Engpass bei der Krankenhausaufnahme: Regel oder Ausnahme?

  • Zitat

    Brühl (Rhein-Neckar-Kreis). Es ist eine Geschichte, die unglaublich klingt, aber dennoch wahr ist und wohl leider kein Einzelfall: Eine Frau bekommt zu Hause Atemprobleme, Haus- sowie Notarzt kommen und bestellen einen Rettungswagen zum Transport in ein Krankenhaus. Doch die Kliniken und Krankenhäuser lehnen die Aufnahme ab, ehe der Notarzt die Unterbringung anordnet. So vergehen über drei Stunden, ehe die Patientin stationär behandelt wird.


    Quelle und ausführlicher Artikel: http://www.morgenweb.de/region…el-oder-ausnahme-1.979717

  • Das es hier vermutlich um die nicht vorhande Kapazität an freien Intensivbetten geht, wird in dem Artikel irgendwie nur am Rande erwähnt.

  • Nach meiner Erfahrung kein Einzelfall, egal ob um unkritische Patienten zur ambulanten Versorgung oder um instabile intensivpflichtige Patienten geht.


    In Anbetracht des mangels an Hausärzten und der Krankenhauslandschaft (inkl. deren Umbau bzw. Finanzierung),wird es in den nächsten Jahren sicher immer öfters schwierig werden für Patienten ein Bett zu finden.

  • Auch im hiesigen Bereich ist es seit einigen Wochen deutlich schwieriger geworden, aufnahmebereite Krankenhäuser zu finden. War es zuvor schon nicht immer einfach, hat die Problematik nun noch einmal zugenommen. Meist läuft es darauf hinaus, dass nach mehreren erfolglosen Telefonaten schließlich doch das nächste, geeignete Haus angefahren wird. Interessanterweise kommt es aber selten dazu, dass die so zugewiesenen Patienten dann weiter verlegt werden. Das lässt zwei Möglichkeiten vermuten: entweder, man meldet schon vor der vollständigen Belegung der Betten das Haus für den Rettungsdienst ab, oder aber, die Krankenhäuser selbst haben ebenfalls große Probleme, die Patienten weiter zu verlegen, was wahrscheinlicher ist.
    Auch die Notaufnahmen sind völlig überlaufen, insbesondere mit Patienten, welche eigentlich keiner Behandlung in einer Notaufnahme bedürfen. Und die Wartezeiten bei der Patientenübergabe nehmen ebenfalls deutlich zu. Insgesamt eine unbefriedigende Situation, welche sich voraussichtlich noch weiter verschärfen wird, auch wenn sich manche Notaufnahmen größte Mühe geben, dem Rettungsdienst bzw. dessen Patienten gerecht zu werden.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Interessanterweise kommt es aber selten dazu, dass die so zugewiesenen Patienten dann weiter verlegt werden. Das lässt zwei Möglichkeiten vermuten: entweder, man meldet schon vor der vollständigen Belegung der Betten das Haus für den Rettungsdienst ab, oder aber, die Krankenhäuser selbst haben ebenfalls große Probleme, die Patienten weiter zu verlegen, was wahrscheinlicher ist.


    Letzteres....
    Am Ende gibt es dann immer mehr Gangbetten, elektive Patienten, welche nichtsdestotrotz dringend einer Behandlung bedürften, werden auf später verschoben, Patienten von ICU verlegt, denen das definitiv nicht gut und Patienten nach Hause entlassen, die den einen oder anderen Tag noch gut in der Klinik bleiben könnten..... Über die (daraus mit resultierende) Arbeitsbelastung des Personals schreibe ich lieber nichts, sonst müsste ich kotzen....

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Über die (daraus mit resultierende) Arbeitsbelastung des Personals schreibe ich lieber nichts, sonst müsste ich kotzen....


    :applaus:

    "Glück ists wenn man sich dort kratzen kann wos einen juckt" - L. Hirsch
    »Das Problem der Welt ist, dass intelligente Menschen voller Zweifel und Dumme voller Selbstvertrauen sind!« – Charles Bukowski

  • Auch bei uns kommt fast täglich das Fax, mit dem die Intensiv- und Beatmungsbetten im Klinikum der Zentralversorgung abgemeldet werden. Manchmal meldet sich sogar frecherweise die Notaufnahme ab, was grundsätzlich ja gar nicht möglich ist.
    Letzteres wird einfach ignoriert, bei tel. Rückfragen wird auf die gesetzliche Versorgungspflicht hingewiesen und damit ist für uns dieses Problem erledigt.
    Benötigt der Patient ein Intensivbett und es ist keines verfügbar, wird versucht auf die kleinere Klinik im Kreis oder auf Kliniken in den Nachbarkreisen auszuweichen, soweit der Zustand des Patienten die längere Anfahrt zulässt. Wenn dies nicht möglich ist wird die Kreisklinik angefahren, egal ob es denen passt oder nicht.
    Seltsam dabei ist, dass oftmals trotz abgemeldeter Intensivbetten NAW-Verlegungen aus den Nachbarkreisen akzeptiert werden (z.B. im Rahmen des Trauma-Netzwerks oder der Kardiologie).
    Interessant zu beobachten ist, dass das "große" Haus sehr viel schneller und öfters abmeldet als der kleinere Ableger. Dort wird eher versucht, durch hausinterne Verlegungen Platz zu schaffen, deshalb sind für uns die Abmeldungen dort einfach glaubhafter.


