Wenn die Feuerwehr kommt, weil das Kind nicht schlafen kann

  • Ich habe gewisse Zweifel, dass die angestellten Rettungsassistenten Schuld daran sind. Ich habe zwei davon bei meinem DIVI Lehrgang in Berlin kennengelernt und eine weitere hatte zu meinem ehemaligen Arbeitgeber gewechselt. Keiner davon wirkte in seinen Geschichten besonders eingeschüchtert oder erzählte irgendwas, was die These stützen würde. Ich vermute hier eher eine schlechte Anpassung des Abfrageschemas und die Bindung der Disponenten an die Empfehlung des Schemas.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Bei einigen der aufgezählten Einsätze kann aber auch unter Umständen die Indikation für einen RTW Einsatz bestehen...

  • Bei einigen der aufgezählten Einsätze kann aber auch unter Umständen die Indikation für einen RTW Einsatz bestehen...

    Hätte, könnte wenn...... Dann fahren wir ja bald tatsächlich zu jedem raus, der sich nicht alleine traut pinkeln zu gehen oder zu jeder Erkältung. Könnte ja mehr sein. Sind einige Leute denn nicht mehr in der Lage Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen?

  • Sind einige Leute denn nicht mehr in der Lage Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen?


    Offen gesagt habe ich mich von der Idee schon lange verabschiedet...

  • Zitat

    "In der Leitstelle sitzen kaum noch richtig ausgebildete Feuerwehrleute, sondern angestellte Rettungssanitäter, die früher auf den Rettungswagen unterwegs waren und später zur Unterstützung in die Leitstelle geschickt wurden.


    Zitat

    "Wenn an den Disponenten-Plätzen Leute sitzen, die selbst lange auf der Straße waren und zahlreiche Einsätze erlebt und gemeistert haben, würde effizienter gearbeitet werden können, weil solche erfahrenen Mitarbeiter schon an Formulierungen und Details erkennen, ob es sich um einen echten Einsatzanlass oder um Unfug handelt",


    ich bin verwirrt


    wobei letzteres nicht immer besser ist...

  • Mein persönlicher Favorit letztes Jahr, war "Kind singt Weihnachtslieder". Wir durften leider abbrechen vor Erreichen des Einsatzortes. Das Jahr zuvor war es eine Aufgebrochene Tür....

  • Grade bei dieser Leitstelle ist es ein mix.
    1. im Dispo Kopf ist fest drin "es wird geschickt".
    2. hat der dispo wenig Lust auf Fragen die die Sache eingrenzen könnte
    3. kann SNAP nicht richtig arbeiten, wenn die einzigen Möglichkeiten am Schluss RTW oder RTW+NEF sind.




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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Mich würde interessieren, inwieweit die Disponenten sich da auch einfach rechtlich aus der Schussbahn ziehen wollen. Wenn man das so liest, brauchen viele logischerweise keinen Rettungswagen, aber wenn dann der eine Einsatz dabei ist, wo er doch nötig war, ist das Geschrei groß. Welche Absicherungen haben die Disponenten da seitens ihres Arbeitgebers, wenn sie gute Gründe vorweisen können, warum kein RTW verschickt wurde? Wird alles dokumentiert?


    Es ist immer leicht gesagt: "Können die Menschen denn keine Verantwortung mehr für ihr eigenes Leben übernehmen?" Die Erfahrung meines Bruders, Sozialarbeiter in Bremen, und meine Erfahrung im Rettungsdienst haben mir gezeigt, dass viele Menschen mit dem Leben einfach überfordert sind und das aus 1.000 Gründen. Klar kann man da leicht drüber urteilen, aber manchmal ist für die banalsten Dinge die 112 oder 110 der einzige Strohhalm. Selbst wenn die Einsätze noch so unnötig sind, kann ich zumindest vllt auf soziale Dienste hinweisen. Am Ende bleibt aber die Erkenntnis: Man kann sie nicht alle retten.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Auf meiner alten Leitstelle gab es viele Disponenten die einfach aus "Angst" vor Konsequenzen ein Auto geschickt haben auch wenn das Bauchgefühl und oft auch die objektive Betrachtung dies nicht gefordert hätten.


    Gerade bei "Notfällen" mit Kindern. Bestes Beispiel:
    Mutter ruft an. Kind hat Fieber und würde jetzt komisch zucken. Blau ist es aber nicht. Atmen tut es auch normal. Ja, Temperatur hat sie gemessen. 37,5°C rect und 37,0°C tymp .
    Aber dem Kind geht es ganz furchtbar schlecht.


    Was machst du da als Disponent? Klar, er hat versucht die Mutter zu beruhigen. Aber sie war sich sicher ihr Kind stirbt gleich.


    Also: Alarm NEF+RTW


    Ergebnis:
    Das Kind (3 Jahre) hat selber die Tür geöffnet und der einzige Notfall war wenn dann überhaupt die völlig überforderte Mutter.

    The reason I talk to myself is because I’m the only one whose answers I accept. George Carlin

  • Es gibt viele unnötige Einsätze? Isnichwahr.....

    Zitat

    "In der Leitstelle sitzen kaum noch richtig ausgebildete Feuerwehrleute, sondern angestellte Rettungssanitäter, die früher auf den Rettungswagen unterwegs waren und später zur Unterstützung in die Leitstelle geschickt wurden.


    Ähhh, ja. Bekanntermaßen sind die Feuerwehren ja die Triebfeder des RD in Deutschland. Da isses ja nur folgerichtig, dass auf keinen Fall irgendein Medizinfuzzi ans Telefon gehen darf.
    Mal im Ernst: Entweder ist da jemand nach Landesrecht qualifizierter Einsatzsachbearbeiter oder eben nicht.
    Angelernte Aushilfen als Disponent....?


    Zitat

    "Wenn an den Disponenten-Plätzen Leute sitzen, die selbst lange auf der Straße waren und zahlreiche Einsätze erlebt und gemeistert haben, würde effizienter gearbeitet werden können, weil solche erfahrenen Mitarbeiter schon an Formulierungen und Details erkennen, ob es sich um einen echten Einsatzanlass oder um Unfug handelt",


    Die Trefferquote erhöht sich sogar noch, wenn man am Leitstellentisch den Feuerwehrhelm trägt.


    Selten so einen inhomogenen Quatsch gelesen.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Zitat

    "In der Leitstelle sitzen kaum noch richtig ausgebildete Feuerwehrleute, sondern angestellte Rettungssanitäter, die früher auf den Rettungswagen unterwegs waren und später zur Unterstützung in die Leitstelle geschickt wurden.
    Ähhh, ja. Bekanntermaßen sind die Feuerwehren ja die Triebfeder des RD in Deutschland. Da isses ja nur folgerichtig, dass auf keinen Fall irgendein Medizinfuzzi ans Telefon gehen darf.
    Mal im Ernst: Entweder ist da jemand nach Landesrecht qualifizierter Einsatzsachbearbeiter oder eben nicht.
    Angelernte Aushilfen als Disponent....?


    Na ja, ich würde das jetzt nicht so dramatisieren.
    Der Bericht ist an diesen Stellen einfach inkonsistent. Vermutlich geht es eigentlich auch weniger um den Feuerwehrmann sondern um das ausgebildet sein an sich.
    Das der normale Schreiberling das nicht erkennen kann und will ist doch nun hinreichend bekannt, oder?

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  • In der Zeitung liest sich das immer so einfach aber am Telefon ist es dann doch nicht so einfach. Es wird oft alles sehr dramatisch gemeldet. Bei Nachfragen werden manche sogar richtig aggressiv. Mit der Presse/Anwalt wird regelmäßig gedroht. Ich habe letztes Jahr bei uns einen Fall erlebt, wo in der Presse alles völlig falsch geschildert wurde ohne Sinn und Verstand....

  • Das ist ja alles richtig. Aber Fakt ist, daß die Leitstellenmitarbeiter zu wenig ausgebildet und trainiert sind. Und da muß man ansetzen. Hinzu kommen natürlich die knallharten Zeitvorgaben mit Antanzen beim Chef, wenn sie überschritten sind. So werden genauere Differenzierungen natürlich schon im Keim erstickt. Und so lange der Leitstellenmitarbeiter der Altersruhsitz ehemaliger Rettungsdienstler ist, wird sich da auch von der inneren Einstellung nichts ändern.

  • ...
    Hinzu kommen natürlich die knallharten Zeitvorgaben mit Antanzen beim Chef, wenn sie überschritten sind. So werden genauere Differenzierungen natürlich schon im Keim erstickt.
    ...


    Jupp. Gab es in einem Nachbarkreis. Der Disponent hatte, sage und schreibe, ganze 45 Sekunden Zeit um zu reagieren. Dann musste der Anruf weitergeleitet sein z.B. an die Polizei oder eben der RTW rollen. Sollte man das nicht schafen ging automatisch eine Meldung an den Chef und es galt dort anzutanzen mit einer schriftlichen Stellungnahme. Nach einer Zeit häuften sich die Beschwerden aus der Bevölkerung, weil der Disponent natürlich pampig wurde, wenn nicht schnellstmöglich die Adresse angegeben wurde.
    Glücklicherweise hielt sich die Praxis nicht lang.

  • In Berlin sitzen Assistenten am "Hörer". Da sie MPDS nutzen, könnte auch ein ein IT Spezialist dort sitzen. MPDS bringt aber nicht viel wenn es nicht richtig genutzt wird.



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Beispiel aus dem gestrigen Dienst:


    Alarmierung "Krampfanfall in Behindertenwohnheim", N2 (NEF kommt mangels Kapazitäten aus 15km Entfernung)


    Wir kommen am Gebäude an, draußen steht eine Mitarbeiterin und erwartet uns. Kurz Hallo gesagt und gefragt ob der Patient denn noch Krampft.
    Sie: "Wie, was fürn Krampf? Der hat Fieber bekommen wegen nem Erysipel am Unterschenkel, ich hab am Telefon gesagt, dass er ein bekannter Epileptiker ist und ich Angst habe, dass er wegen den Fieberschüben zu Krampfen anfängt..."


    Ohne Patientenkontakt zum Funkhörer gegrifffen, NEF abbestellt.


    So braucht man sich nicht wundern, dass es (an diesem Tag) zu 18 Einsätzen in 24h kommt (keine Stadtrettung!!).

  • Das scheint ein Klassiker zu sein. Bin auch schon als Notarzt zu einem wörtlich "drohenden Fieberkrampf" gerufen worden. Mir kann keiner erzählen, daß der Disponent da drüber nachgedacht hat. Der Patient war ein 25jähriger Trisomie 21-Patient mit einer schweren Grippe und einer Körpertemperatur von 40°C. Als Kind hat er wohl Fieberkrämpfe gehabt.

  • ich bin verwirrt


    wobei letzteres nicht immer besser ist...

    Wenn gut ausgebildete und erfahrende Kollegen, die im Leitstellendienst eingesetzt werden sollen und dafür geeignet sind, nicht immer die beste Lösung sind, welche personenbezogene Lösung wäre denn die bessere?


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.


  • Jupp. Gab es in einem Nachbarkreis. Der Disponent hatte, sage und schreibe, ganze 45 Sekunden Zeit um zu reagieren. Dann musste der Anruf weitergeleitet sein z.B. an die Polizei oder eben der RTW rollen. Sollte man das nicht schafen ging automatisch eine Meldung an den Chef und es galt dort anzutanzen mit einer schriftlichen Stellungnahme. Nach einer Zeit häuften sich die Beschwerden aus der Bevölkerung, weil der Disponent natürlich pampig wurde, wenn nicht schnellstmöglich die Adresse angegeben wurde.
    Glücklicherweise hielt sich die Praxis nicht lang.

    Das ist krass! Welchen Grund gab es für eine solche Vorgabe? Hilfsfristen einhalten (Notrufeingang = Beginn der Hilfsfrist = schneller abfragen = RTW ist schneller da; wird ja je nach LRettDG immer etwas anders definiert)? Oder Stellenschlüssel + Arbeitsaufkommen = Personal sparen?


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.