Notruf der Rettungsdienste: Sanitäter gesucht (Schleswig-Holstein)

  • Zitat

    Wenig Personal, hoher Krankenstand


    So wie in Neumünster sieht es vielerorts in Schleswig-Holstein aus. In Kiel ist jede siebte Stelle im Rettungs- und Krankentransport unbesetzt. Landesweit werden etwa 200 Rettungs- und Notfallsanitäter dringend gesucht. Dazu kommt ein anhaltend hoher Krankenstand - 9,6 Prozent. "Das ist schon extrem hoch, wenn man den Durchschnitt sieht", sagt Karl-Heinz Hermann von der Berufsfeuerwehr Neumünster. Das komme aber durch die Arbeitsbelastung und hohe Einsatzfrequenz.


    ndr.de

  • Klingt auch schwer nach MZF-System. Wer heute noch nicht verstanden hat, dass dieses System längst nicht mehr zeitgemäß ist, muss sich über die Folgen nicht wundern.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Und wenn man sich diegrösseren RKiSH-Wachen anschaut, laufen da insbesondere unterm Tag so drölf RTWs, die aber alle zu einem relevanten Anteil Krankentransporte fahren. Da kann man locker einen Teil der Tages-RTW in KTW umwandeln.


    Schlechtes Beispiel Rendsburg:
    Zwei Rettungswagen 24 Stunden täglich
    Ein Rettungswagen 8 Stunden werktags
    Ein Rettungswagen 12 Stunden Samstag bis Sonntag
    Ein Rettungswagen 12 Stunden werktags
    Ein Notarzteinsatzfahrzeug 24 Stunden täglich


    Vermutlich besseres Beispiel Itzehoe:
    Ein Rettungswagen 24 Stunden täglich
    Ein Rettungswagen 12 Stunden Montag bis Samstag
    Ein Rettungswagen 9 Stunden werktags
    Ein Krankentransportwagen 11 Stunden werktags
    Ein Krankentransportwagen 10 Stunden werktags
    Ein Krankentransportwagen für Fernverlegungen nach Bedarf
    Ein Notarzteinsatzfahrzeug 24 Stunden täglich
    Ein Notarzteinsatzfahrzeug 8 Stunden werktags

  • Eine Trennung in Notfallrettung/Krankentransport reduziert außerdem deutlich die Anzahl an benötigten RA/NFS.


    Naja der Versuch das RA/NFS Problem über die Erhöhung der KTWs zu lösen verschiebt das Problem aber nur in Richtung einer Personalknappheit der RS. Zumal es insbesondere bei dieser Tätigkeit schwierig sein wird, Personal lange zu halten, da die Qualifikation des RS nun mal sehr perspektivlos ist bzw. durch Wegfall der Anrechenbarkeit noch perspektivloser geworden ist. Im Endeffekt führt das nur zu einer noch höheren Fluktuation im Unternehmen, sodass die Leitung noch mehr mit Personalangelegenheiten befasst/blockiert ist.

  • Naja der Versuch das RA/NFS Problem über die Erhöhung der KTWs zu lösen verschiebt das Problem aber nur in Richtung einer Personalknappheit der RS. Zumal es insbesondere bei dieser Tätigkeit schwierig sein wird, Personal lange zu halten, da die Qualifikation des RS nun mal sehr perspektivlos ist bzw. durch Wegfall der Anrechenbarkeit noch perspektivloser geworden ist. Im Endeffekt führt das nur zu einer noch höheren Fluktuation im Unternehmen, sodass die Leitung noch mehr mit Personalangelegenheiten befasst/blockiert ist.


