Hilfe, ein Notfall! Wenn Ärzte an der ersten Hilfe scheitern

  • Dass Notfälle eher bei Hausärzte als bei anderen Disziplinen auftreten, liegt in der Natur der Sache. Mit Brustschmerzen oder Unwohlsein geht man eher selten zum Gynäkologen oder Augenarzt.

  • medic:
    Ja, dass ist natürlich ein Fehler sogar ein gravierender.
    Aber das ist doch nun wirklich nicht repräsentativ für alle niedergelassenen Ärzte.
    Wie oft waren wir denn schon mit unserem Pflasterlaster in Arztpraxen und haben dort Patienten abgeholt die eine richtige Diagnose und eine richtige Versorgung erhalten haben?


    Ich definitiv mehr als schlecht oder gar nicht versorgte.
    Natürlich bleiben einem letztere aber eher im Gedächtnis...

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Zitat


    Den Internisten hat der Patient danach nurnoch 2x besucht, und hat sich danach einen Arzt gesucht, der wirklich Ahnung hat - und nicht aufs Budget guckt und verordnete Tablette abzählt bevor es ein neues Rezept gibt (ja, das macht der wirklich!).


    Wenn du dauernd mit 5 stelligen Regressen beworfen werden würdest, würdest du i rgendwann auch knauserig werden :)

  • Ich seh's wie Guy, auch wenn ich bei diesem Thema grunsätzlich skeptisch bin: Die allermeisten Patienten sind zumindest soweit versorgt, dass man nicht von hilflosem Aktionismus oder Ahnungslosigkeit ausgehen muss. Aber die schlechten Beispiele bleiben eben besser im Gedächtnis und da sind halt leider immer mal wieder üble Patzer dabei.
    Innerhalb der Familie passiert: Opa (Sammelbegriff) erzählt so nebenbei am Telefon, dass er plötzlich fast nix mehr sieht (WIMRE beschrieb er das als stark eingeschränktes Sichtfeld). Irgendwie hatte er sich am betreffenden Freitag zum Hausarzt schaffen können und der hat ihm ne Überweisung für den Augenarzt geschrieben, dort wollte er sich dann am Montag vorstellen.
    SOWAS merkt man sich halt. Leider. Und nochmal, wie bereits von anderen hier im Thread angesprochen: Man kann sicherlich nicht erwarten, von jedem Arzt en passant eine Versorgung auf dem Niveau eines routinierten Notarztes mitnehmen zu können. Aber bei den richtig derben Ausrutschern geht es doch oft um Kenntnisse aus dem Bereich Allgemeinwissen oder EH-Kurs.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Ich finde die Versorgung des Hausarztes gar nicht so schlecht. Er macht alle Routineuntersuchung und überweist im Anschluss an einen Facharzt.
    Ist die Symptomatik akut oder bereits bekannt?


    Und die Frage bezüglich der Patientenmeinung ist ein sehr gutes anamnestisches Mittel. Insbesondere in der Allgemeinmedizin haben die Patienten häufig bereits eine Ahnung was ihr Problem ist: "Ich denke, dass ich mehr Sport treiben sollte und deswegen immer so Probleme mit dem Zucker habe."

  • Nein. Tut er nicht.
    Selbst erlebt bei einem Internisten, der bei einem Patienten - retrosternaler Schmerz unter bereits leichter Belastung, Atemnot, Leistungsminderung, entsprechend bekannte Risikofaktoren - der vermeintlich eine verschleppte Bronchitis hatte, die Lunge und Bronchien abhörte und ein Ruhe-EKG machte. Ergebnis: Überweisung zum Kardiologen, weil es könnte ja evtl. eine Angina Pectoris sein. Zum Glück des Patienten ging es dann beim Kardiologen besser was den Ablauf anging. Der Patient kam zum Herzkatheter. Keine Minute zu früh. 4 große und 2 kleine Gefäße waren zu fast 100% dicht. Ein tödlicher Infarkt mehr als zum Greifen nah.
    Den Internisten hat der Patient danach nurnoch 2x besucht, und hat sich danach einen Arzt gesucht, der wirklich Ahnung hat - und nicht aufs Budget guckt und verordnete Tablette abzählt bevor es ein neues Rezept gibt (ja, das macht der wirklich!).

    Hier sind gleich mehrere Denkfehler drin, sorry.
    1. können keine 6 Gefäße zu gewesen sein, so ganz rein anatomisch nicht.
    2. scheint der Arzt sich eben nicht sicher gewesen zu sein (hinterher ist man immer schlauer!), anscheinend war für ihn die Symptomatik auch erklärbar durch einen verschleppten Infekt, trotzdem hat er sich abgesichert und den Kardiologen dazu gezogen. Sicherlich hätte man bei einer typsichen Symptomatik die erstmalig aufgetreten ist auch trotz unauff. EKG einweisen müssen (per Def.: instabile AP). Jetzt kommt aber das aber, wir wissen doch gar nicht wie typisch die Symptomatik geschildert wurde, bzw. vielleicht haben andere parallel vorh. Symptome eine andere Diagnose erstmal wahrscheinlicher erscheinen lassen. Auch Du wirst in Deinem medizinsichen Leben Situationen erleben, die evtl. zu erstmaliger Fehleinschätzung führen, es muss nicht zwingend sein, dass der Arzt grottig ist. Er hat nämlich was ganz wichtiges gemacht, er hat sich eben nicht auf seine Einschätzung verlassen. Der Arzt wird sich ex post gedacht haben: gut dass ich meinem ersten Impuls (der Infekt) nicht nachgegegben habe.
    3. die Frage nach den Befürchtungen, bzw.der Eigendiagnose des Patienten ist eine ganz wichtige Frage und soll nicht dazu dienen, dass der Patient die Diagnose stellt, sondern Klarheit über die Befürchtungen und auch die Selbsteinschätzung des Patienten bringen, diese Selbsteinschätzung kann diagnostisch und therapeutisch sehr wichtig sein (zB muss man mit dem Patienten reden wenn er denkt er habe Krebs, aber auch diagnostisch; der Marburger Herzscore zB benutzt auch die Verdachtsdiagnose des Patienten als eigenen validierten Parameter um die Wahrscheinlichkeit eines kardialen Ereignisses einzuschätzen, klar die Patienten kennen ihren Körper halt doch manchmal überraschenderweise besser als der Arzt).
    4. das Abzählen der Pillen dient nur in zweiter Linie der Regressvorbeugung, sondern in erster Linie der Überprüfung der Compliance des Patienten (zB hat er/sie die Pillen wirklich so genommen wie vorgeschrieben, oder hat er die doppelte Dosis genommen, oder evtl. auch eine Weile nichts eingenommen?), es ist also in erster Linie dem Patientenschutz geschuldet. Nicht jede Praxis achtet darauf, wenn darauf geachtet wird, so wäre dies meiner Ansicht nach sogar eher ein Qualitätsmerkmal!


