Notarzt in Neu-Ulm - Wieso viele Schichten nicht mehr besetzt werden können

  • Wobei die Frage nach einer zeitgemässen Qualität unbeantwortet bleibt.
    Früher war der NA für Schmerzbekämpfung und gelegentlich für eine Narkose zuständig.
    Und heute?
    Clampshell, Thoraxdrainage, ECMO, Reboa - klappt so etwas noch in diesem System?


    Ich finde es schon amüsant, dass die Thoraxdrainage zusammen mit der ECMO genannt wird. :prost:



    Aber jetzt mal Back to Topic:


    Klar, nerven euch die ganzen Notärzte.
    Klar, gibt es auch viele Notärzte, die "überschaubare Skills" haben.


    Aber:


    Das KVB System in Bayern ist an vielen Stellen suboptimal.
    Rein betriebswirtschaftlich kommen die Träger durch das Modell "Selbstständiger" jetzt schon günstiger weg, als bei einer Festanstellung der Notärzte, samt Lohnnebenkosten zu einem Stundenlohn nach Tarif.


    Warum sag ich das?
    Für mich ist es finanziell keine Alternative die Klinik an den Nagel zu hängen, um nur Notarzt zu fahren. Ich müsste sämtliche Lohnnebenkosten für diesen Stundenlohn selbst tragen. Zuschläge für Nacht- und Feiertag gibt es praktisch nicht und sie sind auch nicht steuerfrei.


    Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass ich in der Zeit eine Praxis schließen würde, dann wäre das auch keine Option für mich.


    Und jetzt schließt sich wieder der Kreis:


    - Für welche prozentuale Auslastung halte ich Notärzte vor?
    - Braucht man wirklich "viele Standorte"?
    - Nutzt man evtl. das Geld durch eingesparte Standorte, um dort "hauptberufliche" Notärzte anzustellen?


    Fragen über Fragen... ;-)


    Meine Antwort kennt ihr vermutlich schon. :-D

  • Dann hätte man allerdings im Vorfeld klären müssen, ob die vorhandene Notärzte überhaupt dazu bereit sind.


    Wenn man mit der KVB spricht, hat man als politisch Gestaltender genau das getan, mit den Ärzten zu sprechen. Im Rahmen des NotSanG hat man ja auch mit dem DBRD und nicht mit den RA aus Hameln gesprochen. Ich nehme an, letztere hätten den NotSan überwiegend auch abgelehnt.

  • Dann hätte man allerdings im Vorfeld klären müssen, ob die vorhandene Notärzte überhaupt dazu bereit sind.


    So einfach ist es nicht. Die KVB Ärzteschaft (= die vor Ort mit einem Kassensitz tätigen Ärzte) ist zur Sicherstellung des Notarztdienstes erstmal verpflichtet, analog zum ärztlichen Bereitschaftsdienst/Notdienst.
    Die KVB als Leistungserbringer kann rein satzungsmäßig nicht hin gehen und sagen "wir machen das jetzt anders".
    Sondern sie muss den vorhanden Notärzten die Möglichkeit geben den Notarztdienst sicherzustellen. Tun sie selbiges nicht kann sie andere Modelle anwenden. Funktionieren diese nicht muss sie gemeinsam mit dem Rettungszweckverband eine Lösung suchen die gesetzeskonform erstmal die Einbindung der Klinik bedeutet.
    Und man hat ja rechtzeitig vorher (2016) gefragt und sogar positive Zustimmung erhalten (was aber wurst gewesen wäre, der Wegfall der Selberfahrer wäre so oder so gekommen)

    Man könnte natürlich auch andersrum fragen: Warum ist es nicht möglich, zumindest zu den Sprechzeiten das Nef an der Praxis Zu stationieren, so wie es auch häufig an Krankenhäusern ist?


    Weil auch der NEF Fahrer Arbeitnehmer-Rechte hat die eine bestimmte Ausstattung seines Arbeitsplatzes angeht. Und die schneidet sich eben mit der Ausstattung der meisten Arztpraxen, erst Recht wenn man bedenkt das in vielen Kreisen gerne mal 20 und mehr Ärzte NA fahren.
    Und wie gesagt, ich denke die Notwendigkeit den NEF-Fahrer zu etablieren streitet hier keiner ab,oder?

  • Und sind hauptberufliche Notärzte wirklich das, was man wirklich haben will?


    Wenn diese Leute die entsprechende Ausbildung genossen haben und entsprechend vom Arbeitgeber Fort- und Weitergebildet werden:
    auf jeden Fall!

  • Ich finde es schon amüsant, dass die Thoraxdrainage zusammen mit der ECMO genannt wird. :prost:


    Das dürfte daran liegen, dass ich vor vielen Jahren ein System kennenlernen durfte, welches von Hausärzten in Notarztfunktion geprägt gewesen ist - nicht in Bayern, aber doch nördlich des Rheins. Analgesie und Narkose wurden da durchaus gemacht, an eine Thoraxdrainage könnte ich mich nicht erinnern. Ich wollte darauf hinweisen, dass das Spektrum der ärztlichen Rettungsmedizin sich aktuell sehr stark verändert und ich meine Zweifel habe, dass diese Skills im normalen Praxisleben umsetzbar sind.
    Das Prinzip „Hauptsache einen Arzt“ wird in Zukunft nicht mehr funktionieren können.


