Gesundheit: Wenn der Notfall im Krankenhaus kein Notfall ist (ZEITonline)

  • Zitat

    Ein Drittel aller in Notaufnahmen behandelten Patienten könnten auch in einer Arztpraxis behandelt werden. Ein Gutachten schlägt ein neues System zur Entlastung vor.
    6. September 2016, 11:53 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, sah


    Quelle und vollständiger Bericht: http://www.zeit.de/wissen/gesu…erfuellung-vdek-gutachten?

  • Eintrittsgelder gab es schon und das hat nichts geändert. Und bei höheren Summen ist fraglich, ob das durchsetzbar ist, da nicht jeder Mensch immer und überall Bargeld dabei hat. Ich würde eher auf eine ordentliche Aufklärung setzen und das nicht immer nur in Fachkreisen besprechen, wo alles längst bekannt ist. Ab in die Öffentlichkeit wäre mal eine Option.

  • Teilweise ist das aber echt systemgemacht. Hatten den Fall schon 2x in der Familie, dass nach Anruf bei der 116117 (auch wiederholt und nach ner Stunde oder so, wochenends zu vorabendlicher Zeit) keine Antwort kam, man aber auch nicht auf eine Antwort warten wollte, weil die KVB keine Hoffnung gemacht hat. Nur so "ja, da rührt sich schon jemand".


    Da gehen wir dann durchaus mit schlechtem Gefühl ins Klinikum. Wenn man sich halt nicht zu helfen weiß und den Weg über Bereitschaftsdienst gehen wollte, dieser aber nicht frei gehalten wird, greift man halt zu "drastischen Mitteln".


    Wie wärs mit "Rechnung nach GOÄ" und die KK erstattet nur bei Indikation? Würde zumindest das Finanzierungsproblem eingrenzen und mal kritische Denkweisen unterstützen (ich hab auch ganz schön geschaut, als dann ne Rechnung >200€ kam...)

  • Wie wärs mit "Rechnung nach GOÄ" und die KK erstattet nur bei Indikation?


    In einem sozialen Bundesstaat (Art. 20 GG) könnte ich mir vorstellen, dass es schwierig wird jemanden wegen Blödheit finanziell in Regress zu nehmen.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • In einem sozialen Bundesstaat (Art. 20 GG) könnte ich mir vorstellen, dass es schwierig wird jemanden wegen Blödheit finanziell in Regress zu nehmen.


    Blödheit ist natürlich ein schlechter Grund, aber so eindeutig unnötige oder auch sehr häufige Besuche der Notaufnahmen könnten doch durchaus zu Nachfragen und Nachchecken führen.


    Ja, ich weiß, zu unrealistisch und nicht umzusetzen, aber irgendwas in die Richtung wird sich bestimmt jemand überlegen...

  • Vielleicht wäre es sinnvoller, Leute, die eindeutig falsch sind, unbehandelt wieder wegzuschicken (zum Hauarzt, Facharzt, KV-Dienst, in die Apotheke...).


    Ich glaube, den Schuh wird sich niemand anziehen.
    Es gibt halt in der Medizin nix, was es nicht gibt und leider leben/praktizieren wir ja auch in einer Zeit wo "legal medicine" leider einen starken Einfluss auf unser Handeln hat.
    Dazu kommt, dass das Personal in den Notaufnahmen sich noch mehr Angriffen ausgesetzt sehen dürfte, wenn es Leute wegschickt.
    Das Problem besteht ja auch schon so Land ein Land aus.


    Die Zeit hat sich halt dahingehend geändert, dass fast alle Service-Dienstleistungen 24/7 zur Verfügung stehen.
    Da sollte die Allgemeinmedizin halt mitziehen
    Drum finde ich die Idee von Arztpraxen, die an Notaufnahmen angegliedert sind eigentlich recht gut.


    Ein Zusammenschluss von Leitstelle für ärztl. Bereutschaftsdienst und Rettungsdienst würde diese Resourcenbündelung noch verstärken und die Steuerung der Patienten in die richtige "Pipeline" von weiter verstärken.


    Leider ist dies aber ja nicht gewünscht-siehe damals bei der Einführung der Integrierten Leitstelle in Muc, als der KVB-Dienst nicht wie ursprünglich sich angliedern hat lassen.

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)

  • Früher gab es ja offensichtlich weniger Probleme mit überfüllten Ambulanzen. Entweder sind die Leute kränker geworden, oder die Ambulanzen weniger oder die Krankheitsschwere der Ambulanzbesucher ist gesunken - warum auch immer.


    Ich schließe jetzt 1. und 2. mal aus bzw. unterstelle, dass die Anzahl der Ambulanzen sich ungefähr an der demografischen Entwicklung orientiert hat (ein Wunschgedanke, ich weiß, aber so weit dürfte die Kluft nicht auseinanderklaffen)


    Bleibt also als Hauptursache Punkt 3.


    Warum ist das so:


    Entweder sind die Leute in den letzten Jahren dümmer geworden, dann hilft nur eine verbesserte Bildungspolitik (diesen Trend kann man allerdings auch in anderen Bereichen der Gesellschaft erahnen)
    Oder andere Faktoren sorgen dafür, dass Leute entweder schneller in die Klinik oder überhaupt dahin gehen, ohne vorher den niedergelassenen Hausarzt aufzusuchen.
    Meiner Meinung nach liegt das auch mit daran, dass es heute nicht mehr so einfach ist, während der normalen Sprechzeiten zum Arzt zu gehen: In vielen Familien gibt es Doppelverdiener, kleine Kinder müssen betreut werden etc.


    Dazu kommt, dass der Druck wegen Fehltagen des Arbeitnehmers (gefühlt) zunimmt.


    Was kann man also tun?


    Vielleicht schafft man ein außerklinischen System, dass die Vorzüge der Krankenhausbehandlung leisten kann: Schnelle Termine, schnelle Verfügung von Großgeräten etc. und die Möglichkeit, auch außerhalb der üblichen Sprechzeiten behandelt zu werden. Das sind durchaus Punkte, die man (berufs-)politisch beeinflussen kann.
    Insofern sind kliniknahe Notfallpraxen in meinen Augen ein Schritt in die richtige Richtung. Mit Schuldzuweisungen Richtung dummen ´Patienten kommen wir nämlich nicht viel weiter.

  • Gefühlt ist das ein Thema, das zwar regelmäßig in den Medien betrauert wird, konkrete Maßnahmen daraus entstehen jedoch nicht.


    Die Lösung halte ich - wie mancher andere auch hier - für einfach:


    a) Bereitschaftspraxen in den Notaufnahmen. Eine Triage findet ja ohnehin statt, es wäre ein Leichtes, den Patienten in die Wartezone für Notaufnahme oder Bereitschaftspraxis weiterzuleiten.
    b) Ein performanteres KVB-System. Die hier gemachten Erfahrungen decken sich mit meinen, hier ist Luft nach oben, was manchem den Weg ins Krankenhaus ersparen würde.


    Die angesprochenen "Patientenidioten" ("Kann ich schnell ein CT machen? Beim Radiologen kriege ich das erst in zwei Wochen.", "Ich brauche ein Rezept für meine Medikamente und mein Hausarzt ist im Urlaub", etc.) gibt es zwar, halte ich aber nur für einen Bruchteil des gesamten Volumens. Daher sehe ich eine Bestrafung aller als nicht sinnvoll an.

  • Zitat

    Meiner Meinung nach liegt das auch mit daran, dass es heute nicht mehr so einfach ist, während der normalen Sprechzeiten zum Arzt zu gehen: In vielen Familien gibt es Doppelverdiener, kleine Kinder müssen betreut werden etc.
    [...]
    Vielleicht schafft man ein außerklinischen System, dass die Vorzüge der Krankenhausbehandlung leisten kann [...] und die Möglichkeit, auch außerhalb der üblichen Sprechzeiten behandelt zu werden. D


    Forderst du auch den 24/7 Schornsteinfeger, Autowerkstatt und Klemptner?


    Gerade diese "Vollkaskomentalität" jederzeit für Bagatellen (ich habe es schon drei Wochen, aber jetzt passt es mir gerade ganz gut) sollte man nicht fördern und dafür noch neue Strukturen schaffen, sondern eher unterbinden.

  • Das dürfte sich kaum unterbinden lassen, dafür müsste man neue Systeme schaffen.
    Kaum ein Klinikbetreiber wird eine Triage ("du kommst hier nicht rein") verantworten wollen.
    Und falls doch, geht der Patient in eine andere Klinik.

  • Forderst du auch den 24/7 Schornsteinfeger, Autowerkstatt und Klemptner?


    Gerade diese "Vollkaskomentalität" jederzeit für Bagatellen (ich habe es schon drei Wochen, aber jetzt passt es mir gerade ganz gut) sollte man nicht fördern und dafür noch neue Strukturen schaffen, sondern eher unterbinden.


    Gegenfrage: Warst Du schon mal vor 8:00 Uhr beim Bäcker? Oder nach 16.00 Uhr in einem Supermarkt? Oder am Wochenende?
    Und auch viele andere Berufsgruppen (Autowerkstätten, Klempner zum Beispiel) bieten Notdienste an (die sie sich natürlich auch honorieren lassen).


    Und ich rede nicht von Bagatellen. Das ist ein ganz anderes Problem und hilft hier nicht weiter: Wer abends um 22:00 Uhr wegen einer Bagatelle zum Arzt geht, macht das auch um 15:00 Uhr. Und dem kann man nur durch Bildung und Aufklärung begegnen.


    Wir müssen über die Leute reden, die es aus welchen Gründen auch immer nicht zu den regulären Sprechzeiten auf die Reihe kriegen, zum Arzt zu gehen.

  • Warum denn nicht an der anderen Stellschraube drehen? Mein Zahnarzt hat donnerstags bis 21 Uhr auf, mein Hausarzt dienstags bis 20 Uhr, einkaufen kann ich jeden Tag bis 22 Uhr und sonntags 9 Monate im Jahr von 11-17 Uhr, es gibt Bäcker, die machen um 5 auf, andere haben bis 20 Uhr geöffnet, Apotheken in Einkaufszentren haben auch bis 21 Uhr geöffnet. Warum ist es so unmöglich, dass Ärzte oder Ärztehäuser arbeitnehmerfreundliche Öffnungszeiten haben? Wie oft verweise ich an den Hausarzt, den Hno- oder Augenarzt um die Ecke, statt den Patienten 50km in die Uniklinik zu fahren? Das wären doch Optionen. Und ja, man fährt dann immer noch zu den Leuten raus, aber die kennen ja auch nicht mal den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst (den ich auch regelmäßig für Patienten anrufe).
    Und ja, ich finde es vollkommen okay, wenn den Leuten, von wem auch immer mal gesagt wird, dass das jetzt Quatsch ist und sie damit nicht zum Rettungsdienst und nicht in die Notaufnahme gehören.

    "Alle Menschen müssen sterben", meinte Boileau einst am Hofe Ludwigs XIV.
    Als der Sonnenkönig ihn darauf scharf ansah, korrigierte sich
    Boileau sofort: "Fast alle Menschen, Sire, fast alle!"

  • Das System ist in einem präfinalen Zustand und es gibt jede Menge Verursacher:


    der Patient hat keine Ahnung - und will sie auch nicht haben - was denn seine Inanspruchnahmen überhaupt kosten.
    Das Totschlagargument:"ei, isch binn doch versischert, hier habbe se mei Kärtche..."


    Die Politik/Regierungsverantwortlichen bekommen es nicht gebacken, eine eindeutige Grundlage im Sozialversicherungssystem zu etablieren, nämlich:
    jeder Versicherte bekommt einmal/Quartal unaufgefordert eine Aufstellung der in Anspruch genommenen Leistungen inkl. der Kosten.


    Die Kostenträger jammern herum, leisten aber mt der schon vorhandenen Lobby keinen konkreten Vorschlag.


    Die Kassenärztlichen Vereinigungen pochten auf das Privileg der ambulanten Behandlung - auch als diese Regelung aus Sauerbruch'scher Aera schon unpraktisch war.
    Damit meine ich konkret die 70-er- und 80-er-Jahre - die ich klinisch und präklinisch sehr aktiv mitbekommen habe.


    Die Kassenärztlichen Vereinigungen bekommen es NICHT hin, den "popeligen" Hausarzt den Versicherten als FACHARZT vorzustellen.
    Solange auch in der Vergütungssymptomatik jeder Subspezialist mehr bekommt, wird der Versicherte sich zu allen Unzeiten in eine ZNA bewegen - festen Glaubens, daß da rund-um-die-Uhr ein Facharzt für x-y-z sich seines Wehweh annimmt.


    Die Hiorgs mit der Ausbildung von Laien, die stets auf den RD und die Erforderlichkeit eines KH hinweist.
    Ebenso die Hiorgs in ihrer Funktion als Ausbilder für BG-EH: meiner Meinung nach ist die Zielgruppenorientierung nicht optimal.
    Ein Ausbilder "für alles" kann aber nicht der richtige Weg sein.


    Das Bildungssystem welches dafür sorgt, daß auch heute noch die alten Griechen rankommen, aber unzureichend auf das reale Leben vorbereiten.
    Die bspw. alle Jahre wieder von allen möglichen Institutionen geforderte Verankerung einer mehrfachen EH-Schulung in den neun bis dreizehn Schuljahren wird wohl auch mittelfristig Wunschdenken bleiben.


    Erwachsene, Eltern u.a.m, die sich ihrer individuellen Verantwortung entziehen und sich in der mollig warmen sozialen Hängematte wohlfühlen.
    (Ein Fratzbuch-Bekannter ist Apotheker in Norddeutschland: der "darf" nachts aufstehen, damit es Papiertaschentücher gibt)

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Das mit der Triage finde ich nicht schlecht wenn im Krankenhaus zB auch eine Praxis vom Ärztlichen Bereitschaftsdienst wäre.Beim ÄBD ist der Patient wohl nach einer Stunde draussen. In manchen Notaufnahmen sitzt der Patient nach einer Stunde immer noch im Wartebereich ohne einen Arzt gesehen zu haben.


    Hat nicht das Zentralklinikum in Augsburg das eingeführt? Soweit ich Zeitungsberichte im Kopf habe, so wurde die dortige Notaufnahme entlastet. Wobei das Problem die Triage war da die Mitarbeiter an der Aufnahme nicht die entsprechende Ausbildung hatten für die Entscheidung.

  • Eine Triage nützt aber nichts wenn man mit hoher Priorität eingestuft wird, jedoch nicht genug Personal (Pflege und Ärzte) vorhanden sind um die Masse an Patienten abzuarbeiten. Geht auf der Straße auch nicht, wenn 20 Patienten mit Rot gesichtet wurden, aber nur 5 RTW in den nächsten Stunden verfügbar sind. Ist mir so mit einem Erisipel mit Sepis vor einigen Jahren so passiert. Gesichtet wurde mittels des Manchester Triage System. Ich wurde mit Gelb - 30 Minuten gesichtet. Und die Mädels (Pflege und Ärztin) haben in der Notaufnahme geackert wie die Hafendirnen. So hat es trotzdem knapp 5 Stunden gedauert, bis ich das erste mal einen Arzt gesehen habe, sowie knapp 6 Stunden bis ich das erste mal i.v.-Antibiose bekommen habe sowie etwas gegen meine Hypokaliämie getan wurde. Mit 39,6 Grad fühlte ich mich wie mit einer schweren Grippe. An der Hälfte meines linken Unterschenkels wachsen bis heute keine Haare mehr...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.