Wenn Christoph Dortmund in München mithilft...

  • Ehrlich gesagt finde ich es schade, dass wir überhaupt auf solche Sachen wie unterlassene Hilfeleistung hinweisen müssen. Es geht hier schließlich nicht um den Rücktransport von Oma Brenner aus der Klinik in die 1 km entfernte Ortschaft. Sondern um reale Notfalleinsätze. Das Thema mit der Ortskenntnis finde ich nicht angemessen, da auch viele fremde RTWs, die im Rahmen der Nachbarschaftshilfe aushelfen diese Ortschaften möglicherweise gar nicht kennen. Sollen diese jetzt möglicherweise auch nicht mehr disponiert werden? Zum Thema finanzieller Aspekt: Ein Disponent sollte sich eigentlich keine Sorgen darüber machen, ob dieser Notfalleinsatz und ich betone noch mal das Wort Notfall, nun auch wirklich so bezahlt wird, wie es sein sollte. Natürlich muss auch der Betrieb wirtschaften können, aber in erster Linie geht es um die Abarbeitung des Notfalleinsatzes. Dort weise ich auch mal auf die Alarmierung eines Rettungshubschrauber hin, der dann möglicherweise vor Eintreffen abbestellt wird. Und in der Regel werden diese Einsätze von der Kasse als Fehleinsatz gebucht und auch nicht bezahlt. Trotzdem ist es eine kluge Disposition, einen RTH direkt bei bestimmten Meldebildern mit zu alarmieren, auch mit der Gefahr hin, dass dieser nicht nötig ist.


    Auch auf die Gefahr hin hier wieder gepeinigt zu werden, sollte man immer daran denken wie man selber fühlen würde, wenn man hilflos auf der Straße liegt. Dann macht es schon mal einen Unterschied, ob der RTW 5 Minuten früher, oder 5 Minuten später eintrifft.

  • Ich glaube auch nicht, dass es viele Kollegen gibt, die sich aufregen wenn sie im fremden Revier zu einem frisch kollabierten Patienten mit Kammerflimmern alamiert werden. So etwas passiert selten und wird deswegen kaum der Grund sein, warum sich Fahrzeuge nicht im Fremdrevier anmelden. Vielmehr wird doch die Quote der Krankenbeförderungen oder Shitcalls derartig hoch sein, dass man dort schnell wieder weg will.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.


  • Und wo wir schon bei anderen Threads sind, im Forum wurde auch schon die mangelnde Ortskenntnis bei Berufsanfängern/Aushilfen/BFD/FSJlern/usw. bemängelt. Aber das fremde RM auf Rückfahrt, soll nun genug Ortskenntnis in allen durchfahrenen Bereichen besitzten um einen signifikanten Zeitvorteil zu erbringen ?


    Der Hubschrauber nutzt Rescuetrack zu Zielfindung. Und selbst im "eigenen" 70 km Radius kennt normalerweise weder Pilot noch HEMS TC oder Notarzt alle Bauernhöfe, dann muss das eine durchfahrende Besatzung auch nicht wissen. Nebenbei bemerkt passieren wahrscheinlich 95 % der Einsätze an einer Adresse, wo der Anrufer Ort, Straße und Hausnummer nennen kann. Ein durchschnittliches Rettungsmittel im Jahr 2015 kann dann mit Navigationssystem und zwei Smartphones in den Hosentaschen die besagten 95 % der Einsatzorte erreichen. Für die restlichen Einsatzorte gibt's auch Lösungen.

  • wer meint, dass ersthelfer nicht zum patiententransport verpflichtet sind, irrt, denn das sind sie in bestimmten fällen durchaus.

    Echt jetzt ? Die Fälle interessiert mich tatsächlich. Wie sollte Ich den sowas umsetzten ? Huckepack oder einen Bus requierieren ? Und ja die Frage ist ernst gemeint.


    Sorry Andrechen, aber nun hast du dich argumentativ entgültig in deinen Elfenbeinturm zurückgezogen. Egal wers bezahlt, egal ob sie es finden, egal wann sie wieder daheim sind, ... dies ist bei einem konkretem Notfall wohl noch erlaubt, aber nicht bei der abstrakten Diskussion des Systems dahinter. Da hilft auch das drücken auf die Tränendrüse, wegen Oma Brömmelkamp nichts.
    Wenn eine Rettungswache planmäßig auch einen Nachbarbereich abdeckt (so wie von krumel dargestellt) hat man dort auch dafür zu sorgen das entsprechende Ortskenntnis für den Nachbarbereich entsteht.
    Als Leiststellendisponent ist es natürlich nicht deine Aufgabe Systemfehler zu beheben. Mann muss aber auch nicht irgendwelche "moralischen RD-Pflichten" an den Haaren herbeiziehen um sie zu kaschieren.


