Geplante Änderung des Notfallsanitätergesetzes durch das BMG

  • Hi,

    Soweit wurde ja schon viel gesagt, prinzipiell erfreut mich diese Richtung auch. Mal weitergedacht was SOP und AAO und so weiter angeht. Wie seht ihr in Zukunft die eigentliche Alarmierung des RTW mit/ohne Notarzt im Zusammenhang mit dem Gesetz(-esentwurf)?

    Nicht jeder ÄLRD hat "Zugriff" auf die LST und Alarmierungsgründe des Notarztes. An meinem Beispiel: Die Hypoglykämie ,der Hypertensive Notfall usw. sind hier von Haus aus Notarzteinsätze. Und nun erkläre dem Disponenten mal das Bewußtlos (nicht ansprechbar) oder der schlimme lebensgefährliche Blutdruck keinen NA benötigen.

    Da bin ich wieder mal recht hoffnungslos, zumindest hier...

    Ich sehe momentan mit der Lösung nur eine minimale Reduzierung der Nachforderungen.

    Grüße Dani

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • Es wird Zeit, dass alle RTH einen PKW bekommen. (Dann flippen zwar die Firmen aus, weil damit kein Geld zu machen ist, aber egal)

    Da bin ich bei Dir. Ich könnte unzählige Beispiele nennen, wo genau das, dass Wetter oder die unmittelbare räumliche Nähe zum LRZ (Luftrettungszentrum) den Einsatz des RTH/ITH bzw. des Notarztes verhindert oder merklich erschwert hatten (Polizei, ELW-C, PKW/MZW, usw. entsenden um NA/NotSan abzuholen). Ein NEF am RTH/ITH wäre eine schöne Sache.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Wenn die Gesetzesänderung jedoch dazu beiträgt, die leider immer noch unglaublich hohe Zahl von nicht notwendigen NA-Einsätzen (und evtl. auch die Zahl der NA-Standorte) zu reduzieren (was vermutlich eher nicht Intention des Gesetzgebers ist):

    Was soll denn der Sinn hinter einer Standort-Reduzierung sein? Dadurch werden lediglich die Einsatzzeiten verlängert. Es kann doch nicht sinnvoll sein, in Zukunft, wenn der NA wirklich nur zu schwersten Krankheitsbildern gerufen werden soll, dann deutlich länger auf ihn warten zu müssen als heute.


    Die Beiträge hier zeigen, dass es auch zukünftig ausreichend Gelegenheit zur Diskussion geben wird. Die wenigsten Patienten sterben oder erleiden "schwerwiegende Folgen", wenn sie unmittelbar und nicht erst 20 Minuten später behandelt werden. Ein richtiger hypertensiver Notfall ist äußerst selten (im Sinne mit deutlich ausgeprägter und schwerer Symptomatik), alles andere sind sicher Entgleisungen, die auch behandelt werden müssen, aber nicht unmittelbar direkt auf der Stelle notwendig (auch ein RR von 210 oder 220 nicht).

  • Ich bin davon überzeugt, mit PHTLS und AMLS wurde der deutsche RD geprägt und verändert. Und damit meine ich nicht, dass der Notarzt ausgeschlichen wurde. Im Gegenteil, die Zusammenarbeit wurde besser durch diese Kurse.

    Auch da muss ich Mike zustimmen. Die Kurse haben schon etwas verändert. Aber auch ich hatte nicht das Gefühl, dass irgendjemand (in dem Fall der NA) ersetzt werden soll. Inhaltlich hatte ich immer das Gefühl, dass es neben der Medizin vor allem auch um Kommunikation und Zeitmanagement ging. Also um eine strukturierte und effektivere Teamarbeit.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Wenn die Gesetzesänderung jedoch dazu beiträgt, die leider immer noch unglaublich hohe Zahl von nicht notwendigen NA-Einsätzen (und evtl. auch die Zahl der NA-Standorte) zu reduzieren (was vermutlich eher nicht Intention des Gesetzgebers ist): Gerne. Ich bin der Überzeugung, dass 80-90% aller heutigen Notarzteinsätze von einem durchschnittlich ausgebildeten Notfallsanitäter völlig problemlos im Alleingang abgearbeitet werden könnten, 40-50% wahrscheinlich sogar durch einen erfahrenen RS.

    Und die restlichen 10 % der Einsätze übernimmt ein RTH in der Fläche oder die nächste Notaufnahme mit Bleifuß.


