Einführung eines Telenotfallmedizin-Systems in Teilen Schleswig--Holsteins

  • Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob es ein "Bundesrettungsdienstgesetz" jemals geben wird

    Möglicherweise wird dann auch mal ge- und verständlich erklärt, warum die gemeinen Stadtbewohner in der Regel eine kürzere Rettungsfrist zum Überleben haben als das gemeine Landvolk. Warum kann überhaupt auf Länder- oder sogar Kreis- und Stadtebene (NRW) definiert werden, wie schnell es denn gehen darf?

  • Da stellt sich die Frage, wie attraktiv die Stellen bei TNA-Systemen sind? Welche Erfahrungen liegen denn in Aachen vor, die nun bereits seit einem Jahrzehnt das TNA-System praktizieren? Wird das dort in den Leitstellen direkt betrieben oder in Home Office? Wie sieht es da mit der Besetzbarkeit der Stellen aus? Schwierig oder guter Zulauf?

    Das ist ja kein spezielles "Problem" von TNA-Stellen, sondern ein gesamtgesellschaftliches: Alle möglichden Branchen haben inzwischen Schwierigkeiten damit, Stellen zu besetzen, wenn die jeweiligen Arbeitgeber Arbeit aius dem Homeoffice pauschal verweigern, obwohl es sinnvoll möglich ist. Stellen mit (zumindest der Option auf) Homeoffice sind einfach wesentlich ttraktiver für den Bewerber.

    Nach Corona ist eben auch in dieser Hinsicht nicht mehr wie vor Corona: Man kann einfach bei Vielem nicht mehr behaupten, dass das halt nicht geht.

  • Die Frage wird Baden-Württemberg vielleicht alleine klären müssen, da die meisten Bundesländer keine getrennten Hilfsfristen für RTW und NEF definieren. Da gibt es i.d.R. nur eine; für das erste eintreffende Rettungsmittel eben. Letzendlich kommen wir dann aber wieder an den Punkt, ob das System dann überhaupt sinnvoll ist, wenn wir es weiter aufblähen?

    Möglicherweise wird dann auch mal ge- und verständlich erklärt, warum die gemeinen Stadtbewohner in der Regel eine kürzere Rettungsfrist zum Überleben haben als das gemeine Landvolk. Warum kann überhaupt auf Länder- oder sogar Kreis- und Stadtebene (NRW) definiert werden, wie schnell es denn gehen darf?

    Gerade dazu hat der VGH Baden-Württemberg ja festgestellt, dass das eigentlich nicht geht. Hilfsfristen, die sich an medizinischen Standards orientieren, haben für jeden Menschen gleichermaßen zu gelten, abgeleitet aus seinen Grundrechten. Egal, ob er 90 Jahre oder 90 Tage alt ist, ob er in Berlin oder in Bayern wohnt, ob in der Stadt oder auf dem Land und eben auch unabhängig davon, ob er der erste oder der fünfte Patient bei einem Verkehrsunfall ist. Ob die Länder ihre Hausaufgaben jetzt machen bzw. ob sie überhaupt eine Handlungsnotwendigkeit daraus ableiten, bleibt spannend.

    Ausgerechnet Baden-Württemberg als direkt vom Urteil betroffenes Länd sitzt das ja gerade erstmal aus...

  • Ob die Länder ihre Hausaufgaben jetzt machen bzw. ob sie überhaupt eine Handlungsnotwendigkeit daraus ableiten, bleibt spannend.


    Gerade dazu hat der VGH Baden-Württemberg ja festgestellt, dass das eigentlich nicht geht. Hilfsfristen, die sich an medizinischen Standards orientieren, haben für jeden Menschen gleichermaßen zu gelten, abgeleitet aus seinen Grundrechten. Egal, ob er 90 Jahre oder 90 Tage alt ist, ob er in Berlin oder in Bayern wohnt, ob in der Stadt oder auf dem Land und eben auch unabhängig davon, ob er der erste oder der fünfte Patient bei einem Verkehrsunfall ist.

    Bei allem Respekt vor den Gerichten. Man sollte die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtshof nun auch nicht überbewerten. An welchen Standards sollte man sich denn orientieren? Meint man nicht eher medizinische Erkenntnisse? Natürlich ist bei einem Herzkreislaufstillstand -ohne entsprechende Maßnahmen- relativ schnell ein signifikanter Schaden entstanden. Nur wird sich einfach nicht hinter jeder Bushaltestelle auch eine Rettungs- und/oder Notarztwache einrichten lassen. Etwas Lebensrealität sollte man schon berücksichtigen....

  • Bei allem Respekt vor den Gerichten. Man sollte die Entscheidung eines Verwaltungsgerichtshof nun auch nicht überbewerten. An welchen Standards sollte man sich denn orientieren? Meint man nicht eher medizinische Erkenntnisse? Natürlich ist bei einem Herzkreislaufstillstand -ohne entsprechende Maßnahmen- relativ schnell ein signifikanter Schaden entstanden. Nur wird sich einfach nicht hinter jeder Bushaltestelle auch eine Rettungs- und/oder Notarztwache einrichten lassen. Etwas Lebensrealität sollte man schon berücksichtigen....

