Berliner Feuerwehr: Warum Sie im Dezember in Berlin keinen Infarkt bekommen sollten

  • Welche Regressforderungen sollen denn entstehen bzw. werden als solche anerkannt, wenn zu keinem Notfall kein NA oder kein RTW geschickt wird?

    Ich weis nicht, ob du dich länger als 5 Minuten mit dem Berliner RD auseinandergesetzt hast, aber ein Großteil der Notrufe ergibt kein Rettungsmittel.

    2022 wurden aus 1 223 000 Notrufen 33 800 Einsätze an die KV übergeben, und 528.895 Einsätze durch die Leitstelle disponiert.


    Ich erlaube mir mal anzumerken dass diese Ahnungslosigkeit in Kombination mit lautstarkem Auftreten eigentlich mal untypisch für dieses Forum war.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich weis nicht, ob du dich länger als 5 Minuten mit dem Berliner RD auseinandergesetzt hast, aber ein Großteil der Notrufe ergibt kein Rettungsmittel.

    Dann fragt man sich, woher immer wieder die Klagen kommen, man müsse so viele Rettungsmittel zu Nicht-Notfällen schicken?

  • Dann fragt man sich, woher immer wieder die Klagen kommen, man müsse so viele Rettungsmittel zu Nicht-Notfällen schicken?

    Das fragen sich vor allem Menschen, die sich nicht mit dem Berliner RD auseinandersetzen. Es ist wie überall, die lauteste Stimme muss deshalb nicht die richtigste sein.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich erlaube mir mal anzumerken dass diese Ahnungslosigkeit in Kombination mit lautstarkem Auftreten eigentlich mal untypisch für dieses Forum war.

    Was allerdings leider typisch für dieses Forum ist, ist, dass mit Vorliebe konfrontativ statt kooperativ diskutiert wird. Wir lieben und suchen daher den Dissens. Und wo wir keinen finden können, konstruieren wir einen. Am liebsten am Wochenende, da haben wir endlich richtig Zeit zum Streiten!

  • Das fragen sich vor allem Menschen, die sich nicht mit dem Berliner RD auseinandersetzen. Es ist wie überall, die lauteste Stimme muss deshalb nicht die richtigste sein.

    Nö, das fragen sich Menschen, die die Berichte über den Berliner RD lesen, der genau das beklagt. Und ich frage dich auch immer noch, zu welchen Regressforderungen es kommen soll, wenn zu einem Nicht-Notfall kein Rettungsmittel geschickt wird?

  • Was allerdings leider typisch für dieses Forum ist, ist, dass mit Vorliebe konfrontativ statt kooperativ diskutiert wird. Wir lieben und suchen daher den Dissens.

    Ist halt wie mit den Corona Diskussionen. Irgendwann ist die Luft raus. Die einen feuern Behauptungen und zynische Fragen ab, liefern kein Interesse am Verstehe und keine eigene Datenlage, und die anderen parieren mit Sachlage immer und immer wieder. Irgendwann schlägt sich das leider auf den Ton, find ich selbst auch nicht gut. Wobei die Sachlichkeit in diesem Thread ja leider schon auf der ersten Seite manchen entflog.

    zu welchen Regressforderungen es kommen soll, wenn zu einem Nicht-Notfall kein Rettungsmittel geschickt wird

    Solche Fragen empfinde ich als zynisch und lächerlich, aber ich soll den ton wahren.... naja ich weis ja nicht.


    Das Problem ist doch, dass es immer wieder zu nicht erkannten Notfällen kam und kommt, welche dann zum Straf- und oder Zivilverfahren führen. Wenn der Disponent das nicht erkannte, dabei aber das System zu 100% angewendet hat, dann geht die Behörde nicht in den Regress mit ihm.
    Wenn ein ultra-erfahrener RettAss schon nach 30s raus hat, dass das "nüscht für die Feuerwehr iss", das Protokoll nicht abfragt, und sich geirrt hat, dann wird die Behörde sehr wohl in Regress gehen bei entsprechenden Schadensersatzansprüchen.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Als jemand, der gerade in besagter KV-Leitstelle sitzt und die Übergaben von der FW sieht, kann ich bestätigen, dass die Feuerwehr einiges abgibt und das auch sinnvoll ist.