    Wir haben hier wohl völlig verschiedene Blickwinkel (Einzelfall vs. Systemlösung), also halten wir wie die Amis: Lets agree to disagree :drinks:

  • die frage lässt sich andersherum sicherlich leichter beantworten. der umfang der hilfeleistungspflicht nach § 323c StGB ist sehr weit. geschuldet wird die bestmögliche und schnellstmögliche hilfe. in einer notlage muss also jeder alles tun, was er kann, um zu helfen. sollte es jetzt also so sein, dass der patient sich beispielsweise eine tiefe, heftig blutende schnittverletzung zugezogen hat und man den rettungsdienst (warum auch immer) nicht erreichen kann, so ist man verpflichtet, auch den eigenen PKW zu benutzen, um die betroffene person in eine klinik zu transportieren.


    die hilfeleistungspflicht greift quasi immer und jedem gegenüber, der zeuge eines unglücksfalles bzw. gemeiner gefahr oder not wird. dann muss ich alles tun, was in meiner macht steht, um hilfe zu leisten, es sei denn, dem steht eine andere, wichtige pflicht bzw. eine eigengefährdung entgegen. allerdings wurde meines erachtens in diesem gesamten thread noch keine andere wichtige pflicht angeführt, die die hilfeleistungspflicht durch eine gebietsfremde rettungsmittelbesatzung entfallen ließe.


    wichtig wäre noch zu beachten, dass für die hilfeleistungspflicht aus 323c keine garantenstellung erforderlich ist. sie gilt also immer, egal, wo ich bin bzw. ob ich im dienst oder zuständig oder sonstwas bin.

  • Lets agree to disagree


    boris the animal?


    ich finde übrigens auch nicht, dass die ortskenntnis eine wesentliche rolle spielt. die allermeisten einsätze lassen sich ja, wie bereits gesagt wurde, mit navigationsgeräten beherrschen. und es gibt auch orte in deutschland, in denen von vornherein keine ortskenntnis vorausgesetzt ist.

    Einmal editiert, zuletzt von res cogitans ()

  • Wir reden hier über den eher seltenen Fall, dass ein ortsfremdes Rettungsmittel in einem fremden Bereich aushilft, aber aufgrund Umstände den deutlich größeren Zeitvorteil hat. Selbst wenn man jetzt erst mal in der Karte blättern muss (diese Fähigkeit kann man m.E. von jedem RettAss erwarten) oder sich gar per Funk ein wenig helfen lässt, sollte dieser Zeitverlust aufgrund mangelnder Ortskenntnis nicht groß ins Geweicht fallen.


    Und mal Hand aufs Herz: wer von uns kennt in "seinem" Einsatzbereich wirklich alle Ecken so genau, dass er nicht auch auf Karte und/oder Navi angewiesen ist?

  • Wenn ich in der Lage bin, in einer fremden Stadt die Wohnung meines Internetdates zu finden, finde ich auch eine Einsatzstelle.

  • Echt jetzt ? Die Fälle interessiert mich tatsächlich. Wie sollte Ich den sowas umsetzten ? Huckepack oder einen Bus requierieren ? Und ja die Frage ist ernst gemeint.


    Sorry Andrechen, aber nun hast du dich argumentativ entgültig in deinen Elfenbeinturm zurückgezogen. Egal wers bezahlt, egal ob sie es finden, egal wann sie wieder daheim sind, ... dies ist bei einem konkretem Notfall wohl noch erlaubt, aber nicht bei der abstrakten Diskussion des Systems dahinter. Da hilft auch das drücken auf die Tränendrüse, wegen Oma Brömmelkamp nichts.
    Wenn eine Rettungswache planmäßig auch einen Nachbarbereich abdeckt (so wie von krumel dargestellt) hat man dort auch dafür zu sorgen das entsprechende Ortskenntnis für den Nachbarbereich entsteht.
    Als Leiststellendisponent ist es natürlich nicht deine Aufgabe Systemfehler zu beheben. Mann muss aber auch nicht irgendwelche "moralischen RD-Pflichten" an den Haaren herbeiziehen um sie zu kaschieren.


