Mannheimer Stadträte und Ärzte rügen Rettungsdienstplan des Landes / Normenkontrollverfahren beim VGH Baden-Württemberg

  • (...)


    Dazu das Problem, dass die ILS Mannheim nicht über den Krankentransport verfügt. Offenbar ist das Verhältnis zwischen den Leitstellen auch nicht das beste (auch nur mein subjektiver Eindruck), sodass die Kommunikation teils eher zurückhaltend und sparsam gestaltet wird. Wenn ich als Transportführer eines RTW feststelle, dass keine RTW-, sondern eine KTW-Indikation vorliegt, ist es im Normalfall nicht möglich, in absehbarer Zeit einen KTW heranzuziehen. Auf diese Weise hat Mannheim durch die Hintertür wieder ein Mehrzwecksystem eingeführt, und es werden regelmäßig, systematisch und vorsätzlich RTWs zu Krankentransporten missbraucht, die dann für hilfsfristpflichtige Einsätze nicht zur Verfügung stehen, was natürlich auch all die anderen Folgeprobleme generiert wie die Abnahme der Skill exposure und die systematische Frustration der NotSan, die ihre 3jährige Ausbildung nicht für Krankentransporte absolviert haben.

    (...)

    Wobei ich hier interveniere möchte: Das ist auf RN Seite ähnlich aufgrund des, zumindest aktuellen, Mangels an KTW's in ausreichender Menge. Bzw. die Unmöglichkeit Fahrten des unqualifizierten KTP abzulehnen.
    Zumindest Einweisungen werden so zu Teilen mit einem RTW bedient wenn absehbar das Stunden niemand kommen kann (WE sowie Nachts)

  • Was fehlt, sind KTW

    Das ist ein wesentlicher Teil des Problems, keine Frage. Aber was Du beschreibst, ist eben ein Faktor, der die Zahl der RTW-Einsätze künstlich in die Höhe treibt. Auch dies geht übrigens auf die Selbstverwaltung zurück, denn es war die letzten Jahre und Jahrzehnte zweifelsohne so, dass mit den KTW-Entgelten, die der Bereichsausschuss festgesetzt hat, kein auskömmlicher Betrieb möglich war. Und dies war ja auch so beabsichtigt, um Private vom Markt fernzuhalten. Und die fehlen ja jetzt gerade wieder.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Das Problem mit den zu vielen K Transporten auf den RTW ist ja nichts neues, auch das Problem mit den zu vielen "Liegend-Taxi" Fahrten in den KTW ist ja eher etwas Altes. Vor allem sind es aber beides Probleme, die so zwar viele ärgern, an die sich aber praktisch keiner wirklich dran traut und wo einige Veränderungen aktiv verhindern (inkl. Ärzten und RD-Personal bzw. dessen Vertreter). Da man das Problem nicht ändern "kann" und zeitgleich die Anfragen steigen muss man reagieren, die Vorhalteerhöhung bei den RTW ist da das einfachste und vor allem am leichtesten umzusetzende Mittel. Selbst wenn dann RTW als KTW laufen.

    Und die Sache mit den Lst., wen wundert es? BW bzw. Stuttgart und auch Heidelberg wollten die Lst. Mannheim unbedingt verhindern, man wollte im Gegenteil die Lst. RN ja auch noch größer machen. Irgendwann hat sich dann Mannheim durchgesetzt, musste aber Schlucken, dass der Krankentransport bei der Lst. RN bleibt. Das Ergebnis sieht man jetzt und das ist für die Befürworter nur einer Lst. ein gutes Argument.

    Die ursprünglich genannten Klage finde ich gut und in dem was ich hier lesen kann, zwar umfangreich, aber es zeigt gut die Probleme. Meine Hoffnung ist, dass man gerade mit dem Aufzeigen dieser vielen Probleme tatsächlich auch etwas bewegen kann.

  • Als jemand der sich ja viel mit Schnittstellen beschäftigt:

    Das Problem bei solchen Schnittstellen ist schlicht und ergreifend, dass manuell getriggerte Schnittstellenprozesse grundgehend untergehen je höher die Beanspruchung des jeweilig durchführenden ist. Insbesondere bei entlastenden Schnittstellen ist das fatal, da dann die eigene Workload größer ist als sie sein müsste.


    (Im Kleinen ist das jedem von uns schon einmal passiert - wer hat im stressigen Fallbeispiel noch nicht die Nachforderung vergessen?)


    Gerade bei eigentlichen durch Technik zu lösenden Schnittstellen ist das ganze absolut fatal, da unnötig.

    Es ist technisch problemlos möglich JEDES in Deutschland verfügbare Leitstellensystem mit JEDEM anderen Leitstellensystem zu verknüpfen um Einsatzdaten, etc. zu transferieren. Entsprechende Exportmodule liegen für alle mir bekannten Softwareformate vor, entsprechende Konverter kann dir jedes Softwarehaus in Indien schreiben wenn nötig - das ist nicht mal so teuer.


    Mit Rescuetrack ist in BW sogar schon ein standardisiertes Mittlermodul für die Dispatch to unit und Lokalisationsschnittstelle vorhanden - DAS ist tatsächlich noch mit der schwierigste Teil.


    Natürlich geht es gar nicht, dass eine ILS nur einen Teil der Fahrzeuge in ihrem Bereich disponiert, alleine schon wegen der Notfallkomponente (KTW als Erstversorger, MANV, etc.) in der Zeitverlust tödlich ist. Aber technisch ist es kein Problem.


    Das ist imho auch das große Problem in BaWü:

    Das IM hat unter seiner CDU Führung chronisch Angst das Thema RD anzugehen weil es genau weiß, dass am Ende viele alte Zöpfe abgeschnitten werden müssten. Egal ob in Mannheim, Freiburg, Lörrach, Ulm, oder Stuttgart, Land auf Land ab braucht es eigentlich "DIE" große Reform und nicht Verschlimmbesserungen (wobei ich den RD Plan nicht so unterirdisch finde wie alle tun).

    Aber insbesondere was ILSen angeht muss halt endlich mal ein großer Paukenschlag nach bayerischem Vorbild her.

    Einheitliche Softwarebasis, einheitliche Ausbildung die ihren Namen wert ist, einheitliche Hardware, einheitliche Vorgaben zum Betrieb, einheitliche Dispositionsgrundsätze, Leitstellen VPN.

    Und damit auch: Zusammenlegung der Kirchturmleitstellen.

  • Da man das Problem nicht ändern "kann" und zeitgleich die Anfragen steigen muss man reagieren, die Vorhalteerhöhung bei den RTW ist da das einfachste und vor allem am leichtesten umzusetzende Mittel. Selbst wenn dann RTW als KTW laufen.

    Sollte das nicht eher für KTW gelten? Die sind deutlich günstiger in der Anschaffung und sollten personell einfacher zu besetzen sein (auch, wenn es wohl nicht mehr ganz so viele RS gibt wie früher).

  • KTWs in BW sind aber nicht Teil der Vorhaltevorgabe sondern primär Marktteilnehmer eines stark regulierten Marktes.

    Die Leistungserbringer haben zwar Betriebspflicht im Rahmen ihrer Genehmigungen, aber du kannst quasi nicht "auf Vorrat" KTW Lizenzen vergeben da dann die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der bestehenden Genehmigungen nicht mehr gegeben wäre.


    Ebenso kann der Bereichsausschuss/die Kostenträger auch keine Betriebszeiten direkt festlegen die über die Genehmigungsauflagen hinaus geht.

    Du kannst also nicht z.B. von der "KTW-großes Plus GmbH" verlangen, dass sie einen Nacht oder Randzeiten-KTW stellt. Kann Sie, muss sie aber nicht, Geld kriegt sie nur für die effektiven Transporte.

    Selbst ein "wenn du keinen Randzeiten KTW stellst kriegst du die beiden Dialyse-KTWs nicht!" ist rechtlich bereits ganz ganz schwierig und zu mindestens nach der Meinung einiger Anwälte der Leistungserbringer nicht drin.


    Die Problematik verhindert aktuell auch ein wenig die effektive Einführung von N-KTW...

  • Das Problem falsch disponierter oder belegter RTW gibt es ja nicht nur in BaWü. Direkt auf der anderen Rheinseite von Mannheim fahren die wenigen RTW, die es wegen der erheblichen Personalnot noch gibt, zum größten Teil auch keine Notfälle.

  • Das Problem falsch disponierter oder belegter RTW gibt es ja nicht nur in BaWü. Direkt auf der anderen Rheinseite von Mannheim fahren die wenigen RTW, die es wegen der erheblichen Personalnot noch gibt, zum größten Teil auch keine Notfälle.

    Und das ist ja der Kern....egal ob MA, HD/RNK, LU oder Köln, Buxtehude.

    Mehr oder minder stimmt es überall nicht. Umso mehr Großstadt umso schlimmer....wobei die auf dem Land leider auch schlimmer werden (klar, ältere sterben aus, Jüngere ziehen nach).

    Und die Schuld darf nicht (nur) am Personal der Leitstellen gesucht werden.

    Wenn wir diese Erkenntnis alle haben sind wir einen Schritt weiter im gemeinsamen Vorgehen.

  • Buxtehude ist schon das richtige Bundesland; um mal für Niedersachsen zu sprechen: Wir haben (hier) recht viele "Randzonen"-KTW. Neben jeweils 2 pro Rettungsdienstbereich tätigen Nachtjägern gibt es auch mehrere KTW, die zwischen 5:00 Uhr und 23:00 Uhr hin und her düsen. Auch am Wochenende. Und den Bedarf gibt der Kreis bzw. die kreisfreie Stadt vor, als verantwortlicher Rettungdienstträger, die den Bedarf mittels Bedarfsplänen ermittelt. Umsetzen müssen es dann die Leistungserbringer (also die Beauftragten HiOrgs oder die Kommune selbst, wenn sie den Rettungsdienst selbst durchführt).


    Aber ja, auch hier werden RTW immer noch für Krankentransporte missbraucht. Die riesige Anzahl von RTW bräuchte man eigentlich gar nicht. Selbst die Notfälle sind oft gar keine. Aber gut, dass ist eine andere (und auch überall bekannte und traurige) Geschichte. Für den Krankentransport gilt das übrigens auch. Viele Krankentransporte sind eigentlich Krankenfahrten. Das frustet auch die KTW-Besatzungen (und die Leitstelle, die sich nicht dagegen wehren kann).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Jetzt berichtet auch der SWR:


    https://www.swr.de/swraktuell/…-landesregierung-100.html


    Die Gruppe hat eine Normenkontrollklage beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht. Das Gericht soll klären, ob Regelungen des Notfallversorgung Grundrechte verletzen.Konkret beanstanden die Kläger, dass der Rettungsdienstplan und einzelne Beschlüsse zum Rettungsdienst rechtswidrig sind.



    Der Landesausschuss ist ein besonderes Gremium: Zwei Mal pro Jahr tagt er nicht öffentlich, sogar streng vertraulich. Teilnehmende dürfen nichts aus den Sitzungen nach außen tragen. Seine Mitglieder werden zwar vom Innenministerium namentlich benannt. Trotzdem darf keiner wissen, wer die Auserwählten sind. Lediglich eine Liste der vertretenen Hilfsorganisationen und Krankenkassen händigt das Ministerium aus. Als Grund führt das Innenministerium den Schutz personenbezogener Daten an. Für die Initiatoren der Klage ist es „unverantwortlich, dieser Selbstverwaltung, die ohne jegliche demokratische Legitimation handelt, weitgehende – auch medizinische – Befugnisse einzuräumen“.“

  • Aber ja, auch hier werden RTW RTH immer noch für bessere Krankentransporte missbraucht. Die riesige Anzahl von RTW RTH bräuchte man eigentlich gar nicht. Selbst die Notfälle sind oft gar keine.

    Fixed that for you! :) ;)

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ja, da hast Du recht. Auch RTH werden viel zu oft für Mist eingesetzt. Und nun halt Dich fest: Es gibt sogar Landkreise in Niedersachsen, die versuchen nicht-planbare KTW-Fernfahrten auf ITH abzuwälzen, weil sie zeitnah keine KTW stellen können bzw. diese hauptsächlich ein MZF-System fahren. Kein Scherz ...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Erst letztens wurden wir (die eiserne Reserve) zu „Kreuzbandriss“ alarmiert. Davor zu „Hypertonus ohne Symptome“.

    Da wir jedoch nur einspringen, wenn Lebensgefahr besteht, gibt es bei uns Grenzen.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Sollte das nicht eher für KTW gelten?

    Sollte bzw. sollte es nicht!
    Politisch gesehen ist der Fachkräftemangel noch gar nicht so groß und vor allem wird es sich sehr zeitnah die Situation recht bald bessern, da es ja zig Auszubildende pro Jahr und Bereich gibt. Ähnlich dürfte der Blick aus mancher Leitstelle sein und auch bei manchem oberen der Hiorg sein, zumal sich ja letztere immer sehr gerne und ausschweifend dafür Loben, wie gut doch die Arbeitsbedingungen bei ihnen sind.
    Mal abgesehen davon ist ein RTW wie gesagt politisch attraktiver, für der HiOrg vorzeigbarer und die Lst. ist da auch absoluter Befürworte, denn ein KTW kann halt nur Patientenfahrten und qualifizierten niederstufigen Krankentransport und ein RTW kann eben alles fahren. Der RTW ist also die Lösung für alle, außer die Mitarbeit, aber das bessert sich ja bald.;)

  • Erst letztens wurden wir (die eiserne Reserve) zu „Kreuzbandriss“ alarmiert. Davor zu „Hypertonus ohne Symptome“.

    Da wir jedoch nur einspringen, wenn Lebensgefahr besteht, gibt es bei uns Grenzen.

    Richtig so!

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Sollte bzw. sollte es nicht!
    Politisch gesehen ist der Fachkräftemangel noch gar nicht so groß und vor allem wird es sich sehr zeitnah die Situation recht bald bessern, da es ja zig Auszubildende pro Jahr und Bereich gibt. Ähnlich dürfte der Blick aus mancher Leitstelle sein und auch bei manchem oberen der Hiorg sein, zumal sich ja letztere immer sehr gerne und ausschweifend dafür Loben, wie gut doch die Arbeitsbedingungen bei ihnen sind.
    Mal abgesehen davon ist ein RTW wie gesagt politisch attraktiver, für der HiOrg vorzeigbarer und die Lst. ist da auch absoluter Befürworte, denn ein KTW kann halt nur Patientenfahrten und qualifizierten niederstufigen Krankentransport und ein RTW kann eben alles fahren. Der RTW ist also die Lösung für alle, außer die Mitarbeit, aber das bessert sich ja bald.;)

    Das ist ein Trugschluss, dass sich das bald bessert. Frag doch mal die Azubis, wie lange die im Beruf bleiben wollen?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das ist ein Trugschluss, dass sich das bald bessert. Frag doch mal die Azubis, wie lange die im Beruf bleiben wollen?

    Oder lest Veröffentlichung der DGRe

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Die Arbeiter aus dem fahrenden Volk wissen wie es um die Verweildauer aussieht, je höher man in der Hierarchie aber wandert, umso weniger wird das wahrgenommen bzw. für "Geschwätzt" gehalten. Auch ist man der Meinung das Problem einfach in den Griff zu bekommen, zu den eh schon sehr guten Arbeitsbedingungen und vor allem dem hohen Gehalt gibt man nochmal 1-2 Tage Sonderurlaub einmalig dazu, man verteilt mal sonstige Präsente und man weißt immer wieder daraufhin wie gut man es hier und wie schlecht man es wo anders hat und schon löst sich das Problem relativ kurzfristig. Alternativ und vor allem viel lukrativer versucht man genug Menschen für FSJ und Ausbildung zu bekommen, dann kommt immer "genügend" Personal nach und im positiven Nebeneffekt wird das Vorhandene nicht zu teuer, man bedenke mal was ein NotSan kostet der 10, 15 oder gar 20 Jahre in der Firma ist.

  • Alternativ und vor allem viel lukrativer versucht man genug Menschen für FSJ und Ausbildung zu bekommen, dann kommt immer "genügend" Personal nach und im positiven Nebeneffekt wird das Vorhandene nicht zu teuer, man bedenke mal was ein NotSan kostet der 10, 15 oder gar 20 Jahre in der Firma ist.

    langjährige Strategie der etablierten HiOrgs. Junges und noch „formbares“ Personal mit wildesten Versprechen und dem „Blaulicht-Bonus“ ködern. 36 Stunden Dienst (RTW/NEF/RTW)!? Kein Problem, is ja geil. Und wenn die kapieren dass das ja eigentlich „gar nicht so geil ist“, stehen schon die nächsten auf der Matte.
    Dacht aber eigentlich dass das heute nicht mehr so funktioniert!?