Verdi: DRK will Rettungsassistenten nur unter schlechteren Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen

  • Man scheint ja bis zum Schluss gehofft zu haben, dass man zukünftig für die RettAss-Vergütung RS-Tätigkeiten erledigen kann.

    Das ist für einige sicherlich schade, aber das war wirklich absehbar.

  • Ja. Auch bei den Johannitern geht das Gerücht um, dass RettAss künftig nurnoch als RettSan bezahlt werden sollen.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Die Arbeitsbedingungen werden nicht schlechter sondern die Entlohnung.


    Menschlich kann ich nachvollziehen wenn jemand mit 50+ Lebensjahren nicht die grosse Lust auf Fortbildung bzw. Höherqualifizierung hat.

    Dann ist aber auch jedes Gejammer wg. der Folgen zu unterlassen. |

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Wer zehn Jahre verstreichen ließ und jünger als 60 ist, sollte sich nicht beschweren. Überspitzt könnte man sogar sagen, dass in diesem Fall sehr deutlich ist, dass der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin offensichtlich kein Interesse an der Notfallrettung hat. Mich persönlich ärgert es, dass in vielen Ländern RettAss ab dem kommenden Jahr weiterhin verantwortlich auf dem RTW oder als Belohnung für die Faulheit auf dem NEF sitzen dürfen.


    Selbstverständlich hat jedes Einzelschicksal die passende Ausrede parat, aber wenn wir über Qualitätssteigerung sprechen, gehören regelmäßige Aus- und Fortbildungen dazu, auch wenn man dafür lernen und eine Prüfung absolvieren muss - ja was denn auch sonst?

  • Also ich kann Kolleg*Innen verstehen, die nach einer langen Dienstzeit als RettAss alterbedingt ohnehin nurnoch NEF und/oder ITW fahren und deshalb keinen großen Sinn darin sehen, eine Ergänzungsprüfung oder was auch immer zu machen. Und ich finde es unfair, diese Leute herabzustufen.

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  • Also ich kann Kolleg*Innen verstehen, die nach einer langen Dienstzeit als RettAss alterbedingt ohnehin nurnoch NEF und/oder ITW fahren und deshalb keinen großen Sinn darin sehen, eine Ergänzungsprüfung oder was auch immer zu machen. Und ich finde es unfair, diese Leute herabzustufen.

    Völlig unabhängig von der Qualifikation sollten gesundheitlich beeinträchtigte aber einsatzfähige Kolleginnen immer eine Möglichkeit haben, auf weniger körperlich fordernden Funktionen eingesetzt zu werden. Bei über zehn Jahren bis zur Rente ist aber auch hier der Ausschluss einer Fortbildung eine schwache Ausrede. Plump gesagt sitze ich drei Wochen ab, spiele zwei Fallbeispiele durch und quatsche in gemütlicher Runde über Medizin - wer das nicht will oder nicht schafft, der hat nichts mit Verantwortung zu tun. Und das wird sogar von meinem Arbeitgeber bezahlt, denn der möchte wahrscheinlich auch gerne hochqualifiziertes Personal einsetzen, sonst ist Notfallrettung einfach der falsche Berufszweig.

  • Die Frage die ich mir stelle ist weniger ob das fair oder unfair ist sondern eher ob das rechtlich überhaupt geht.

    Kommt vermutlich auch darauf an, was die Kostenträger in den kommenden Jahren finanzieren wollen. Wenn der RettAss nicht mehr gefordert oder im RettG gelistet ist, dürfte die Entscheidung leicht sein. So lange er drin steht, wird wohl auch bezahlt.

  • Inwiefern verbessert es denn die Qualität, wenn ein RettAss mit 30 Jahren Einsatzerfahrung jetzt mit Ergänzungsprüfung NEF fährt statt ohne?

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  • Man darf auch nicht vergessen, dass der RettAss immer noch derjenige Ausbildungsstand ist, der nicht 30 Jahre lang per se für katastrophale Zustände gesorgt hat. Und wir haben auch heute noch immer die gleiche Sorte Mensch, die in diesem Beruf auf dieser Position arbeitet, sei es RettAss oder NotSan.
    Ich möchte das Thema Hybris nicht schon wieder bemühen.