    Wir haben hier wohl völlig verschiedene Blickwinkel (Einzelfall vs. Systemlösung), also halten wir wie die Amis: Lets agree to disagree :drinks:


    Merkst du eigentlich was für einen Käse du Schreibst?
    Es geht nicht um irgendwelche "Elfenbeinargumente", sondern um Argumente, die den Einsatz eines fremden RM's rechtfertigen.
    Ich kann deinem letzten Beitrag leider auch nix entnehmen, was Ansatzweise produktiv ist.
    Als Disponent hat man nicht nur eine moralische Pflicht, sondern unterwirft sich auch Gesetzen und Dienstanweisungen.
    Und wenn dir ein Gesetz sagt, dass das nächstmögliche RM Disponiert werden soll, dann hat man das zu tuen. Vorallem dann, wenn man einen deutlichen Zeitvorteil hat.
    Für mich ist das auch kein Systemfehler, sondern ein gutes und richtiges System. Dir ist schon bewusst, dass es sich um Einzelfälle handelt?

  • Andrechen, komm mal ganz gepflegt runter vom Gas. Wenn das Ausnahmen sind kann man daraus keine Regeln machen, allein schon wegen der fehlende Regelmäßigkeit. Dafür das es so selten nötig ist auf fremde Fhz. zuzugreifen glühst du hier gepflegt auf.
    Rettungsmittel mit Navi und/oder GPS-Ortung sind heutzutage noch lange kein bundesweiter Standard! Genauso wenig wie Leitstellen die EDV-mäßig den FMS-Status eines Fremdfahrzeuges geschweige den selbiges zu Orten. Fhz. die Kartenmaterial für den übernächsten RD-Bereich führen sind mir auch keine bekannt. Wenn all dies in deinem Bereich so gegeben ist, dann freu dich darüber. Dies impliziert nicht das anderen das auch zur Verfügung steht. Du stellst aus deiner subjektiven Perspektive fest geht doch, wobei du nach eigener Aussage dies nur mit Fhz. gemacht hast die a) sich bei dir gemeldet haben b) näher dran wären c) dem zustimmen d) deren Heimat-Leitstelle zustimmen.


    Dies alles lässt mich den tatsächlichen Zeitvorteil nur noch kleiner erscheinen. Wäre schön dazu mal ein paar Zahlen zu sehen.


    boris the animal?

    Musste Ich erst googlen, da Ich MIB3 bisher nur einmal gesehen habe, muss Ich das woanders her haben.
    So wie in deiner Antwort formuliert gehe Ich auch d'accord (wobei die Zweckmäßigkeit eines Selbsttransportes auf einem anderem Blatt steht). Wer also keinen PKW hat (so wie Ich) muss als Erst-Helfer auch nicht transportieren.

    Einmal editiert, zuletzt von El Mosquito ()

  • Ich glühe eigentlich gar nicht auf, da ich alle deine Argumente wiederlegt sehe. Um den Einsatzort zu finden, haben die anderen Kollegen ja schon einige Tipps gegeben, deswegen hänge ich mich da nicht weiter auf.
    Auch wenn du jetzt versuchst, das als ewig lange Zeit hinzustellen, kann ich dir sagen:
    Der Funkspruch kostet mich keine 20 Sek und dann ist das RM unterwegs. Andere Leitstelle Anrufen vll 30 Sek.
    Und wenn da Zweifel aufkommen, biete ich dir gerne ein Praktikum auf der Leitstelle an, vielleicht hilft das ja um festzustellen was alles getan werden sollte/muss um bestimmte Gesetze und Pflichten einzuhalten.

  • krumel
    Danke für die Info. Damit scheint dies ja bei euch organisatorisch geregelt zu sein. Das hatte Ich aus deinem erstem Post anders verstanden. Davon sind wir hier meilenweit entfernt, keine GPS-Dispostion, RM idR nur in der Heimatleitstelle hinterlegt, etc.
    (...)
    Und wo wir schon bei anderen Threads sind, im Forum wurde auch schon die mangelnde Ortskenntnis bei Berufsanfängern/Aushilfen/BFD/FSJlern/usw. bemängelt. Aber das fremde RM auf Rückfahrt, soll nun genug Ortskenntnis in allen durchfahrenen Bereichen besitzten um einen signifikanten Zeitvorteil zu erbringen ?


    Ein gut ausgerüstet Rettungsmittel hat aber ein Funkgerät dabei. Du wirst lachen, damit kann eine Leitstelle wunderbar lotsen (spätestens die haben den Kartensatz), schlussendlich besteht noch die Möglichkeit auf externe Kräfte (FW/POL) zurück zu greifen.
    (Anekdote: Ich als RAiP habe mit einem Baden-Würtemberger KTW mal in Würzburg auf der Rückfahrt von der Fernfahrt "voraus-gerettet" bis ein weiter entfernter RTW -nach 20min- eintraf. Die Anweisungen erfolgten von der Leitstelle mit Straßen, am Funk befindliche RTW gaben aber immer noch ein "beim Netto links", "bei der Gaststätte rechts" dazu:D Großartige Zusammenarbeit:D)


    Ich glaube es ist außerdem allen klar, dass wir nicht von Situationen reden in denen der "eigene RTW" 3 Minuten länger braucht sondern von Situationen in denen man als Disponent schlichtweg "blank" ist weil der ursprünglich zuständige RTW seinen Patienten zum entfernten Maximalversorger transportiert, die Gebietsabsicherung die man disponiert hat auch weg ist und der übernächste RTW auch unterwegs ist... In vielen Bereichen wäre dann sowieso überörtliche Hilfe der Nachbarleitstelle gefragt.


    Übrigens, nachdem ein Fall grade meinen Schreibtisch passierte: Es kommt wohl durchaus vor, dass ihr Niedersachsen "Hilfe aus dem Osten" kriegt - Auch über zwei Leitstellenbereiche hinweg :-P

  • Soweit mir bekannt, werden die Kosten für Transporte tatsächlich nur dann übernommen, wenn entweder Start- oder Zielpunkt im heimatlichen Rettungsdienstkreis liegen. D.h. eine kurze Entlassung aus dem Zielkrankenhaus unterwegs nach zuhause absetzen (nicht im Heimatkreis gelegen), ginge auf Kosten des Betreibers.


    Dass bei Notfällen dennoch ausgeholfen wird, egal ob kostengedeckt oder nicht, sollte nicht zur Debatte stehen...

  • Da wird es wahrscheinlich unterschiedliche Regelungen geben. Ich kenne es auch so, dass es da keinen Unterschied gibt.

  • Mir sind auch keine Unterschiede bei der Abrechnung bekannt. Aber interessant, wie das so Unterschiedlich sein kann.

  • Im Staatsvertrag Berlin - Brandenburg ist geregelt:


    Das jeweilige Landesrecht des Durchführenden gilt.


    Der Durchführende kann entsprechend seiner Satzung abrechnen.



    Sent from my iPhone

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • wichtig wäre noch zu beachten, dass für die hilfeleistungspflicht aus 323c keine garantenstellung erforderlich ist. sie gilt also immer, egal, wo ich bin bzw. ob ich im dienst oder zuständig oder sonstwas bin.



    Hingegen wird durchaus vertreten, dass der 323c kein Rückfall-§ für Garanten ist, sondern bei Garanten ein Erfolgsdelikt vorliegen muss.

  • Zitat

    Hingegen wird durchaus vertreten, dass der 323c kein Rückfall-§ für Garanten ist, sondern bei Garanten ein Erfolgsdelikt vorliegen muss.


    Das ist allerdings eher akademisch relevant, weil die vorherrschende Meinung in der Literatur und v.a. der BGH das anders sehen.


    Das ist m.E. auch konsequent; es gibt keinen Grund, den Garanten, der besonders zum Tätigwerden verpflichtet ist, in dieser Konstellation dem zufälligen Passanten ggü. zu privilegieren.


    Gesendet von meinem Nexus 5 mit Tapatalk

  • Ob es ein Privileg ist, härterem Strafmaßrisiko ausgesetzt zu sein, wäre durchaus diskutierbar :)
    In Sachen Praxisrelevanz hast du vermutlich recht.

  • naja. da es in der praxis häufig nicht gelingt, die kausalität zwischen der unterlassung und dem eingetretenen erfolg beim patienten zu beweisen, wäre es eher eine erleichterung, wenn 323c nicht einschlägig wäre. tatsächlich ist meiner meinung nach natürlich beides einschlägig. wenn der kausalitätsbeweis gelingt, körperverletzung oder tötung durch unterlassen, andernfalls unterlassene hilfeleistung. mir würde auch kein rationaler grund einfallen, warum der auffangtatbestand bei einer bestimmten personengruppe einfach nicht gelten sollte.