Aktualisierung des Notarztindikationskataloges (NAIK)

  • Außer, dass es nun im ABCDE-Schema sortiert ist, hat sich nicht viel getan, oder? Sogar der Schlaganfall ist noch drin (und wird Apoplex genannt). Ich bin fast ein bisschen sprachlos.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Da steht doch "mit Vitalfunktionsstörungen". Das wird so auch erläutert:


    Zitat

    Zudem wurde berücksichtigt, dass Einsätze mit ausschließlich vorliegendem „D“-Problem (z. B. Schlaganfall ohne begleitendes „ABC“-Problem und damit ohne vitale Gefährdung) in der Regel keine spezifischen notärztlichen Maßnahmen erforderlich machen und entsprechende Einsätze mit dem Ziel eines möglichst kurzen Zeitintervalls bis zum Erreichen der geeigneten Zielklinik ohne Notarztbeteiligung erfolgen können

    Das finde ich so absolut in Ordnung, weil hier nicht der Schlaganfall die Indikation ist, sondern eine Störung der Vitalfunktionen.

  • Das finde ich so absolut in Ordnung,

    Das überrascht mich natürlich sehr.

    Der Schlaganfall mit GCS 13 profitiert nicht vom Notarzt, sondern vom schnellen Transport. Das darauf bestehen, überall einen Notarzt hinzuschicken (das wort "Nachforderung" kommt nicht vor), ist einfach nicht mit Patientensicherheit zu erklären.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Das überrascht mich natürlich sehr.

    Der Schlaganfall mit GCS 13 profitiert nicht vom Notarzt, sondern vom schnellen Transport. Das darauf bestehen, überall einen Notarzt hinzuschicken (das wort "Nachforderung" kommt nicht vor), ist einfach nicht mit Patientensicherheit zu erklären.

    Ein Patient, der mit einem Schlaganfall auf dem Transport ins Krankenhaus aspiriert oder durch einen Schock cerebral zusätzlich geschädigt wurde, profitiert von einem vielleicht (!) schnelleren Transport (dass der NA länger als der RTW benötigt, sehe ich hier immer weniger) leider auch nicht so wirklich. Von daher gibt es eben nun mal Unterschiede bei der Diagnose Apoplex und Apoplex.

  • Im Übrigen steht im Katalog auch nicht, stehen Sie als RTW untätig an der Einsatzstelle und streben Sie auf keinen Fall ein Rendez-vous mit dem parallel alarmierten NA an, wenn dessen Ankunft an der Einsatzstelle den Transport deutlich verzögern würde.

  • Da steht doch "mit Vitalfunktionsstörungen". Das wird so auch erläutert:


    Das finde ich so absolut in Ordnung, weil hier nicht der Schlaganfall die Indikation ist, sondern eine Störung der Vitalfunktionen.

    Schwierig am Telfon den Grad der Vitalbedrohung einzuschätzen und infolge dessen, könnten alle cerebralen Ereignisse mit Notarzt beschicket werden.

    Aber vielleicht geschehen auch Wunder. Ist ja Weihnachtszeit🎁

  • Schwierig am Telfon den Grad der Vitalbedrohung einzuschätzen und infolge dessen, könnten alle cerebralen Ereignisse mit Notarzt beschicket werden.

    Aber vielleicht geschehen auch Wunder. Ist ja Weihnachtszeit🎁

    Bei uns funktioniert das schon sehr lange so sehr gut. Und ja, es gibt einen Grenzbereich, aber was relevante Bewusstseinsstörungen im eigentlichen Sinne angeht bin ich da bei Hilope. Oft genug sind es dann doch ICBs oder relevante Basilarisverschlüsse. Aber, die meisten Schlaganfälle sind halt ohne und können daher sehr gut solo abgearbeitet werden.

  • "Apoplex/akute neurologische Ausfälle mit Vitalfunktionsstörung"

    "Zudem wurde berücksichtigt, dass Einsätze mit ausschließlich

    vorliegendem „D“-Problem (z. B. Schlaganfall ohne begleitendes

    „ABC“-Problem und damit ohne vitale Gefährdung)

    in der Regel keine spezifischen notärztlichen Maßnahmen

    erforderlich machen und entsprechende Einsätze mit dem

    Ziel eines möglichst kurzen Zeitintervalls bis zum Erreichen

    der geeigneten Zielklinik ohne Notarztbeteiligung erfolgen

    können."


    GCS 13 ist ja nun eher ein isoliertes D Problem und kein ABC Problem, insofern sehe ich ausreichenden Spielraum, keine Notarztindikation zu sehen.

    Das immer noch Apoplex benutzt wird, ist allerdings wirklich doof. Denn alleine eine globale Aphasie macht ja schon GCS 12.

  • Außer, dass es nun im ABCDE-Schema sortiert ist, hat sich nicht viel getan, oder? Sogar der Schlaganfall ist noch drin (und wird Apoplex genannt). Ich bin fast ein bisschen sprachlos.

    Ich sehe in der Differenzierung der Symptomatik durchaus einen großen Schritt nach vorne; mit diesem Katalog kann man versuchen, zu arbeiten, was ja auch zur oft geforderten Rechtssicherheit führen kann.


    Ich empfehle für die Bewertung den Vergleich mit dem bisherigen Indikationskatalog. Ich meine, was fängt man denn mit "keine normale Atmung" oder "reagiert nicht adäquat auf Ansprechen und Rütteln" an?

    Schwierig am Telfon den Grad der Vitalbedrohung einzuschätzen und infolge dessen, könnten alle cerebralen Ereignisse mit Notarzt beschicket werden.

    Weil man möglicherweise die Kompetenz der Disponenten realistisch einschätzt :S, stehen ja links die Symptome, bei deren Auftreten ein Notarzt alarmiert werden soll, und rechts nur erläuternde Beispiele.


    Wenn das "cerebrale Ereignis" also weder zu Bewusstlosigkeit, fehlender Ansprech-/Erweckbarkeit noch zu akuten stärksten Kopfschmerzen mit neurologischen Ausfällen oder Nackensteifigkeit führt und es sich auch um keine langanhaltenden, generalisierten Krampfanfälle/auch Fieberkrämpfe, handelt, besteht keine Notarztindikation.

  • Schwierig finde ich aus der Sicht den Handlungsspielraum der Leitstelle, gerade was aus Sicht des Berliner Urteils (Atemnot, Asthmaanfall) zu beachten ist. Das Gericht ist damals zum Schluss gekommen, dass die Symptomkonstellation eine Notarzt-Indikation hätte erkennbar machen müssen. Maßgeblich sind allein Art und Ausmaß der Symptome, die einen lebensbedrohlichen Zustand implizieren, so die Orientierungsgrundsätze des Gerichts (so wie ich das als juristischer Laie verstehe). In diesem Zusammenhang machen mir einige Formulierungen in dem NAIK da durchaus Kopfschmerzen (nur ein bissel, sonst bräuchte ich ja einen Notarzt). Denn hinter auffälligen, ungewöhnlichen Atemgeräuschen oder schneller Atmung können auch subakute Infekt-induzierte COPD-Exazerbationen, die eben noch keine ARI bzw. NIV brauchen, stecken, oder auch eine Hyperventilation eines pubertierenden Mädchens mit Liebeskummer stecken. Mit dem Alltag da draußen passt das irgendwie nicht zusammen. Ich fürchte daher schon, dass die Ressource Notarzt in Zukunft weiter inflationär eingesetzt wird, auch mit den entsprechen Folgen der Motivation der Ärzte (und vorhandenen Personalressourcen).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich fürchte daher schon, dass die Ressource Notarzt in Zukunft weiter inflationär eingesetzt wird, auch mit den entsprechen Folgen der Motivation der Ärzte (und vorhandenen Personalressourcen).

    Dann liegt es aber vielleicht auch weiterhin an den ängstlichen und defensiven Disponenten und gar nicht so sehr an der BÄK…

  • Ich bin auch nicht mit allen Änderungen glücklich z.B. beim ACS und dem "hypertensiven Notfall", bei dem immer noch zu wenig bzgl. der Dringlichkeit bzw. Schwere differenziert wird und heute einen Großteil meiner nicht indizierten Einsätze darstellen. Auch sind die meisten Patienten mit Atemnot mit wenigen Maßnahmen wie Sauerstoffgabe oder Medikamenten-Verneblung adäquat und ausreichend ohne notärztliche Hilfe zu behandeln. Allerdings empfehle ich, die Erläuterungen zu den Indikationen zu lesen. Denn diese sagen zum Beispiel ausdrücklich, dass

    [... ] eine Hyperventilation eines pubertierenden Mädchens mit Liebeskummer [...]

    erst einmal keine NA-Indikation darstellt:

    Zitat

    Weiterhin sollte bei einer Atemfrequenz > 25/min eine Hyperventilation aufgrund psychischer Erregung als Ursache ausgeschlossenen werden

  • Was mir fehlt ist hinter jeder Indikation, bzw Symptomkomplex eine Evidenzangabe. Denn bei den meisten handelt es sich ja um reine Eminenz, nicht um Evidenz. Wäre mal ein Anreiz daran zu arbeiten.. dann ist es nicht immer nur ein hätte, könnte, sollte, sondern ein wir wissen ob es (im Mittel) besser wäre einen Notarzt zu haben - oder eben nicht.

  • Wenn ich Punkt 2 "Beratungsablauf und methodisches Vorgehen" richtig verstehe, dann sollen die Indikationen evidenzbasiert bzw. gesetzlich bestimmt sein. Richtig ist, dass man das jeweilige Level hätte angeben können oder sollen.

  • Wenn ich Punkt 2 "Beratungsablauf und methodisches Vorgehen" richtig verstehe, dann sollen die Indikationen evidenzbasiert bzw. gesetzlich bestimmt sein. Richtig ist, dass man das jeweilige Level hätte angeben können oder sollen.

    So evidenzbasiert wie es eben geht.. Und bei vielen Punkten ist es da nicht weit her. Wie in diversen Leitlinien. Da ist es nur besser zu erkennen.. was in dem Kontext gesetzlich bestimmt bedeutet, bzw auf n Gesetzen das fußen soll, verstehe ich allerdings nicht..

  • Schwierig finde ich aus der Sicht den Handlungsspielraum der Leitstelle, gerade was aus Sicht des Berliner Urteils (Atemnot, Asthmaanfall) zu beachten ist. Das Gericht ist damals zum Schluss gekommen, dass die Symptomkonstellation eine Notarzt-Indikation hätte erkennbar machen müssen.

    Damals war ja das Symptom auch noch "keine normale Atmung, ausgeprägte oder zunehmende Atemnot, Atemstillstand" und ein Beispiel "Asthmaanfall".

    Was mir fehlt ist hinter jeder Indikation, bzw Symptomkomplex eine Evidenzangabe.

    Oh ja, das wäre nett. Und das darf man dann natürlich auch von jeder Dispositionsentscheidung und jeder ärztlichen Therapieentscheidung erwarten. Kein Evidenznachweis -> Behandlungsfehler. Was mir das an Geld sparen würde! :S

  • Dann liegt es aber vielleicht auch weiterhin an den ängstlichen und defensiven Disponenten und gar nicht so sehr an der BÄK…

    Jein. Denn an was orientieren sich Gerichte, wenn es zu einem Schaden bzw. Klage gekommen ist?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.