Grober Behandlungsfehler durch Rettungsleitstelle: Beweislastumkehr

  • "Fahrt mal gucken" Einsätze hat es schon immer gegeben, gerade wenn die Meldung unklar ist. Pat. mit Atemproblemen bei bek. Asthma kann ja leider alles sein, von Hyperventilation (wie in einer meiner letzten Schichten) bis zur unmittelbar bevorstehenden Intubation. Insofern werden wir wahrscheinlich in der heutigen Zeit mit einer Übertriage leben müssen. Es sei denn du hast Leute auf der Leitstelle, die den RTW solo erstmal auf ihre Kappe nehmen, was vermutlich nach diesem Urteil aber noch weniger werden wird.

  • Bei uns gab es bis vor ca. 5 Jahren auch nur 2 NEFs. Jetzt werden wir auch in naher Zukunft wahrscheinlich bei 5 sein. Aber nur so kann man diese niedrige Alamierungsschwelle bewältigen.
    Das es aber auch anderes geht, weiß ich aus anderen Großstädten, in denen man effektiv versucht, den Alamierungskatalog für den Notarzt zu verkleinern, was aber tatsächlich zum Teil auf Widerstand bei der FW trifft.

  • Ich kenne die Ausstattung der Berliner RTWs nicht im Detail. Aber bei einem Meldebild dieser Art, einem schlecht ausgestatteten RTW und einer reinen RS Besetzung, ist das für mich eine NEF Indikation.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • In meinem Bereich kann man das anders bewerten, weil der RTW die Zeit tatsächlich sinnvoll nutzen kann. Sowas ist aber dann einer Leitstelle (hoffentlich) auch bewusst.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das in Berlin möglich

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Bei einem BF-RTW in Berlin kann im entsprechenden Zeitraum sowohl 2x Rettungssanitäter als auch per se überfordert zutreffen.



    Daraus habe ich das hergeleitet (sorry für Doppelpost)

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Bin gespannt bist die ersten Leitstellen bzw. Disponenten das Urteil zur Kenntnis nehmen und organisatorischen Maßnahmen ergreifen. Ich fürchte das die NA-Alarmierung ziemlich bald sehr niederschwellig erfolgen wird - alleine um "den Arsch aus der Schusslinie" zu bekommen.


    Wenn ich die Gedanken und die Argumentation des Gerichts mal weiterführe, komme ich zu dem Schluss das es zukünftig keine RTW-Einsätze (solo) mit Sondersignal mehr geben darf. Der Paragraph 38 StVO spricht ja für eine Freigabe im RD-Kontext nur bei "Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, ". Also zwingende NA-Indikationen.

    Alle getätigten Aussagen stellen meine private Meinung dar und stehen in keinem Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit.

  • Ich lese hier von Großstädten. Wie will man das in ländlichen Gebieten mit öfteren Nullschichten gewährleisten? Wo es jetzt schon oft keine Notärzte gibt...

  • Wir dürfen eins nicht vergessen: Wir kennen nicht die ganze Story. Wie genau wurde das Gespräch geführt? Was wurde gefragt? Alleine die RTW Ausstattung und die RS-Besetzung stellt eine Ausnahme da. Es ist zu einfach, jetzt einfach überall immer einen Notarzt zu alarmieren. Und wir dürfen nicht vergessen, dass es das erste Urteil nach ausgesprochen vielen Jahren ist. Es ist also im Gesamtkontext gesehen eine Ausnahme.


    In erster Linie sollte man also Ruhe bewahren und dann die Bewertung des Urteils von Juristen abwarten, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben. Ich hoffe, dass man davon dann in einschlägiger Fachpresse lesen wird, damit sich daraus vielleicht eine Konsequenz im Alltag ergibt.


    Überlegt doch mal, wie oft ihr schon davon gehört habt, oder selbst behauptet habt, ständig mit einem Bein im Knast zu stehen in eurem Beruf. Und jetzt schaut euch mal an, wie ot es zu tatsächlichen Verurteilungen gekommen ist. Wie gesagt, ich würde jetzt einfach erstmal Ruhe bewahren.

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • Wenn ich die Gedanken und die Argumentation des Gerichts mal weiterführe, komme ich zu dem Schluss das es zukünftig keine RTW-Einsätze (solo) mit Sondersignal mehr geben darf. Der Paragraph 38 StVO spricht ja für eine Freigabe im RD-Kontext nur bei "Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, ". Also zwingende NA-Indikationen.

    Das halte ich jetzt aber für etwas überzogen. Die StVO definiert ja nicht, welche Rettungsmittel ausreichend sind, Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden.

