"Beförderungspfleger"

  • Liebe Kollegen,
    aktuell befasse ich mich für mit dem Thema Krankentransport. Bei genauer Betrachtung des Aufgabengebietes fällt auf, dass ein Großteil des Kompetenzspektrums, welches für einen gelungenen Krankentransport nötig ist nicht im Rahmen einer Ausbildung vermittelt wird. Insbesondere die Berufsgruppen, die am häufigsten mit Krankentransporten in Berührung kommen, lernen während ihrer Ausbildung rettungsmedizinisches Handeln. Nun stellt der Krankentransport aber eine enorm wichtige Komponente in der öffentlichen Daseinsvorsorge dar.


    Analysiert man die für einen Krankentransport notwendigen Kompetenzen landet man gefühlt bei 30% Rettungsdienst (Transfer und Transport), 20% Sozialer Arbeit (Betreuung und Beratung) und 50% Pflege (Krankheitsbezogene Versorgung).


    Die Frage, die ich mir also hier stelle ist:
    Sind wir die richtigen für diese Aufgabe oder wäre die (hypothetische) Schaffung eines neuen Berufsbildes ein Gedanke?
    Der Name sollte natürlich nicht so ketzerisch klingen, wie im Titel...
    Aber ich würde zum Beispiel auch Perspektiven für neue Arbeitnehmer-Zielgruppen sehen. Auch könnte ich mir vorstellen, dass die Frustration vieler MA im Rettungsdienst durch diese Ergänzung abnehmen würde...



    Was denkt Ihr?

  • Analysiert man die für einen Krankentransport notwendigen Kompetenzen landet man gefühlt bei 30% Rettungsdienst (Transfer und Transport), 20% Sozialer Arbeit (Betreuung und Beratung) und 50% Pflege (Krankheitsbezogene Versorgung).


    Du hast einen geschätzten Anteil von 15% Schreibarbeit vergessen...

  • Auch könnte ich mir vorstellen, dass die Frustration vieler MA im Rettungsdienst durch diese Ergänzung abnehmen würde...



    Was denkt Ihr?


    Nein. Da sehe ich nicht mal die Andeutung eines Zusammenhangs.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • @ Tobias Sambale nun Deutschland hat sich seit Ende der 70er Jahre für eine eigene Berufsgruppe mit verschiedenen Ausbildungsstufen für den Rettungsdienst entschieden, in anderen Staaten (Frankreich , Italien u.a.) ist der Rettungsdienst eine Spezialisierung in der Krankenpflege und damit vorallem auch den dort tätigen geholfen, weil wer ist mit 64 noch auf dem RTW?
    Nur jetzt zu sagen wir wollen nur die Notfallrettung, aber den Krankentransport sollen Personen aus der Krankenpflege bzw. eine eigene Berufsgruppe machen wird kaum auf Gegenliebe stoßen, weil dann werden die Anästhesiepfleger und Intensivpfleger auch sagen: "Stop aber wir werden wie bisher schon auf den Intensivtransportwagen fahren, aber warum hat man bitte das Notfallsanitätergesetz geschaffen, dass kann die Pflege dann auch aus einem Guss anbieten je nach Bundesland leider nun aber gut."
    Also den qualifizierten Krankentransport machen ein Pflegehelfer oder Gesundheits und Krankenpflegeassistent oder wie es im Bundesland heißt, den Rettungsdienst machen ein DGKP mit Spezialisierung Präklinische Notfallmedizin und ein Pflegehelfer und die Intensivtransporte fahren wie bisher." Denn eine eigene Berufsgruppe noch implementieren zu wollen ist doch etwas zu hinterfragen, weil als was kann man sie noch einsetzen? Aha als Transportdienst im Krankenhaus.

  • Also ich bin der festen Überzeugung das sich für den KTP langfristig eine eigene oder Kombiqualifizierung ergeben wird. Ich denke der Krankentransportsanitäter wird von der Dauer in etwa gleich lang sein wie der RS und während der RS Notfallmedizin (Intubation, Zugang, Medikamente) lernt macht der KS eben Kinestetik, Lagerung etc.


    Den Einwand mit der Pflege kann ich nicht verstehen - denn die KS sind ja nicht auf Fachkraftniveau sondern, wie der RS, auf Hilfskraftniveau. Und da sich die Personalsituation bei Fachkräften weiter verschärfen wird, ist gerade im Bereich der nicht-Fachkräfte ein riesen Angebot an Arbeitskräften vorhanden.

  • Also ich bin der festen Überzeugung das sich für den KTP langfristig eine eigene oder Kombiqualifizierung ergeben wird. Ich denke der Krankentransportsanitäter wird von der Dauer in etwa gleich lang sein wie der RS und während der RS Notfallmedizin (Intubation, Zugang, Medikamente) lernt macht der KS eben Kinestetik, Lagerung etc.


    Das glaube ich nicht, denn das wäre ja nur bei nichtqualifizierten Krankenfahrten notwendig. Der qualifizierte Krankentransport ist ja dadurch gekennzeichnet, dass sich der Patientenzustand jederzeit, wenn auch unwahrscheinlich, verschlechtern kann, und dies im Rahmen der Überwachung (durch den RettSan) auch festgestellt und bis zum Eintreffen des Notfallteams (an-)behandelt werden kann.
    Zudem erscheint es in meinen Augen sinnvoll, das im Krankentransport eingesetzte Personal zumindest ab und zu auch in der Notfallrettung einzusetzen, damit eine gewisse Notfallkompetenz erlernt und erhalten werden kann. Wie das praktisch umgesetzt werden soll, weiß ich allerdings auch nicht, hab mir aber auch noch nie Gedanken dazu gemacht. Vielleicht wäre ein eigener RTW-Pool und ein KTW-Pool sinnvoll, mit der Vorgabe, dass RTW-Ausfälle durch den KTW-Pool abgedeckt werden. Aber das funktioniert natürlich nur ab einer gewissen Wachenstärke. Zudem widerspricht es zumindest etwas meinem Wunsch nach einer strikten Trennung der Dienstleistung Krankentransport von der (in meinen Augen eigentlich hoheitlichen Aufgabe der) Notfallrettung.


    Zitat

    Den Einwand mit der Pflege kann ich nicht verstehen - denn die KS sind ja nicht auf Fachkraftniveau sondern, wie der RS, auf Hilfskraftniveau. Und da sich die Personalsituation bei Fachkräften weiter verschärfen wird, ist gerade im Bereich der nicht-Fachkräfte ein riesen Angebot an Arbeitskräften vorhanden.


    Das glaube ich auch nicht, dass dürfte allerhöchstens im Teilzeitbereich vielleicht der Fall sein. Aber wer ne "richtige" Ausbildung aus welchen Gründen auch immer nicht absolviert, wird sein Glück wahrscheinlich eher in anderen Branchen, wo mehr verdienst wird und die Arbeitszeiten geregelter sind, versuchen.

  • Ach, in meiner kleinen Traumwelt nach dem zweiten Bier haben wir eine gemeinsame 1,5 jährige bis 2-jährige Grundqualifikation für alle Gesundheitsberufe (inkl. Rotation in alle Bereiche) und eine "Fachausbildung" für das Spezialwissen. Das selbe analog für die "Helferberufe" mit halbjährigem "Stamm" und halbjährigem "Fach".
    Damit wäre eine Durchlässigkeit geschaffen, die jungen wie alten Kollegen nützlich wäre, man könnte problemlos wechseln und v.a. wäre ganz viel von dem "die Sanis/Pflege/Physios/Ergos können alle nix"-Geschwafel weg.


    Aber das bleibt Träumerei...


    In .ch kannst du als Dipl.RS wenigstens in das Nachdiplomstudium Anästhesie gehen...

  • Das glaube ich nicht, denn das wäre ja nur bei nichtqualifizierten Krankenfahrten notwendig. Der qualifizierte Krankentransport ist ja dadurch gekennzeichnet, dass sich der Patientenzustand jederzeit, wenn auch unwahrscheinlich, verschlechtern kann, und dies im Rahmen der Überwachung (durch den RettSan) auch festgestellt und bis zum Eintreffen des Notfallteams (an-)behandelt werden kann.


    Ist das (Erkennen einer Zustandsverschlechterung und Einleitung von überbrückenden Notfallmaßnahmen) nicht eine Aufgabe, die - klinisch wie präklinisch - von der Pflege geleistet werden müsste?

  • Ist das (Erkennen einer Zustandsverschlechterung und Einleitung von überbrückenden Notfallmaßnahmen) nicht eine Aufgabe, die - klinisch wie präklinisch - von der Pflege geleistet werden müsste?


    Wird sie ja. Aber es ist ja auch eine originäre Aufgabe von Rettungsfachpersonal. Wie hier ja bereits angesprochen wurde: es gibt eine nicht zu verachtene Schnittmenge zwischen beiden Berufsfeldern.

  • Den Einwand mit der Pflege kann ich nicht verstehen - denn die KS sind ja nicht auf Fachkraftniveau sondern, wie der RS, auf Hilfskraftniveau.


    Soll "KS" da oben Krankenschwestern bedeuten? Falls ja, halte ich die Bezeichnung von "Gesundheits- und KrankenpflegerInnen", die als solche über eine 3-jährige Berufsausbildung verfügen, als Hilfskräfte auf RS-Niveau schlicht für beleidigend oder midnestens äußerst wenig reflektiert.

  • Soll "KS" da oben Krankenschwestern bedeuten? Falls ja, halte ich die Bezeichnung von "Gesundheits- und KrankenpflegerInnen", die als solche über eine 3-jährige Berufsausbildung verfügen, als Hilfskräfte auf RS-Niveau schlicht für beleidigend oder midnestens äußerst wenig reflektiert.


    Also ich bin der festen Überzeugung das sich für den KTP langfristig eine eigene oder Kombiqualifizierung ergeben wird. Ich denke der Krankentransportsanitäter wird von der Dauer in etwa gleich lang sein wie der RS und während der RS Notfallmedizin (Intubation, Zugang, Medikamente) lernt macht der KS eben Kinestetik, Lagerung etc.


    Hervorhebung durch mich.

  • Man könnten den Schweizern ja auch ihren TS klauen...Transportsanitäter mit 1jähriger Ausbildung.
    :-)

  • BoDo
    Vielleicht ist der Begriff der Analyse nicht gut gewählt. Es geht hierbei im mein subjektives Empfinden. Wenn ich mir das Anforderungsprofil im Umgang mit Patienten im Krankentransport anschaue, komme ich nicht umhin festzustellen, dass mindestens 9 der 12 ATLs nach Juchli abgedeckt werden.



    Schaue ich mir nun die Ausbibildungsordnung für Rettungssanitäter aus z.B. Niedersachsen an, wird dem hauptsächlich mit dem Ausbildungsziel 5 im Umfang von 10 Unterrichtsstunden Rechnung getragen. Das ist marginal und bildet kaum das im Krankentransport benötigte Anforderungsprofil ab. Von der Entwicklung einer grundsätzlichen Haltung gegenüber Patienten und Angehörigen kann hier nicht im entferntesten die Rede sein.
    Vergleiche ich das mit dem Konzept der Gesundheits- und Pflegeassistenz aus Hamburg fällt auf, an welchen Stellen nachgebessert werden kann.


    hk-um
    Hier habe ich wohl für ein Missverständnis gesorgt. Ich möchte den Krankentransport gerne weiterhin als Teil des Rettungswesens verstehen. Nur eben mit dem klaren Bekenntnis zu den pflegerischen Inhalten. Hiermit könnte man zudem die Durchlässigkeit der Berufsgruppen erhöhen. Das halte ich für unabdingbar wichtig...


    @ Maverick83
    Ich bin bei der Idee der Einteilung in KS und RS ganz bei Dir. Auch etwas ähnliches wollte ich hinaus...
    Was ich nicht sehe ist, dass ausreichend Hilfskräfte vorhanden sind, denn auch Hilfskräfte haben ein Anrecht darauf in einem Bereich eingesetzt zu werden, der ihnen liegt. Die Pflege leidet seit Jahren darunter, dass Arbeitslose für ihre Belange zwangsverpflichtet werden. Es geht schon um das Ansprechen bestimmter Zielgruppen. So kann ich mir gut vorstellen, dass Hausfrauen oder -männer, die am Vormittag jobben wollen, lieber eine pflegerisch geprägte Ausbildung als eine rettungsmedizinische ablegen wollen würden. Auch wenn ich hierbei vielleicht in stereotype Denkmuster verfalle...


    @ Christian Betgen
    So verstehe ich das Anforderungsprofil des RS auch. Nur ist qualifizierte Krankenbeförderung eben nicht durch das Damoklesschwert der unmittelbaren Gefährdung für einen Patienten definiert. Hierzu die G-BA-Richtlinie:


    § 5 Rettungsfahrten


    (1) Der Versicherte bedarf einer Rettungsfahrt, wenn er aufgrund seines Zustands
    mit einem qualifizierten Rettungsmittel (Rettungswagen, Notarztwagen, Rettungshubschrauber)
    befördert werden muss oder der Eintritt eines derartigen
    Zustands während des Transports zu erwarten ist.
    [...]


    § 6 Krankentransporte


    (1) Ein Krankentransport kann verordnet werden, wenn der Versicherte während
    der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen des
    Krankentransportwagens (KTW) bedarf oder deren Erforderlichkeit aufgrund
    seines Zustandes zu erwarten ist. Die fachliche Betreuung in Krankentransportwagen
    wird nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften durch
    qualifiziertes nicht-ärztliches Personal gewährleistet. Die medizinischtechnische
    Einrichtung ist auf die Beförderung von Nicht-Notfallpatienten ausgelegt.



    (2) Der Krankentransport soll auch dann verordnet werden, wenn dadurch die
    Übertragung schwerer, ansteckender Krankheiten der Versicherten vermieden
    werden kann.
    [...]


    Besteht eine relevante Gefährdung ist der Krankentransport raus und der Notfalltransport drin. Bei KTs geht es um die fachliche Betreuung von Erkrankten oder Verletzten. Jetzt müsste man sich streiten, was fachlich bedeutet.


    @ krumel
    Sehr gute Idee. Das würde eine maximale personelle Durchlässigkeit ermöglichen...
    Vielleicht noch mal zur Begrifflichkeit. Der Beförderungspfleger ist eine Punchline. Der Name ist zu missverständlich und zu sperrig. Eine Unterteilung in Rettungs- und Transportsanitäter finde ich gar nicht mal schlecht. Alternativ könnte man die Bezeichnung "Sanitäter" schützen lassen und sie für einen Transportsanitäter verwenden.

  • Ich bin kein Freund der zu heftigen Spezialisierung. Warum?


    1.) Ist es für einen Arbeitgeber deutlich besser, wenn er einen Pool an Leuten hat, die er sowohl als Fahrer im Rettungsdienst als auch als Fahrer / Verantwortlicher im Krankentransport einsetzen kann. Wer sich schon mal um einen Dienstplan kümmern musste kennt das Problem, wenn es zu viele Leute gibt, die man nicht hin- oder herschieben kann.


    2.) Sehe ich als ein Arbeitnehmer, der schon mehr als 20 Jahre in seinem Beruf steckt auch das Thema "Vielfalt" als beachtenswert an. Irgendwann ist auch der seltenste Einsatz gefahren und man würde dann doch gerne mal etwas anderes sehen. Oder einfach mal einen ruhigeren Tag zwischendurch haben.....


    3.) Tut es jedem Menschen gut, wenn sich der Kopf nicht nur um wenige Dinge "einen Kopf machen muss", sondern eine größere Bandbreite abdecken kann. Wer rastet der rostet findet auch im Kopf statt.


    4.) Kommt vielleicht auch für den fittesten RS auf dem RTW der Tag, an dem er aus persönlichen/gesundheitlichen Gründen kürzer treten möchte oder muss. Dann ist er vielleicht ganz froh, wenn er auch im Krankentransport weniger Aufregung erfahren kann.



    Insgesamt wäre eine Aufwertung des RS sicherlich wünschenswert, aber dass es nicht möglich sein soll, Fahrer des RTW´s und Verantwortlicher auf dem KTW in einer Person qualifiziert zu schulen sehe ich nicht.


    Eddy

  • Juchli

    Ich hasse diese Frau! Ich hasse sie... :shout: Gott, ging mir dieser Name während der Ausbildung auf´n Sack!

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Nur so als Nachtrag, ich wollte meine Beiträge auch nicht auf eine "Transportspezialisierung" bezogen wissen. Ich denke ein wenig mehr Nähe zur Pflege was Ausbildung und Durchlässigkeit angeht würde dem Berufsbild gut tun - Das sage ich explizit als jemand der in beiden Bereichen gearbeitet hat.
    Einen von mir am meisten geschätzte Aspekt des Schweizer-RD ist die Tatsache, dass hier eine viel höhere Durchlässigkeit und Zusammenarbeit erfolgt, bis eben hin zum Einsatz der DiplRS im Spital in der einsatzfreien Zeit.