    Die Zeiten der "vorgelagerten" Intensivmedizin, die es im Übrigen in der Fläche durch Allgemeinmediziner und Co nie gab, sind vorbei.

  • Und die restlichen 10 % der Einsätze übernimmt ein RTH in der Fläche oder die nächste Notaufnahme mit Bleifuß.


    Die Zeiten der "vorgelagerten" Intensivmedizin, die es im Übrigen in der Fläche durch Allgemeinmediziner und Co nie gab, sind vorbei.

    Oder deine Berufsgruppe nutzt die sich ändernden Zeiten und kämpft endlich mal für ernsthafte Qualifikationsvorgaben im Notarzdienst und stellt damit genau das her: Die flächendeckende vorgelagerte Intensivmedizin durch an der Front kämpfende echte Intensivmediziner.

    Die halt auch genau dafür zum Einsatz kommen und nicht um Oma Schalupke mit dem unkritischen NSTEMI in die Klinik zu fahren oder Tante Hilde mit ihrer OSH Fraktur zu analgesieren.

    Wird es dann weniger Notärzte geben? Ja.

    Wird es dann aber für diese verbleibenden Notärzte mehr ernsthafte Einsätze geben? Genauso ja.

    Und das ist gut so.


    Das wird auch nicht durch den RTH abbildbar sein.

  • Wird es dann aber für diese verbleibenden Notärzte mehr ernsthafte Einsätze geben? Genauso ja.

    Und das ist gut so.

    Wie soll das ohne RTH in der Fläche realisierbar sein?

    Wie viele "intensivmedizinische" Einsätze (d.h. Intubation und Stabilisierung der Vitalparameter) gibt es denn in der Fläche?

    Selbst auf RTHs stellen sie als Primäreinsatz nicht das überwiegende Einsatzgeschehen dar.


    Das NEF fährt dann 1 mal pro Woche im Landkreis XY.

    Wie realisiere ich da dann einen Dienstplan?

    Wie bezahle ich da dann das Personal?

    Wie finanziere ich dann derartige Einsätze in der Fläche?


    Klar kann ich sagen: Der Krankenhausarzt (z.B. Oberarzt Anästhesie) fährt dann die Einsätze.

    Nur auch in den Kliniken habe ich dieses Personal nicht in Redundanz.

  • Das NEF fährt dann 1 mal pro Woche im Landkreis XY.

    Wie realisiere ich da dann einen Dienstplan?

    Wie bezahle ich da dann das Personal?

    Wie finanziere ich dann derartige Einsätze in der Fläche?

    Das NEF-Geschäft ist auch heute mehr oder weniger ein Nullsummenspiel oder ein Minusgeschäft. Ich kenne hier in der Gegend Stundensätze zwischen 30 und 50 Euro pro Tag, zum Teil mit und ohne zusätzlicher Beteiligung pro Einsatz. Wenn ich jetzt einmal Arbeitgeberanteile für die Sozialkassen weglasse, weil es oftmals Honorarbezahlungen sind, hat man als Betreiber Personalkosten von 720 bis 1200 Euro. Die Arzt-Pauschale beträgt hier ca. 100 Euro. D.h. man benötigt schon mal 8 bis 12 abrechenbare Einsätze am Tag, wenn eine Beteiligung vergütet wird, auch mehr, nur um die Personalkosten zu decken. Einsatzkleidung, Personalersatz ggf. auch Material sind hier noch nicht berücksichtigt. Und auch in hochfrequentierten Bereichen sind 12 oder mehr Einsätze täglich im Schnitt schon eine Hausnummer, die es sicher geben wird, aber größtenteils doch eher nicht.


    Bei 50 Euro pro Stunde hätte man als Krankenhaus oder Landkreis reine Personalkosten von 438.000 Euro im Jahr (jede weitere 10 Euro pro Stunde würden weitere knapp 90.000 Euro pro Stunde bedeuten). Eine knappe halbe Million Euro pro Jahr bei einem multimillionen Euro Budget sollte in jedem Haushalt eines Kreises oder Krankenhauses möglich sein, auch wenn der Notarzt nur einmal am Tag benötigt wird. Das wird spätestens dann passieren, wenn Patienten über eine Stunde auf einen Notarzt warten müssen und dadurch wirklich Schäden erleiden.


