Der Schulsanitätsdienst

  • Hallo zusammen!


    An meiner neuen Schule bin ich damit betraut worden, den Schulsanitätsdienst zu organisieren. Das finde ich ziemlich gut und natürlich hab ich auch schon eine Vorstellung davon, was ich über das Jahr erreichen möchte. Allerdings hab ich ein paar Fragen:


    1. Hier gibt es bereits ein paar andere "Schulsanitäter". Wer mag von seinen Erfahrungen berichten? Worauf ist zu achten? Was zieht überhaupt nicht? Ob nun Betreuer oder Sanitäter, das ist egal. Mir sind alle Meinungen willkommen und ziemlich wichtig.


    2. Das ganze Ding muss komplett neu aufgebaut werden. Gibt es bereits Erfahrungen hierzu? Ich möchte die Schule hier nicht überdimensioniert ausstatten. Ich möchte unbedingt vermeiden, dass "all the gear and no idea" auf uns zutrifft. Und wie gesagt, ich habe schon ein paar Ideen, brauche aber dringend noch andere Meinungen.


    3. Ist hier jemand aus dem Raum Stuttgart?


    Herzliche Grüße,
    Trident:-)

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Bist du in einer Hiorg?
    Falls nein, Kooperationen bieten sich hier immer sicherlich an. Auf diesem Wege solltet ihr wesentlich einfacher ans Material kommen.


    In der Umsetzung gibt es verschiedene Modelle. Oftmals gibt es glaube ich einfach eine Erste-Hilfe-AG.


    Du solltest dir mal den aktuellen Stern kaufen. Diese Woche gibts dort die Story über eine Schulsanitäterin, welche in der großen Pause erfolgreich einen Mitschüler reanimieren konnte.
    Diesen Artikel könntest du im Lehrerzimmer deiner Schule aushängen, um erstmal alle Lehrer mit ins Boot zu bekommen.

  • Vielleicht nicht zur ursprünglichen Frage passend, aber als Bsp. dienend, wie der Schulsanitätsdienst Selbstbewusstsein und Couragiertheit herausbilden kann:


    vor einigen Wochen auf dem Sommerfest einer Hiorg auf deren Grundstück...
    Es gibt eine kleine Schauübung einer Schulsanitätsdienstgruppe.
    Die "gestürzte Person" wird gut versorgt und an den RTW übergeben - eigentlich Übungsende.
    In diesem Moment kollabiert ganz real ein im Hintergrund stehender Mann.
    Die anwesende Menge umfasst ehrenamtl. HelferInnen aller Kategorien, Pflegekräfte, Rettungsdienstler...alle in ziviler Garderobe.
    Einige begeben sich sofort zu dem kollabierten Mann.
    Da teilt eine Teenagerin die Menge wie Moses: "Lassen sie mich durch - ich bin Sanitäterin"


    Es war ihr hinterher ein wenig peinlich, doch wir haben sie alle für ihr Engagement gelobt!

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich habe einige Jahre lang Schulsanitätsdienste betreut. Was genau brauchst du denn?

  • Vielen Dank erstmal für die zahlreichen Antworten, die ich erhalten habe:-)


    Um mehre Fragen auf einmal zu beantworten.
    Ich bin Mitglied in zwei Hiorg. Und ich wollte eh Know-How von außerhalb in die Schule holen. Gedacht hab ich mir das ungefähr so: Zuerst möchte ich die Kinder in Erster Hilfe fitmachen. In ungefähr einem halben Jahr möchte ich dann, dass wir zur Mittagszeit (ist ne Ganztagesschule) kleinere Übungen im Schulhaus abarbeiten, die realistisch gestaltet sind (Hab ich aus meiner Zeit in England mitgenommen: Lunchtime exercises). Einstreuen möchte ich Besuche bei den verschiedenen Hilfsorganisationen, damit die Schüler auch deren Arbeit kennen lernen. Anreichern möchte ich das mit Komponenten aus der Notfallseelsorge. Die Schule hat einen sehr hohen Ausländeranteil, von daher denke ich, dass ich hier sehr viel Gutes tun kann, wenn ich die Schüler so mit unserer Gesellschaft vertraut machen kann. Mittelfristig würde ich das Niveau dann gerne auf SanH/ Einsatzsanitäter heben. Langfristig könnte man vielleicht über einen Defi nachdenken. Aber das ist alles Zukunftsmusik und soll erst in ein paar Jahren sein. Initial geht es mir darum, dass die Kinder in EH fitgemacht werden und mit Begeisterung bei der Sache bleiben. Das wird eh die große Hürde. Die Kinder stehen halt eher auf Kraftsport oder Fußball.