    Der Aufwand einen RS auszubilden ist deutlich geringer als einen NFS. Einen NFS muss ich 3 Jahre ausbilden ein, RS 3 Monate. Ein RS der 3 Jahre im Unternehmen verbleibt hat also die 10fache Dienstzeit seiner Ausbildungsdauer als vollwertiges Besatzungsmitglied gearbeitet. Bei einem NFS mit 3 Jahren Ausbildung hätten wir die selbe Quote also nach 30 Jahren. Selbst wenn die Realität der RS nach meiner Erfahrung so aussieht, dass sie im Schnitt 18 Monate tätig sind, haben wir nach Ausbildungsende noch 15 Monate Dienstzeit. Verglichen zum NFS wären es also 15 Jahre. Daneben beginnt die NFS-Ausbildung eigentlich nur einmel im Jahr, RS kann ich auch unterjährige Ausbilden - eigentlich startet jeden Monat ein RS-Lehrgang.


    Ich bin aber (mal wieder) überrascht, dass man mit dem Argument der Verschiebung einer angenommenen Personalknappheit bei RS, darauf Verzichtet eine längst überfällige Reform bei dne NFS zu unternehmen. Auch hier stellt sich ja die Frage, wie ist es denn mit PErspektive der NFS, wenn man für Notfälle ausgebildet wird, aber am Ende des Tages in einem MZF-System 80% Krankentransporte fährt? Neben dem Verlust der Routine in der handwerklichen Fähigkeiten, geht ja auch die Motivation flöten. Sollten hier also nach 3 Jahren Kollegen sich als NFS verabschieden, hat es gerade gereicht um einen Nachfolger auzubilden. Dann haben wir hier sehr viel Geld, Zeit und Ausbildung für ein personelles Nullsummenspiel investiert.

  • Der Aufwand einen RS auszubilden ist deutlich geringer als einen NFS. Einen NFS muss ich 3 Jahre ausbilden ein, RS 3 Monate. Ein RS der 3 Jahre im Unternehmen verbleibt hat also die 10fache Dienstzeit seiner Ausbildungsdauer als vollwertiges Besatzungsmitglied gearbeitet. Bei einem NFS mit 3 Jahren Ausbildung hätten wir die selbe Quote also nach 30 Jahren. Selbst wenn die Realität der RS nach meiner Erfahrung so aussieht, dass sie im Schnitt 18 Monate tätig sind, haben wir nach Ausbildungsende noch 15 Monate Dienstzeit. Verglichen zum NFS wären es also 15 Jahre. Daneben beginnt die NFS-Ausbildung eigentlich nur einmel im Jahr, RS kann ich auch unterjährige Ausbilden - eigentlich startet jeden Monat ein RS-Lehrgang.


    Ich bin aber (mal wieder) überrascht, dass man mit dem Argument der Verschiebung einer angenommenen Personalknappheit bei RS, darauf Verzichtet eine längst überfällige Reform bei dne NFS zu unternehmen. Auch hier stellt sich ja die Frage, wie ist es denn mit PErspektive der NFS, wenn man für Notfälle ausgebildet wird, aber am Ende des Tages in einem MZF-System 80% Krankentransporte fährt? Neben dem Verlust der Routine in der handwerklichen Fähigkeiten, geht ja auch die Motivation flöten. Sollten hier also nach 3 Jahren Kollegen sich als NFS verabschieden, hat es gerade gereicht um einen Nachfolger auzubilden. Dann haben wir hier sehr viel Geld, Zeit und Ausbildung für ein personelles Nullsummenspiel investiert.


    Selbstverständlich ist der Ausbildungsaufwand geringer. Was du aber in deinem Rechenbeispiel nicht beleuchtest und was Kern meiner Argumentation ist, ist dass du ja erst einmal die (nun noch weiter) steigende Zahl an Personen finden musst, die bereit sind eine dreimonatige Ausbildung zu machen, um in einem perspektivlosen Job nur kurz zu arbeiten. Ich behaupte keineswegs, dass das MZF-System toll ist, ich lege lediglich dar, dass eine Abschaffung nicht das Personalproblem der Rettungsdienstbetreiber löst.


