen, bzw die Tätigkeit vernünftig bewerten, um vielen die Chance zu geben an einer Prüfung überhaupt teilnehmen zu dürfen...

    Auf der einen Seite verstehe ich die Bedenken.


    Auf der anderen Seite, möchte ich nicht mehr, dass der Rettungsdienst, "nebenher" passieren kann. Es wird zu recht gemeckert dass es keinen Berufsethos gibt, nicht genug fachlich kompetente, und motivierte RettAss gibt. Notärzte sagen zu recht, dass sie ihre Therapie nicht absprechen können, weil in dem 4 Man Team sonst keiner ist, den das interessiert.


    Mit einem Gesetz kann man den deutschen RD nicht heilen. Aber man kann viel dafür tun, dass Leute die Prüfungen ernst nehmen, und das Leute ihren Beruf ernst nehmen. Und wenn es nicht mehr geht, nebenbei NotSan zu sein, dann ist das ein Zeichen dafür, dass nun Personal für den aktuellen RD ausgebildet wird.


    Wenn man mal überlegt, dass 1989 (RettAssG geht in Kraft) sich alle einig waren, dass das der kleinste gemeinsame Nenner war, und es dringend eine Reform geben müsste, dann müsste man erkennen, dass es Zeit ist, das Berufsbild zu kräftigen. Nicht mit schwammigen Konzepten zu untergraben.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Zitat

    Mit einem Gesetz kann man den deutschen RD nicht heilen. Aber man kann viel dafür tun, dass Leute die Prüfungen ernst nehmen, und das Leute ihren Beruf ernst nehmen. Und wenn es nicht mehr geht, nebenbei NotSan zu sein, dann ist das ein Zeichen dafür, dass nun Personal für den aktuellen RD ausgebildet wird.

    Sind es wirklich die betroffenen Personen im Rettungsdienst, die ihren Beruf vielleicht nicht ernst nehmen oder sind es vielmehr die entscheidenden Behörden, Politiker etc. die unseren Beruf nicht für ganz voll nehmen?

  • Ich glaube, es ist ein Stück von beidem.


    Würden Politiker und Co den Berufszweig "Rettungsfachpersonal" ernster nehmen, gäbe es möglicherweise auch weniger "Wir-wissen-nicht-was-wir-mit-ihnen-anfangen-sollen-gehen-sie-mal-in-den-Rettungsdienst"-Kollegen.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Sind es wirklich die betroffenen Personen im Rettungsdienst, die ihren Beruf vielleicht nicht ernst nehmen oder sind es vielmehr die entscheidenden Behörden, Politiker etc. die unseren Beruf nicht für ganz voll nehmen?

    Ergänzend zu Guys Antwort:


    Ich kriege auf Fortbildungen oder in Gesprächen oft folgendes Sinngemäß zu hören von Ärzten, Schwestern, und anderen RettAss:
    "Du bist doch n Guter, warum studierst du nicht Medizin?"


    Es will mir nicht in den Kopf, das man "zu gut" sein kann, um Rettungsfachpersonal zu sein. Sicher, in jeder Berufsgruppe gibt es Schlechte und Gute, aber das Konzept kann doch nicht sein, dass alle motivierten, fitten mit der Zeit gehen? Die, die ich kenne die schon lange im Beruf sind, und echt gut sind, haben entweder Privat einen guten Ausgleich gefunden, oder haben "Nischen-Jobs" als RettAss gefunden, etwa in der Luftrettung.
    Damit meine ich keineswegs das alle RettAss nix leisten, sondern dass der Berufsethos im Keller ist, und wir uns lieber mit der Angst plagen, mit einem Bein im Knast zu sein, statt auf eine Fortbildung mehr zu gehen. Das wird alles so pauschal nicht immer stimmen, aber es ist ein Trend, der in diesem Beruf mich fürchterlich ärgert.


    Warum kann nicht der Traumberuf "Notfallsanitäter" heißen? Und soll das nur ein Traumberuf für Idioten ohne Alternative sein?


    Warum sagen die Leute nicht zu mir: "du bist ja n Guter, wär cool mit dir im Team zu arbeiten"?

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Das ist nunmal der Trugschluss, der das Medizinstudium oben auf die Pflege/Rettungsdienst-Karriereleiter stellt.
    Dieses Bild beschreibt das sehr gut: https://pbs.twimg.com/media/BpX_O31IEAEuHIy.jpg


    Naja, bei der Pflege ist das sicherlich nicht mehr der Fall. (Fach)spezialisierungen, Akademisierung bis hin zur Professur - alles möglich.
    Den RD als solcher würde ich in D tatsächlich (leider) als Dead End bezeichnen. Natürlich kann man von da aus viel machen, nur ist man dann halt nicht mehr im Rettungsdienst.

  • Ich möchte dies ergänzen und ein "...zur Zeit..." einfügen. Der Rettungsdienst als Profession noch nicht mal aus dem Kleinkindalter raus. Überleg mal, 1989 wurde er überhaupt erst als Beruf anerkannt. Das dauert halt auch seine Zeit um die Notwenidigkeit einer Akademisierung zu sehen und zu implementieren. Mediziner waren auch mal Bestandteil der Naturwissenschaftlichen Fakultät... ;)

  • Es fiel nicht die Uni vom Himmel und die medizinische Fakultät ward geboren. Auch wenn die Heilkunst natürlich schon seit anbeginn der Zeit existiert so ist die Akademisierung an Universitäten noch "relativ" jung und war verknüpft mit einem erfolgreichen Abschluss in Naturwissenschaften.