    Ich selber hab lange Jahre Jugendgruppen geleitet, weiß also so in etwa, was ich Kindern zumuten kann. Allerdings hab ich das noch nie im schulischen Umfeld gemacht. Von daher hätte ich gerne eure Meinungen zu meinem Vorhaben gehört.


    Liebe Grüße,
    trident

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Da ich lange SSD's ausgebildet habe (auch jetzt noch), gibt es spontan eine Sache, die für die meisten Kids wichtig ist.
    Das Gefühl, Verantwortung zu tragen!
    Also ruhig mit richtigem Dienstplan, auch mit Durchsagen oder Melder, die über die Hausanlage alarmiert werden können und das Verständnis des Kollegiums, wenn ein Schüler jetzt während des Unterrichts den Raum verlässt.
    Dann wirst du keine Probleme haben, Freiwillige zu finden.

  • Hallo,
    komme zwar nicht aus der Stuttgarter Gegend, habe aber selber mal als Schulsani angefangen und betreue inzwischen einige SSDs seit mehreren Jahren, in denen wir zwei SSDs neu aufgebaut haben...
    Also wenn Du genauere Fragen hast oder gerne auch für nen Austausch, wenns mal läuft, gerne her damit :)
    Wie alt sind die Kids denn? Das ist für mich eigentlich die wichtigste Frage ;)

  • Wie alt sind die Kids denn? Das ist für mich eigentlich die wichtigste Frage ;)


    Dazu: Wir fangen bei uns ab der Schule ab der 7. Klasse mit dem SSD an. Das hat sich aus verschiedenen Gründen bewährt.


    trident: Bei Fragen weißt du ja, wie du mich erreichen kannst.


    J. :hi:

  • Vielen, vielen Dank für eure Rückmeldungen! Das freut mich sehr.


    Zur Altersfrage: Ich hatte mir eigentlich die höheren Klassen gewünscht, aber die Schulleitung schickt mir alle (genau kann ich es erst sagen, wenn die Kinder vor mir sitzen). Das ist aber nicht so schlimm, da wir mit meiner Jugendgruppe frühe immer in der dritten Klasse angefangen haben. Das ging schon ganz gut. Wir haben dann halt weniger gemacht.
    Ich werde gerne weiter berichten, wie sich das entwickelt. Ich bin selber ganz gespannt und freu mich auf die Aufgabe.


    Jörg: Danke:-)


    Herzliche Grüße,
    trident

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Grundsätzliche Frage, was möchtest du erreichen?
    - Soll das Erste-Hilfe-Wissen möglichst vieler Schüler verbessert werden?
    - Sollen Ersthelfer für Schulveranstaltungen und Pausendienste ausgebildet werden?
    - Oder sollen Ersthelfer auch während der Unterrichtszeit gestellt werden?


    Das sind drei teils völlig verschiedene Ansätze, alle mit gewissen Vorzügen und auch Problemen.


    Es ist meist überhaupt kein Problem interessierte Schüler zu finden, jedoch ist der Erfolg eines solchen Projekts auch immer von der Akzeptanz bei Schulleitung, Lehrern, Sekretariat, Hausmeister und sonstigen Angestellten abhängig.


    Welche Altersstufen gibt es denn bei dir an der Schule?

  • Es ist meist überhaupt kein Problem interessierte Schüler zu finden, jedoch ist der Erfolg eines solchen Projekts auch immer von der Akzeptanz bei Schulleitung, Lehrern, Sekretariat, Hausmeister und sonstigen Angestellten abhängig.


    Diese Akzeptanz ergibt sich (auch bei anfänglichen Skeptikern) meiner Erfahrung nach von ganz alleine, wenn die ersten "echten" SSD-Einsätze gelaufen sind. Ich bekomme in der Schule jedenfalls regelmäßig ganz explizit positive Rückmeldungen von Schulleitung und Kollegium sowie vom Sekretariat und den Hausmeistern. Die sind doch alle heilfroh, wenn sie nicht selbst ranmüssen...


    J.

  • Ich dachte ein Betreuung von Veranstaltungen und Ersthelfer während der Unterrichtszeit. Die Kollegen, mit denen ich bis jetzt gesprochen habe, die sind schon recht froh, dass es sowas jetzt geben soll.... Naja. Ich sehe, es gibt noch viel zu tun.


    Vielen Dank für eure Rückmeldungen:-)

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Die Hilfsorganisationen sind doch heilfroh wenn die auf diese Weise bekannt werden und der eine oder andere Schüler dann vielleicht sogar bei denen mitmacht. Die haben in der Regel auch gute Konzepte dafür und Helfen auch dabei.
    Auch wenn es schon fast 30 Jahre her ist, auch ich kam über Erste-Hilfe-AG und Schulsanidienst zur Hirg und Rettungsdienst.

  • Vielleicht hilft das Buch "Notfalls helfen Kinder Kindern". Inhaltlich zwar nicht aktuell (also fachlich), es sind aber ganz gute Anregungen zur Vermittlung des Stoffes darin.

  • Meine Lieben,
    ich bin ganz überwältigt. Ich möchte mich ganz recht herzlich für die Hilfe und Ratschläge bedanken, die ich bekommen habe. Aller Anfang ist schwer, und ich mache mich mit Eifer an die Arbeit. Und sehr gerne werde ich davon berichten:-)


    Herzliche Grüße,
    Trident

    We are the pilgrims, master; we shall go always a little further.

  • Spontan fiele mir noch ein, daß zur Grundausstattung reflektierende Westen mit Rückenaufschrift gehören sollten.


    Begründungen:
    Lehrer können unmöglich alle SchülerInnen kennen.
    In der gutgemeinten Absicht, den verunfallten Schüler vor Belästigungen zu schützen, könnten die ersten Massnahmen ggf. zeitverzögert beginnen.


    Der ggf. eintreffende Rettungsdienst hat konkrete Ansprechpartner und sieht nicht "nur" hilfsbereite KlassenkameradInnnen.


    Schulveranstaltungen können auch einmal in der Dämmerung stattfinden.


    Der uralte Spruch, das die Uniform den Menschen prägt, ist durchaus immer wieder bestätigend.
    Das äusserlich dargestellte Privileg einer "Besonderheit" kann hier motivationssteigernd sein.
    Nicht im Sinne von "ich bin etwas tolles" sondern "das können nur die tragen, die eine gute Leistung über das normale Schulpensum hinaus" leisten.
    Das darf dann auch jeder sehen.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Der im Stern-Artikel erwähnte Dr. Rücker leitet unser Notfallpraktikum nächste Woche. Der ist - was das Bekanntmachen der Laienreanimation angeht - zumindest in Rostock weit vorne....beispielsweise organisierte er in Rostock einen "Umfall"-Flashmob, um auf den plötzlichen Herztod aufmerksam zu machen.

  • Rücker war (wenn ich mich nicht massiv vertue) auch in bei der DINK dieses Jahr. Sein Vortrag war sehr eindrücklich und ich hatte danach noch kurz Zeit mich mit ihm zu unterhalten. Nett, sehr nett. Und eine witzige Vortragsart... :smile_1: