Berliner Feuerwehr: Warum Sie im Dezember in Berlin keinen Infarkt bekommen sollten

  • Dann muss man hinterfragen warum der AG dich gewähren lässt.

    Der dachte auch das eine SNA Rechtssicherheit bietet und das zu jedem dringenden Einsatz der HvO muss.

    Wenn die Leitung (fachlich) selbst keine Ahnung hat dann argumentiert es sich halt auch schlecht.

    Aber da ich da nicht mehr arbeite belastet mich das auch nicht mehr!

  • Das hat mit der Entgeltgruppe und dem Mut nichts zu tun, lieber Jörg. Hier geht es um die Systemorganisation, nicht um das individuelle Verhalten einzelner Disponenten.

    Ja, genau. Und für die mangelhafte Systemorganisation kann die BÄK recht wenig.

  • Ja, genau. Und für die mangelhafte Systemorganisation kann die BÄK recht wenig.

    Die spannende Frage ist dabei jedoch, welches System sich anpassen sollte? Die SOP oder der NAIK? Die SOP sehen häufiger alleinige RTW-Indikationen für bestimmte Meldebilder vor. Wollen wir wieder einen Schritt zurück machen, was seit Jahren gut funktioniert? Also zu Oma Piepenbrink mit ihren starken Hüftschmerzen nach Sturz wieder ein NEF (oder RTH) entsenden, was der RTW mittlerweile alleine macht (die Analgesie). Hier entsteht ja der Konflikt.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das ist ja auch okay so für dich. In Berlin (darum gehts ja im Bsp) ist das aber untersagt. Dafür aber, haftet der AG vollumfänglich für alle Regressforderungen.

    Dachte dafür hat Berlin einen (L)NA in der LST sitzn, bzw zweiundrölfzig ÄLRD.. dürfen nicht mal die den RTW bei Zeckenbiss verwehren, wenn der Algorithmus was anderes sagt?

  • Dachte dafür hat Berlin einen (L)NA in der LST sitzn, bzw zweiundrölfzig ÄLRD.. dürfen nicht mal die den RTW bei Zeckenbiss verwehren, wenn der Algorithmus was anderes sagt?

    In Berlin laufen jährlich 1 223 000 Notrufe ein, das wird wohl schwierig für den einen Tele-NA, das zu filtern...

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • In Berlin laufen jährlich 1 223 000 Notrufe ein, das wird wohl schwierig für den einen Tele-NA, das zu filtern...

    Aber es sollte möglich sein, dass der jeweilige Disponent sich denkt "Zecke und RTW, das passt nicht, aber selber verändern darf ich nicht, also leite ich das an den TNA weiter..."

  • Die spannende Frage ist dabei jedoch, welches System sich anpassen sollte? Die SOP oder der NAIK? Die SOP sehen häufiger alleinige RTW-Indikationen für bestimmte Meldebilder vor. Wollen wir wieder einen Schritt zurück machen, was seit Jahren gut funktioniert? Also zu Oma Piepenbrink mit ihren starken Hüftschmerzen nach Sturz wieder ein NEF (oder RTH) entsenden, was der RTW mittlerweile alleine macht (die Analgesie). Hier entsteht ja der Konflikt.

    Ich glaube, dass man den NAIK so lesen kann, dass das kein Problem ist. Man muss die Erläuterungen halt mitlesen. Und dann ist zum Beispiel die „unmittelbar bevorstehende Geburt“ eben tatsächlich unmittelbar bevorstehend und nicht „Stuhldrang bei fortgeschrittener Schwangerschaft“ und eine „ausgeprägte Atemnot“ ist halt tatsächlich eine schwere Dyspnoe und nicht ein bisschen Rasseln. Bei beiden Beispielen sehe ich tatsächlich eine Notarztindikation. Wenn das Abfragesystem es nicht schafft, solche Differenzierungen sauber abzubilden, oder der Disponent es nicht schafft, das klar zu unterscheiden, ist das weder ein Problem des NAIK noch der SOP, sondern der systemischen Umsetzung. Der Konflikt entsteht also an einer anderen Stelle. Zum Beispiel da, wo der Disponent nicht begründet (!) vom AlarmierungsVORSCHLAG (!) einer Software abweichen darf.

  • Aber es sollte möglich sein, dass der jeweilige Disponent sich denkt "Zecke und RTW, das passt nicht, aber selber verändern darf ich nicht, also leite ich das an den TNA weiter..."

    Der Fall sollte ja gar nicht vorkommen. Der hat sich ja einfach verclickt oder verhört...

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Die spannende Frage ist dabei jedoch, welches System sich anpassen sollte? Die SOP oder der NAIK? Die SOP sehen häufiger alleinige RTW-Indikationen für bestimmte Meldebilder vor.

    Das kann ich mir kaum vorstellen. Die SOP machen Vorgabe für durchzuführende Maßnahmen, wenn Rettungsfachpersonal - vorwiegend Notfallsanitäter - ohne ärztliche Leitung Behandlungen vornehmen müssen. Mir wäre neu, dass sich SOPs an das Personal der Leitstellen richten.

    Wollen wir wieder einen Schritt zurück machen, was seit Jahren gut funktioniert?

    Der NAIK hat das Ziel, die Notarztalarmierung treffsicherer zu machen. Mir wäre neu, dass das seit Jahren gut funktioniert. Im Gegenteil: ich lese regelmäßig, dass schon die indikationsgerechte Alarmierung von RTW offensichtlich jenseits der Möglichkeiten vieler Leitstellen liegt.

    Aber es sollte möglich sein, dass der jeweilige Disponent sich denkt "Zecke und RTW, das passt nicht, aber selber verändern darf ich nicht, also leite ich das an den TNA weiter..."

    Dann hoffen wir mal sehr, dass in Berlin kein rettungsdienstlich qualifiziertes Personal auf der Leitstelle sitzt. Wer einen Tele-Notarzt braucht, weil er nicht alleine entscheiden kann oder darf, dass für eine Zecke kein RTW zu alarmieren ist, dem möchte ich keine Patienten anvertrauen; Notfallpatienten noch weniger.


    Aber das muss so etwas Magisches sein: Notfallsanitäter sind besser als fast jeder Notarzt - erst dann, wenn sie eine Leitstelle betreten (oder es darum geht, einen Patienten nicht mit dem RTW in die Klinik zu transportierten, obschon der das toll fände), verlieren sie alle Fähigkeiten wie Samson, als man ihm die Haare geschnitten hatte, und bedürfen ärztlicher Supervision, damit sie Zecken nicht mit RTW beschicken. Es ist ein Wunder!

    Der Fall sollte ja gar nicht vorkommen.

    Das ist eines der Probleme mit Algorithmen, ja.

  • Ich glaube, dass man den NAIK so lesen kann, dass das kein Problem ist. Man muss die Erläuterungen halt mitlesen.

    Das habe ich getan, weshalb ich ja glaube, dass das ein Problem werden könnte.


    Das kann ich mir kaum vorstellen. Die SOP machen Vorgabe für durchzuführende Maßnahmen, wenn Rettungsfachpersonal - vorwiegend Notfallsanitäter - ohne ärztliche Leitung Behandlungen vornehmen müssen. Mir wäre neu, dass sich SOPs an das Personal der Leitstellen richten.

    Es geht darum, dass ggf. wieder häufiger ein Notarzt entsendet werden müsste/sollte, was seit einigen Jahren die NotSan gemäß SOP alleine machen (also NA-Indikationen reduziert wurden). SOP (oder SER, je nach Nomenklatur) gibt es übrigens in vielen Berufen. Standardeinsatzregel Gefahrenmeldeanlage, Wohnungsbrand oder VU eingeklemmt. Es gibt auch "SOP" für Disponenten; sie nennen sich nur anders (hier und da).


    Der NAIK hat das Ziel, die Notarztalarmierung treffsicherer zu machen. Mir wäre neu, dass das seit Jahren gut funktioniert. Im Gegenteil: ich lese regelmäßig, dass schon die indikationsgerechte Alarmierung von RTW offensichtlich jenseits der Möglichkeiten vieler Leitstellen liegt.