    Der Rettungsdienst ist übrigens nicht alleine mit der hohen Diskrepanz zwischen Ausbildungsinhalten und tatsächlicher Arbeitspraxis. Die meisten Berufsausbildungen vermitteln ein breitgefächertes Wissen und gehen intensiv auf komplexe Sachverhalte ein, welche aber in der täglichen Praxis eher selten vorkommen, da in der Regel das schnöde Tagesgeschäft regiert. Dies ist eher ein gesamtgesellschaftliches Problem. Beim Rettungsdienst fällt die ernüchternde Realität nur etwas härter aus, da der Frischling den actiongeladenen Heldenjob erwartet ;)


    Bei der mangelnden Routine bin ich voll bei Dir, allerdings müsste man dort dann auch gleich an der Klassifizierung der Notfälle ansetzen, da ein Großteil der "Notfall-Einsätze" heutzutage kaum zu irgendeiner Routine bei komplexen Maßnahmen am Patienten führen wird.

  • steigende Zahl an Personen finden musst, die bereit sind eine dreimonatige Ausbildung zu machen, um in einem perspektivlosen Job nur kurz zu arbeiten


    Ich kann es nur immer wieder sagen. Bei uns in der Region gibt es bei den großen Anbietern keine Probleme RS Stellen zu besetzen. Der überwiegende Anteil der jungen Kollegen kommen über einen Freiwilligendienst (FSJ/BFD) und ein gutes drittel bleibt danach noch für ein paar Monate oder Jahre als Hauptamtlich. Aus dem Bereich der Jugendorganisationen und des KatS kommen vielleicht 1/3 der jungen Kollegen, die anderen 2/3 melden sich nach Ende Ihrer Schule. Es wird auch auf den entsprechenden Veranstaltungen in Schulen etc. entsprechend geworben und es gibt natürlich die Mund zu Mund Propaganda von Kollegen die schon bei uns arbeiten zu Ihren Schulkameraden die kurz vor dem Abschluss stehen.


    Bei der mangelnden Routine bin ich voll bei Dir, allerdings müsste man dort dann auch gleich an der Klassifizierung der Notfälle ansetzen, da ein Großteil der "Notfall-Einsätze" heutzutage kaum zu irgendeiner Routine bei komplexen Maßnahmen am Patienten führen wird.


    Verstehe ich nicht, was du meinst.

  • Bei uns in der Region gibt es bei den großen Anbietern keine Probleme RS Stellen zu besetzen.



    Da man eine Region nicht zwangsläufig mit einer anderen vergleichen kann, ist das ja nur bedingt allgemein anwendbar. Wenn kein Mangel an RS herrscht, wie sonst erklärt man sich, dass auch die RS-Stellen immer attraktiver ausgeschrieben werden? Nicht selten wird hier der RS Kurs und sogar der Führerschein bezahlt, dies war lange Zeit eine absolute Seltenheit. Dies ist keine Maßnahme die dafür spricht, dass aus einem unerschöpflichen Pool an Bewerbern geschöpft werden kann, sondern auch hier schon ein nicht zu unterschätzender Wettbewerb herrscht. Bei den FSJ/Bufdis kommt dazu, dass diese im Gegensatz zu den Zivis damals leichter spontan den Dienst quittieren können, wenn dann doch der ersehnte Studiumsplatz früher als erwartet gewehrt wurde. Ist also wieder ein hohes Risiko für den Arbeitgeber.





    Verstehe ich nicht, was du meinst.


    Den Statistiken nach schnellen die Einsatzzahlen in die Höhe, die Zahl der tatsächlichen Notfälle steigen im Verhältnis dazu aber moderater. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter immer seltener den Notfällen gegenüberstehen, für die sie eigentlich umfangreich ausgebildet wurden. Somit schwindet dort die Routine. Das meine ich damit :)

  • Nicht selten wird hier der RS Kurs und sogar der Führerschein bezahlt, dies war lange Zeit eine absolute Seltenheit. Dies ist keine Maßnahme die dafür spricht, dass aus einem unerschöpflichen Pool an Bewerbern geschöpft werden kann, sondern auch hier schon ein nicht zu unterschätzender Wettbewerb herrscht. Bei den FSJ/Bufdis kommt dazu, dass diese im Gegensatz zu den Zivis damals leichter spontan den Dienst quittieren können, wenn dann doch der ersehnte Studiumsplatz früher als erwartet gewehrt wurde. Ist also wieder ein hohes Risiko für den Arbeitgeber.


    Oh wow, man bekommt eine Ausbildung und einen Führerschein, die man jeweils nur für den Job als RS nutzen kann bezahlt? Ungeheuerlich was die jungen Leute fordern... Ganz im Ernst, man findet auf dem Arbeitsmarkt generell aktuell niemanden. Und zwar völlig egal ob man Lehrer, Krankenpfleger, Rettungssanitäter oder Helfer in der Produktion einstellen will.

  • Den Statistiken nach schnellen die Einsatzzahlen in die Höhe, die Zahl der tatsächlichen Notfälle steigen im Verhältnis dazu aber moderater. Dies bedeutet, dass die Mitarbeiter immer seltener den Notfällen gegenüberstehen, für die sie eigentlich umfangreich ausgebildet wurden. Somit schwindet dort die Routine. Das meine ich damit :)

    ob ich jetzt zwischen den wenigen Notfällen auf der Wache sitze oder einen KTP fahre hat keinen Einfluss auf die Erfahrung. Ist halt müßig. Aber wie Du ja selber weiter oben schreibst, ist das ein Problem vieler Berufe. Meist regiert der schnöde Alltag.
    Die meisten Streifenpolizisten dürften den Schichtalltag mit Unfallaufnahmen oder ähnlichem verbringen, der Feuerwehrler kehrt Ölspuren und der Elektriker schlägt den ganzen Tag Schlitze. Trotzdem muss man sich motivieren und die Routine behalten. Dies klappt m.E. bei den Feuerwehren durch den regelmäßigen Übungsdienst am besten. Evtl. wäre dies etwas für den RD? Wann arbeitet man im RD denn außerhalb eines Lehrgangs oder einer Rezertifizierung ein praktisches Fallbeispiel ab?

  • Es kommt darauf an, ehrlich gesagt. Ich habe mal drei Jahre bei einem Rettungsdienstdurchführenden gearbeitet, der war prinzipiell schon fortschrittlich und alles. Nur leider waren RA und auch NotSan jeden Monat 2-3 Wochen auf dem KTW, auf dem RTW ist man 40% KTP gefahren. So gab es Rettungsassistenten die eine RSI in 3 Jahren hatten.
    Da wo ich jetzt seit 6 Monaten beschäftigt bin ist auch "Großstadtrettung" mit allen negativen Begleiterscheinungen angesagt, aber ich fahre eben nur als Transportführer Notfallrettung. Dadurch komme ich hier in einem Monat auf die Gesamtzahl kritischer Patienten die mein Kollege in o.g RDB in einem Jahr hat. (Schockraumaktivierung sind z.B circa 15 über die letzten Monate rausgekommen, in den drei Jahren davor evtl 10.)
    Das spielt auch eine große Rolle beim Thema Routine. Die Notfälle sind schon da, sie verteilen sich nur auf einen großen Personenkreis. Am schlimmsten ist das natürlich im genannten MZF-system. Aber da jeder RA gezwungen wird NotSan zu werden... Wird sich daran auch nichts ändern. Der Zug ist eben abgefahren.

  • Ich kann mir durchaus einen Markt für einen Beruf vorstellen, in dem man zumindest am Ende einen kleinen LKW Führerschein in der Tasche hat, den man für ein paar Jahre zur Überbrückung mal macht. Sei es, weil man keinen Bock auf Hartz IV hat, oder auch, weil man auf einen Ausbildungsplatz oder Studienplatz wartet. Es würde auch einen Anreiz schaffen, wenn man sich z.B. unsicher ist, ob Rettungsdienst was für einen ist. Dann macht man erstmal KTP, da ist man schnell "drin". Dann muss man nach 1 1/2 Jahren die Berufsausbildung nicht abbrechen, weil es doch nicht das richtige ist.


    Es ist auch immer so eine Sache, wie und wo man diesen Beruf bewirbt. Wenn man ihn als "perspektivslose Aushilfstätigkeit" bewirbt ... :pfeif:

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers