Das Gesetz regelt sicher eine verbesserung der Ausbildung für zukünftiges Personal. Das ist absolut zu begrüßen. Allerdings wurden IMHO einfach zuviele handwerkliche Fehler eingebaut.
Mit der Aussage würde ich absolut mitgehen. Beide Aspekte sind nicht zu unterschätzen. Die Ausbildungssituation (und alles, was dazugehört) wird sich für zukünftige angehende Rettungsdienstler erheblich verbessern, somit auch der Anreiz, überhaupt eine Tätigkeit im Rettungsdienst anzustreben. Der Beruf wird nun möglicherweise auch für junge Leute attraktiv (oder gerät überhaupt in deren Wahrnehmungsspektrum), die davor nichts mit Feuerwehr oder Hilfsorganisationen zu tun hatten. Allein darin liegt meiner Meinung nach eine erhebliche Aufwertung.
Dass das NotSanGesetz handwerklich relativ schlampig konstruiert ist und noch viele Baustellen bereithält - unbestritten. Allerdings hilft es jetzt kaum, sich darauf zu beschränken, darüber zu lamentieren. Man kann - und muss geradezu - diese Situation auch dazu nutzen, weiterhin an der Umsetzung mitzugestalten. NRW hält sich da (aus meiner bescheidenen Perspektive) im Ländervergleich noch ziemlich zurück bzw. bremst eher.
Das NotSanGesetz durch einen Berg von Ausnahmeregelungen auszuhöhlen, sollte da meines Erachtens nicht der Weg sein. Damit komme ich zum nächsten Absatz:
Für mein empfinden uns das vieler Kollegen ist das Gesetz für Feuerwehren nicht umsetzbar. Ich spreche bewusst für die Feuerwehren da es mich direkt betrifft. Wie möchte man einen jungen Kollegen, der gerade eine handwerkliche Ausbildung nach 3 Jahren abgeschlossen hat motivieren zuerst eine 18 Monatige Ausbildung zum Brandmeister und im Anschluss dann eine 3 jährige Ausbildung zum NotSan anzustreben? Schwierig bis unwahrscheinlich denke ich. Welcher Arbeitgeber stellt heute jemanden ein, der dann in 4 1/2 Jahren den ersten richtigen Arbeitstag hat?
Das ganze dann noch für A7 während die Angestellten Kollegen im TVöD evtl. Stufe 8 oder 9 bekommen sollen?
Dann muss man halt mal umdenken. Auch eine Berufsfeuerwehr muss nicht ausschließlich aus "eierlegenden Wollmilchsäuen" bestehen. Ich habe kein Problem damit, wenn die Trägerschaft und Organisation des Rettungsdienstes bei der Feuerwehr liegt, das hat durchaus Vorteile (speziell im Vergleich zur organisatorischen Entropie in meinem Heimatland Ba-Wü...). Das bedeutet aber doch nicht, dass jeder Mitarbeiter in jedem Bereich eingesetzt werden muss. Man kann doch einen Teil des Personals mit Schwerpunkt Brandschutz ausbilden (Brandmeister + RS) und einen anderen Teil des Personals mit Schwerpunkt Rettungsdienst (NotSan). Um Bedarfsspitzen auszugleichen und flexibel zu sein, könnte man ja von mir aus ein paar "Allrounder" (max. 20% der Belegschaft) qualifizieren, die alles können. Ob die alle Beamte sein müssen, steht nochmal auf einem anderen Blatt.
Da ist also keine Rücknahme des NotSanGesetzes erforderlich, sondern vielleicht ein Mentalitätswechsel. Das sage ich übrigens auch als Steuerzahler.
Und zu guter letzt entscheidet wie immer der ärztliche Leiter ob und wie sich etwas ändert. Stadtrettung ist halt mit Landrettung nicht zu vergleichen. Auf dem Land sehe ich schon potenzial für Verbesserungen. In den Städten, wo das NEF zeitgleich mit dem RTW eintrifft kann ich das leider noch nicht erkennen.
Das reduziert die Thematik für meinen Geschmack viel zu sehr auf den Aspekt der "erweiterten Kompetenzen". Das ist sicher EIN wichtiger Aspekt, aber meiner Meinung nach nicht der, der die ganze Gesetzesnovelle ausmacht. Durch eine dreijährige Ausbildung, die vernünftig strukturiert ist, wird der zukünftige Notfallsanitäter per se wesentlich besser qualifiziert sein als der bisherige Rettungsassistent. Einfach, weil er die Chance hat, sein Handwerk länger und tiefergehend zu erlernen. Seine Qualifikation wird regelmäßig auf einer breiteren Grundlage stehen. Damit wird er zum Beispiel auch entscheidungssicherer werden, wenns einmal "um die Wurst geht".
Der "Unsicherheitsfaktor ÄLRD" stört mich auch (das habe ich hier oft genug erläutert), aber er ist für mich nicht der entscheidende Knackpunkt bei der Frage, ob sich der Beruf weiterentwickelt oder nicht. Das wird er.
Viel wichtiger finde ich im Moment die Frage der Finanzierung. Diese muss endlich durch- und umgesetzt werden, damit die Ausbildungen *endlich* regelhaft und in der Fläche beginnen können, sonst bekommen wir absehbar ein ganz anderes Problem, nämlich LEERE Beifahrersitze.
Der richtige Weg dahin ist aber nicht, dass sich die Leistungserbringer jetzt monatelang gegenseitig ins Knie schießen und mit Ausnahmeforderungen überbieten. NEIN! Man muss an einem Strang ziehen und mithilfe des Gesetzgebers endlich die Kostenträger in die Pflicht nehmen, die Finanzierung der Ausbildung sicherzustellen. Und nicht erst 2017 oder 2020 oder 2025. Die Lehrgänge müssen endlich anlaufen.
Und so problematisch ich es finde, dass verschiedene Schulen jetzt irgendwelche Schlupflochkurse ins Leben rufen und Ausbildungswege improvisieren: Schöner wäre es, wenn sie die Möglichkeit (und Planungssicherheit) hätten, endlich voll in die Regelausbildung einzusteigen. Dass sie das nicht auf eigenes finanzielles Risiko tun, ist auch klar...
J.