Infusionen verwechselt - 2 Tote

  • Wenn es sich hierbei wirklich um einen Fall der versehentlichen Verwechslung handelt, kann ich mir eigentlich nur diese Beutel für Schmerzpumpen vorstellen. (EDIT: ich weiß aber auch nicht, was da üblich ist - da durfte ich im Verlauf meiner Klinikzeit nicht ran)


    Dann muss da in der Klinik aber ein erhebliches Defizit in der Lagerung der BTMs bestehen....So wie ich das kenne sind besonders diese großen BTM Infusionen gesondert in den Bereichen gelagert in denen sie benötigt werden - und nochmal explizit in einem Safe natürlich.



    Ich hoffe wirklich, dass da nicht Mutwille dabei war :nein:

  • Mit so wenig Informationen ist das natürlich spekulativ. Vielleicht irgendeine lokale Abwandlung des Würzburger Schmerztropfs mit viel Opiat oder irgendein Medikamenten-look-alike das in die Infusion gegeben werden sollte?


    Zitat

    "Bei ihr soll es sich um eine erfahrene Pflegekraft handeln, die seit vielen Jahren in der Klinik arbeitet. Er nahm die Frau aber in Schutz: „Das kann man ihr sicher nicht vorwerfen, da ist ein Fehler im System.“

    Diese Aussage finde ich übrigens große Klasse, ich hoffe, dass das auch intern die Linie gegenüber der Mitarbeiterin ist. Fast noch toller wäre, wenn ein so dramatischer Fall mit einem Untersuchungsbericht aufgearbeitet würde und damit ein Schritt in Richtung mehr Patientensicherheit gemacht werden könnte.

  • Ich mutmaße, dass es sich um Infusionsbeutel mit Lokalanästhetika gehandelt haben wird. Ropivacain gibt es zum Beispiel in 200ml-Beuteln. Laien könnten ein Lokalanästhesthetikum durchaus aus Betäubungsmittel bezeichnen.

    Einmal editiert, zuletzt von bodo#3 ()

  • Zitat

    Ich mutmaße, dass es sich um Infusionsbeutel mit Lokalanästhetika gehandelt haben wird. Ropivacain gibt es zum Beispiel in 200ml-Beuteln. Laien könnten ein Lokalanästhesthetikum durchaus aus Betäubungsmittel bezeichnen.

    Das könnte natürlich sein; es betäubt ja schließlich.

  • klassische Betäubungsmittel (Opiate) kenne ich jetzt nicht in Verpackungen, die mit Kochsalzlösung (i.d.R. Stechampullen oder Kunststoff-Flaschen) verwechselt werden können.


    Denkbar wäre eine Stechampulle Miazolam, die aufgrund der Inhaltsmenge (100 mg, bis 15 mg kein BTM), dem Betäubungsmittelrecht unterliegt, jedoch i.d.R. nur auf Intensivstationen (Perfusormedikament zur Sedierung unter Beatmung) zu finden ist und zudem halt auch veerschlossen gelagert werden muss, so dass ich eiinen Fehler hier ausschließen würde.


    Klassische Schmerzmittel in Stechampullen wäre halt Paracetamol, allerdings ohne letale Auswirkung bei versehentlicher Gabe.


    Letztendlich halte ich auch die Verwechslung von Kochsalz mit einem Lokalanästhetikum für die wahrscheinlichste Möglichkeit - Aktuell laufen Bestrebungen, für Lokalanästhetika von Luer-Lock wegzukommen und andere Konnektoren zu verwenden (ähnlich, wie es schon bei Magen/Ernährungssonden geschehen ist nach der tragischen i.v. Injekktion eines oralen Antibiotikums in den Venenzugang, bei der ein Säugling starb). Allerdings wird sich in eine Stechampulle dann auch weiterhin eiin Dorn eines i.v. Infuisonssystems einstecken lassen.


    Zum Lokalanästhetikum passt auch, dass die anderen Patienten einfach am Monitor (auftreten potentiell gefährlicher HRST) observiert werden.

  • "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Ich bin ja ein grosser Freund von CIRS, CRM usw. Wäre dies ein reiner CIRS-Fall würde ich jetzt aber wirklich schwierig eine Lösung finden können!? Wenn das aus der Pressemeldung so stimmt, sind die Medikamente getrennt gelagert, in unterschiedlicher Materialform, mehrfach gekennzeichnet usw. Was will man da noch machen? Vier-Augen-Prinzip ist im Stationsbetrieb fast nicht machbar (v.a. bei Routineaufgaben).
    Wenn das die Beutel sind, die ich auch kenne (flach, länglich), ist es mir auch unbegreiflich, wie man die (als erfahrene Kraft) mit NaCl verwechseln kann!? Die stimmen so mit gar keiner anderen „normalen“ Infusion überein (geschwige denn mit den erwähnten Glasflaschen)!? Da könnt ich auch ne Desinfektionsmittelflasche versehentlich als Trägerlösung nehmen :shok:
    Bin gespannt, wie der Fall ausgeht und ob da nicht noch mehr dahinter steckt...