    Bevor du das Gericht in dieser Form kritisierst und das Urteil ins Lächerliche ziehst, solltest du es vielleicht lesen und/oder dir erklären lassen.

  • Gerade dazu hat der VGH Baden-Württemberg ja festgestellt, dass das eigentlich nicht geht. Hilfsfristen, die sich an medizinischen Standards orientieren, haben für jeden Menschen gleichermaßen zu gelten, abgeleitet aus seinen Grundrechten. Egal, ob er 90 Jahre oder 90 Tage alt ist, ob er in Berlin oder in Bayern wohnt, ob in der Stadt oder auf dem Land und eben auch unabhängig davon, ob er der erste oder der fünfte Patient bei einem Verkehrsunfall ist. Ob die Länder ihre Hausaufgaben jetzt machen bzw. ob sie überhaupt eine Handlungsnotwendigkeit daraus ableiten, bleibt spannend.

    Ausgerechnet Baden-Württemberg als direkt vom Urteil betroffenes Länd sitzt das ja gerade erstmal aus...

    Mein Wissensstand von meinem lokalen Abgeordneten ist, dass man bis Ende des Jahres mit einem neuen RDG das Problem lösen will.

  • Hilfsfristen, die sich an medizinischen Standards orientieren,

    Tja ... an welchen denn?

    haben für jeden Menschen gleichermaßen zu gelten, abgeleitet aus seinen Grundrechten. Egal, ob er 90 Jahre oder 90 Tage alt ist, ob er in Berlin oder in Bayern wohnt, ob in der Stadt oder auf dem Land und eben auch unabhängig davon, ob er der erste oder der fünfte Patient bei einem Verkehrsunfall ist.

    Das hieße also, dass eine anhand von medizinischen Standards (welchen?) festgesetzte Hilfsfrist (von 10 Minuten? 15 Minuten?) landesweit auch bei fünf gleichzeitigen Notfällen (sind alle Einsätze Notfälle oder gibt es da Abstufungen?) im selben Bereich eingehalten werden müsste? Stelle ich mir spannend vor. So viele RTW mit Elektroantrieb gibt's doch gar nicht auf dem Markt ...

  • Das ist ja kein spezielles "Problem" von TNA-Stellen, sondern ein gesamtgesellschaftliches: Alle möglichden Branchen haben inzwischen Schwierigkeiten damit, Stellen zu besetzen, wenn die jeweiligen Arbeitgeber Arbeit aius dem Homeoffice pauschal verweigern, obwohl es sinnvoll möglich ist. Stellen mit (zumindest der Option auf) Homeoffice sind einfach wesentlich ttraktiver für den Bewerber.

    Nach Corona ist eben auch in dieser Hinsicht nicht mehr wie vor Corona: Man kann einfach bei Vielem nicht mehr behaupten, dass das halt nicht geht.

    Das ist an mir natürlich nicht spurlos vorbei gegangen, dass wir ein generelles Fachkräfteproblem haben. Mich würde in der Tat interessieren, wie "beliebt" konkret die TNA Stelle in Aachen ist, die nun ja schon mehrere Jahre besetzt werden muss, sowie auch, ob diese Funktion in der Leitstelle oder im Rufdienst von Zuhause (auf dem Sofa) wahrgenommen werden kann.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Was machen wir denn, wenn der einzige (!) Telenotarzt für mehrere Landkreise und einer Großstadt zu Hause im Home Office sitzt und dann der Strom ausfällt?

    Ist das heute wirklich ein Problem? Meine Dienste als Einsatzleiter mache ich auch von Daheim. Bei einem Stromausfall habe ich den Laptop, Handy mit Power-Bank und Funkgerät mit Reserveakku. Und ein Auto, mit dem ich zum Einsatzort (oder Notfalltreffpunkt) fahren kann. Wenn natürlich alle Systeme ausfallen würden, wird es spannend. Aber dann könnte ich noch ein Satellitentelefon auf der Leitstelle holen.

  • Ist das heute wirklich ein Problem? Meine Dienste als Einsatzleiter mache ich auch von Daheim. Bei einem Stromausfall habe ich den Laptop, Handy mit Power-Bank und Funkgerät mit Reserveakku. Und ein Auto, mit dem ich zum Einsatzort (oder Notfalltreffpunkt) fahren kann. Wenn natürlich alle Systeme ausfallen würden, wird es spannend.