    Als Jemand der schon mehr als einen Tag im Berliner Rettungsdienst gefahren ist, kann ich aber auch sagen, dass das Ergebnis der Abfrage / Disposition immer noch verbesserungswürdig ist und die FW noch seeehr viel mehr abgeben könnte.


    Steinigt mich, aber mein subjektiver Eindruck ist, dass hier insgesamt recht gute Arbeit geleistet wird, was das abarbeiten von Lappalien angeht. Das ist aber nur möglich, weil hier die Mitarbeitenden neben dem standardisierten Abfrageprotokoll weitergehende Fragen stellen und sich die nötige Zeit nehmen können um dem tatsächlichen Problem auf den Zahn zu fühlen. Höhertriagieren als das Protokoll vorgibt ist immer möglich, eine Herabstufung geht nur über eine telefonische Beratung eines Arztes. Angebliche Atemnöte oder Brustschmerzen, die sich als ein leichter Husten entpuppen werden hier aber idR. nicht blind beschickt. Ist hier alles goldig? Nein. Wird das System ad absurdum geführt, wenn nur der kleinen Prozentsatz eingeschätzt werden kann der es durch die Warteschleife geschafft hat? Ja. Aber meiner Meinung nach stimmen die Ansätze. 5 weitere Mitarbeitende pro Schicht in der KV Leistelle könnten wahrscheinlich schon eine spürbare Verringerung der Alarmierungszahlen bei der FW zu Folge haben. Just my 2 Cents. Erfahrungen können je nach Standort und Standpunkt variieren.


    Idealerweise bekommt jede anrufende Person die Hilfe die sie benötigt, und keine höherwertige Ressource.

    Wenn die Abfrage perfekt nach Plan funktioniert, das Ergebnis aber nicht perfekt ist, finde ich, dass man durchaus fordern darf das Abfragesystem anzupassen.


    Irgendwann müssen wir uns auf gesellschaftlicher Ebene eingestehen, dass wir nicht jeden Notfall zu 100% am Telefon erkennen können, das durchschnittliche Outcome aber profitieren würde wenn nicht alles sicherheitshalber mit einem RTW mit Blaulicht zu beschickt würde. Politisch extrem schwieriges Dillemma, welches in der BILD kaum differenziert erklärt würde. Der Status Quo mit täglichen „Ausnahmezustand“ wegen fehlenden (oder zu oft geschickten) RTW sorgt jedenfalls täglich für Verzögerungen bei tatsächlichen zeitkritischen Notfällen.

    Kennt jemand zu der Thematik irgendwelche Untersuchungen?

  • Als Jemand der schon mehr als einen Tag im Berliner Rettungsdienst gefahren ist, kann ich aber auch sagen, dass das Ergebnis der Abfrage / Disposition immer noch verbesserungswürdig ist und die FW noch seeehr viel mehr abgeben könnte.

    Das deckt sich auch mit dem was die BF selbst sagt. Nach deren Erhebungen könnten sie noch etwa weitere 40 000 Notrufe pro Jahr an die KV abgeben. Das kann die KV aber leider anscheinend nicht bedienen aktuell. Hinzu kommt, dass ja auch die KV in 2022 fast 12 000 Einsätze an die BF übergeben hat.

    Wenn die Abfrage perfekt nach Plan funktioniert, das Ergebnis aber nicht perfekt ist, finde ich, dass man durchaus fordern darf das Abfragesystem anzupassen.

    Soweit ich wies findet eine recht umfangreiche regelmäßige Anpassung der Codes statt. Das ist ein kontinuierlicher Prozess, der auch stattfindet. interessanterweise wird auch geschaut, wie oft bspw. ein RTW ein NEF bei gewissen Stichworten nachfordert. So kann zwar die NEF Alarmierung unterkorrigiert werden, aber eben auch wieder hochgestellt werden, wenn offensichtlich wird, dass NotSan bei gewissen Codes doch regelhaft ein NEF benötigen.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Korrekt. Zudem. SOPs sind quasi lokale Leitlinien. Sie regeln Abläufe, Zuständigkeiten, Standards. Organisatorisch, wie auch medizinisch. Teilweise haben sie den Charakter von Dienstanweisungen. Trotzdem darf, muss und soll man im Einzelfall von ihnen abweichen. Man muss es nur ex post im Zweifel dem Zuständigen/Vorgesetzten nachvollziehbar erklären können.

    Das kommt, wie immer, darauf an. Wenn über SOPs Maßnahmen vorabdelegiert werden, dann sind sie bindend; bei Abweichung wird der Delegationsrahmen verlassen, mit der Folge der eigenen Verantwortung für Ob und Wie der Maßnahmen (also Anordnungs- und Durchführungsverantwortung).

    Welche Regressforderungen sollen denn entstehen bzw. werden als solche anerkannt, wenn zu keinem Notfall kein NA oder kein RTW geschickt wird?

    Solche Regressforderungen können dann entstehen, wenn der Nicht-Notfall doch ein Notfall war. Dafür haftet dann zunächst mal der Staat, also hier das Land Berlin; wenn die Bediensteten vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt haben, kann dann Rückgriff (Regress) genommen werden. Das ist freilich ausgeschlossen, so lange die Bediensteten sich an die Vorgaben halten, bspw. in bestimmter Weise abzufragen und das Ergebnis dann umzusetzen. Daher ist eine strikt an den Vorgaben eines IT-System durchgeführte Abfrage und Disposition aus Haftungsgesichtspunkte für die Bediensteten optimal. Ob sie das auch für das Ergebnis ist, ist dann eine andere Frage,

  • Wenn über SOPs Maßnahmen vorabdelegiert werden, dann sind sie bindend; bei Abweichung wird der Delegationsrahmen verlassen, mit der Folge der eigenen Verantwortung für Ob und Wie der Maßnahmen (also Anordnungs- und Durchführungsverantwortung).

    Absolut. Ich sehe aber nicht was schlecht daran sein soll. Sofern ich von der SOP abweiche, mir aber sicher bin, dass es notwendig und angemessen ist und ich es retrospektiv rechtfertigen i.S.v. begründen kann ist alles gut. Und genau darauf soll es ja auch hinauslaufen.

    Wenn man Verantwortung will, muss man auch Verantwortung tragen. Egal in welchem Job..

  • Absolut. Ich sehe aber nicht was schlecht daran sein soll. Sofern ich von der SOP abweiche, mir aber sicher bin, dass es notwendig und angemessen ist und ich es retrospektiv rechtfertigen i.S.v. begründen kann ist alles gut. Und genau darauf soll es ja auch hinauslaufen.

    Wenn man Verantwortung will, muss man auch Verantwortung tragen. Egal in welchem Job..

    Und genau aus diesem Grund werden z.B. in Dänemark oder Norwegen, Profis als Calltaker in Kombination mit einem standardisiertem Abfragesystem eingesetzt. Das Abfragen mit Laien hat nicht zu den angestrebten Ergebnissen geführt.

  • Und genau aus diesem Grund werden z.B. in Dänemark oder Norwegen, Profis als Calltaker in Kombination mit einem standardisiertem Abfragesystem eingesetzt. Das Abfragen mit Laien hat nicht zu den angestrebten Ergebnissen geführt.

    Ohne mich jetzt enorm mit der Thematik Abfrage auszukennen, klingt das für mich auch am sinnvollsten. Ggf gestaffelt, sodass man Ressourcen optimieren kann, aber die letztendliche Entscheidung sollte kein Algorithmus treffen, sondern ein reflektierter Profi. Würde was Feuerwehreinsätze angeht auch niemand anders machen..

  • aber die letztendliche Entscheidung sollte kein Algorithmus treffen, sondern ein reflektierter Profi. Würde was Feuerwehreinsätze angeht auch niemand anders machen..

    Echt? Ich schau ja oft und gerne „Feuer und Flamme“, und gerade bei den Notrufabfragen der Feuerwehr denke ich immer: Das könnte ich mindestens genauso gut!“ :evil:

  • Absolut. Ich sehe aber nicht was schlecht daran sein soll. Sofern ich von der SOP abweiche, mir aber sicher bin, dass es notwendig und angemessen ist und ich es retrospektiv rechtfertigen i.S.v. begründen kann ist alles gut. Und genau darauf soll es ja auch hinauslaufen.

    Wenn man Verantwortung will, muss man auch Verantwortung tragen. Egal in welchem Job..

    Das sollte genauso auch bei uns ablaufen. Leider hat es sich eingebürgert, dass man die Begründung scheut und den Einsatz wie vorgeschlagen disponiert.

  • Und genau aus diesem Grund werden z.B. in Dänemark oder Norwegen, Profis als Calltaker in Kombination mit einem standardisiertem Abfragesystem eingesetzt...

    Calltaker sind - ich nutze mal deutsche Bezeichnungen - Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und Gesundheits- und Krankenpfleger.

    Auch hier werden die erforderlichen Qualifikationen diskutiert. Um Unterschiede in der Disposition benennen zu können hat die Region Hovedstaden vor ein paar Jahren über Zeitraum X nur Paramediciner als Calltaker eingesetzt. Es zeigte sich, dass eine Vielzahl der Hilfeersuchenden an den Hausarzt oder Bereitschaftsdienst verwiesen wurden bzw. der Transport durch Angehörige durchgeführt werden konnte.


    Man muss nicht immer nach "mehr Rettungswagen" schreien.

  • Das sollte genauso auch bei uns ablaufen. Leider hat es sich eingebürgert, dass man die Begründung scheut und den Einsatz wie vorgeschlagen disponiert.

    Ich glaube das ist zumindest in den meisten Fällen (mittlerweile) fast überall der Fall..

  • Calltaker sind - ich nutze mal deutsche Bezeichnungen - Rettungsassistenten, Notfallsanitäter und Gesundheits- und Krankenpfleger.

    Auch hier werden die erforderlichen Qualifikationen diskutiert. Um Unterschiede in der Disposition benennen zu können hat die Region Hovedstaden vor ein paar Jahren über Zeitraum X nur Paramediciner als Calltaker eingesetzt. Es zeigte sich, dass eine Vielzahl der Hilfeersuchenden an den Hausarzt oder Bereitschaftsdienst verwiesen wurden bzw. der Transport durch Angehörige durchgeführt werden konnte.


    Man muss nicht immer nach "mehr Rettungswagen" schreien.

    Ich durfte die Leitstelle in Copenhagen kennenlernen und dort setzte man 2015/16 auf Paramediciner und Pflegefachleute, da man eine bessere Dispositionsqualität erzielen konnte.

    Soweit ich mich erinnere hat man eine abgewandelte Form des Norwegischen Abfragekatalogs in Kombination mit dem Fachpersonal verwendet.

    Auch die Integration der Gesundheitshotline hat eine Entlastung des Rettungsdienstes gebracht.

  • Ich durfte die Leitstelle in Copenhagen kennenlernen und dort setzte man 2015/16 auf Paramediciner und Pflegefachleute, da man eine bessere Dispositionsqualität erzielen konnte.

    Soweit ich mich erinnere hat man eine abgewandelte Form des Norwegischen Abfragekatalogs in Kombination mit dem Fachpersonal verwendet.

    Auch die Integration der Gesundheitshotline hat eine Entlastung des Rettungsdienstes gebracht.


    Am Ende käme man noch darauf, dass der extreme Anstieg der Dispositionen nach Einführung der Fragenkataloge mit einer beträchtlichen Überdisposition zu tun hat, und die vorherige Abfrage durch Profis und deren eigene Entscheidungsfindung n aller Regel treffsicherer war, wenn man nicht nur Unterdisposition, sondern auch extrapolierte Überdisposition berücksichtigt.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Am Ende käme man noch darauf, dass der extreme Anstieg der Dispositionen nach Einführung der Fragenkataloge mit einer beträchtlichen Überdisposition zu tun hat, und die vorherige Abfrage durch Profis und deren eigene Entscheidungsfindung n aller Regel treffsicherer war, wenn man nicht nur Unterdisposition, sondern auch extrapolierte Überdisposition berücksichtigt.


    Das lässt sich durch zahlen in Deutschland leider nicht belegen. :(

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.