Zugunglück in Oberbayern

  • Katastrophenschutz kann auch mit von den Ländern wahrgenommen werden. Wir haben deutschlandweit 30 landeseigene, d.h. staatliche Universitätsklinika. Mit einem großen Potential an Fachkräften aus dem öffentlichen Dienst. Man könnte die Transportkapazitäten durch die Bundeswehr stellen und an den Standorten Katschutz-Alarmgruppen (Anästhesisten und Intensivmediziner mit Notarztschein, sowie Fachkrankenpfleger Anästhesie/Intensivmedizin) etablieren, so dass man das Personal nicht extra bei der Bundeswehr beschäftigen muss. Das ist alles Personal der Bundesländer, welches bereits vorhanden ist.
    Also eine Kooperation zwischen Bundeswehr und den Bundesländern.


    Ein ähnliches Konzept gibt es in der Stadt und Region Hannover, wo vier Maximal- bzw. Schwerpunktversorger als EVK (Erstversorgungskrankenhaus) definiert wurden. Diese sollen bei einem MANV mit mehr als 200 verletzten Personen diese versorgen, eine sekundäre Transportleitung kümmert sich um die landesweite Verteilung. Überörtliche Feuerwehrbereitschaften, BHP-50 und Dekoneinheiten werden als Klinikunterstützungsgruppen alarmiert. Neben der LNA-, E-LNA-Gruppe gibt es noch die ÄUG (Ärztliche Unterstützungsgruppe, niedergelassene Ärzte die die Erstversorgungs-Krankenhäuser verstärken sollen). Dann noch die interen Alarmpläne aller KH.


    Als Erstversorger wurden hier benannt:


    - Medizinische Hochschule Hannover (200 Patienten)
    - Nordstadt-Krankenhaus (120 Patienten)
    - Friederikenstift Hannover Humboltstr. (80 Patienten)
    - Henriettenstift Hannover Marienstr. (80 Patienten)


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Willst du solche Infos wirklich so öffentlich posten?

  • Hi!

    Willst du solche Infos wirklich so öffentlich posten?

    Scheint nix Geheimes zu sein, wenn ich kurz suche, finde ich sogar noch nen Lageplan usw.. . 8-)
    Grüße

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • Was soll da so geheim sein? Und tatsächlich, es wurde schon öfters publiziert sowie in der Masse ausgebildet. Ich denke, dass andere Konzepte oder technische/taktische Details brisanter sind (Amok/Terrorkonzepte, Kommunikationstechnik, usw.). Da passe ich i.d.R. schon auf.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die Zahl der Todesopfer stieg trauriger Weise auf 11 Personen. Bim Toten handelt es sich um einen Lokführer der BOB, der sich auf einer Zubringerfahrt nach Rosenheim befand. Dort sollte er seinen Dienst auf einem weiteren Meridian aufnehmen.


    Das Opfer war ein langjähriger Kollege des BRK im Landkreis München und war auch als ehrenamtlicher Helfer in der Feuerwehr seines Heimatortes aktiv.


    Ruhe in Frieden, Jürgen. :-(


    Link 1


    Link 2



  • Ein Blick in den aktuellen Bericht des Wehrbeauftragten hilft und die aktuelle Leistungsfähigkeit des Sanitätsdienstes der Bundeswehr zu beurteilen. Die Sanitätsregimenter schaffen es derzeit genau 0, in Worten: NULL, Rettungsassistenten für Auslandseinsätze zu stellen. "Sanitätsstaffeln Einsatz", welche in der breiten Masse die Rettungsstationen stellen, haben durchschnittliche Tagesantrittsstärken von 40 - 60%.
    Kurz: Der Sanitätsdienst der Bundeswehr ist derzeit keine Option mit der ich rechnen würde.

    Alle getätigten Aussagen stellen meine private Meinung dar und stehen in keinem Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit.

  • Aber man hat einfach mal gemacht. Und teilweise hinterher sogar noch Vorschriften zurechtgeboten um die angefallenen Kosten klein zu halten.


    "Einfach mal machen" war das nicht. Die Bundeswehr kennt das Prinzip der "dringenden Nothilfe". Dabei kann jede Privatperson oder Behörde bei einer Kaserne klingeln und um Hilfe bitten. Der jeweilige Kommandeur entscheidet dann selbst über die Erfordernis und die zu ergreifenden Maßnahmen. Bei Zustimmung oder Ablehnung des Gesuchs muss intern die Meldung über ein sogenanntes "Besonderes Vorkommnis" abgesetzt werden.


    Die Bundeswehr definiert das wie folgt:


    Zitat

    Dringende Nothilfe ist als Hilfeleistung weniger Bundeswehrangehöriger, gegebenenfalls mit Fahrzeugen, Luftfahrzeugen,Wasserfahrzeugen und Geräten, z. B. zur Rettung von Men schenleben oder zur Vermeidung schwerer gesundheitlicher Schäden sowie erheblicher Beeinträchtigungen der Umwelt oderdes Verlustes von für die Allgemeinheit wertvollem Material, in soweit und solange zulässig, als geeignete zivile Hilfskräfte und geeignetes Material der zuständigen Behörden oder Hilfsorganiationen nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen.

    Quelle ist das Verteidigungsamtsblatt von 2008. Dort sind auch die Regelungen zur Kostenerstattung dargelegt. Interessanterweise sind auch (ab Seite 16) die jeweiligen Kostensätze aufgeführt - vom Zweimannzelt bis zum U-Boot ist alles dabei. Prinzipiell sollen Einsätze im Rahmen der Not- oder Katastrophenhilfe immer berechnet werden (es sei denn, der Anforderer ist eine Bundesbehörde), diese Abrechnung findet allerdings aus Kulanz der Bundeswehr nicht statt (noch nie erfolgt). Hier mussten also keine Vorschriften verbogen werden.


    Viele Grüße



    Münchner82

  • Kleine Anekdote die ich mir nicht verkneifen kann:


    Dringender sek. Transport eines Pat. Lange Strecke, viele Gerätschaften und in Bawü kein ITW frei, Wetter nicht so gut. DRF fliegt nicht, Rega auch nicht, Franzosen sind unterwegs nach Paris.... Anruf bei der Bundeswehr und die Antwort:
    Das Wetter ist schlecht und nix wird zu euch kommen, aber wir kommen trotzdem :D und sie kamen mit ihrem Hubi.

  • "Einfach mal machen" war das nicht. Die Bundeswehr kennt das Prinzip der "dringenden Nothilfe". Dabei kann jede Privatperson oder Behörde bei einer Kaserne klingeln und um Hilfe bitten. Der jeweilige Kommandeur entscheidet dann selbst über die Erfordernis und die zu ergreifenden Maßnahmen. Bei Zustimmung oder Ablehnung des Gesuchs muss intern die Meldung über ein sogenanntes "Besonderes Vorkommnis" abgesetzt werden.


    Bei beispielsweise den zurückliegenden Hochwassern dürfte es über das Klingeln am Kasernentor hinausgegangen sein. Und wenige Bundeswehrangehörige waren das auch nicht.
    Vielen Dank für die Definition, die kannte ich so noch nicht.


    Was die Stellung von Rechnungen angeht:
    Mir ist ein Fall aus Süddeutschland bekannt in dem im Rahmen eines Waldbrandes massiv militärische Hubschrauber eingesetzt wurden. Sämtliche Einsätze wurden später als Ausbildungsflüge deklariert um eine astronomisch hohe Rechnung zu vermeiden. Darüber wurden sich im Vorwege keine Gedanken, man hat lageadapiert gehandelt, also in meinen Augen "einfach gemacht". Allerdings muss ich zugeben, dass ich keine Kenntnis über den damaligen "Auftraggeber" habe.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Zitat

    Kleine Anekdote die ich mir nicht verkneifen kann:


    Dringender sek. Transport eines Pat. Lange Strecke, viele Gerätschaften und in Bawü kein ITW frei, Wetter nicht so gut. DRF fliegt nicht, Rega auch nicht, Franzosen sind unterwegs nach Paris.... Anruf bei der Bundeswehr und die Antwort:
    Das Wetter ist schlecht und nix wird zu euch kommen, aber wir kommen trotzdem :D und sie kamen mit ihrem Hubi.