    Das stimmt. Und die Bemühungen in der Hinsicht sind auch lobenswert (sofern keine Lobby-/Standesdünkel-Gedanken die Sachlage verschlimmern). Ich habe jedoch meine Zweifel, dass der neue NAIK hier so viel besser sein wird. Wir werden es erleben.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Es geht darum, dass ggf. wieder häufiger ein Notarzt entsendet werden müsste/sollte, was seit einigen Jahren die NotSan gemäß SOP alleine machen (also NA-Indikationen reduziert wurden). SOP (oder SER, je nach Nomenklatur) gibt es übrigens in vielen Berufen. Standardeinsatzregel Gefahrenmeldeanlage, Wohnungsbrand oder VU eingeklemmt. Es gibt auch "SOP" für Disponenten; sie nennen sich nur anders (hier und da).

    Es ist doch niemand gehindert, vom NAIK abzuweichen, weder ein Leitstellenbetreiber im Hinblick auf die Vorgaben, die er seinen Mitarbeitern macht, noch ein Mitarbeiter (solange er nicht von Vorgaben seines Arbeitgebers abweicht). Problematisch wird das doch nur, wenn sich diese Abweichung als fachlich falsch erweist und dadurch jemand geschädigt wird. Es genügt also, fachlich richtige Vorgaben zu machen.

    Ich habe jedoch meine Zweifel, dass der neue NAIK hier so viel besser sein wird. Wir werden es erleben.

    Oh, diese Zweifel habe ich auch, aber nicht wegen des NAIK.

  • Es ist doch niemand gehindert, vom NAIK abzuweichen, weder ein Leitstellenbetreiber im Hinblick auf die Vorgaben, die er seinen Mitarbeitern macht, noch ein Mitarbeiter (solange er nicht von Vorgaben seines Arbeitgebers abweicht). Problematisch wird das doch nur, wenn sich diese Abweichung als fachlich falsch erweist und dadurch jemand geschädigt wird. Es genügt also, fachlich richtige Vorgaben zu machen.

    Genau hier sehe ich jedoch den Konflikt, sollte einer (der einen Notarzt brauchte) von tausenden Fällen (die keinen brauchten gemäß SOP und trotz NAIK) durch das Raster fallen. Dann kommen die berühmten hätte, hätte, Fahrradkette Fragen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das ist eines der Probleme mit Algorithmen, ja.

    Das sie falsch angewendet werden?


    Und nach einem Verkehrsunfall sagst du auch: das ist eines der Probleme mit Autos ja, wenn man zu schnell fährt, gehts manchmal kaputt.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Aber das muss so etwas Magisches sein: Notfallsanitäter sind besser als fast jeder Notarzt - erst dann, wenn sie eine Leitstelle betreten (oder es darum geht, einen Patienten nicht mit dem RTW in die Klinik zu transportierten, obschon der das toll fände), verlieren sie alle Fähigkeiten wie Samson, als man ihm die Haare geschnitten hatte, und bedürfen ärztlicher Supervision, damit sie Zecken nicht mit RTW beschicken. Es ist ein Wunder!

    So viel Zynismus steht dir nicht. Solche strengen Abfragesysteme sind darauf ausgelegt, dass medizinische Laien das abfragen. Und in Berlin fragen nicht immer NotSan ab, sondern auch RettSan oder andere Qualifikationen.

    Davon ab wieder das alte Problem: Argumente verschiedener "Lager" vermengen, und dann suggerieren, dass es eine Dissonanz gäbe. Das lässt sich aber damit erklären, dass jene, welche der (aktuellen) Kompetenzen von Notärzten sehr kritisch sind, nicht diejenigen sind, die einen Arzt in der Leitstelle fordern...

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Solche strengen Abfragesysteme sind darauf ausgelegt, dass medizinische Laien das abfragen. Und in Berlin fragen nicht immer NotSan ab, sondern auch RettSan oder andere Qualifikationen.

    Wenn Berlin Abfragesysteme zur Abfrage durch medizinische Laien einführt, warum verschwendet man dort dann das Geld der anderen Bundesländer damit, Notfallsanitäter oder Rettungssanitäter auf der Leitstelle einzusetzen?

  • Wenn Berlin Abfragesysteme zur Abfrage durch medizinische Laien einführt, warum verschwendet man dort dann das Geld der anderen Bundesländer damit, Notfallsanitäter oder Rettungssanitäter auf der Leitstelle einzusetzen?

    Das Frage ich mich in allen Leitstellen die mit MPDS arbeiten (Oldenburg, Wiesbaden, Bodensee, etc.) und trotzdem teure Fachkräfte da hin setzen.
    In Berlin war schon der ehem. LBD der Meinung dass man mit Einführung der Software 2006 umsteigen könnte auf ungelernte Kräfte, das haben aber diverse Menschen verhindert.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • [...]

    Die SOP machen Vorgabe für durchzuführende Maßnahmen, wenn Rettungsfachpersonal - vorwiegend Notfallsanitäter - ohne ärztliche Leitung Behandlungen vornehmen müssen. Mir wäre neu, dass sich SOPs an das Personal der Leitstellen richten.

    [...]

    Der Begriff SOP ist keineswegs so eng, wie du ihn hier siehst. Das Ding heißt "standard operating procedure" und ist ein Instrument des Qualitätsmanagements und kommt damit ursprünglich aus der Insustrie. In den meisten Bereichen wird es nur übersetzt und heißt dann Verfahrensanweisung, Dienstanweisung (o.ä.).


    Im medizinischen Bereich wird es gern als Anglizismus geführt, betrifft aber keineswegs nur den Rettungsdienst. Für mich als Arzt gibt es in meinem Tätigkeitsfeld einen Haufen SOPs, für die Pflege, sogar für die Reinigungskräfte. Offensichtlich betreffen nicht alle nur medizinische Themen (z.B. wie putze ich wann einen OP Saal, wer ruft wen an, wenn was passiert, wer muss welche Abrechnungscodes wann verschlüsseln). Es ist absolut vorstellbar, dass man es auf Leitstellen auch so nennt.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Der Begriff SOP ist keineswegs so eng, wie du ihn hier siehst. Das Ding heißt "standard operating procedure" und ist ein Instrument des Qualitätsmanagements und kommt damit ursprünglich aus der Insustrie. In den meisten Bereichen wird es nur übersetzt und heißt dann Verfahrensanweisung, Dienstanweisung (o.ä.).


    Im medizinischen Bereich wird es gern als Anglizismus geführt, betrifft aber keineswegs nur den Rettungsdienst. Für mich als Arzt gibt es in meinem Tätigkeitsfeld einen Haufen SOPs, für die Pflege, sogar für die Reinigungskräfte. Offensichtlich betreffen nicht alle nur medizinische Themen (z.B. wie putze ich wann einen OP Saal, wer ruft wen an, wenn was passiert, wer muss welche Abrechnungscodes wann verschlüsseln). Es ist absolut vorstellbar, dass man es auf Leitstellen auch so nennt.

    Korrekt. Zudem. SOPs sind quasi lokale Leitlinien. Sie regeln Abläufe, Zuständigkeiten, Standards. Organisatorisch, wie auch medizinisch. Teilweise haben sie den Charakter von Dienstanweisungen. Trotzdem darf, muss und soll man im Einzelfall von ihnen abweichen. Man muss es nur ex post im Zweifel dem Zuständigen/Vorgesetzten nachvollziehbar erklären können. Häufig nicht notwendig, weil es für alle Beteiligten klar erkennbar ist, aber eben eine gute Kontrollinstanz um Wildwuchs zu verhindern, bzw um eben diesen zu ahnden.

  • Das ist ja auch okay so für dich. In Berlin (darum gehts ja im Bsp) ist das aber untersagt. Dafür aber, haftet der AG vollumfänglich für alle Regressforderungen.

    Welche Regressforderungen sollen denn entstehen bzw. werden als solche anerkannt, wenn zu keinem Notfall kein NA oder kein RTW geschickt wird?