Die Blaulichtnomaden - Personalnot im Rettungsdienst

  • Die Frage ist, wie man als AG die Motivation hält. Leider gewöhnt man sich als AN schnell an Dinge.

    @allgemein Das sollte aber kein Grund sein, als Arbeitgeber ein gutes Gehalt bzw. Tariferhöhungen sowie andere Arbeitsbedingungen vorenthalten zu wollen, nur weil sich Arbeitnehmer sich an solche Dinge gewöhnen. Denn: Arbeitgeber gewöhnen sich auch an 56 Stunden Wochen (noch gar nicht so lange her im Rettungsdienst- und Feuerwehrbereich), an ständiges freiwilliges Einspringen von Personal bei Erkrankungen (prima, dann brauchen wir keinen Rufdienst), an mehr Aufgaben und Verantwortung des Personals (die SOP bzw. Freigaben der NotSan wachsen hier von Jahr zu Jahr - was ja auch richtig so ist - die Entgeltgruppe bleibt gleich - egal ob 5 Freigaben oder 50), an immer mehr Arbeit (Einsätze) des Personals zu gleichen Beschäftigungsbedingungen (prima, mehr Leistung für die gleichen Personalkosten...), usw. Man könnte den Spieß quasi auch mal umdrehen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Meine Motivation wäre höher, wenn mein AG mir eine Fortbildung bezahlen würde, zumal man damit dann auch durchaus „Werbung“ machen könnte.

    Soweit so klar. Aber wie lange hält das dann?


    Ich kenne da einen Laden, da gehst du als NotSan:in 2x im Jahr in eine spezielle Trainingshalle für Wasserrettungstraining (inkl. Welle, Wind, Regen, Kran (als Winde)), 2x im Jahr machst du das am Heli in der Nord- oder Ostsee. Dann gehst du alle zwei Jahre zu ITLS und ACLS, und jährlich zu CRM und Höhrenrettungstraining, und ab und zu gibts noch n weiteren Kurs deiner Wahl umsonst oben Drauf. Natürlich immer alles in Arbeitszeit, natürlich immer alles vom AG bezahlt. Dann gibts noch einen Tag pro Jahr internes Trainng, immer mit genau dem Material das auch im Einsatz genutzt wird, mit variablen Themen nach Wunsch des Teams, und ein Tag im Jahr simulation, in der identischen(!) Zelle des RTH in dem du arbeitest, mit identischem Gerät, in deiner PSA, zusammen mit den NA mit denen du den RTH besetzt. Knapp 160 Fortbildungsstunden pro Jahr pro NotSan:in werden absolviert.


    Was meinst du wie schnell man sich daran gewöhnt? ;)

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Den wöchentlichen Obstkorb nicht vergessen, hat man zwar nur was davon wenn man am Tag der Lieferung Frühschicht hat oder in der Verwaltung arbeitet, aber es kommt ganz toll bei den Arbeitnehmern an! 😏

    :rtw: "Rettungsdienst" sind die Typen, die zu einem kommen, wenn man etwas getan hat, wofür man eigentlich zu dämlich ist. :rtw:

  • Kannst du meinetwegen machen, nur dann kommen wir inhaltlich nicht weiter.

    Aber warum sollte der Weg nur eine Einbahnstraße sein? Wo wären wir heute, wenn wir für unsere Arbeitssicherheit, Arbeitsbedingungen und unser Entgelt nicht kontinuierlich seit Jahrzehnten eintreten würden?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Es ist keine Einbahnstraße! Das steht auch nirgends. Ich glaube bloß, dass es nicht hilfreich ist, wenn du ein anderes (artverwandtes) Thema einbringst.

    Wir können gerne darüber reden, was der AG alles schlecht gemacht hat in der Vergangenheit, es hilft mir bei meiner Frage nur nicht weiter.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Wie würdest Du die Motivation im Betrieb denn dauerhaft halten, neues Personal locken und Bestandspersonal halten wollen? Was für Vorstellungen hättest Du denn da?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Die Frage ist, wie man als AG die Motivation hält. Leider gewöhnt man sich als AN schnell an Dinge.

    das ist doch genau meine Frage! :D

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Neben der im anderen Beitrag bereits angesprochenen Reduktion auf 38 oder 40 Wochenstunden, plant unsere Dienstherrin bereits das nächste „Schmankerl“.


    Vor allem freu ich mich über das im Beitrag erwähnte „Umwelt-Abo“ . Es hat einen Gegenwert von 800,- CHF pro Jahr.
    Damit kann man in der ganzen Region den kompletten Nahverkehr nutzen.


    Ich freu mich.


    Entlastungen für die Schichtarbeiter im Kanton BS

    Alle getätigten Aussagen stellen meine private Meinung dar und stehen in keinem Zusammenhang mit meiner beruflichen Tätigkeit.

  • das ist doch genau meine Frage! :D

    Hätte ja sein können, dass Du da Ideen hast.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • “Ich“ biete das oben genannte schon, neben nem fairen TV, und weis nicht weiter….

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Was wären denn eure Wünsche an einen AG als AN?

    Und ich meine damit jetzt auch mögliche Fixpunkte, keine utopischen Dinge wie eine 12h Woche oder so :-)


    Obstkorb, Fitness und 40h Woche im 12h oder 24h Dienst?

    Wie würde euer perfekter Tarifvertrag aussehen?

  • Was wären denn eure Wünsche an einen AG als AN?

    Das mag jetzt komisch klingen. Aber ich hätte einfach gerne folgendes:


    - Zusagen werden im Großen und Ganzen eingehalten. (Kleiner Tip: Einfach nicht leichtfertig Dinge ankündigen)

    - Emails werden beantwortet. Termine werden eingehalten.

    - Notwendige Informationen werden zur Verfügung gestellt - und zwar nicht nur den Lieblings-, sondern allen Mitarbeiter*Innen.

    - Die Kommunikation ist wertschätzend und respektvoll. Sie ist nicht paternalistisch und manipulativ. Der AG hört den AN zu und nimmt sie ernst. Die Kommunikation muss auch ehrlich und realistisch sein.

    - Die Arbeitgeber erteilen Anerkennung und erfüllen ihre Fürsorgepflicht (auch gegenüber den Rettungsleitstellen und Notaufnahmen).

    - Die Mitarbeiter*Innen werden gleich behandelt. Anerkennung wird gerecht verteilt.

    - Wertschätzung wird auch durch folgendes Verhalten gezeigt:

    * Materialmängel werden zeitnah und konsequent beseitigt (nicht nur durch "Wieso? Ich hab's eingeschaltet, und bei mir ging's"

    * Material wird nicht (unangekündigt) abgeändert, nur weil der neue Artikel 3 Ct weniger kostet.

    * Bürokratie wird mitarbeiterorientiert gestaltet. Sinnlose und/oder unnötig komplizierte Formulare werden vermieden.

    * Sinnlose Regelungen werden vermieden (zum Beispiel, dass ein Desinfektionsraum verschlossen sein muss)

    * Kritik wird ernst genommen. Das gleiche gilt für Hinweise auf fachliche Mängel bei Kolleg*Innen.

    * Kolleg*Innen mit fachlichen Mängeln werden zielgerichtet und konsequent unterstützt und so lange wie nötig aus verantwortlichen Positionen entfernt. Unfähige Kolleg*Innen werden während der Probezeit gekündigt (Sorry guys, es ist halt nicht jeder geeignet).

    * Eigene Standards werden eingehalten (Neue Kolleg*Innen kommen also beispielsweise erst auf das Auto, wenn die Ortskenntnisprüfung bestanden ist und alle relevanten Geräteeinweisungen stattgefunden haben)

    * Mitarbeiter*Innen werden bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes einbezogen.

    *Man mutet den Mitarbeiter*Innen keinen Technikschrott zu, den man versehentlich gekauft hat (Nida-Pad zum Beispiel).

    - Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden eingehalten und ausgeschöpft, zum Beispiel wird es den NotSan ermöglicht, ihre Kompetenz einzusetzen.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

    Einmal editiert, zuletzt von Captain Joy ()

  • Für mich als Anästhesist, dass ich gerne zur Arbeit gehen würde:


    - Wirklich flexible Arbeitszeiten, das heißt, Arbeitsbeginn und -Ende, so wie es für den einzelnen passt, dann wäre mir die Anzahl der Stunden pro Woche (ob 38 oder 42) eigentlich schon mal egal. Aktuell fängt 80 bis 90 Prozent meiner Abteilung morgens um 07:15 an, später kommen nur die Bereitschaftsdienste, die dann aber knapp 24 Stunden im Haus sind, sowie 2 Leute zum Spätdienst, der aber anderweitig Nachteile hat.


    - Eine realistische OP-Planung, die auch in der Regel-Arbeitszeit machbar ist, und nicht wie bisher, einfach x Punkte in x Sälen planen, von denen jeder weiß, dass sie ohnehin nicht zu schaffen sind. Somit enttäuscht man lediglich Patienten, die an dem Tag nicht operiert werden oder frustriert das Personal, das länger bleiben muss.


    - Vorhalten von OP-Kapazitäten für dringliche, nicht geplante Eingriffe, die ohnehin jeden Tag anfallen.


    - Nur solche Operationen im Bereitschaftsdienst, die wirklich zeitnah gemacht werden müssen. Tagsüber können Patienten mit der selben Erkrankung seltsamerweise bis nach dem Regel-Programm über 10 Stunden warten, nachts aber keine 3 Stunden bis zum Schichtwechsel (da steht ja leider wieder das Regel-Programm an und einen Notfall-Saal gibt es ja nicht).


    - Wenn ich einen 24-Stunden-Dienst krankheitsbedingt übernehme, dann hätte ich dafür gerne anschließend 2 zusätzliche freie Tage neben dem ohnehin "freien" Tag danach.


    - Deutlich höheres Entgelt in den Nachtstunden sowie am Wochenende und an den Feiertagen. Ich weiß, dass man als Arzt auf höherem Niveau klagt, ich finde jedoch etwas über 20 Euro netto dafür, dass ich schwerstkranke Patienten über mehrere Stunden OP bringe oder auf der Intensivstation versorge, einfach nicht ansatzweise angemessen.


    Das würde mir schon reichen, um zu sagen, ok, ich gehe zur Arbeit, und das, was ich dort mache, ist einigermaßen gut organisiert, sinnvoll, angemessen bezahlt und ich kann nach meinem Bio-Rhythmus arbeiten.


    Zusätzliche Dinge wären:


    - Regelmäßige Gespräche, bei denen ernsthaft nach Problemen oder Verbesserungsvorschlägen gefragt wird und beim nächsten Termin auch geschaut wird, ob diese Probleme behoben wurden (sollte nach QM eigentlich Standard sein, aber naja...)


    - Wertschätzende Kommunikation und nicht das Gefühl haben zu müssen, dass man als Bittsteller auftritt, wenn man Überstundenfrei haben möchte o.Ä.


    - Defektes Material wird zeitnah repariert und nicht erst nach einem halben Jahr, wenn überhaupt.


    - Deutlich höhere Subvention des Kantinen-Essens sowie insgesamt besseres Essen, Job-Ticket, richtigen Zuschuss für ein Dienst (E-) Fahrrad, garantierter Kindergarten-Platz über eine deutlich weitere Zeitspanne als 08:00 bis 16:00 Uhr, Zuschuss für ein Fitness-Studio der Wahl...

  • Früher war ich Rettungsassistent. Das war schön für meinen Arbeitgeber, denn von meiner Sorte gab es mehr als genug. Es konnte ja auch jeder, der wollte, Rettungsassistent werden. Man ging einfach zu einer Schule und sagte: Ich will Rettungsassistent werden. Die Schule so: Haste das Geld? Ja? Dann setz Dich mal da hin. Und im Anerkennungsjahr besetzten die angehenden Rettungsassistenten kostengünstig eine RettSan-Stelle zum Azubi-Gehalt. Wenn ein Rettungsassistent Kiritk geäußert hat, konnte man einfach die legendäre Schreibtischschublade mit den Initiativ-Bewerbungen aufziehen und sagen: Wenn's Dir hier nicht passt, dann geh doch einfach. Stelle ich halt den nächsten ein.