    Wann war das? Noch mit dem Teppichklopfer?

    "...Was Sie brauchen haben Sie und was Sie nicht haben brauchen Sie auch nicht.."

  • Hochwasser ist ja auch Katastrophen- und keine Nothilfe, von der Vorschrift her :-)


    Wenn die Katastrophenhilfe fällig wird, läuft ohnehin ein anderes Programm am. Nach der Erklärung des Katastrophenfalles formieren sich die aus Reservisten bestehenden Kreis- bzw. Bezirksverbindungskommandos (BVK/KVK). Diese bilden als "Fachberater Bundeswehr" das Bindglied zwischen der anfordernden Stelle (Kreis-/Bezirksregierung) und dem jeweiligen Landeskommando, welches die Kräfte der Bundeswehr (unter-)stellt. Die Reservisten der BVK/KVK-Organisation kümmern sich im "Friedensbetrieb" um entsprechendes Networking zu den KatS-Strukturen und sind oft auch als Übungsbeobachter zu sehen (zumindest bei uns).


  • Wann war das? Noch mit dem Teppichklopfer?


    Der Teppichklopfer war erst im letzten Sommer erstes Rettungsmittel im Flächenlandkreis. Auch wenn Münster von langen Vorlaufzeiten spricht sind die immer ruck zuck in der Luft!

    :rtw: "Rettungsdienst" sind die Typen, die zu einem kommen, wenn man etwas getan hat, wofür man eigentlich zu dämlich ist. :rtw:

  • Soeben fand die PK der StA Traunstein zum Unfall statt. Hier wurde deutlich, dass der Fahrdienstleiter aus Bad Aibling wohl durch fahrlässiges Handeln das Unglück herbeigeführt hat. Laut Vernehmung des entsprechend Beschuldigten hat sich verdeutlicht, dass das Unglück "wenn der FDL regelkonform gehandelt hätte, nicht stattgefunden hätte", so der Leiter der StA Traunstein. "Es sei ein Sondersignal (intern als "ZS 1" bezeichnet, welches normalerweise nur bei Signalstörungen zur Anwendung kommt) gegeben worden, welches nicht hätte gegeben werden dürfen". Das Zusatzsignal wurde an den verspäteten Zug aus Holzkirchen, der Richtung Rosenheim fuhr (3-4 Minuten verspätetet) gegeben. Es handelt sich bei der Tat um ein "furchtbares Einzelversagen in dieser Situation".


    Am Samstag soll es Vergleichsfahrten geben, um die Daten der Blackboxen mit denen eines funktionierenden Zugbetriebes vergleichen zu können. Zudem läuft derzeit eine Rekonstruktion, um einen Zeitstrahl erstellen zu können, wann welches Ereignis wo stattgefunden hat. Funkverkehr, Zug 1, Zug 2, Leitstelle, Stellwerksdaten usw. müssen, da sie jeweils einen eigenen Zeitstempel haben, erstmal zusammengetragen werden.


    Es gab ebenfalls im Vorfeld des Unglücks noch zwei Notrufe, die jeweils an die Züge auf der Strecke abgegeben wurden. Derzeit werden gegen den FDL Ermittlungen wegen fahrlässiger KV und fahrlässiger Tötung geführt. Ein Tatvorsatz wird ausgeschlossen. Eine Untersuchungshaft ist nicht angeordnet worden, der Beschuldigte aber seitens seiner Verteidiger "an einen sicheren Ort" verbracht worden.