  • Leider wurde in den Begründungen kein Bezug auf das damalige Rettungsassistentengesetz und demzufolge die Handlungskompetenzen der RA sowie die Ausstattung der RTW im Jahre 2007 genommen. Jetzt im Jahre 2018 mit dem Notfallsanitätergesetz und Handlungsanweisungen für genau solche Krankheitsbilder sowie der Verfügbarkeit der technischen- und medikamentösen Hilfsmittel würde ein RTW reichen. Die Frage die sich mir stellt, ob das Urteil so ausfallen würde wenn der Einsatz JETZT geschehen würde. Das sich das Urteil auf den damaligen Rechtsrahmen stützen muss ist ja verständlich, aber so unkommentiert kann das zu falschen Schlussfolgerungen führen.


    Wenn man sich die Urteile anschaut, waren die Zeugen (RTW Besatzung) Rettungsassistenten.
    Leider wurde der Begriff Rettungssanitäter wieder inflationär und als Synonym für jegliche rettungssdienstliche, nichtärztliche Profession genutzt.
    Da 2007 die RTW der Berliner Feuerwehr mehr oder minder KTW waren, waren die Handlungsoptionen sicherlich begrenzt. Das sich da einiges geändert hat und Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern den Pyramidenprozess fast vollumfänglich umsetzt bzw. umsetzen wird (Stufenweise Freigabe von SOP)sollte vielleicht den ein oder anderen dazu bewegen das Bild des Berliner RD in einem andern Licht zu sehen.



    VG

  • Wenn ich die Gedanken und die Argumentation des Gerichts mal weiterführe, komme ich zu dem Schluss das es zukünftig keine RTW-Einsätze (solo) mit Sondersignal mehr geben darf. Der Paragraph 38 StVO spricht ja für eine Freigabe im RD-Kontext nur bei "Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, ". Also zwingende NA-Indikationen.


    Ich kenne zumindest einen Landkreis in Baden-Württemberg, wo man genau das früher so praktiziert hat.

  • Jetzt im Jahre 2018 mit dem Notfallsanitätergesetz und Handlungsanweisungen für genau solche Krankheitsbilder sowie der Verfügbarkeit der technischen- und medikamentösen Hilfsmittel würde ein RTW reichen.


    Jetzt mal wieder auf den speziellen Fall runtergebrochen:
    Offensichtlich verstarb der Patient in der Folge des Status Asthmaticus.


    Gehe ich nun davon aus, dass die Kollegen in den Krankenhäusern nicht absolut unfähig sind, dann bleibt mir eigentlich nur das "realistische" Szenario, dass der Patient bei Eintreffen der RTW-Besatzung bereits komatös war und die Indikation zur Beatmung bestand, diese aber zeitverzögert erfolgte, weswegen eine Reanimationssituation entstand aus der der Patient mit einem schweren hypoxischen Hirnschaden oder einer Aspiration mit ARDS herauskam, weswegen der Patient dann auf der ITS im weiteren Verlauf verstarb.
    Das postuliere ich einfach mal mit meiner klinischen Erfahrung...
    ansonsten ist ein Asthma Anfall nicht tödlich.


    Oder anders ausgedrückt:
    In einer deutschen Klinik darf ein Asthma Anfall nicht tödlich sein. Präklinisch sollte er bei suffizienter Versorgung auch nicht tödlich sein.

  • ... oder war jedenfalls Praxis.


    Es war definitiv rechtlich zulässig, eine „RS2000“ als „RDV“ einzusetzen auf dem „RTW“. Das hat nicht nur die BF gemacht, sondern auch die HiOrgs.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.


  • Es war definitiv rechtlich zulässig, eine „RS2000“ als „RDV“ einzusetzen auf dem „RTW“. Das hat nicht nur die BF gemacht, sondern auch die HiOrgs.


    Mike, da du dich dort auskennst: Kann man davon ausgehen, dass eine solche RS Besatzung mit der Ausstattung der RTWs mit dem genannten Einsatzsenario alleine überfordert ist?

    “When I was a boy and I would see scary things in the news, my mother would say to me, "Look for the helpers. You will always find people who are helping.”


    • Fred Rogers

  • „Auch der Sachverständige hält es nicht für schlüssig, wenn der Disponent gegenüber den Rettungsassistenten, den Zeugen, hinterher Atemnot sagt, aber bei dem vorangegangenen Anruf keine vorgelegen haben soll.“




    Wie schon gesagt „Rettungsassistenten“!
    Nichtsdestotrotz steigt und fällt auch alles mit den bereitgestellten Arbeitsmitteln. Zur Zeit des Einsatzes im Jahr 2007 hatten die Rettungskräfte zur Lösung dieses Einsatzes also maximal: „Lippenbremse, Kutschersitz, O2, Ambubeutel, Hände, Supraglottische Atemwegshilfen, Endotrachealtubus (Reihenfolge der Eskalation) zur Verfügung.
    Kann sich jeder selbst ausmalen wie weit man das unter Kontrolle haben kann, egal mit welcher Ausbildung.



    Der RS2000 war eine, zugegebenermaßen lange, Übergangslösung zur Einführung des Rettungsassistentengesetzes. Mit Einführung des Notfallsanitäters fahren diese nicht mehr Eigenverantwortlich auf einem RTW-C.