    Natürlich ist der RettAss ein Auslaufmodell, gar keine Frage. Das war schon lange absehbar und ist tatsächlich durch die jahrzehntelangen berufspolitischen Bemühungen der Mehrzahl der RettAss auch so gewollt. Aber warum soll sich das jetzt für diejenigen als Eigentor rausstellen, die z.B. auf der Zielgeraden vor der Rente den Stress nicht mehr brauchen?

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Ich kann ehrlicherweise bei einem größeren Teil gerade bei den "sehr" älteren aufgestockten NFS nicht unbedingt einen Qualitätssprung nach der Prüfung erkennen. Natürlich gibt es welche, die mit der Prüfung einen Motivationsschub erhalten haben und eine merklich bessere Arbeit abliefern, die meisten machen aber so weiter wie zuvor und führen Maßnahmen nicht durch, obwohl sie sie jetzt können und auch durchführen müssten.

  • Inwiefern verbessert es denn die Qualität, wenn ein RettAss mit 30 Jahren Einsatzerfahrung jetzt mit Ergänzungsprüfung NEF fährt statt ohne?

    Dann drehe ich das halt um, warum sollte eine 30jährige Erfahrung nicht ausreichen, um einfach der Gesetzmäßigkeit folgend eine kleine Prüfung zu machen und sich den Rahmenbedingungen anzupassen? Damit zeigt er, dass er auf dem aktuellen Stand ist, lässt er es bleiben, zeigt er es eben nicht und muss mit eventuellen Konsequenzen leben.

  • Bei der JUH ist der RettAss im Tarifvertrag AVR JUH DWBO hinterlegt. Es dürfte dem AG doch sicher schwer fallen, eine finanzielle Herabstufung zu begründen, wenn die Position ja tariflich hinterlegt ist?


    Konkret wird ja dort der RettAss der EG 6* unter folgenden Bedingungen zugeschlagen:


    Entgeltgruppe 6 (Anm. 5, 12, 13)

    A. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die erweiterte und

    vertiefte Kenntnisse und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen


    Eine spezielle Position auf einem Auto oder ein Funktion wird ja dort nicht benannt.


    *bezahlt wird ja sogar die 6+ bei einer Tätigkeit als Rettungsassistent.


    Ansonsten ist eine arbeitsverantwortliche Herabstufung der RettAss sicher kaum zu vermeiden, und das sollte den verbliebenen RettAss auch bekannt gewesen sein.

  • Damit zeigt er, dass er auf dem aktuellen Stand ist

    Warum sollte man das zeigen müssen? Davon würde man doch ausgehen. Nach der Logik müsste ich ja auch jedes Jahr jeden Buchstaben-Kurs machen, um zu zeigen, dass ich auf dem aktuellen Stand bin. Oder ein Staatsexamen.


    Ich würde eher davon ausgehen, dass jemand, der 30 Jahre Erfahrung hat, seinen Beruf richtig ausführt, insbesondere, wenn von den Ärzten und den anderen Kollegen keine Klagen kommen und wenn diese Person Fortbildungen besucht hat, entweder in Form der Pflichtfortbildung oder darüber hinaus. Ich denke übrigens auch, dass die drei Wochen, in denen man im Ergänzer-Lehrgang auf eine Handvoll Fallbeispiele dressiert wird, besser anderweitig investieren könnte und dann mit höherem Benefit.


    Last but not least ist es auch betriebswirtschaftlich nicht unbedingt sinnvoll, einen RettAss, dessen Qualifikation für NEF und ITW ausreicht, für drei Wochen aus dem Betrieb zu nehmen und ihn für einiges Geld an eine Schule zu schicken, wo er beweisen soll, dass er ein paar Medikamente kennt, die er auf einem arztbesetzten Rettungsmittel ohnehin nicht eigenverantwortlich einsetzt.


    Dass gute Medikamenten- und sonstige Kenntnisse und Fortbildungen die Qualität auch in diesem Kontext verbessern, allein vom CRM-Gedanken her, ist auch klar. Aber das erreicht man ja anderweitig viel besser, beispielsweise durch hochwertiges Simulationstraining.