    Ein wesentlich höherer Stundensatz wird kaum durchsetzbar sein, auch wenn eine höhere Qualifikation als bisher erwartet wird, wenn das Einsatzaufkommen tatsächlich so niedrig ist.

  • Die ganzen Buchstabenkurse sehen keinen Notarzt vor.

    Ja und nein. Die Buchstabenkurse sollen möglichst universell anwendbar sein, weswegen sie auf eine Hierarchie verzichten.
    Zwischenzeitlich wird oft darauf verwiesen, dass lokale Protokolle einzuhalten sind. Mein erster Kurs war ALS und damals (2003) geb es immer den Hinweis „ziehe bei Bedarf einen Experten hinzu“.

  • Es wird darauf hinauslaufen, dass du in vielen Landkreisen nur noch einen NA pro Landkreis stellen musst. Was erstmal ein deutliches Personalplus für die Kliniken bedeuten kann, ebenso einen deutlichen Kostenvorteil für das Gesamtsystem.

    Das dieser eine NA dann qualifizierter sein muss ist halt die Gegenseite.

    Aber ich kann den Kuchen nicht haben und essen wollen.


    Komischer Weise schaffen es die Eidgenossen auch hier jemanden zu stellen. Genauso wie Dänen, etc. etc.

    Fakt ist: So wie es jetzt momentan in der notärztlichen Flächenversorgung aussieht kann es nicht weiter gehen und wird es auch nicht weiter gehen.

  • Und die restlichen 10 % der Einsätze übernimmt ein RTH in der Fläche oder die nächste Notaufnahme mit Bleifuß.


    Die Zeiten der "vorgelagerten" Intensivmedizin, die es im Übrigen in der Fläche durch Allgemeinmediziner und Co nie gab, sind vorbei.

    Nur RTH wird nicht klappen, in der Großstadt wäre ein NEF schon schön. Dann vielleicht nur noch eins statt 4...

    Da dann aber bitte nicht den chirurgischen Assistenten im 2. Jahr drauf setzen, sondern einen Facharzt mit umfassenden Skills...

  • Ich frage nochmal: Wie wollt ihr die Standortschließungen denn begründen? Es stehen die Fahrzeuge nicht alle auf einem Fleck, sondern (zumindest in der Theorie) taktisch verteilt. Wenn ich 3 von 4 Standorten schließe, hat das letzte doch enorme Anfahrtszeiten und das genau dann, wenn es zu den schweren Fällen ausrücken soll?

  • "Bei uns" wäre vor einigen Jahren im LK fast eins von zwei Nef weggefallen wegen Ärztemangels. Das noch bestehende NEF sollte möglichst zentral im Kreis stationiert werden. Das wäre wohl eine Möglichkeit, wenn Standorte schließen würden, auch wenn ich persönlich auch lieber die bestehenden NEF erhalten sehen würde.


    Die Anfahrtszeiten hängen von den Gegebenheiten vor Ort ab, tatsächlich wäre die Anfahrtszeit bei so einer zentralen Stationierung in unserem LK relativ konstant bei 20-25min in die Peripherie. Blöd wird es halt wenn das NEF weit entfernt im KH steht. Vor allem wenn die KHs vor Ort keine umfangreiche Versorgung bieten können. Oder wenn das NEF in einen anderen Landkreis geschickt wird usw.

  • Und eine dahingehend neutrale Rückbaumethode wäre, diejenigen NEF zu streichen, die zusätzlich zu einem bestehenden NEF-Standort dazugekommen sind. Wir haben in unseren Rettungsdienstbereichen zwei Standorte mit jeweils zwei NEF.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • "Ihre verstärkte bundesweite und flächendeckende Anwendung würde einen wichtigen Beitrag dafür leis­ten, dass Notfallsanitäter – gerade auch in besonderen Einsatzsituati­o­nen – heilkundliche Maßnahmen rechtssicher im Wege der Delegation und somit ohne Übernahme der Haftungsverantwortung durchfüh­ren." (Ärzteblatt)


    Durchführung von Maßnahmen ohne Übernahme der Haftungsverantwortung. Na das nenne ich mal Rosinenpicken. Glaube kaum dass dieses Konstrukt vor Gericht bestand hat....

  • Durchführung von Maßnahmen ohne Übernahme der Haftungsverantwortung.

    Wo steht denn das? Ich meine, wo steht das im Gesetzesentwurf?

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  • Ist doch klar, 2a ist ohne ÄLRD Beteiligung, somit auch keine Haftung für ihn.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.