    Die beiden Funktionen sind aber schon etwas unterschiedlich, oder nicht? Telenotarzt hat mehr Ähnlichkeit zur Leitstelle, der Einsatzleiter nicht. Mir geht es auch nicht darum, dass ich jemanden die Möglichkeit Home Office zu machen nicht gönne. Mir geht es um die Resilienz der Funktion (und die ist in der Tat ein großes Problem, vor allem im Gesundheitswesen). Die ist im häuslichen Bereich definitiv nicht gegeben. Daher sollte man organisatorisch so planen, dass niemals alle Funktionen im Home Office wahrgenommen werden. Das schafft Resilienz. Für Deutschland kann ich Dir sagen, dass Du Deinen Internetanschluss ganz schnell nicht mehr nutzen kannst, sowie das Mobilfunknetz nach wenigen Minuten instabil wird und innerhalb weniger Stunden komplett ausfallen wird, wenn der Strom weg ist. Für Dich als Einsatzleiter ist das auch nicht schlimm. Du musst nur erreichbar sein und dann irgendwo hin fahren. Für einen Telenotarzt ist jedoch das Telefon und das Internet unentbehrlich, um seine Funktion wahrnehmen zu können.


    Irgendwie bin ich verblüfft, dass so viele Retter sich nicht mit der Resilienz ihrer eigenen Organisation beschäftigen. Die Risikowahrnehmung scheint hier eine andere zu sein.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Irgendwie bin ich verblüfft, dass so viele Retter sich nicht mit der Resilienz ihrer eigenen Organisation beschäftigen. Die Risikowahrnehmung scheint hier eine andere zu sein.

    Das liegt vielleicht daran, dass der Tele-Notarzt "nur" eine beratende/ absichernde Funktion hat, auf die man ganz offensichtlich aktuell und damit sehr wahrscheinlich auch zukünftig verzichten könnte. Wenn es vor Ort richtig brennen sollte, wäre ein NA physisch an der Einsatzstelle ohnehin die richtigere Alternative. Alleine schon, wie schon häufig erwähnt, um mehr man power zu haben.


    Unabhängig davon kann ja nicht nur die Telefon- oder Computer-Anlage des TNA ausfallen, sondern auch die des RTW. Hier gibt es jetzt ja auch keine wirkliche Redundanz.

  • Das liegt vielleicht daran, dass der Tele-Notarzt "nur" eine beratende/ absichernde Funktion hat, auf die man ganz offensichtlich aktuell und damit sehr wahrscheinlich auch zukünftig verzichten könnte. Wenn es vor Ort richtig brennen sollte, wäre ein NA physisch an der Einsatzstelle ohnehin die richtigere Alternative. Alleine schon, wie schon häufig erwähnt, um mehr man power zu haben.

    Da bin ich bei Dir. Es gibt Situationen, da ist der physisch anwesende Notarzt besser. Ich habe aktuell nur das Gefühl, dass der Hype nach dem TNA grenzenlos ist.

    Unabhängig davon kann ja nicht nur die Telefon- oder Computer-Anlage des TNA ausfallen, sondern auch die des RTW. Hier gibt es jetzt ja auch keine wirkliche Redundanz.

    Das stimmt. Gut aufgepasst!

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die beiden Funktionen sind aber schon etwas unterschiedlich, oder nicht?

    Vielleicht, das mag unterschiedlich zu sehen sein. Als EL rücke ich selten aus, sondern organisiere von daheim aus. Ich meinte nur - technisch - kein so grosses Problem.

  • Dann mag das an unterschiedlichen Definitionen liegen, wie Einsatzleitung bei Dir und bei mir verstanden wird. Hier organisiert ein Einsatzleiter von zu Hause aus eigentlich nix.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Dann mag das an unterschiedlichen Definitionen liegen, wie Einsatzleitung bei Dir und bei mir verstanden wird. Hier organisiert ein Einsatzleiter von zu Hause aus eigentlich nix.

    Vermutlich ist es beim Telenotarzt ähnlich - es gibt verschiedene Möglichkeiten der Umsetzung.

  • Können wir auch den Aspekt der weiteren Behandlung bei Nicht-Erreichbarkeit des TNA durch NFS im Hinterkopf behalten?

    Wenn der TNA mal ausfällt oder er gerade keine Kapazitäten hat, wird der NFS alleine weiter machen (müssen).


    Ich bin ja Pro TNA, aber er wird bei Nicht-Verfügbarkeit keine Menschenleben gefährden ;)

    Daher sehe ich die Resilienz hier eher sekundär.


    Und die Leitstelle NÖ war auch nicht zu 100% im Home Office.... Aber wenn wir den Überlauf und Sekundäre TNA so anbinden, was soll`s.

  • Tja ... an welchen denn?

    Das hieße also, dass eine anhand von medizinischen Standards (welchen?) festgesetzte Hilfsfrist (von 10 Minuten? 15 Minuten?) landesweit auch bei fünf gleichzeitigen Notfällen (sind alle Einsätze Notfälle oder gibt es da Abstufungen?) im selben Bereich eingehalten werden müsste? Stelle ich mir spannend vor. So viele RTW mit Elektroantrieb gibt's doch gar nicht auf dem Markt ...

    Bedeutet deiner Meinung nach, dass man bei einer Novelierung der Länder RDGs komplett auf Hilfsfristen verzichten könnte, weil keine medizinischen Standards definiert sind und statt dessen eine maximale Prähospital-Zeit ins Auge zu fassen?

    Für das besserer Outcome bei schwersten Traumata, die innerhalb einer Stunde klinisch versorgt wurden, gibt es ja eine gute Evidenz.