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  • Ich kann ehrlicherweise bei einem größeren Teil gerade bei den "sehr" älteren aufgestockten NFS nicht unbedingt einen Qualitätssprung nach der Prüfung erkennen. Natürlich gibt es welche, die mit der Prüfung einen Motivationsschub erhalten haben und eine merklich bessere Arbeit abliefern, die meisten machen aber so weiter wie zuvor und führen Maßnahmen nicht durch, obwohl sie sie jetzt können und auch durchführen müssten.

    Das würde ich so unterschreiben, da es vollkommen meiner Erfahrung entspricht. Und ich meine nicht nur die Erfahrung im aktiven Fahrdienst. Ich bin auch als Dozent an verschiedenen Schulen tätig, habe auch viel in den Ergänzer-Lehrgängen für 5+ Jahre ausgebildet, und da zeichnet sich bei einem großen Teil der Kandidaten ein typisches Bild ab. Nämlich das Bild eines Kollegen, der ein gefestigtes Mindset als RettAss hat und das auch verteidigt. Da kommen dann Argumente wie die Nichtbeherrschung von Nebenwirkungen oder der mangelnden Notwendigkeit, da viele Maßnahmen ja nicht zwingend notwendig sind, um Lebensgefahr abzuwenden. Wer Jahrzehnte lang die Betonung auf Assistent gelegt hat mit gelegentlichen Notkompetenz-Maßnahmen, wenn die Gefahr nicht anders abwendbar war, kann das oft nicht so einfach ablegen.


    Und jetzt zu den Ergänzer-Lehrgängen für Altgediente im Allgemeinen. Die sind für viele Kolleginnen und Kollegen gut, und der Lehrgang, den ich in Pfalzgrafenweiler besucht habe, gehört zu den besten Fortbildungen, die ich jemals besucht habe mit ausnahmslos hochkompetenten Dozenten und intensiver Arbeit in Kleingruppen, die den Namen verdient haben. Das ganze hat bei mir gut funktioniert, da ich mich ein ganzes Jahr lang im Vorfeld theoretisch darauf vorbereitet habe. ein Jahr lang habe ich in meiner Freizeit nichts anderes gemacht als Theorie zu lernen für diese Prüfung.


    Als ich daran teilgenommen habe, habe ich aber auch gemerkt, dass einige Kolleginnen und Kollegen eher nur eine Konsumenten-Haltung an den Tag gelegt haben. Das waren Leute, die das Lernen mit dem RettAss-Examen weitgehend eingestellt hatten und die jetzt an allen Ecken und Enden ihre Schwierigkeiten hatten. Auch bei diesen Leuten gelingt es aber in der Regel, sie auf die Handvoll Fallbeispiele mit den typischen Medis zu dressieren. Die wissen dann, aha, wenn ich im Fallbeispiel den Nagel in der Hand kriege, dann muss ich Vomex und Morphin geben. Und wenn ich das perforierende Thoraxtrauma bekomme, dann muss die Nadel da rein. Das ist zwar nicht falsch, fußt aber nicht auf einer grundständigen Kompetenz, sondern eher auf schlichter Konditionierung. Und das hat mit einem Qualitätssprung sicherlich nichts zu tun.


    Lange Rede, kurzer Sinn: Ein Ergänzungslehrgang für erfahrene RettAss ist gut, wenn die das wollen, sich darauf einlassen und die Motivation zu haben, ihr Mindset zu ändern von Assistent auf Teamleader bei medizinischen Notfällen. Wer das nicht möchte oder nicht kann, sollte die Freiheit besitzen, weiterhin als RettAss eingesetzt zu werden - dass man dann den Beifahrersitz des RTW nicht mehr besetzen kann, muss man in diesem Fall akzeptieren. Dass diese Leute nicht auf dem aktuellen Stand sind oder sonstwie keine Qualität liefern, ist eine Unterstellung, für die ich weder aus allgemeinen Erwägungen noch aufgrund meiner Erfahrung einen vernünftigen Grund erkennen kann. Die RettAss, die ich noch kenne, sind jedenfalls oft gut in ihrem Job und in ihrem jeweiligen Kontext. Und diejenigen, die es nicht sind, dürften auch durch eine Ergänzungsprüfung kaum besser werden.