    Was wir definitiv nicht machen, ist ewig herum telefonieren. Nach drei Versuchen ist in der Regel Schluß, egal ob RTW oder Notarzteinsatz, dann wird das nächste für die (Erst-)Versorgung geeignete Krankenhaus angefahren. Einzige Ausnahme ist, wenn z.b. bei (neuro-)chirurgischen Notfällen mal kein OP frei ist, aber da findet sich im Umkreis eigentlich immer eine Alternative.

  • Bei uns gibt es eine klare Regelung, wenn alle Häuser in Stadtgebiet abgemeldet sind, ist das nächste Haus zur Aufnahme verpflichtet.
    Dann kam es durchaus sein, dass der Arzt im KH noch woanders was findet, wo ich dann eben hinfahre, aber erstmal habe ich einen zuständigen Ansprechpartner.
    Und es sind fast immer die gleichen Häuser, die trotz Anmeldung doch noch einen Platz finden.
    Und der Patient liegt anschließend nicht auf dem Gang.
    Und was intensiv angeht, da wird nie auf gut Glück gefahren, meine längste Erfahrung einer telefonischen bettensuche war ca. 20 Minuten.

  • Wird einfach zeit für einen flächendeckenden zentralen Bettennachweis, damit man sich diese ewige Telefoniererei spart...


    Das beginnt ja schon mit der exsikkierten Oma mit schlechtem AZ, die aber dummerweise auch noch MRSA hat... bis man da ein Bett gefunden hat... aber wenn man dann doch kommt gehts doch immer irgendwie.

  • Wird einfach zeit für einen flächendeckenden zentralen Bettennachweis, damit man sich diese ewige Telefoniererei spart...


    http://www.ivena-hessen.de/leitstellenansicht.php


    Die Leitstelle kann hier direkt das Bett abbuchen, die Klinik bekommt das anrückende Fahrzeug in ihrem Terminal angezeigt (muss man sich vorstellen wie die Anzeige am Flughafen).
    "Mein" Landkreis nimmt noch nicht teil, kommt aber wohl bald.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Seltsam dabei ist, dass oftmals trotz abgemeldeter Intensivbetten NAW-Verlegungen aus den Nachbarkreisen akzeptiert werden (z.B. im Rahmen des Trauma-Netzwerks oder der Kardiologie).


    Möglicherweise werden bei der Abmeldung schon vorher bekannte Verlegungen mit einbezogen. Deshalb gibts für die Verlegungen einen Intensivplatz trotz Abmeldung.
    Oftmals sind die Verlegungen ja zwischen den betreffenden Kliniken Stunden bzw Tage vorher schon ausgemacht.

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  • Funktioniert wahrscheinlich genauso zuverlässig oder eben nicht wie der lokale Bettennachweis einer einzelnen LS, nur halt überregionaler. Wenn die Klinik mal wirklich dazu kommt wird aktualisiert, ansonsten gibts Wichtigeres zu tun als wegen jedem Zugang bzw. jeder Verlegung irgendwo anzurufen bzw. irgendwas irgendwo einzugeben.

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  • Häufige Telefonate meinerseits:
    ...blablabla...
    "Herr Kollege, ich wollte nicht fragen ob ich kommen darf. Ich will ihnen nur mitteilen, dass ich kommen werde. Ich darf sie auf den §28 (3) Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg hinweisen. Wir treffen in ca. x Minuten ein."

    »Wenn das deutsche Volk nur aus den tumben Idioten bestünde, die Angst vor einer Überfremdung und dem Aussterben des deutschen Volkes haben, wäre es ein Segen für die Welt, wenn ihre Ängste berechtigt wären«

  • DÄ: OECD warnt vor Überkapazitäten im Krankenhaus


    Was stimmt nun? Zu viele KH und zu viele Betten in D, oder zu wenig?

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    James Elroy Flecker

  • Ist wohl eher die Frage, was für Bereiche betroffen sind?


    Und wenn Personalmangel dazu führt das der CA Betten sperrt auf der ITS, bringt es nix, wenn diese auf dem Papier dem KH zur Verfügung steht.


    EDIT: Damit meine ich nicht die Antwort zu haben. Nur vlt. einen Teil der Antwort.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.


  • http://www.ivena-hessen.de/leitstellenansicht.php


    Die Leitstelle kann hier direkt das Bett abbuchen, die Klinik bekommt das anrückende Fahrzeug in ihrem Terminal angezeigt (muss man sich vorstellen wie die Anzeige am Flughafen).
    "Mein" Landkreis nimmt noch nicht teil, kommt aber wohl bald.

    "Mein" Kreis ist dabei und ich muss sagen, aus meiner Sicht funktioniert es gut. Ich stand bisher noch nie im Krankenhaus und wurde abgelehnt. Und vor allem geht die Abfrage, wo man hin fahren darf schneller als vorher. Durch den Monitor in der ZNA, auf dem angezeigt wird, welcher RTW mit welchem Patienten und Symptomen wann kommt, sind die Übergaben einfacher geworden und man muss weniger warten, da das ZNA-Personal einen ja erwartet (bei uns zudem Alarmierung über Pager).
    Einzig die damit zusammen hängende neue Regel, dass Daten und Zahlen des Patienten vor dem Status 7 kommen müssen ist in stressigen Einsatzsituationen nervig...
    Da für jedermann ersichtlich ist, welche Abteilung welches KHs abgemeldet ist, kann man auch während dem Dienst schauen, was frei ist. Gerade das finde ich recht praktisch.

  • Ich kann IVENA auch nur hoch loben. HESSEN ist damit m.E. mal wieder Vorreiter. Gerade Frankfurt und drum herum, läuft dadurch Einiges deutlich BESSER.
    Klar hat auch diese System hier und da macken, aber durch den PatientenZuweisungsCode (PZC) vereinfacht sich der Ablauf um ein Vielfaches. Und das System optimiert sich ständig.


    Auch darf man nicht vergessen, dass das IVENA System das passende MANV-MODUL für das Frankfurter SOGRO System bereit hält. Darüber kann man den KHEP ALARM (Krankenhauseinsatzplan-ALARM) tätigen und somit die Kapazitäten der Krankenhäuser synchron zu den Rettungsarbeiten an einer Großschadenslage hochfahren.


    Sogar eine Region aus Bayern hat dies überzeugt https://www.ivena-muenchen.de/leitstellenansicht.php



    Wer mehr drüber erfahren will http://www.ivena.de/page.php?k1=main&k2=index


    Und ein Bericht über das IVENA/SOGRO MANV MODUL sieht man hier ab Minute 04:59 http://www.youtube.com/watch?v=R9dS3PEX8QY

  • HESSEN ist damit m.E. mal wieder Vorreiter.


    Richtig! Nur ist Hessen nicht so laut wie andere Bundesländer.
    Die Umsetzung der verschiedenen Konzepte (KatS, etc.) in der Fläche ist sicher nicht immer optimal, aber die Rahmenbedingungen, die das Land schafft, sind nicht zu verachten.

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  • Ist wohl eher die Frage, was für Bereiche betroffen sind?


    Und wenn Personalmangel dazu führt das der CA Betten sperrt auf der ITS, bringt es nix, wenn diese auf dem Papier dem KH zur Verfügung steht.


    EDIT: Damit meine ich nicht die Antwort zu haben. Nur vlt. einen Teil der Antwort.


    Da sich der Personalmangel durch alle Bereiche und Berufsgruppen des KH (Verwaltung ausgenommen) zieht, ist es letztendlich egal, wo was gesperrt wird. Mal gnaz davon abgesehen, dass ein Chefarzt nicht aus Jux und Tollerei irgendwelche Betten sperrt, da hat die Verwaltung auch noch ein Wörtchen mitzureden, ist es so, dass es Vorgaben und Regelungen dafür gibt, wie eine ICU oder IMC personell besetzt sein muss, um als ICU bzw. IMC anerkannt und durch die Krankenkassen bezahlt zu werden... Wo kein Personal, da keine Betten.



    EIn anderes Problem sind Fehlbelegungen, sprich Patienten, die entweder gar nicht in ein KH oder eine Notaufnahme müsste, dort aber trotzdem aufschlagen oder vom RD hingebracht werden, oder Patienten, die in der schwere (bzw. leichte) ihrer Erkrankungen nicht angepasste Krankenhäuser gebracht werden. Die oben erwähnte MRSA positive und ausgetrockneten Oma aus dem Pflegeheim hat in der (interdisziplinären) Notaufnahme eine (Supra)Maximalversorgers nichts zu suchen, landet aber leider trotzdem häufig dort und blockiert Ressourcen personeller und räumlicher Art, die für einen anderen Patienten dringender gebraucht würden.... Und darüber könnte auch im RD mal nachgedacht werden.
    (Und zudem sollte man auch nicht vergessen: Wenn der Patient dann wieder zurück in Pflegeheim soll, belegt er solange ein Bett im KH, bis der KTW kommt, um ihn abzuholen........)

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    James Elroy Flecker

    Einmal editiert, zuletzt von condorp4 ()