Reformpläne Die schwierige Suche nach der rettenden Formel für den Notfall

  • Die ILS sollen die Aufgabe der Terminservicestellen übernehmen, die bis jetzt auch die 116117 hat; sonst kann man die ja nicht abschaffen.


    https://www.116117-termine.de/

    https://www.kbv.de/html/terminvermittlung.php

    Das macht es nicht besser. Wenn ich mir die Größe der hiesigen ILS (Großstadt) und die Größe des KV Callcenters anschaue, frage ich mich, wo das Personal herkommen soll um das Spektrum der 112 Anrufe zeitnah abzuarbeiten. Ich Stelle mir hier nur Mal vor Grippewelle und Sturm (Windbrüche, Dächer abgedeckt etc.) vor. Dazu dann noch das normale Tagesgeschäft (VU, Brände, unklarer Gasgeruch, Wohnungsöffnung, Sturz, Brustschmerzen, Heimtransport, Verlegung). Da kann der ILS Betreiber gleich Mal ne Messehalle anmieten.

  • ILS sollen 24/7 einschließlich verbindlicher Terminvermittlung bei Haus- und Fachärzten so attraktiv sein, dass sie primäre Anlaufstelle in medizinischen Notfällen werden.

    So kann das nix werden......

    Es liegen seit Jahren weitgehend zutreffende Problembeschreibungen zum Bereich der Notfallversorgung in Deutschland vor. Aus einem benachbarten Land südlich von Deutschland hören wir immer wieder von der dort funktionierenden Lenkungsfunktionen der Leitstelle.

    Um nun aber in Deutschland die Leitstellen mit der seit Jahren geforderten Lenkungs- und Steuerungsfunktion auch tatsächlich rechtssicher ausstatten zu können, sind viel tiefgreifendere Rechtsänderungen in gleich mehreren Gesetzen erforderlich.


    • Freie Arztwahl: Sofern die Leitstelle den Anrufer lenken soll, ist mindestens die für die gesetzlich krankenversicherten Patienten die bestehende freie Arztwahl aufzuheben. Die freie Wahl des behandelnden Krankenhauses ist in diesem Rahmen bei Nichtnotfällen ebenfalls aufzuheben. Jedes Kraftfahrzeug (Patient) ist erst nach der Entriegelung der Lenkradsperre (Artzwahl) lenkbar.
    • Neuregelung der Haftung für die Träger des Rettungsdienstes für die Handlungen der Leitstellendisponenten. Erfolgt eine Disposition im Rahmen der Amtshaftungsgrundsätze oder können sich Patienten auf das Patientenrechtegesetz berufen?
    • Elektronische Patientenakte - Datenschutz: Die Leitstellen müssen Zugriff auf Patienteninformationen erhalten, um insbesondere Mehrfachanrufer gezielt lenken zu können.

    Sofern diese Kernfragen nicht entsprechend gelöst werden, kann und wird sich leider nix ändern. Da wir nun schon in der Mitte der Legislatur angekommen sind, wird dieses wichtige Thema vermutlich der Diskontinuität zum Opfer fallen. Das hat Herr Spahn auch schon erlebt...

  • Das macht es nicht besser. Wenn ich mir die Größe der hiesigen ILS (Großstadt) und die Größe des KV Callcenters anschaue, frage ich mich, wo das Personal herkommen soll um das Spektrum der 112 Anrufe zeitnah abzuarbeiten. Ich Stelle mir hier nur Mal vor Grippewelle und Sturm (Windbrüche, Dächer abgedeckt etc.) vor. Dazu dann noch das normale Tagesgeschäft (VU, Brände, unklarer Gasgeruch, Wohnungsöffnung, Sturz, Brustschmerzen, Heimtransport, Verlegung). Da kann der ILS Betreiber gleich Mal ne Messehalle anmieten.

    Jetzt legt man 116117 und ILS zusammen, dann ist es auch wieder nicht recht ...


    Und wenn man ohnehin eine Messehalle braucht, ist es dann nicht immer noch besser, wenn diese Messehalle in einer Hand liegt? :S

    • Freie Arztwahl: Sofern die Leitstelle den Anrufer lenken soll, ist mindestens die für die gesetzlich krankenversicherten Patienten die bestehende freie Arztwahl aufzuheben. Die freie Wahl des behandelnden Krankenhauses ist in diesem Rahmen bei Nichtnotfällen ebenfalls aufzuheben. Jedes Kraftfahrzeug (Patient) ist erst nach der Entriegelung der Lenkradsperre (Artzwahl) lenkbar.

    Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind ja in, aber das erschließt sich mir wiederum nicht. Warum soll man eilige Arzttermine nur dann vergeben können, wenn der Patient dann auch zu diesem Arzt gehen muss, selbst wenn er ihn als homoöpathischen Quacksalber kennt? Und warum sollten Patienten nicht das Krankenhaus ihrer Wahl aussuchen dürfen? Wenn es dort Kapazitäten gibt, ist das doch kein Problem?

    • Neuregelung der Haftung für die Träger des Rettungsdienstes für die Handlungen der Leitstellendisponenten. Erfolgt eine Disposition im Rahmen der Amtshaftungsgrundsätze oder können sich Patienten auf das Patientenrechtegesetz berufen?

    Hä? [tm] Ich kenne keine Bundesland, in dem die Leitstellentätigkeit nicht durch Beamte im haftungsrechtlichen Sinne erfolgt. Und natürlich gilt dennoch das BGB in der Fassung durch das Patientenrechtegesetz.

    • Elektronische Patientenakte - Datenschutz: Die Leitstellen müssen Zugriff auf Patienteninformationen erhalten, um insbesondere Mehrfachanrufer gezielt lenken zu können.

    Das ist mit dem besonderen Schutz von Gesundheitsdaten kaum vereinbar. Und es obliegt - natürlich - der Entscheidung des Patienten, ob er überhaupt eine elektronische Patientenakte will, und wenn ja, wer darauf zugreifen darf.


    Die offensichtlich auch in Rettungsdienstkreisen um sich greifenden totalitären Vorstellungen finde ich einigermaßen bedenklich.

  • Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind ja in, aber das erschließt sich mir wiederum nicht. Warum soll man eilige Arzttermine nur dann vergeben können, wenn der Patient dann auch zu diesem Arzt gehen muss, selbst wenn er ihn als homoöpathischen Quacksalber kennt? Und warum sollten Patienten nicht das Krankenhaus ihrer Wahl aussuchen dürfen? Wenn es dort Kapazitäten gibt, ist das doch kein Problem?

    Sofern Patienten sich selbstständig zum Arzt der eigenen Wahl und/oder Behandlungsort der eigenen Wahl begeben, keine Frage, freie Arztwahl.... Sofern der Patienten sich aber an ”den Rettungsdienst” wendet, wird das aus meiner Sicht mindestens für die Leitstellen schon etwas komplizierter....Für die Fälle: ”Patient im Rettungsmittel” ist jedenfalls der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages im Juli 2023 zu folgender Einschätzung gekommen:


    […]


    Daraus ergibt sich, dass für Notfallpatientinnen und -patienten kein Anspruch besteht, vom Rettungsdienst in ein Krankenhaus seiner Wahl transportiert zu werden. In diesem Sinn hat das Verwaltungsgericht Aachen im Jahr 2012 festgestellt:8 Ein Anspruch, zur Notfallversorgung in ein Wunschkrankenhaus transportiert zu werden, besteht nicht. Er ergibt sich insbesondere nicht aus § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V, der den Grundsatz der freien Arztwahl statuiert. Eine solche Regelung für den Krankenhausbereich, insbesondere für die Notfallaufnahme in ein Krankenhaus existiert nicht.“


    […]


    Quelle: https://www.bundestag.de/resou…2be07/WD-9-051-23-pdf.pdf


    Im Hinblick auf Notfallpatienten für mich absolut nachvollziehbar. Bei normalen Krankentransporten allerdings doch schon etwas schwieriger...

  • Jetzt legt man 116117 und ILS zusammen, dann ist es auch wieder nicht recht ...


    Und wenn man ohnehin eine Messehalle braucht, ist es dann nicht immer noch besser, wenn diese Messehalle in einer Hand liegt? :S

    da hast du recht (obwohl aus meiner Sicht die Zusammenlegung nicht notwendig ist, wenn die Schnittstellen funktionieren). Ich sehe eher das Problem, dass, sollte an der bisherigen Ausbildung für Leitstellenmitarbeiter festgehalten werden, kaum ausreichend Personal gefunden wird. Im Moment muss der Disponent sowohl eine feuerwehrtechnische, als auch eine rettungsdienstliche Ausbildung besitzen. In der KV (zumindest hier) arbeiten Medizinstudenten, MFAs, Pflegefachkräfte. Die Frage ist natürlich, ob man die Calltaker Ausbildung zukünftig ganz anders aufzieht. Trotzdem wird eine Terminvereinbarung den Mitarbeiter länger binden, als ein Notrufer, der eine brennende Mülltonne meldet.

  • Sofern Patienten sich selbstständig zum Arzt der eigenen Wahl und/oder Behandlungsort der eigenen Wahl begeben, keine Frage, freie Arztwahl.... Sofern der Patienten sich aber an ”den Rettungsdienst” wendet, wird das aus meiner Sicht mindestens für die Leitstellen schon etwas komplizierter.... [...]


    Im Hinblick auf Notfallpatienten für mich absolut nachvollziehbar. Bei normalen Krankentransporten allerdings doch schon etwas schwieriger...

    Ja, eben. Dass Notfallpatienten keine Wahl haben, ist klar und richtig; da geht Ressourcensteuerung (durch die ILS) vor. Aber wenn kein Notfall vorliegt, darf jede Patientin sich das Krankenhaus ihrer Wahl aussuchen, wenn es sie denn nimmt; ob der Transport dann zu Lasten der Träger der GKV erfolgt oder kostenmäßig Privatvergnügen ist, ist dann noch einmal eine andere Frage.


    (Und danke für den Link; das erspart mir mutmaßlich eine Menge Recherchearbeit in einem konkreten Fall ...)

  • Aber wenn kein Notfall vorliegt, darf jede Patientin sich das Krankenhaus ihrer Wahl aussuchen, wenn es sie denn nimmt; ob der Transport dann zu Lasten der Träger der GKV erfolgt oder kostenmäßig Privatvergnügen ist, ist dann noch einmal eine andere Frage.

    In Schleswig-Holstein ist das Justizministerium hier -leider- schon ganz anderer Meinung. Danach hat der Patient keine entsprechenden Rechte beim Krankentransport. Das sehe ich hingegen nicht so bzw. so wie von Ihnen beschrieben....

  • Das liest sich ziemlich gut erstmal. Ich bin gespannt auf
    - den ersten öffentlichen Referentenentwurf

    - das tatsächliche Gesetz, nachdem alle ihre Partikularinteressen unter Einsatz von allen Registern (inkl. billigem Populismus) eingebracht haben.


    Ich bin gespannt aufs RD Eckpunktepapier! :)

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Naja, wenn durchgehend ab 21 Uhr keine Hausarztvertretung geöffnet hat, sehe ich nicht, wie die Versorgung gerade in der Nacht dadurch verbessert werden soll.


    Aber vielleicht wird mit Hinz und Kunz (INZ/ KINZ) ja alles besser.

  • Es bleibt doch auch Nachts die Telemedizin, und der Hausbesuch durch Ärzte oder GemeindeNotSan (mit Telemedizin). Und die Notfallversorgung durch die ZNA.

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  • Stand der irgendwo schon drin?

    Unter 2.2 "Den KVen wird gesetzlich ermöglicht, den aufsuchenden Dienst durch die Einbindung von qualifiziertem nichtärztlichem Personal oder durch Kooperationen mit dem Rettungsdienst (Gemeindenotfallsanitäter) zu entlasten. Die ärztliche Kompetenz wird durch eine telemedizinische Anbindung dieser Dienste sichergestellt."

  • Danke. Das habe ich in der Tat überlesen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Unter 2.2 "Den KVen wird gesetzlich ermöglicht, den aufsuchenden Dienst durch die Einbindung von qualifiziertem nichtärztlichem Personal oder durch Kooperationen mit dem Rettungsdienst (Gemeindenotfallsanitäter) zu entlasten. Die ärztliche Kompetenz wird durch eine telemedizinische Anbindung dieser Dienste sichergestellt."

    Gibt's denn genug NotSan? Hatte immer das Gefühl, dass es mehr Personal im RD braucht. Sich jetzt da neue Aufgaben aufzuladen, die man dann nicht besetzen kann, ist da wenig hilfreich.

  • Die Idee ist ja, dass es weniger RTW bedarf, wenn 116117 besser läuft.

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  • Gibt's denn genug NotSan? Hatte immer das Gefühl, dass es mehr Personal im RD braucht. Sich jetzt da neue Aufgaben aufzuladen, die man dann nicht besetzen kann, ist da wenig hilfreich.

    Eine Möglichkeit ist ja auch die Pflege, die sich mittels der Qualifizierung von APNs, CHNs, usw. positioniert. Aber auch die haben Personalsorgen. Da sollte man vor allem erst einmal damit beginnen, dass das Pflegefachpersonal von Reinigungs- und Servicetätigkeiten entlastet wird. Dann hätte man auch wieder mehr Zeit (und Personal) um die fachpflegerischen Aufgaben wahrzunehmen (vor allem im Krankenhaus). Ich hoffe nur nicht, dass irgendwann MFA solche Aufgaben übernehmen werden. Wenn nicht-ärztlich, dann sollte dieses im pflegerischen oder rettungsdienstlichen Bereich angesiedelt sein.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.