    Wann die Strecke wieder freigegeben werden kann, steht nach wie vor leider noch nicht fest.


    Quelle: Mitschrift meinerseits von der PK der StA Traunstein

  • Vielleicht gibt es hier ja jemanden, der sich mit der Tätigkeit des Fahrdienstleiters auskennt. Ich finde das deswegen interessant, weil er ja quasi ein "Lotse" für Züge ist, also im Grunde das macht, was ich auch mache. Nur eben in 2D und auf Schienen, von denen man nicht so einfach weg kann:


    In der Flugsicherung haben wir viele Sicherheitssysteme, die Anschlagen, wenn wir als Menschen mal Fehler machen. Es gibt LTCA, MTCA, STCA (Long-, Middle -, Short-Term-Conflict-Alert). Je nach Art des Sekors werden verschiedene Systeme genutzt. In den oberen Lufträumen, quasi den Reisefluglufträumen arbeitet man mit LTCA. Über eine ziemlich gute Trajektorie kennt das System die Route, das Leistungsprofil, natürlich die aktuelle, aber auch die im Autopiloten eingedrehte Höhe, sowie die Geschwindigkeit. Auch Wetter wird in die Berechnung mit einbezogen. Und so kann das System mir schon bevor ich beide Flugzeuge auf der Frequenz habe, recht zuverlässig sagen, wo es klemmt. Ich kann das System auch 'fragen', wie es denn aussehen würde, wenn ich den Flieger diverse Anweisungen geben würde (rechts links, hoch runter, langsam schnell). Diese Systeme sind natürlich nicht perfekt, aber dafür sitzt der Lotse dann ja auch noch da. Im Anflugbereich, wo alles sehr eng beinander ist, gibt es einen STCA, der als erst 'kurz vorher' alarmiert. Die Flieger befinden sich meist alle auf freien Steuerkursen und in sehr variablen Höhen. Das System hat also keinerlei Berechnungsgrundlage und diese ändert sich auch sekündlich, weil die Flieger recht starke Kurven fliegen, und zügig Höhe abbauen und aufbauen. Hier guckt das System eher in einem 20-30 Sekunden Radius oder sogar noch weniger und ist eher so ein 'in letzter Sekunde' Tool. Es wird erst mit einem gelben Alarm gewarnt, dass wenn die Parameter so bleiben, es gleich zu eng wird. Wird es dann rot, in die Staffelung unterschritten. Es verhindert aber im Zweifel zuverlässig einen Zusammenstoß. Es war das System, was in Überlingen abgeschaltet war. Deswegen hat der Lotse von dem Konflikt nichts mitbekommen. Hinzu kommen da aber noch andere Themen (wie TCAS), die hier nicht hingehören.


    Warum schreibe ich das alles?


    Nun, wie erklärt, gibt es Systeme die auch tatsächlich verwendet und erprobt sind, die in einem 3D-Raum (wenn man die Zeit mit hinzunimmt, bzw. den Geschwindigkeitsvektor sogar 4D) zuverlässig und langfristig vor Gefahren warnen und diese erkennen.


    Nun reden wir bei dem Unglück nicht von einem komplexen Schienennetz, wie an Hbfs, wo ich mich immer wieder Frage, wie da eigentlich so wenig passieren kann. Wir reden von einer einzigen Schiene. Richtigerweise hat der eine Zug rot und der andere grün gekriegt. Nun kann man ein solches Rotsignal überbrücken. Das ist immer dann notwendig, wenn es z.B. zu einer Signalstörung kommt. So kann der FDL diese Störung überbrücken und dem Zug trotzdem ein 'Go!' geben. Aber wie kann es passieren, dass ein System es nicht blockiert, einen Zug auf ein belegten Blockabschnitt zu lassen? Wie kann es sein, dass es nicht einen deutlichen Hinweis von der Technik gibt, der anzeigt, dass dem ein Zug entgegen kommt und ob er das Signal wirklich überbrücken möchte.