    Übrigens nerven mich Notärzte nicht.

  • Wenn diese Leute die entsprechende Ausbildung genossen haben und entsprechend vom Arbeitgeber Fort- und Weitergebildet werden:
    auf jeden Fall!


    Vielleicht in einer perfekten Welt mit dem Notarzt als eigener Fachweiterbildung und Einsätzen, die nur NACA 5-7 umfassen.


    In der Realität kommt es nach meinen Erfahrung bei den meisten, wenn sie die Klinik verlassen und Vollzeit-NA werden, zu einer schnellen Verschlechterung der Performance durch niedrige Skill exposure und einer Abkopplung von den aktuellen Entwicklungen in der Medizin und leider tut es den meisten auch nicht wirklich gut, wenn man immer Chef im Ring ist und es keinerlei Diskussionen mit einen bisschen Input von anderer Seite gibt. Klinische Fallbesprechungen und die damit verbundenen Diskussionen sind ein wichtiges Korrektiv für jeden Arzt, ich glaube das ist auch ein großer Teil des Problems, das zur schlechten Performance vieler Hausärzte führt.


    Für mich arbeitet der perfekte Notarzt überwiegend auf der Intensivstation eines Krankenhauses im Versorgungsbereich, ist natürlich bestens aus- und fortgebildet und macht genau so viele Dienste, dass er da richtig Bock drauf hat.


    Aber natürlich nehme ich immer noch lieber einen Facharzt für Anästhesie, der sich nicht mehr dem Kostendiktat in der Klinik unterwerfen möchte, als einen Hausarzt, der mit Schlappen aus seiner Praxis ausrückt

  • Ich finde es interessant, wie oft die Diskussionen hier Richtung Notarzt-bashing gehen. Kennt jemand die Kollegen? Warum wird direkt davon ausgegangen, Dass es keine vernünftige PSA gibt, Nur weil sie aus der Praxis kommen? Kennt man die Performance dieser Kollegen vor Ort? Letztendlich war es ein News-Artikel Zu einer konkreten Gegebenheit.


    Ich stelle mich doch als Notarzt ja auch nicht ins Forum und Ziehe bei jeder möglichen Gelegenheit Über die Performance so mancher Rettungsdienst-Mitarbeiter her ( und da gibt es auch tatsächlich sehr sehr viele Tiefflieger, Desinteresse, kaum fortgebildete usw Mitarbeiter - Insgesamt auch sehr inhomogen - Und nicht nur, von dem was ich auf dem Auto sehe, Sondern auch von dem, was ich bei dem Anästhesie-Praktikum betreue).


    Manchmal wünsche ich mir deutlich mehr Kollegialität zwischen den Berufsgruppen.

  • Ich weiss nicht, was eine angeregte Diskussionen unter Fachleuten zu einem speziell bayerischen Konstrukt mit Notarztbashing zu tun hat.
    Wir diskutieren hier auch - teilweise emotional - alle möglichen Eigenheiten: Berliner Rettungsdienst, Bayerische SOP, nur um ein paar Beispiele zu nennen.

  • Ich finde es interessant, wie oft die Diskussionen hier Richtung Notarzt-bashing gehen. Kennt jemand die Kollegen? Warum wird direkt davon ausgegangen, Dass es keine vernünftige PSA gibt, Nur weil sie aus der Praxis kommen? Kennt man die Performance dieser Kollegen vor Ort? Letztendlich war es ein News-Artikel Zu einer konkreten Gegebenheit.


    Meine Klischee-Beschreibung ist sicherlich einer sachlichen Diskussion nicht zuträglich, da hast du Recht. Ansonsten war meine Intention sicher kein Notärztebashing, schon gar nicht konkret auf die Kollen in Neu-Ulm bezogen. Es ging mir nur darum, dass ich in der Schaffung von Systemen mit hauptamtlichen Vollzeit-Notärzten eine Verschlimmbesserung und nicht das Optimum sehe.
    Das ist aber mich von den Systemgegebenheiten immer noch besser, als Alleinfahrer-NA aus einer Praxis heraus. Selbst wenn die Notärzte in Neu-Ulm die besten Notfallmediziner unter der Sonne wären, ist das in meinen Augen ein System, das made to fail ist

    Ich stelle mich doch als Notarzt ja auch nicht ins Forum und Ziehe bei jeder möglichen Gelegenheit Über die Performance so mancher Rettungsdienst-Mitarbeiter her ( und da gibt es auch tatsächlich sehr sehr viele Tiefflieger, Desinteresse, kaum fortgebildete usw Mitarbeiter


    Das wäre manchmal erfrischend und angebracht um die Wunschträumen Einiger von einem baldigen Paramedicsystem ein bisschen in den Kontext der Realität zu rücken. Der Unterschied ist aber: ein schlechter Rettungsdienstmitarbeit kann durch einen guten Notarzt weitestgehend kompensiert werden, andersherum funktioniert das nicht wirklich


    Manchmal wünsche ich mir deutlich mehr Kollegialität zwischen den Berufsgruppen.


    Kollegalität ist immer schön, ich würde mir aber auch umgekehrt wünschen, dass es innerhalb der Ärzteschaft weniger "Corpsgeist" geben würde, man schwarze Schafe gezielt entfernt und vor allem für eine Anhebung der Standards kämpft. Es kann in meinen Augen nicht sein, dass Notarzt fahren quasi die geringsten Anforderungen von allen Zusatzbezeichnungen hat und anschließend nie wieder eine Pflicht zur Fortbildung oder gar Rezertifizierung besteht.
    Und es ist in meinen Augen auch ein Unding, dass im Jahr 2019 weiterhin Notarztsysteme auf dem Stand von 1980 bestehen und sogar noch verteidigt werden
    Das ist in meinen Augen kein Ausdruck von Kollegialität, sondern von reaktionärem Denken

  • Kollegalität ist immer schön, ich würde mir aber auch umgekehrt wünschen, dass es innerhalb der Ärzteschaft weniger "Corpsgeist" geben würde, man schwarze Schafe gezielt entfernt und vor allem für eine Anhebung der Standards kämpft.


    Ersetze Ärzteschaft durch nicht-ärztliches Rettungsfachpersonal. Aber auf beiden Seiten müssen Anreize geschaffen werden, dass die "Guten" das auch machen wollen und vor allen Dingen bleiben.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers



  • Es geht nicht um den heutigen "Ist-Zustand", sondern darum, wie man ein System für die Zukunft verbessern möchte oder könnte.

  • Ich frage mich ja was die dort für Einsatzzahlen mit dem NEF haben wenn sie neben ihrer Praxisöffnungszeiten Notarzt fahren können. Weil wenn ein NEF Einsatz kommt müssen sie ja auch ihre Praxis „zusperren“, sprich die Arzthelferinnen warten mit den Patienten bis der Doc wiederkommt. Viel kann es ja nicht sein wenn dieses System funktioniert... Vielleicht müsste man dann an den Standorten und Vorhaltezeiten noch etwas optimieren?
    Kommt zufällig jemand aus der Ecke und kann dazu was sagen?

  • Ich frage mich ja was die dort für Einsatzzahlen mit dem NEF haben wenn sie neben ihrer Praxisöffnungszeiten Notarzt fahren können. Weil wenn ein NEF Einsatz kommt müssen sie ja auch ihre Praxis „zusperren“, sprich die Arzthelferinnen warten mit den Patienten bis der Doc wiederkommt. Viel kann es ja nicht sein wenn dieses System funktioniert... Vielleicht müsste man dann an den Standorten und Vorhaltezeiten noch etwas optimieren?
    Kommt zufällig jemand aus der Ecke und kann dazu was sagen?


    Doch doch die Praxen sind, zumindest hier, bummsvoll. Nur wenn Du der einzige Landarzt im Umkreis von 10 km bist kann es dir egal sein....

    :rtw: "Rettungsdienst" sind die Typen, die zu einem kommen, wenn man etwas getan hat, wofür man eigentlich zu dämlich ist. :rtw:

  • Ich frage mich ja was die dort für Einsatzzahlen mit dem NEF haben wenn sie neben ihrer Praxisöffnungszeiten Notarzt fahren können. Weil wenn ein NEF Einsatz kommt müssen sie ja auch ihre Praxis „zusperren“, sprich die Arzthelferinnen warten mit den Patienten bis der Doc wiederkommt. Viel kann es ja nicht sein wenn dieses System funktioniert... Vielleicht müsste man dann an den Standorten und Vorhaltezeiten noch etwas optimieren?
    Kommt zufällig jemand aus der Ecke und kann dazu was sagen?


    Das geht einfach. ..
    Abgesehen davon das diese Ärzte eher nachts und Wochenende das Auto vor der Türe stehen haben kommen die an und füllen das Protokoll auf und sagen was zu tun ist und sind dann wieder weg.
    Die meissten Selbstfahrer bei und tun es ausschließlich nachts.

  • Übrigens war das Ganze bereits 2014 ein Thema, also hätte man 5 Jahre Zeit, sich darauf einzustellen


    https://m.augsburger-allgemein…-um-Hilfe-id31091237.html

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Never touch a „running“ system ;-)
    :motz:


    Nur der Personalmangel ist halt nun noch gravierender geworden-auf beiden Seiten der Frontsitze den NEFs...

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)

  • In der Woche tagsüber haben wir keinerlei Probleme die Akademiker Schichten zu besetzen. Kommen ja meisst aus den lokalen Krankenhäusern. Nachts und an den Wochenenden bzw Feiertagen fallen alleine bei unserem NEF mindestens 5 Schichten aus. Deswegen immer wieder gerne Selbstfahrer oder Ärzte die seit vielen Jahren in Rente sind.