    Wenn jetzt jeder hier eine Geschichte zum Besten bgeben möchte wo es dann doch ganz schlecht lief, so sei gesagt: ich selber kann genügend solcher Geschichten erzählen und auch ich persönlich habe manchmal Bockmist gemacht (der bisher Gottseidank ohne gravierende Folgen blieb). Ich kenne üble Geschichten aus jedem med. Fachgebiet und aus vielen Berufssparten, trotzdem ist das doch nicht die Regel! Wenn man (vermeintliche) Fehler analysiert, dann liegt es nur selten an der fachlichen Inkompetenz des Fehlermachenden, sondern häufig sind es unglückliche Verkettungen von Umständen, die manchmal schicksalhaft, manchmal leicht, manchmal schwer vermeidbar gewesen wären. Im Nachhinein sollte man analysieren woran es gelegen hat und daraus lernen, dieser Weg wird verbaut wenn man den Fehlermachenden als Volldeppen verunglimpft.
    Als letztes gerade auch an Deinem Posting zu sehen, manches erscheint einem als "skurril", oder als fehlerhaft, ist es aber eigentlich gar nicht, dies nennt der Mensch: Kommunikations (bzw. Informations)problem.

    Einmal editiert, zuletzt von dr.mabuse ()

  • Sieht man doch auch immer wieder mal in der Zusammenarbeit mit der Leitstelle. Ich kann 100mal denken "Ou Mann, was disponieren die da einen Mist zusammen...!", aber wenn man dann mal nachvollzieht, welche Informationen in welchem Gespräch zu welcher Entscheidung geführt haben, relativiert sich das in den allermeisten Fällen ganz gewaltig.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Bin mal ne Zeitlang nebenbei ÄND gefahren und fand die Arbeitsweise bei einem Notfall recht gut.


    Ich habe aber in der Leitstelle öfters mal schlechte Erfahrungen mit den MFAs gemacht.
    Pat. ruft morgens in der Praxis an und schildert deutliche ACS, Apoplex usw. Symptome und wird dann irgendwie Nachmittags in die Praxis bestellt.
    Ansonsten habe ich mit vielen HAs echt gute Erfahrungen gemacht, vorallem fahren viele junge hier in der Gegend auch als NA.

  • Ich könnte auch dutzende Geschichten zum Besten geben, in denen Mist gebaut wurde.
    Wären aber auch ein paar mal Retter dabei, nicht nur Ärzte. Dieses Ärzte Bashing bringt nichts außer schlechter Laune.
    Also sollten wir es uns ganz schnell abgewöhnen.
    Es sei denn, wir handhaben es endlich mal nach CIRS, dann hätte es zumindest einen Lerneffekt.

  • Das einzige was ich mir vorstellen könnte wäre eine Mehrfachthromobotisierung ein und desselben Gefässastes


    Gesendet von meinem Galaxy Nexus mit Tapatalk

  • Insbesondere in der Allgemeinmedizin haben die Patienten häufig bereits eine Ahnung was ihr Problem ist: "Ich denke, dass ich mehr Sport treiben sollte und deswegen immer so Probleme mit dem Zucker habe."


    Gerade gelesen. Mein hausärztlich tätiger Freund hält die meisten Patienten eher für dumm und muss sich mit komischen Laienätiologien auseinandersetzen. Liegt aber sicherlich an der Gegend, in der man tätig ist...

  • Heute schaut ja auch erstmal jeder ins Internet. Aber wenn man bei google Übelkeit sucht, dann brauch man als Hausarzt viel Zeit und sehr gute Nerven,um die ganzen Diagnosen durch zu gehen :D.
    Wenn ich mal so im Bekanntenkreis schaue, dann hört man so oft "das habe ich dann mal gegoogelt und mein Arzt kann kein Recht haben"... Wenn ich so eine Meinung von meinen HA habe, dann frage ich mich wie man da als HA gut arbeiten soll/kann.

  • @Ani:
    Die Patienten kennen ja auch nicht ihre exakte medizinische Diagnose, aber viele - auch doofe - können ihr Problem ganz passabel beschreiben. Ich behaupte, dass durch gutes Zuhören viel gewonnen werden kann. Das ist ja sicherlich eines der Schwierigkeiten im KV-System: Fehlende Zeit bzw. die entsprechende Vergütung


    Als Hospitant kann man sich in seiner eigenen Ausbildung davon befreien, da ein finanzieller Druck nicht besteht.