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    wenn es ein High-Performer ist, der sich ohnehin regelmäßig fort- und weiterbildet, Dann wird das Ablegen der Ergänzungsprüfung bis auf das Papier keinen unterschied machen.


    Allerdings glaube ich, dass diese Personengruppe die Prüfung schon lange abgelegt hat, da es ja diverse Vorteile (höheres Gehalt, mehr Verantwortung, klare Kompetenzen abseits der Notkompetenz) Mit sich bringt, die NotSan Urkunde zu besitzen


    Vielmehr vermute ich (und das deckt sich auch mit meinen Beobachtungen hier vor Ort), dass jetzt nur noch diejenigen nicht die Prüfung abgelegt haben, bei denen das Auslaufen relativ genau dem Renten- Eintritt entspricht, oder aber die so arbeiten, dass die Chance für ein Bestehen der Ergänzungsprüfung deutlich geringer ist als für das durchfallen und die sich jetzt lieber als „langjähriger Rettungsassistent mit 30 Jahren Berufserfahrung“ sehen, als jemand, der durch die Prüfung gefallen ist.


    Hier vor Ort wurde allen Mitarbeitern die Möglichkeit gegeben, sich weiter zu qualifizieren, und die Ergänzungsprüfung abzulegen, inklusive bezahlter Schule, bezahlten Prüfungsgebühren und Freistellung zum lernen beziehungsweise auch Einsatz der betriebseigenen Praxisanleiter, um diese fit für die Prüfung zu bekommen .


    Letztendlich kann ich auch die Arbeitgeber verstehen, die nach all diesen Angeboten und bei fehlender Refinanzierung zu Mitteln wie Änderungskündigung und so weiter greifen.

  • Als Krankenpfleger weiss ich das es Kollegoiden gibt die nach der dreijährigen Ausbildung nie-niemals-nicht eine Fort- oder Weiterbildung gemacht haben. Begründung. isso - und bei dem Personalmangel hat der AG gar keine Handhabe. Wenn er Druck machen sollte dann wechsle ich einfach.


    Diese Haltung unterstelle ich auch im RD-Gewerbe bei einigen...

    Auch hier ist die Personalnot ein gerne benutztes Druckmittel von Seiten des Beschäftigten.


    Es geht auch nicht darum das jemand dreissig Jahre alles gut gemacht hat - es geht vielmehr darum es künftig noch besser zu machen.

    Die persönliche Berufserfahrung kann das eben nicht komplett ersetzen.


    RD 09/2023 hat als Schwerpunktthema die präklinische Ultraschalldiagnostik.

    Ich mit meinen 65 Lebensjahren werde mir das nicht mehr aneignen (müssen).


    Ein Kollege mit 40 Lebensjahren aber wird meiner Einschätzung nach in den nächsten Jahren damit konfrontiert werden - auch wenn es ÄLRD und Hiorgfürsten geben wird die (wieder einmal) das Ende des Hl. Abendlandes heraufbeschwören.


    Sehe ich die ersten Projekte zur Thematik des Gemeindenotfallsanitäters dann heisst das für mich in der praktischen Umsetzung das hier nicht nur Lebenserfahrung und das Vernebeln von Salbutamol notwendig ist sondern eben auch primär pflegerische Tätigkeiten und die Fähigkeit die im Arbeitsbereich vorhandenen Ressourcen für die jeweils zu versorgende Person zu kennen, zu bündeln und zu nutzen.


    Die Veränderungen in der stationären Versorgung (Abbau von Klinikbetten) haben als Konsequenz auch das eben nicht mehr jeder Patient in die Klinik gekarrt wird weil das am einfachsten ist.


    Mein Fazit: wer zu bequem ist sich weiter um Wissen und Können zu bemühen soll Paketauslieferer oder Pizzabote werden.

    raphael-wiesbaden


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