Mangelnde Rechtssicherheit bei BtM-Gabe - Selbstanzeige

  • Bitteschön


    Es ging um die Verabreichung von ASS, Urapidil, Dormicum und Ketanest.
    Die Baustelle "Verabreichung von Morphin durch Soldaten" wird dort auch aufgegriffen.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Unabhängig des Ausgangs der Selbstanzeige führt dieser Fall mindestens zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit auf die Problematik der unzureichenden (auch rechtlichen) Regelungen für die Arbeit im Rettungsdienst. Wir dürfen gespannt sein (für Baden-Württemberg gesprochen).

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Bitteschön


    Es ging um die Verabreichung von ASS, Urapidil, Dormicum und Ketanest.
    Die Baustelle "Verabreichung von Morphin durch Soldaten" wird dort auch aufgegriffen.


    Lieber Gott, durch den verlinkten Originalthread hab ich mich heute Mittag während einer langweiligen Narkose durchgequält...
    Trotzdem danke, gerade die Problematik BtM durch Soldaten außerhalb des Einsatzes deckt sich ja mit meinem Infostand.

  • Um nochmal die Thematik Morphin-Algorithmen in Rettungsdiensten wie Mittelhessen oder der RKiSH aufzugreifen: Ich male mir aus, dass dort ein Verstoß gegen das BtmG grundsätzlich die gleichen Folgen wie andernorts hätte. Im Falle einer Klage allerdings ein Organisationsverschulden nachzuweisen wäre und der betroffene Rettungsdienst bei korrekter Anwendung der Algorithmen(!) keine Regressansprüche formulieren könnte bzw. diese aussichtslos wären.


    Wie sieht hier die Rechtslage aus?


  • Lieber Gott, durch den verlinkten Originalthread hab ich mich heute Mittag während einer langweiligen Narkose durchgequält...
    Trotzdem danke, gerade die Problematik BtM durch Soldaten außerhalb des Einsatzes deckt sich ja mit meinem Infostand.


    Der ist aber inzwischen nicht mehr im Forum registriert, wird das also nicht lesen können!


    :bye2:

  • Zitat

    Um nochmal die Thematik Morphin-Algorithmen in Rettungsdiensten wie Mittelhessen oder der RKiSH aufzugreifen: Ich male mir aus, dass dort ein Verstoß gegen das BtmG grundsätzlich die gleichen Folgen wie andernorts hätte.


    Für den verabreichenden Mitarbeiter ja, für diejenigen, die ihn dazu veranlassen, kommt eine Strafbarkeit als Anstifter in Betracht.



    Zitat

    Im Falle einer Klage allerdings ein Organisationsverschulden nachzuweisen wäre und der betroffene Rettungsdienst bei korrekter Anwendung der Algorithmen(!) keine Regressansprüche formulieren könnte bzw. diese aussichtslos wären.


    Wie sieht hier die Rechtslage aus?


    Ich glaube, den Gedankengang verstehe ich nicht richtig.

  • Er ist vermutlich der Meinung, dass die BTM´s die laut SOP freigegeben sind, vom AG mehr oder weniger angeordnet wurden und das der Mitarbeiter dadurch gedeckt ist und sich nur der strafbar macht, der diese Medikamente freigegeben bzw. angeordnet hat.
    Soll heißen: Mitarbeiter Otto spritzt MSI, weil der Chef gesagt hat, er darf das und wenn jemand etwas dagegen hat, dann ist der Chef schuld.

  • Er ist vermutlich der Meinung, dass die BTM´s die laut SOP freigegeben sind, vom AG mehr oder weniger angeordnet wurden und das der Mitarbeiter dadurch gedeckt ist und sich nur der strafbar macht, der diese Medikamente freigegeben bzw. angeordnet hat.
    Soll heißen: Mitarbeiter Otto spritzt MSI, weil der Chef gesagt hat, er darf das und wenn jemand etwas dagegen hat, dann ist der Chef schuld.


    Ich habe das anders verstanden.
    Ich glaube, er meint, dass ein Anwender dieses Konstruktes zwar nicht von der strafrechtlichen Verfolgung befreit wäre, aber aus der zivilrechtlichen Haftung bei einem evtl. Zwischenfall, da der Arbeitgeber (der ja normalerweise verklagt wird) ihn kaum für etwas in Regress nehmen kann, was er selbst quasi angeordnet hat.

  • Der ist aber inzwischen nicht mehr im Forum registriert, wird das also nicht lesen können!