  • Ich bin ja ein grosser Freund von CIRS, CRM usw. Wäre dies ein reiner CIRS-Fall würde ich jetzt aber wirklich schwierig eine Lösung finden können!? Wenn das aus der Pressemeldung so stimmt, sind die Medikamente getrennt gelagert, in unterschiedlicher Materialform, mehrfach gekennzeichnet usw. Was will man da noch machen? Vier-Augen-Prinzip ist im Stationsbetrieb fast nicht machbar (v.a. bei Routineaufgaben).
    Wenn das die Beutel sind, die ich auch kenne (flach, länglich), ist es mir auch unbegreiflich, wie man die (als erfahrene Kraft) mit NaCl verwechseln kann!? Die stimmen so mit gar keiner anderen „normalen“ Infusion überein (geschwige denn mit den erwähnten Glasflaschen)!? Da könnt ich auch ne Desinfektionsmittelflasche versehentlich als Trägerlösung nehmen :shok:
    Bin gespannt, wie der Fall ausgeht und ob da nicht noch mehr dahinter steckt...


    Man könnte natürlich auch an anderen Stellen ansetzen (ohne dass ich irgendwelche Informationen zur konkreten Situation hätte):


    - Die wievielte Nachtschicht der Pflegekraft in Folge war das?
    - Seit wann war sie im Dienst?
    - wie war die personelle Besetzung der Station (unter Sollstärke?)
    - wie ist der Personalschlüssel generell zu bewerten (Patienten pro Personal)?
    - wie war die konkrete Arbeitsbelastung in dieser Schicht?
    - gab es außergewöhnliche Umstände zum Zeitpunkt des Fehlers?
    Etc.

  • Vier-Augen-Prinzip ist im Stationsbetrieb fast nicht machbar (v.a. bei Routineaufgaben).

    Jörg hat ja schon einige Punkte angesprochen, die in der Pflege (allgemein und im konkreten Fall) ggf. falsch gelaufen sind. Auch wenn diese im Artikel entkräftet wurden, so glaube ich nicht wirklich daran, dass es überhaupt noch Pflegekräfte gibt die nicht unter Streß leiden. Ich denke daher schon, dass es auch eine Sache des Wollens ist Dinge zu ändern. Der Krankenpflegeschüler Alexander Jorde, der während des Wahlkampfes unsere Kanzlerin mit den Problemen in der deutschen Pflege konfrontierte, war vor einigen Wochen in einer Reportage über die Pflege zu sehen, wo dieser in den skandinavischen Ländern zu Besuch in der Pflege war. Dort gab es das Vier-Augen-Prinzip bei der Stellung bzw. Zubereitung der Medikamente. Zur Risikominimierung (zu sehen ab Minute 35). Ich denke daher schon, dass eine Verbesserung der genannten Punkte zu mehr Sicherheit und zu einer besserer Pflege führen würde.


    Alexander Jorde kommt übrigens aus meiner Ecke um Hannover (Hildesheim, St. Bernward-Krankenhaus). Hannover war schon einige Male wegen schlechter Arbeitsbedingungen in der Pflege in der Kritik (geschlossene Kreißsäle, Hebammen fehlen). Aktuell haben in einem Krankenhaus wieder 13 Pflegekräfte einer Notaufaufnahme zusammen gekündigt. Läuft...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

    2 Mal editiert, zuletzt von Harris NRÜ ()

  • Ich hatte beim Lesen der Schilderung, dass es sich um eine absolut "normale" Schicht gehandelt habe und der Fehler völlig unerklärbar sei, auch gefragt, warum man nicht mal hinterfragt, ob die ganz normale Belastung vielleicht einfach zu groß ist, wenn solch gravierende Fehler erfahrenen Kräften passieren.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Ich hatte beim Lesen der Schilderung, dass es sich um eine absolut "normale" Schicht gehandelt habe und der Fehler völlig unerklärbar sei, auch gefragt, warum man nicht mal hinterfragt, ob die ganz normale Belastung vielleicht einfach zu groß ist, wenn solch gravierende Fehler erfahrenen Kräften passieren.


    Die Ursache für so einen Blackout kann natürlich auch im privaten Umfeld des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin liegen. Vielleicht kam es im persönlichen Bereich zu einem belastenden Ereignis, das Konzentration von der Arbeit abzog oder Ähnliches (Spekulation!).


    Nicht zuletzt kenne ich auch RD-Kollegen, die in Nachtdienstwochen ihren Tagesablauf so gestalten, als hätten sie frei, d.h. zwischen den Schichten quasi nicht oder kaum schlafen. So etwas kann dann auch mal nach hinten losgehen.


    Am Ende ist das hier aber alles spekulativ, vielleicht war es auch ein ganz „gewöhnliches“ Augenblickversagen ohne herleitbare Ursache.

  • Das kann sehr wohl sein, und ehrlich gesagt kenne ich genug Kollegen, die das auch so machen. Allerdings diese Selbstverständlichkeit, mit der da gesagt wird, dass nichts besonderes war und das völlig unerklärbar wäre, finde ich falsch. Man sollte das in alle Richtungen beleuchten und ich halte es für sehr wohl vorstellbar, dass die Grundbelastung in der Pflege deutlich zu hoch ist. Also, aus meinen persönlichen Erfahrungen von Klinikeinsätzen würde ich das sogar für recht wahrscheinlich halten. Persönliche Ursachen schließt das selbstverständlich nicht aus.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Was ich mir gut vorstellen kann ist, dass die Ropivacain-Beutel zusammen mit den NaCl-Beuteln auf einem Visitenwagen lagen (was eventuell nicht üblich ist) und die Pflegekraft dann in der Halbdämmerung die Beutel nicht mehr hat unterscheiden können

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker