Polizei warnt vor unberechtigter Medikamentenbeschaffung durch falsche Rettungsassistentin/Notärztin

  • Das Polizeipräsidium Offenburg warnt in einem Schreiben an die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände sowie an die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker, welches Rettungsfachpersonal.de vorliegt, vor der unberechtigten Medikamentenbeschaffung durch eine 22-Jährige, welche sich wiederholt bundesweit bei Apotheken, Krankenhausapotheken und Ärzten als Rettungsassistentin, Notärztin oder Ehefrau eines Arztes ausgegeben und versucht hat, dort an die Medikamente Midazolam, Propofol und Ketamin zu gelangen. Hierzu täuschte die junge Frau eine aktuelle Notfallsituation vor und gab dabei meist an, die Medikamente dringend für einen Krankentransport zu benötigen.


    Laut Warnmeldung der Polizei verfügt die 22-Jährige über medizinisches Halbwissen und zeigt sich bei der Erlangung von Medikamenten gegenüber dem Apothekenpersonal als redegewandt und ideenreich. Zur Glaubhaftmachung ihrer Legitimation trägt die Frau meist Arzt- oder Rettungsdienstkleidung; die Rechnungsbegleichung erfolgt in den überwiegenden Fällen als Barzahlung.


    Bei der Abholung der Medikamente trat bislang auch eine zweite weibliche Person unter Vorlage einer handschriftlichen angeblichen Legitimation bzw. Bestellliste der Beschuldigten bzw. des von der Beschuldigten genannten Ehemanns auf.
    Bislang trat die Frau nachweislich überwiegend in verschiedenen Städten in Baden-Württemberg, aber auch in Gießen, Hungen, Nidda, Hennef (Sieg) und Norderstedt in Erscheinung.


    Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden führt inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung, Urkundenfälschung, Betrug sowie dem Handel und Besitz von Betäubungsmittel gegen die 22-Jährige; die Polizei geht davon aus, dass sie ihre Betrugsmasche auch weiterhin praktiziert.
    Die so erlangten Hypnotika wurden laut Warnmeldung in großem Umfang weiteren Personen intravenös verabreicht, wobei es bereits mehrfach zu Reanimationssituationen gekommen ist.

  • Die so erlangten Hypnotika wurden laut Warnmeldung in großem Umfang weiteren Personen intravenös verabreicht, wobei es bereits mehrfach zu Reanimationssituationen gekommen ist.


    Betraf das dann Junkies?

  • Zitat

    Wie kann eine Apotheke denn ohne Vorlage eines Rezeptes oder eines Arztausweises verschreibungspflichtige Medikamente rausgeben? Die ganze Story klingt sehr absurd.


    Nicht wirklich - das passiert so, wie alte Menschen zigtausende Euro unbekannten Personen für ihre angeblichen Enkel mitgeben: sie lassen sich überreden, für den Notfall eine Ausnahme zu machen.

  • Ich habe das Schreiben auch erhalten, bin aber der Meinung, dass es ein Hoax ist. Zumindest konnte ich von keiner der genannten Quellen eine Pressemitteilung finden, welche die Existenz eines solchen Falls bestätigt.
    Oder hat jemand einen offiziellen Link, der diese Meldung verifiziert?


    Anbei das angebliche Schreiben der Landesapothekenkammer Brandenburg. Im Rahmen der heutigen technischen Möglichkeiten pdf etc. zu erstellen ist allein schon die Aufmachung des Schreibens verdächtig...

  • Falls das Schreiben echt ist, sollte jemand der Kammer jedenfalls sagen, dass sie sich zur Schweigepflicht bzw. Offenbarungsbefugnis nochmal informieren müssen.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Nicht wirklich - das passiert so, wie alte Menschen zigtausende Euro unbekannten Personen für ihre angeblichen Enkel mitgeben: sie lassen sich überreden, für den Notfall eine Ausnahme zu machen.


    Ja, da sind die Opfer aber meist (beginnend) dement und kennen sich in der Materie nicht aus. Dem gemeinen Apotheker/PTA unterstelle ich jetzt mal, dass er firm ist in seinem Metier und weiß was er da tut, wenn er solche Medikamente rausgibt. Es geht ja nicht nur um ne Packung 600er Ibuprofen. Ich halte das nicht für realistisch, besonders nicht in mehreren Fällen.

  • Unsere Meldung bezog sich auf die Warnmeldung der Polizei an die Apothekerverbände, welche uns vorliegt. Hinzu kommt, dass die Notaufnahme des hiesigen Krankenhauses ebenfalls darüber informiert wurde, da die Beschuldigte bereits auch hier in Erscheinung trat.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Schwierig, schwierig.
    Bei einem entsprechendem schauspielerischem Talent und entsprechender Dramatik halte ich das schon für möglich. Die Frage ist nur was sie mit dem Zeug will. Auch stelle ich mir vor, dass nicht jede Apotheke Propofol, Ketanest und Co vorrätig hat.

  • Kleine Ergänzung: Die Vorlage eines Arztausweises reicht mittlerweile nicht mehr aus um rezeptpflichtige Medikamente in der Apotheke zu kaufen, auch ein Arzt muss dazu(für sich selbst) ein Rezept ausstellen.

  • Na ja, aber da wird man dann schon sinnigerweise eher bei Krankenhausapotheken vorstellig werden. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Sicherheitsmaßnahmen nicht bei jeder Krankenhausapotheke so stark ausgeprägt sind, wie sie sein sollten... Hier halte auch ich mich dann mit Details zurück. ;)


    Erinnert mich an einen Fall aus einem benachbarten Rettungsdienstbereich, in dem ich als Aushilfe fahre, bei dem durch einen Rettungssanitäter privat eine Gabe von einigen der o.g. Medikamente an "Freunde" erfolgte - leider Gottes nicht mit der danach notwendigen Fürsorgepflicht, sodass eine "Freundin" alleine in einem Privat-PKW mit anhängender Infusion gefunden wurde und hiernach die Polizei eingeschaltet wurde... Leider weiß ich nicht, was insgesamt daraus geworden ist zwischenzeitlich.

  • Dem gemeinen Apotheker/PTA unterstelle ich jetzt mal, dass er firm ist in seinem Metier und weiß was er da tut, wenn er solche Medikamente rausgibt.

    Ich hatte im Rahmen eines leichten bis mässigen Krupp-Anfalls bei meiner Tochter auch einmal versucht, in einer Notdienstapotheke (die auch meine Dorf-Hausapotheke ist, d.h. man kennt mich) in den Abendstunden Rectodelt Zäpfchen zu bekommen. Vergeblich natürlich! Auch das ich vom Fach bin, die Vorlage meiner Berufsurkunden angeboten habe, hat nicht geholfen (was ich auch irgendwie nachvollziehen kann). Letztendlich musste ich den ärztlichen Notdienst rufen, der auch recht schnell nach ca. 45min gekommen ist (Rettungsdienst empfand als zu übertrieben). Aber: Er hat meine Tochter (damals knapp 3 Jahre alt) noch nicht einmal untersucht, ist ihr nicht näher als 2m gekommen. Es hatte den Anschein, als ob er Angst vor meiner Tochter hatte. "Kann man nichts machen, da muss ich ihre Tochter ins Krankenhaus einweisen", waren seine Worte. Ein Seufzen von mir, na dann halt ab die Post. Im örtlichen Dorf-Krankenhaus, was Gott sei Dank ein Schwerpunktversorger mit Kinderklinik ist, fragte die diensthabene Kinderärztin, ob das tatsächlich ernst gemeint war, als ich ihr die Geschichte erzählte. Nun ja, es gab ein wenig Adrenalin auf die Nase und ein Rectodelt Zäpfchen ins Hintertürchen (warum gerade ich mit dem dicksten Finger von allen, Mutter und Ärztin, meiner armen Tochter das Zäpfchen geben musste...) und nach 45-60min war alles wieder gut und es ging wieder ab nach Hause.


    Was habe ich daraus gelernt? Das ich zu meiner kleinen Notfalltasche (Beatmungsbeutel, Absaugpumpe, LT, Infusion, Verbandstoffe) nun auch im Kühlschrank eine kleine Notfallapotheke vorhalte. Nix aufregendes, aber bei einem weiterem Krupp, bei meinem Sohn, und einer allergischen Reaktion bei meiner Tochter, hat es schon geholfen.


    Daher, wie Bodo sagt, denke ich auch, dass ein Apotheker/PTA weiß, was sie tut und darf und was nicht. Ich bin der Apotheke deswegen noch nicht einmal böse.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.


  • Kleine Ergänzung: Die Vorlage eines Arztausweises reicht mittlerweile nicht mehr aus um rezeptpflichtige Medikamente in der Apotheke zu kaufen, auch ein Arzt muss dazu(für sich selbst) ein Rezept ausstellen.



    Das ist nicht (mehr) richtig und macht(e) auch überhaupt keinen Sinn, da ein solches Rezept (es wäre ja dann ein blaues P Rezept) dann auch nicht in der Apotheke verbleibt sondern dem Arzt wieder mitgegeben wird. Ich schreibe mir nur dann Rezepte wenn ich das einrichten will, weil die Abrechnung dann einfacher ist als nur mit der Rechnung.


    Ausnahmen hiervon bilden die Betäubungsmittel, die nur mit entsprechenden Verordnungsvordrucken zu beziehen sind, da die Apotheke diese für Ihre BtM Doku benötigen.


    Aber bisher habe ich nichts von BtM in diesem Fall gelesen.

  • Ich habe das Schreiben auch erhalten, bin aber der Meinung, dass es ein Hoax ist.


    Zumindest sind die Angaben plausibel: nach der Neustrukturierung in BaWü sind die K4 der Kriminaldirektionen für Btm- und ggf. schwere Arzneimittelkriminalität zuständig, und die pol. Az. haben den genannten Aufbau.


    Falls das Schreiben echt ist, sollte jemand der Kammer jedenfalls sagen, dass sie sich zur Schweigepflicht bzw. Offenbarungsbefugnis nochmal informieren müssen.


    Wieso? Ich halte die Darstellung für nachvollziehbar; eine Offenbarungsbefugnis zur Abwehr von Gefährdungen erscheint mir im Rahmen einer Güterabwägung vertretbar.


    (Mal ganz davon abgesehen dass Apotheken bspw. bei Rezeptfälschungen o.ä. regelhaft die Polizei verständigen - Schweigepflicht be damned :))