    Heute haben wir es mit einer gänzlich anderen Situation zu tun. Gab es früher einen Angebotsüberschuss (Zu viele RettAss pro Stelle), so sehen wir heute einen Nachfrageüberschuss (Zu viele Stellen pro NotSan). Die Marktmacht hat sich also deutlich verschoben. Die Kommunikationsformen aus der alten Zeit sind jetzt nicht mehr angemessen. Wenn den Arbeitgebern das mal bewusst würde, dann würden sich auch viele Dinge von ganz alleine ändern.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

    2 Mal editiert, zuletzt von Captain Joy ()

  • Ach ja, da fällt mir noch ein, gerade sehr aktuell bei uns: Frühzeitiges Kümmern und Einstellen von Ersatz-Personal, für das, welches gekündigt hat. Es dürfte doch klar sein, dass, wenn jemand zum 30.03. geht, ich als AG nicht erst jemandem zum 01.04. einstellen kann, wenn der andere adäquat ersetzt werden soll. Eigentlich.


    Es gibt in meiner Abteilung seit letzten Sommer einen derart hohen Abgang an Personal, wie ich es in meiner gesamten Arbeitszeit noch nie erlebt habe. Es gehen/ gingen deutlich mehr als 10 Fachärzte, neu eingestellt hat man jetzt zum Januar und Februar 4 Nicht-Fachärzte. Im März und April sollen wohl noch 2 (!) Fachärzte kommen, in der Zeit haben aber dann schon wieder welche gekündigt...


    Ach ja, es wäre selbstverständlich an den verbliebenen, diese nicht unerhebliche Lücke an anfallenden Bereitschaftsdiensten (die allesamt sehr gut ausgelastet sind) zusätzlich zu übernehmen. Schon klar...

  • Es ist ja schon viel gesagt worden. Schön wäre:

    - 24 Stunden Bezahlung für 24 Stunden Arbeit und kein Konstrukt, in der Bereitschaftszeit teilweise nicht gezahlt wird.

    - Die Möglichkeit Gelerntes auch umsetzen zu dürfen.

    - Fortbildungen auch innerhalb der Dienstzeit absolvieren zu können.

    - Nicht über die Belastungsgrenze hinaus arbeiten zu müssen ("Hey, ihr seit schon zehn Stunden auf der Straße? Kommt, einer geht noch...")

    - Im öD nicht immer das Gefühl zu haben, alles leisten zu müssen, dafür aber als letzter Anerkennung und vernünftige Bezahlung zu bekommen.

    - Die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung und das Gefühl, dass der AG da auch Interesse daran hat (aka Fortbildungen und Lehrgänge auch mal zu fördern).

    - Den Grundsatz "Eignung, Leistung, Befähigung" auch mal ernst zu meinen als AG.

    Do your job right – Treat people right – Give all out effort – Have an all in attitude.

    ~ Mark vonAppen

  • Es ist ja schon viel gesagt worden. Schön wäre:

    - 24 Stunden Bezahlung für 24 Stunden Arbeit und kein Konstrukt, in der Bereitschaftszeit teilweise nicht gezahlt wird.

    [...]

    - Nicht über die Belastungsgrenze hinaus arbeiten zu müssen ("Hey, ihr seit schon zehn Stunden auf der Straße? Kommt, einer geht noch...")

    Das passt jetzt nicht wirklich zusammen. Wenn 24 Arbeitsstunden bezahlt werden sollen, dann muss natürlich auch 24 Stunden gearbeitet (und nicht geruht/geschlafen) werden. Wenn 10 Stunden "auf der Straße" die Belastungsgrenze überschreiten, ist das dann offensichtlich nicht möglich.

  • Rein mathematisch funktioniert das nicht, das ist richtig. Aber von der Wortklauberei mal abgesehen käme niemand in einem "normalen" Job mit arbeitszeitbasierter Bezahlung auf die Idee, die Anwesenheitszeiten zusammenzustreichen, nur weil vielleicht auch mal weniger Arbeit anfällt. Wenn das wirklich als "bezahltes Schlafen" gelten soll, dann kann man keine Ausrückzeiten von unter einer Minute verlangen.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone: