Rettung für den Rettungsdienst? – Das Pilotprojekt "Gemeindenotfallsanitäter" zeigt erste Effekte

  • Die Transportscheinnummer kann einem den letzten Nerv rauben. Alle wissen das es Murks ist, viele Unterschriften landen unrechtmäßig auf den Formularen und alle haben eine irrsinnige Rennerei.

    In unserem schönen Bundesland bestehen die Kostenträger noch auf die Formulare bei JEDEM Einsatz des Rettungsdienstes (KTW/RTW/NEF).


    Wenigstens hat sich das Land was nettes für die Verweigerung der Ärzte einfallen lassen, siehe Screenshot unten.

    Ich hatte in den letzten Jahren mehrfach den Fall, dass der aufnehmende Arzt darum gebeten hat dem Patienten als "Lektion" den Transport in Rechnung zu stellen. Einige mal sogar bei durchaus indizierten Transporten. Ich habe dann jedes mal wie im Erlass gefordert um eine Stellungnahme gebeten um dann den unten beschriebenen Weg eingehen zu können. Jedes mal kam per Post dann kommentarlos eine entsprechene Transportverordnung. Ein Affenzirkus....


  • "Sagen Sie mir augenblicklich, warum ich gesund bin und keine medizinische Hilfe benötige!"


    :grinning_face_with_sweat::grinning_face_with_sweat:


    Paradox: Normalerweise ist der MDK den Krankenhäusern und Ärzten hinterher wie der Teufel der armen Seele, um jeden kleinsten Furz an Leistungen zu kürzen, wenn man nicht alles ausführlich begründen kann. Jetzt wird man von amtlicher Seite aus umgekehrt dazu genötigt, ausführlich zu begründen, wenn man nicht verordnet und Leistungen möglichst gering hält.


    Zusammenfassend darf man als Krankenhaus oder Arzt immer ausführliche Berichte schreiben, warum Geld ausgegeben oder ausdrücklich nicht ausgegeben hat. Und sehr wahrscheinlich wird man anschließend dennoch angegangen. Da macht der Beruf doch gleich noch mal so viel Spaß.

  • Ich habe die Zeit in Hamburg in diesem Bereich auch genossen. Einfach Patienten abliefern und fertig. Da bei vielen Patienten es keine Identität gab, bzw diese nicht gesichert war, war es ganz ok, nicht dauernd irgendwelchen Daten hinterher rennen zu müssen.


    In einigen Notaufnahmen ist es mittlerweile so, dass es bei der Anmeldung gleich einen T-Schein mit gedruckter Unterschrift gibt.

  • Ich wüsste nicht, welcher Erlass mich als Arzt zwingen würde oder könnte, einem RTW irgendeine Stellungnahme abzugeben. Ehrlich gesagt, würde ich jemandem, der das fordert allenfalls freundlich zum gehen fordern, aber dann ganz sicher nichts mehr unterschreiben. Und wenn sie Klinik das möchte, ist es im Zweifel auch mit dem Halbsatz "fehlende medizinische Indikation" getan. Glücklicherweise gibt's den Zirkus bei uns nicht, zum einen benötigt ein Notfall keine TVO, um anderen haben die NotSan eine SOP, um Patienten zu Hause zu lassen.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

    Einmal editiert, zuletzt von Johannes D. ()

  • Und wenn sie Klinik das möchte, ist es im Zweifel auch mit dem Halbsatz "fehlende medizinische Indikation" getan.

    Nun ja, wie will man denn ex-post in der Klinik die Situation ex-ante beurteilen können/wollen.... Wenn die Rettungsdienste die zahlreichen Krankenhausentlassungen ”wegen fehlender medizinischer Indikation” unterlassen würden und gemäß SOP den Transport dann auch nicht durchführen würden, dann wäre wohl mal ordentlich Stimmung in der Bude...Soweit mir bekannt, werden Kliniken in Deutschland für ausgestellte Transportverordnungen (weder für die nachträglich erstellten VO für die Zuführungen durch den Rettungsdienst, noch für die vielen sinnfreien Entlassungen mit dem KTW) nicht in Regress genommen.

  • Nun ja, wie will man denn ex-post in der Klinik die Situation ex-ante beurteilen können/wollen.... Wenn die Rettungsdienste die zahlreichen Krankenhausentlassungen ”wegen fehlender medizinischer Indikation” unterlassen würden und gemäß SOP den Transport dann auch nicht durchführen würden, dann wäre wohl mal ordentlich Stimmung in der Bude...Soweit mir bekannt, werden Kliniken in Deutschland für ausgestellte Transportverordnungen (weder für die nachträglich erstellten VO für die Zuführungen durch den Rettungsdienst, noch für die vielen sinnfreien Entlassungen mit dem KTW) nicht in Regress genommen.

    Das geht ja (leider) nicht so einfach. Hier in meiner Ecke soll jeder Mist mit einem KTW gefahren werden, vor allem auch, weil die Krankenhäuser und Arztpraxen keine Lust haben sich mit dem System Krankenfahrten (Sondermietwagen) auseinanderzusetzen (dutzende unterschiedliche Zentralen, Verfügbarkeiten und Dienstzeiten). 19222 ist da so schön einfach, Kreuzchen an der richtigen Stelle - quasi "Fire-and-Forget"-System. Das ganze System rund um diesen T-Schein (oder anders: die Krankentransportrichtlinie und das SGB) haben es nicht geschafft, den Alltag sinnvoll zu regeln und Missbrauch zu verhindern. Das beweisen auch immer komplexere Handlungsanweisungen und Priorisierungen zum Thema Krankentransport, die mittlerweile Kurzroman-Format über ein dutzend Seiten angenommen haben. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich meine, dass das auch die Regierungskomission zur Reform der Notfallversorgung dieses in ihrem Bericht und in den Vorschlägen irgendwo erwähnt hatte.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Nun ja, wie will man denn ex-post in der Klinik die Situation ex-ante beurteilen können/wollen.... Wenn die Rettungsdienste die zahlreichen Krankenhausentlassungen ”wegen fehlender medizinischer Indikation” unterlassen würden und gemäß SOP den Transport dann auch nicht durchführen würden, dann wäre wohl mal ordentlich Stimmung in der Bude...Soweit mir bekannt, werden Kliniken in Deutschland für ausgestellte Transportverordnungen (weder für die nachträglich erstellten VO für die Zuführungen durch den Rettungsdienst, noch für die vielen sinnfreien Entlassungen mit dem KTW) nicht in Regress genommen.

    Wenn ich es ex-post nicht beurteilen kann, muss ich es auch nicht unterschreiben. Und auch wenn es häufig genug Unsinn ist: eine ärztliche Anordnung zu ignorieren, was eine unterschriebene TVO ja nunmal ist, deckt die SOP in SH nicht ab. Aber wie gesagt, die Notfallrettung braucht hier auch keinen Schein.

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  • Aber bei Patienten, die keiner akuten Intervention bedürfen, ist das Tatbestandsmerkmal "Not" schwerlich erfüllt. Und andere Unterlassungsdelikte scheitern daran, dass ich einem Patienten gegenüber, der zu mir kommt, zunächst keine Garantenposition inne habe, wenn ich die Behandlung ablehne.


    Das scheint mir eine theoretisch-rechtswissenschaftlich spannende Idee zu sein, die nur eingeschränkt praktikabel ist. Hint: Die Garantenstellung umgehe ich nicht dadurch, dass ich Ihr nicht nachkomme. Und bei der unterlassenen Hifelleistung definiert praktisch zumindest initial der Patient seinen Hilfebedarf. In der Praxis ist es daher sehr empfehlenswert, bezüglich des Hilfebedarfs einen dokumentierten Konsens zu erreichen.

    Damit der Patient persönlich verpflichtet würde, das Transportentgelt zu entrichten, müsste aber ein Beförderungsvertrag zwischen dem Patienten und der RD-Organisation entstanden sein. [...]

    In Baden-Württemberg vielleicht, andere Bundesländer brauchen keinen Umweg über einen privatrechtlichen Dienstvertrag. Da ist Rettungsdienst eben eine öffentlich-rechtliche Leistung, die völlig unabhängig von einem etwaigen Rechtbindungswillen des Patienten kostenpflichtig erbracht werden kann.

  • Wenn ich es ex-post nicht beurteilen kann, muss ich es auch nicht unterschreiben.

    Stimmt grundsätzlich wohl. Da selbst in Schleswig-Holstein die Krankenkassen als Kostenträger von einer ”kann gewesen sein Bescheinigung” in diesen Fällen ausgehen und solche Verordnungen in Praxis problemlos akzeptieren, verlagert aber eine Nichtunterschrift einer TV in der aufnehmenden Einrichtung nur das Problem auf die Leistungserbringer des Rettungsdienst bzw. auf die betroffenen Patienten....So kann man natürlich auch im Gesundheitswesen agieren....

  • Sollte aktuell keine Geschäftsfähigkeit vorliegen, darf der Transport nur stattfinden, wenn eine GoA vorliegt (und damit auch eine kostenpflichtigkeit) oder eine Unterbringung nach PsychKG (da sollte der Transportschein aber kein Problem sein).

    IdR wird es Verweigerung der Unterschrift doch nur in den Fällen geben, in denen offensichtlich ein Missbrauch des Rettungsdienstes vorliegt.

    Und in der Konsequenz müsste es in allen diesen Fällen eine Anzeige geben.

    Im Sinne der Schweigepflicht wäre die Frage, durch wen?

  • Stimmt grundsätzlich wohl. Da selbst in Schleswig-Holstein die Krankenkassen als Kostenträger von einer ”kann gewesen sein Bescheinigung” in diesen Fällen ausgehen und solche Verordnungen in Praxis problemlos akzeptieren, verlagert aber eine Nichtunterschrift einer TV in der aufnehmenden Einrichtung nur das Problem auf die Leistungserbringer des Rettungsdienst bzw. auf die betroffenen Patienten....So kann man natürlich auch im Gesundheitswesen agieren....

    Ist das deine persönliche Weltanschauung oder gibt es dafür belegbare Quellen? Ich würde die KTRL des GBA da dezent anders lesen.


    Und letztlich ist das die Reaktion, die man sich mit "der Erlass sagt, du musst mit eine detaillierte Stellungnahme schreiben!" und "das kannst du sich ex-post gar nicht beurteilen", redlich verdient.


    Ich bin zu alt, um mich von irgendwelchen das steht in der DA 02-3 Sprüchen beeindrucken zu lassen. Und mit solchen Nummern kann man auch nur blutige Anfänger kriegen. Gerätst du damit an einen, der sich auskennt, machst du dir im Zweifel langfristig das Leben ziemlich schwer.

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  • Häh? Ich finde Johannes hat schon Recht mit der Aussage. Bei mir würde so eine Aussage "es gibt da einen Erlass" auch auf Granit stoßen. Ich empfinde da nichts persönliches dran.

    Und in Zukunft könnte dies zu Dienst nach Vorschrift führen. Das ist genauso wie "du bist verpflichtet den Patienten aufzunehmen. KrankenhausG §"...

  • Ich würde mich gar nicht mit der Ärztin / dem Arzt des Krankenhaus streiten. Wenn meine Bitte nicht umgesetzt wird, dann soll der Rettungsdienstträger sich damit rum ärgern. Und wenn dieser von mir verlangt, dass ich einen T-Schein besorgen soll, dann bekommt er von mir die Rückmeldung, dass ich dieses versucht habe, jedoch keinen Erfolg hatte. Mehr als Fragen bzw. drum Bitten kann ich nicht. Soll der Träger doch Moskow-Inkasso beauftragen oder sich um sinnvolle Lösungen kümmern (wie in anderen Teilen Deutschlands, wo man für Notfalleinsätze keinen T-Schein benötigt). Deswegen fange ich jedoch keinen Krieg mit dem Krankenhauspersonal an.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Is klar, Argumente aus, ab in die persönliche Attacke. Halte ich aus. Langfristig erledigen sich auch mal Dinge von ganz allein...

    Liest du deine Texte eigentlich ab und an mal selbst durch? Wenn nein, würde ich dir das mal nahelegen.


    Du wirfst mir vor, mir seien die Argumente ausgegangen, nachdem ich dich unter Nennung der anzuwendenen Richtlinie auffordere, doch bitte deine, da sie der üblichen Praxis der Krankenkassen stark widersprechenden, meiner Meinung nach sehr unglaubwürdige Meinung, in SH würden die KK bei der Verordnung eines Transports im Nachhinein von einer Bescheinigung der etwaigen Möglichkeit einer Indikation ausgeht und diese deswegen erfolgen müsste, mit eine Quelle die über seine Ansicht / Meinung hinausgeht?


    Du hast bislang ausschließlich persönliche Angriffe formuliert 'das kannst du ex-post gar nicht beurteilen', 'so kann man auch Medizin machen' und hast bislang nicht einen einzigen Fakt vorgebracht, der sich irgendwie belegen oder zumindest rational nachvollziehen lässt.


    Du hast lediglich deine Meinung als Faktum verkleidet, wie die Welt sein müsste, damit dein Job maximal bequem für dich wäre. Und wenn man ganz kurz drüber nachdenkt, kann deine Meinung, dass jemand verpflichtet wäre, eine Notwendigkeit zu attestieren, die offensichtlich nicht der Fall war, weil dies aber nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, selbst mit dem geringsten Rechtsgefühl als falsch verworfen werden.


    Und es steht es auch in der KTRL des GBA, dass die Indikation ärztlich bestätigt wird und nicht, dass der Arzt eine Indikation nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen kann. Und es ist gänzlich unerheblich, ob du je davon gehört hast, wie du oben schriebst, dass es zu Regressen kam. Denn du bist davon gar nicht der Adressat. Ich habe, zugegeben, bei Entlassfahrten (wie gesagt, für Notfälle müssen wir hier auch keine ausstellen, ergo kann es keine Rückfragen geben), sehr wohl schon Stellungnahmen formuliert, warum ich diese mit dem entsprechenden Transportmittel verordnet habe. Und diese muss ich, in Gegensatz zu der hier vom RTW geforderten, auch tatsächlich schreiben.


    Faktisch geht man in Alltag natürlich großzügig mit der Bescheinigung in, weil es Stress verursacht. Aber da gibt es Grenzen. Und wenn jemand Stellungnahmen fordert und eher.. nicht zutreffende Regeln einfordert, wird der sehr schnell ein hartes Echo provozieren. Und selbstverständlich merkt man sich so ein Verhalten.

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