    Man redet davon, Züge fernzusteuern und Lokführer abzuschaffen. In kleinerem Stil gibt es das sogar schon. Und dann kann ich es nicht verstehen, wie es noch Systeme geben kann, die solche sich anbahnenden Konflikte nicht erkennt und entweder seltbständig reagiert oder zumidest aggresiv alarmiert.


    Ich kenne mich mit dieser Thematik leider nicht aus. Aber vielleicht gibt es hier einen Bahninteressierten, der mir eine Antwort geben kann.


    LG,
    Hauke

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

    Einmal editiert, zuletzt von Hauke ()

  • Der große Unterschied ist: Dein System weiß wo sich welcher Flieger befindet. Das wissen die "billigen" Standardsysteme im Bahnverkehr nicht (nicht falsch verstehen, es gibt entsprechende Systeme, sie sind nur nicht flächendeckend verbaut).
    Die bestehenden Systeme sind -laut Aussage eines befreundeten DBlers- relativ fehleranfällig im Sinne des falsch-positiven Fehlers, es kommt also immer wieder vor, dass Systeme Abschnitte als belegt gelten obwohl sie es nicht sind. Dies führt wohl zu "Abnutzungserscheinungen" beim Personal.
    Ich würde fast davon ausgehen, dass diese Problematiken auch hier ursächlich waren.

  • Der große Unterschied ist: Dein System weiß wo sich welcher Flieger befindet. Das wissen die "billigen" Standardsysteme im Bahnverkehr nicht (nicht falsch verstehen, es gibt entsprechende Systeme, sie sind nur nicht flächendeckend verbaut).
    Die bestehenden Systeme sind -laut Aussage eines befreundeten DBlers- relativ fehleranfällig im Sinne des falsch-positiven Fehlers, es kommt also immer wieder vor, dass Systeme Abschnitte als belegt gelten obwohl sie es nicht sind. Dies führt wohl zu "Abnutzungserscheinungen" beim Personal.
    Ich würde fast davon ausgehen, dass diese Problematiken auch hier ursächlich waren.


    Danke für deine Antwort. So etwas in der Art gab es in der Anfangsphase des STCA auch, da er sehr viele Vor-Alarme gegeben hat und man erst nach und nach das System verfeinern musste. Noch heute sind 99% der Alarme unbedgründet, aber eben nicht mehr so oft am Tag. Aber die Abstumpfungsgefahr erkenne ich da auch.


    Sollte sich das so bestätigen, und die Systeme werden auf den neuesten Stand gebracht, wäre es wieder schade, dass erst eine Katastrophe geschehen musste. Ich nehme nämlich mal an, dass die FDL solche Bedenken ("Irgendwann passierts") geäußert haben

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Für mein Verständnis hätte hier ein klares kommunizieren von "red rules" schlimmeres verhindern können. Eine schwammige Sicherheitskultur wird so mal wieder einem Einzelnen zur Last gelegt. Schade.

    Laut Vernehmung des entsprechend Beschuldigten hat sich verdeutlicht, dass das Unglück "wenn der FDL regelkonform gehandelt hätte, nicht stattgefunden hätte", so der Leiter der StA Traunstein. "Es sei ein Sondersignal (intern als "ZS 1" bezeichnet, welches normalerweise nur bei Signalstörungen zur Anwendung kommt) gegeben worden, welches nicht hätte gegeben werden dürfen". Das Zusatzsignal wurde an den verspäteten Zug aus Holzkirchen, der Richtung Rosenheim fuhr (3-4 Minuten verspätetet) gegeben. Es handelt sich bei der Tat um ein "furchtbares Einzelversagen in dieser Situation".

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Für mein Verständnis hätte hier ein klares kommunizieren von "red rules" schlimmeres verhindern können.

    Es gibt "Red Rules" in diesem Bereich. Nämlich Richtlinien, wann ein ZS 1-Signal gegeben werden darf.


    Zitat:
    Das Signal Zs 1 wird immer dann gegeben, wenn ein Hauptsignal keinen regulären Fahrtbegriff anzeigen kann. Die Technik (d.h. das Stellwerk) verhindert also, daß eine Zugfahrt stattfinden kann. Um bei Störungen dennoch den Betrieb weiterführen zu können, sichert der Stellwerker den Fahrweg von Hand und erlaubt dem Lokführer, am Halt zeigenden oder gestörten Hauptsignal vorbeizufahren. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn

    • an diesem Signal eine Lampe defekt ist,
    • eine Weiche keine Rückmeldung gibt, aber anders gesichert ist,
    • eine Störung an den Streckenblockeinrichtungen vorliegt (Kabel defekt),
    • ein tatsächlich freies Gleis als besetzt angezeigt wird,
    • für den Fahrweg gar keine reguläre gesicherte Fahrstraße vorhanden ist.

    Für den Lokführer bedeutet das, daß der Fahrweg durch den Fahrdienstleiter auf Freisein geprüft ist, die Weichen in der richtigen (nicht unbedingt geraden!) Stellung liegen und eine eventuelle Blockstrecke frei ist. Bei Einfahr- und Zwischensignalen ist die Geschwindigkeit bis zum Halteplatz bzw. dem nächsten Signal auf 40 km/h beschränkt, bei Ausfahrsignalen gelten die 40 km/h nur im nachfolgenden Weichenbereich.


    Das Signal Zs 1 wird mit einer zähl- und begründungspflichtigen Bedienhandlung angeschaltet und geht nach ca. 90 Sekunden wieder aus. Es darf angeschaltet werden, wenn der Zug sich dem Signal nähert. Erlischt es, bevor der Zug daran vorbeigefahren ist, so muß der Lokführer auf Sicht weiterfahren.


    Wenn das also nicht klar kommuniziert ist, weiß ich auch nicht.

  • Ich glaube, wir missverstehen uns.


    Das es regeln gibt, ist klar. Die gibt es überall. Dennoch sit auch bekannt, dass ja Regeln nicht immer zu 100% beachtet werden, und das Teilweise durchaus von den Chefs akzeptiert oder gar erwartet wird. Formal: "Ist ne Regel, musst du dich dran halten". Praktisch: "Wird oft missachtet, interessiert keinen".
    Da fällt bestimmt jedem was ein aus seinem Bereich.


    Wenn ich richtig informiert bin, ist es üblich, dass FDL Zs 1 nutzen, um den Betrieb bei Verspätungen zu beschleunigen. Das war keine Einzelaktion von dem einen FDL, sondern soll öfter vorkommen. Ergo, die Führung toleriert das, auch wenn es deine zitierten Regeln nicht hergeben. Nun hat das missachten dieser Regel zu einem schrecklichen Unfall geführt. Und nun soll ein einzelner Schuld sein.


    Eine Red-Light-Rule ist eine Regel in einem Betrieb oder Unternehmen, die eben auf keinen Fall und unter keinen Umständen verletzt werden darf. Sollte das doch vorkommen, wird das vehement geahndet. Wenn man solches Kommuniziert, kann man also sicherstellen, dann Red-Light-Rules Beachtet werden, kein Mitarbeiter ist im unklaren darüber, wie wichtig dem Betrieb diese Regel ist. Wäre das Setzen von Zs1 zur schnelleren Abfertigung strengstens untersagt und völlig unerwünscht, wäre der FDL möglicherweise gar nicht auf die Idee gekommen dieses Signal zu setzen.











    ¡Fast
    jeder Fehler
    hat
    eine systemische Komponente

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • ist es üblich, dass FDL Zs 1 nutzen, um den Betrieb bei Verspätungen zu beschleunigen. Das war keine Einzelaktion von dem einen FDL, sondern soll öfter vorkommen.

    Wenn DAS wiederum stimmt, ist es ein Wunder, dass nicht noch mehr passiert. Hoffentlich werden diese Praktiken ans Licht gebracht, damit sie endlich abgestellt werden.