  • zum Beitrag von M1k3:


    selbst aus der Krankenpflege kommend, hat sich hier seit 1989 nichts getan, was mit Interesse für andere Berufe im Gesundheitswesen verbunden werden könnte.
    Anders gesagt: auch vollexam. Pflegepersonal hat keine Ahnung vom RD (und auch wenig Bock auf Änderung des Unwissens)


    "Ärzte" ist mir in diesem Zusammenhang zu pauschal formuliert.
    Hier war es nach meiner Erinnerung 1989 durchaus noch Alltag, daß ein Arzt -egal ob niedergelassener oder Klinikarzt- sich selten mit Rettungsfachpersonal auf einer mehr oder weniger kollegialen Ebene abgab.
    Klinikassistenten auf dem Weg zum FA waren hier schon anders gestrickt.


    Heute erleben aber die RD-KollegInnen die aufatmende Erlösung bei niedergelassenen Medizinern bei einem Notfall in der Praxis.
    Der Vollständigkeit halber sei noch gesagt, daß das Auftreten des RFP hier durchaus noch verbesserungsfähig sein kann.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich möchte dies ergänzen und ein "...zur Zeit..." einfügen. Der Rettungsdienst als Profession noch nicht mal aus dem Kleinkindalter raus. Überleg mal, 1989 wurde er überhaupt erst als Beruf anerkannt. Das dauert halt auch seine Zeit um die Notwenidigkeit einer Akademisierung zu sehen und zu implementieren. Mediziner waren auch mal Bestandteil der Naturwissenschaftlichen Fakultät... ;)


    Mal abgesehen davon, dass ich eine Akademisierung des Rettungsdienstes für so unnötig erachte wie einen Pickel auf der Nase:
    Durch eine Akademisierung nur um der Akademisierung Willen wurde noch keine Berufssparte besser. Weder faktisch, noch in ihrer "Strahlkraft" nach außen.
    Dieser ganze Akademisierungsquatsch der letzten 15 Jahre befriedigt höchstens Minderwertigkeitskomplexe, ansonsten hat er mehr geschadet als genützt.


    J.


  • Dieser ganze Akademisierungsquatsch der letzten 15 Jahre befriedigt höchstens Minderwertigkeitskomplexe, ansonsten hat er mehr geschadet als genützt.


    J.


    Soll das heißen, solche Studiengänge braucht man gar nicht? :scratch_one-s_head:

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Mal abgesehen davon, dass ich eine Akademisierung des Rettungsdienstes für so unnötig erachte wie einen Pickel auf der Nase:
    Durch eine Akademisierung nur um der Akademisierung Willen wurde noch keine Berufssparte besser. Weder faktisch, noch in ihrer "Strahlkraft" nach außen.
    Dieser ganze Akademisierungsquatsch der letzten 15 Jahre befriedigt höchstens Minderwertigkeitskomplexe, ansonsten hat er mehr geschadet als genützt.


    J.


    Es ist die Frage was man erreichen will, klar. "Akademisierung der Akademisierung Willen" ist natürlich unsinnig, aber auch dies habe ich (wieder einmal) nicht geschrieben.
    Ich glaube schon, dass man im Rettungsdienst eine Akademisierung gebrauchen könnte, denn bspw. gehört zur Akademisierung ja auch Forschung, Methodik und Didaktik. Sicherlich kann man das von anderen Fachbereichen, wie der Medizin "ausleihen" aber unter Umständen kann dies auch sinnvoll sein für das Rettungswesen anzupassen.
    Es wurde doch hier im Forum auch einmal von einem Lehrstuhl für Notfallmedizin berichtet der neu eingerichtet worden ist, oder? Es wird immer wieder über ein Paramedic-System diskutiert oder über den "Facharzt für Notfallmedizin". Wieso sollte sich hier in der Zukunft nicht etwas abspalten und einen eigenen Fachbereich mit eigenem Abschluss gründen? Das muss ja nicht nächsten Dienstag oder im nächsten Jahr sein. Aber vielleicht in 10, 20, 50 oder noch mehr Jahren.


    @ani:


    Ich erklär´s dir an der Ostsee, ok? :drinks:

  • Diese ganzen - dem Akademisierungswahn geschuldeten - Studiengänge irgendwelcher obskuren Hochschulen sind natürlich kappes, aber um das Beispiel Pflege nochmal zu verwenden: Studiengänge wie Pflegewissenschaft, -management und -pädagogik sind und waren für die Weiterentwicklung der Pflege enorm wichtig.
    Die Schwester ist nicht mehr die rechte Hand des Arztes, die mit Häubchen auf dem Kopf den Oberarzt anschmachtet. Die Schwester führt nun selbst Studien durch, um die Wirksamkeit ihrer Maßnahmen zu evaluieren, sie entwickelt selbst neue Theorien, sie verwaltet, leitet und organisiert sich selbst und sie bildet ihren Nachwuchs selbst aus, denn niemand weiß besser als sie, was der Nachwuchs lernen muss.
    Das alles gehört zu einer Professionalisierung und Weiterentwicklung. Dafür muss man aber das notwendige Werkzeug an die Hand bekommen und dies geschieht durch eine Akademisierung.


    Warum sollte es ähnliche Pendants nicht auch zukünftig für den Rettungsdienst geben? Wenn ich sehe, wer heutzutage teilweise noch eine Rettungswache leitet und wer Rettungsdienstpersonal ausbildet, scheint dies notwendig.