Klage gegen den Rettungszweckverband Chemnitz

  • 13.000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz fordern die Eltern eines verstorbenen 21-Jährigen vom Rettungszweckverband Chemnitz. Vor dem Landgericht Chemnitz hat hierzu heute der Prozess begonnen. Der Rettungsleitstelle, die dem Zweckverband untersteht, werfen die Eltern vor, möglicherweise Schuld am Tod ihre Sohnes zu sein. Dieser war vor 3 Jahren am Vorabend seines Todes im Unterzucker und klagte über Schmerzen in der Brust. Die Rettungsleitstelle jedoch wollte keinen Notarzt schicken und verwies an den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst, welcher dem jungen Mann aber nicht helfen konnte. Der 21-Jährige verstarb noch in der Nacht an den Folgen eines Herzinfarktes.


    Das Gericht muss nun die Frage klären, ob die Leitstelle einen Notarzt hätte schicken müssen und ob der kassenärztliche Bereitschaftsdienst seinen Pflichten nachgekommen war. Letztere Frage soll nun in einer separaten Verhandlung geklärt werden, wozu das Gericht aber zunächst noch Gutachten auswerten muss.


    Eine weitere Klage gegen den Rettungszweckverband ist gerade in Vorbereitung. Eine Frau aus Chemnitz klagt ebenfalls auf Schmerzensgeld, nachdem ihr 40-jähriger Sohn im Dezember 2006 fünf Mal den Notruf gewählt hatte, der Disponent aber einen Hexenschuss vermutete und einen Notarzt verweigerte. Der 40-Jährige verstarb kurz darauf an den Folgen eines Risses in der Hauptschlagader.


    Quelle & Video-Bericht: http://www.mdr.de/sachsen/6886066.html


    Siehe auch 21-Jähriger verstirbt an Herzinfarkt - Eltern verklagen Rettungsdienst-Träger

  • Da scheint ein hartgesottener Disponent zu sitzen.... Sie nennen ihn "die Mauer"! :spiteful:


    Oder ein übriggebliebener Dispatcher mit Held-der-Arbeit-Status der Schnellen Medizinischen Hilfe vom volkseigenen Betrieb Kombinat "Volksgesundheit".

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Die Mutter des verstorbenen 40-Jährigen erhält kein Schmerzensgeld und muss die Kosten des Verfahrens tragen - so das Urteil des Landgerichtes vom vergangenen Donnerstag.
    Laut Urteilsbegründung sei der Rettungszweckverband Chemnitz als Adressat der Klage die falsche Adresse, da der Disponent, welcher den Notruf entgegennahm, nicht Angestellter des Zweckverbandes, sondern der Stadt Chemnitz ist. Eine Klage gegen die Stadt ist jedoch nicht mehr möglich, da die Fristen hierfür abgelaufen sind. Auf Seite des Disponenten konnte das Gericht keine Schuld feststellen, denn dieser "sei kein Arzt, sondern entscheide aufgrund ihm vorgegebener Kriterien, in welchen Fällen Notarzt und Rettungswagen alarmiert oder aber die Patienten auf den allgemeinen ärztlichen Notdienst verwiesen werden."
    Der Anwalt der Mutter machte auf ein weiteres Problem aufmerksam, das sich im Zusammenhang mit der Frage, wer denn zu verklagen sei, um zu seinem Recht zu kommen, stelle: angesichts der Vielzahl der in den Rettungsdienst einbezogenen Stellen und Träger - Zweckverband, Kommunen, Kliniken, Hilfsorganisationen - sei dies am Ende kaum zu beantworten.


    Quelle: http://www.freiepresse.de/NACH…Sohnes-artikel7801671.php

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • :thumbsup: ich hab da mein sanipraktikum damals gemacht


    aber mal im ernst: lieber einmal zu oft falscher alarm als einmal (wie hier) zu wenig alarmiert

    Ich grüße meinen Vater, meine Mutter und ganz besonders meine Eltern :hallo:


    retrovaginale, cerebrale diarrhoe :pfeif:

  • da verweise ich nur hierauf... http://www.cirs-notfallmedizin.de/ ...mal wieder ein ganz typischer Fall...1000 mal geht es gut, beim 1001. mal ist es halt eben der worst case den man ja "nie" für möglich hält...


    Daher teile ich die Meinung das wenn jemand 5 mal den Notruf wählt man dann vielleicht doch mal Hilfe vorbeischickt und wenn jemand 3 mal wegen Kopfschmerzen anruft der Patient dann doch mal einem Krankenhaus mit CCT Möglichkeit vorgestellt wird...


    in diesem Sinne...

  • Laut Urteilsbegründung sei der Rettungszweckverband Chemnitz als Adressat der Klage die falsche Adresse, da der Disponent, welcher den Notruf entgegennahm, nicht Angestellter des Zweckverbandes, sondern der Stadt Chemnitz ist.

    Das ist eine peinliche Nummer für den Rechtsanwalt! Wenn man als Kläger (Rechtsanwalt), zwei Jahre nach dem Ereignis, den richtigen Dienstherren des Disponenten immer noch nicht kennt, ist das eine mächtig peinliche Nummer.


    Lustig finde ich auch diesen Kommentar eines Lesers der Internetseite:


    Zitat

    Pixelghost: Mir stellt sich eine andere Frage: Der Dispachter ist kein Arzt? Warum nicht? Kostet wohl zuviel Geld, einen studierten und erfahrenen Notfallmediziner auf diesen Stuhl zu setzen. Das ist - meiner Meinung nach - eine merkwürdige Auffassung zum Schutz des Lebens der Menschen hier.

    :D


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ob's peinlich ist oder nicht, kann man schlecht sagen, ohne das Urteil einmal in Gänze gelesen zu haben. Allein der Umstand, dass der Disponent woanders angestellt war, kann es eigentlich nicht gewesen sein.

  • @Schmunzel: Das da vielleicht noch was anderes mit ins Spiel kommt mag sein. Mir ging es nur um den Umstand, dass der Anwalt der Klägerin so lange nach dem Ereignis nicht wusste, wo der Disponent überhaupt arbeitet. Das finde ich schon peinlich!


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • aber mal im ernst: lieber einmal zu oft falscher alarm als einmal (wie hier) zu wenig alarmiert


    Ganz ehrlich: Nö!
    Denn nach dieser Logik müsste ich zu jedem KTP einen RTW und ein NEF schicken, weil aus dem KTP kann ja auch mal ein Notfall werden.


    Systeme haben immer eine kleine Zahl an Problemfällen, aber diese komplett auszuräumen ist unglaublich aufwenig und steht in keinem Verhältniss zum Ergebnis. Denn sonst müssten auch an jeder Wache IMMER 2 RTW statt einer stehen., weil Duplizitätsgefahr!

  • @Schmunzel: Das da vielleicht noch was anderes mit ins Spiel kommt mag sein. Mir ging es nur um den Umstand, dass der Anwalt der Klägerin so lange nach dem Ereignis nicht wusste, wo der Disponent überhaupt arbeitet. Das finde ich schon peinlich!


    Gruß


    Vielleicht wusste er es ja.

  • Wenn er es wusste, warum hat er nicht den "Richtigen" verklagt? ?(

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Hallo!
    Chemnitz: Leitstelle Berufsfeuerwehr, Sie stellten bisher RTW, NEF und KTW, dann noch zwei HiOrg...
    die BF ist, wie richtig gesagt, nicht im Rettungszweckverband beteiligt, nur die HiOrg. Beschaffung und Meinungen sind da deutlich Unterschiedlich-was immer zu Problemen führt....(unabhängig von dem Gerichtsurteil..)
    Allg. Frage an euch: Haben Städte mit BF immer eine "extra" Stellung? Oder wird dann dort schon für alle beteiligten entschieden?


    Danke Grüsse

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • Auf Seite des Disponenten konnte das Gericht keine Schuld feststellen, denn dieser "sei kein Arzt, sondern entscheide aufgrund ihm vorgegebener Kriterien, in welchen Fällen Notarzt und Rettungswagen alarmiert oder aber die Patienten auf den allgemeinen ärztlichen Notdienst verwiesen werden."


    Das ist richtig, ein Arzt hätte die Hypoglycämie durch das Telefon erschnüffelt und noch von der Leitstelle aus die lebensrettende Glucose-Infusion in den Arm des Patienten geworfen.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

    Einmal editiert, zuletzt von ihm-al ()

  • @ all


    Ich finde, daß hier die Schulung von Disponenten in der Differenzialdiagnostik ( jaaa, ich weiß,wir stellen keine D: schon gar nicht DD: ) kommen sollte, weil sie ja nicht " ahnen " sollen was der Patient haben " könnte " sondern mehrere Möglichkeiten erarbeiten sollten.
    Dann wäre es wohl nicht zu dieser fatalen Disposition gekommen.


    Außerdem....." Anweisung in der RLS Ludwigshafen.....Im Zweifelsfalle ist eine Alarmfahrt zu veranlassen!
    Also.....!
    Gruß vom Hans

  • Außerdem....." Anweisung in der RLS Ludwigshafen.....Im Zweifelsfalle ist eine Alarmfahrt zu veranlassen!
    Also.....!
    Gruß vom Hans

    immer dafür, aber auch dafür missbrauch wirklich effektiv zu verfolgen und zu ahnden :applaus:

    Ich grüße meinen Vater, meine Mutter und ganz besonders meine Eltern :hallo:


    retrovaginale, cerebrale diarrhoe :pfeif:

  • @ all


    Ich finde, daß hier die Schulung von Disponenten in der Differenzialdiagnostik ( jaaa, ich weiß,wir stellen keine D: schon gar nicht DD: ) kommen sollte, weil sie ja nicht " ahnen " sollen was der Patient haben " könnte " sondern mehrere Möglichkeiten erarbeiten sollten.
    Dann wäre es wohl nicht zu dieser fatalen Disposition gekommen.


    Außerdem....." Anweisung in der RLS Ludwigshafen.....Im Zweifelsfalle ist eine Alarmfahrt zu veranlassen!
    Also.....!
    Gruß vom Hans

    Forbildliche Leistelle ! Seit froh darüber !


  • Hieraus folgendes Zitat:

    und sie sich an den Kassenärztlichen Hausbesuchsdienst wenden solle.
    Dieser traf in Person eines Psychotherapeuten nach einer dreiviertel Stunde ein.



    Ich möchte sicherlich nicht wieder eine Berufspolitische Debatte anzetteln, aber ist dies nicht ein Beispiel dafür, dass es nicht nur darauf ankommt Arzt zu sein? Unter normalen Umständen würde mit einer solchen Symptomatik niemand einen Psychotherapeuten/Gyn/HNO aufsuchen. Im Notdienst mit sowieso schon schwierigeren Bedingungen ist es aber o.k.?


    Meiner Meinung nach ist hier in erster Linie nicht der Arzt schuld, sondern das System.