    :bye2:


    Da sind ein paar User , die mittlerweile nicht mehr im Forum sind. Wenn man querliest , bis auf einen kein großer Verlust...


    Anyway, btT

  • Das Ermittlungsverfahren gegen den Rettungsassistenten wurde eingestellt, die zuständige Staatsanwaltschaft hat die Behandlung als nicht strafbares Handeln angesehen und nach § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung eingestellt. Der Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) war u. a. gem. § 34 Strafgesetzbuch (Rechtfertigender Notstand) gerechtfertigt, so die zuständige Staatsanwaltschaft. Weiter heißt es: „Eine strafrechtliche Sanktionierung des Vorgangs wäre ersichtlich verfehlt.“


    Quelle und weitere Informationen: https://www.facebook.com/DBRDeV/

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Das Ermittlungsverfahren gegen den Rettungsassistenten wurde eingestellt, die zuständige Staatsanwaltschaft hat die Behandlung als nicht strafbares Handeln angesehen und nach § 153 Abs. 1 Strafprozessordnung eingestellt.


    Das kann nicht sein. Eine Einstellung nach § 153 StPO erfolgt wegen geringer Schuld, setzt also voraus, dass die Staatsanwaltschaft eben gerade von einem strafbaren Handeln ausgeht oder es zumindest nicht für ausschließbar hält. Hätte die Staatsanwaltschaft das Handeln als gerechtfertigt angesehen, hätte sie das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.


    Quelle und weitere Informationen: https://www.facebook.com/DBRDeV/


    Der Absatz

    Zitat

    Ein mit hoher Sicherheit anzunehmendes straffreies Handeln durch Rettungsfachpersonal liegt vor, wenn folgende Punkte berücksichtigt werden:
    - Der Patient ist mit der Maßnahme einverstanden.
    - Der Anwender kann die Maßnahme durchführen.
    - Die Maßnahme ist leitliniengerecht.
    - Die Maßnahme verstößt nicht gegen die guten Sitten.
    - Der Patient wird an einen Arzt übergeben


    ist im Hinblick auf die Rechtfertigung eines Verstoßes gegen den Arztvorbehalt aus dem Heilpraktikergesetzt und im Hinblick auf die Einwilligung in eine Körperverletzung natürlich richtig; im Hinblick auf Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz würde ich aber eher dazu tendieren, ihn in die Nähe zu gefährlichem Unsinn zu rücken. Einwilligung des Patienten, Indikation und korrekte Durchführung sind für die Frage einer Strafbarkeit des unerlaubten Verabreichens von Betäubungsmitteln von keiner Bedeutung.


    Eine unerwartete Reaktion der Staatsanwaltschaft, ich hätte mit einem Verfahren gerechnet.


    Das gab es ja, und es wurde - wenn die Nachricht stimmt - wegen Geringfügigkeit eingestellt, wie ich schon am Mittwoch spekuliert hatte: :ok:


    Vernünftigerweise stellt man so etwas direkt bei der Staatsanwaltschaft nach § 153 StPO ein und weist auf die Folgen bei erneutem Verstoß hin.


    Mit einem "Grundsatzurteil" würde ich in solchen Fällen eher nicht rechnen wollen. Es ist auch eher unwahrscheinlich, dass ein solches positives ausgehen würde. Mangelnde Rechtssicherheit gibt es nämlich jedenfalls in Bezug auf die eigenverantwortliche Btm-Gabe nicht: die Rechtslage ist vielmehr klar. Es ist nur nicht die, die man vielleicht gerne hätte - das ist dann aber kein Fall "mangelnder Rechtssicherheit".

  • Ein Bärendienst auf der Suche nach einer strukturellen Lösung.


    Die strukturelle Lösung ist einfach, aber eben auch unerwünscht:


    Die Gabe von Betäubungsmitteln ohne vorangegangene ärztliche Untersuchung und Indikationsstellung und entsprechende Anweisung ist - von seltenen Ausnahmefällen abgesehen - verboten und strafbar. Ich halte es auch für eher unwahrscheinlich, dass sich daran mittelfristig etwas ändern wird, wenn ich mir die Entwicklung bei der Substitution und in der Palliativmedizin über die letzten Jahre (Jahrzehnte!) ansehe.


    Ich würde die in diese Frage gesteckte Energie lieber in die Suche nach einer Lösung für die eigenständige Durchführung heilkundlicher Maßnahmen durch Notfallsanitäter stecken. Auch die gibt es ja nun immer noch nicht, ungeachtet dessen, dass - auch - diese Rechtslage auf breiter Front ignoriert wird ... :)