Erkenntnisse des Sanitätsdienstes der Bundeswehr aus dem Ukrainekrieg

  • Mögliche Konsequenz:

    Beschaffung von geländegängigen GRTW bzw. GKTW.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Mögliche Konsequenz:

    Beschaffung von geländegängigen GRTW bzw. GKTW.

    Für wen? Für den Sanitätsdienst der Bundeswehr oder für den Rettungsdienst (oder besser: Zivil- & Katastrophenschutz)? Zudem muss beachtet werden, was geländeFÄHIG und geländeGÄNGIG wirklich bedeutet. Gerade die heutigen modernen Einsatzfahrzeuge haben häufig eine geringere Watttiefe-Fähigkeit durch die viele Elektronik. Und dafür braucht es noch nicht einmal einen Krieg. Sturzfluten, Hochwasser, Schnee-"Katastrophen" und Eisregen und sonstige Unwetter reichen dafür schon aus.


    Aber auch der Rettungsdienst sollte einige geländeGÄNGIGE Rettungsmittel haben. Wir haben hier einen größeren Ausläufer der Mittelgebirge / Weserbergland mit Höhenunterschieden von 50 bis knapp über 400 Metern in insgesamt drei Rettungswacheneinsatzbereichen des Kreises. Keine dieser Wachen hat ein geländeFÄHIGES oder geländeGÄNGIGES Rettungsmittel. Man verläßt sich hier, genau so wie beim Transport von schwergewichtigen Patienten, auf die Motivation des Ehrenamtes (dort steht ein geländegängiger KTW) oder auf den RW-1 Unimog einer freiwilligen Feuerwehr. Das war früher, vor 30 Jahren, einmal anders. Da standen zumindestens geländefähige KTW auf T3 Syncro / Allrad zur Verfügung, die durch RTW-Besatzungen besprungen werden konnten. Diese brauchte noch nicht einmal oft in den Wald/Berg hinein, sondern alleine die Anfahrt zu den höher gelegenen Stadtteilen und Ortsteilen machte bei Schnee schon Probleme. Die RTW (damals auf VW LT, MB 308 oder MB T2 später) wären da nicht hoch gekommen. Das wäre heute mit einem normalen MB Sprinter und einem Fahrtec-Koffer drauf nicht anders. Nun ja, das Wetter passt sich dankenswerter Weise der Vorhaltung des Rettungsdienstes hier an (Klimawandel, immer seltener Schnee hier). Aber so lange nichts passiert, wird die Trägerverwaltung da nicht alleine drauf kommen, fürchte ich (geht ja auch mit einem Unimog-Rüstwagen...). Früher haben die HiOrgs da selbst dran gedacht und solche Dinge beschafft und unterhalten. Die Zeiten sind seit knapp 25 Jahren aber vorbei.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Für die Untersuchung hat das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr Bilder und Informationen aus der Ukraine systematisch ausgewertet und Gespräche mit ukrainischem Sanitätspersonal geführt. Die Verletzungsmuster sind durch die Folgen von Explosionen, Granatsplitter, Verbrennungen und Verwundungen durch Chemikalien bestimmt. „Die einzelne Schussverletzung ist nicht das Problem“, [...] Die Ärzte sind auf Fälle gestoßen, in denen alle vier Extremitäten abgebunden und acht dieser Gurte zugleich angelegt werden mussten.

    Viele Kollegen haben von verletzten ukrainischen Zivilisten und Soldaten berichtet, die per Sekundärtransport von Fliegern an den Flughäfen transportiert werden mussten. Da sind einige üble Verletzungen dabei gewesen, auch abgerissene Extremitäten bei Kindern. Nicht schön, echt nicht. Das hat bei einigen auch Spuren hinterlassen.


    Zitat von Focus

    In Nato-Staaten wurden Berechnungen angestellt, wie viele Verletzte zu versorgen sind, wenn eine Division aus etwa 20 000 Soldaten im hochintensiven Gefecht gegen einen gleichwertigen Gegner kämpft. Deutschland hat der Nato für das Jahr einen solchen, gefechtsbereiten Großverband als „Division 2025“ zugesagt. Beim Einsatz an vorderster Front ist mit mehreren hundert Verwundeten am Tag zu rechnen, womöglich auch mit bis zu 1000 Soldaten, die versorgt werden müssen - und auch in die Heimat zurückgeholt werden müssen.

    Ich war vor einigen Wochen auf Lehrgang in Ahrweiler. Die Bundeswehr geht davon aus, dass bei Kampfhandlungen der NATO an der Ostfront in Europa ca. 5.000 verletzte Soldaten TÄGLICH nach Deutschland zurückgeführt werden und behandelt werden müssen. Der Alltag würde hier noch mehr unterbrochen werden, wie das SARS dieses getan hat. Das wäre ein dickes Brett, was gebohrt werden müsste, in den deutschen Krankenhäusern.


    Zitat

    Dabei setzen die Überlegungen Deutschlands bisher darauf, Patiententransporte zu zwei Dritteln auf der Straße und zu einem Drittel auf dem Luftweg realisieren zu können. Züge spielen keine Rolle. In der Ukraine aber werden knapp zwei Drittel der Verwundeten über die Schiene und ein Drittel auf der Straße zur sicheren Behandlung gebracht. Der Luftweg ist die absolute und gefährliche Ausnahme, weil die Ukraine keine Luftüberlegenheit hat.

    Mal von schnellen CSAR/MEDEVAC Einheiten (Hubschrauber, Sanitätspanzer, usw.), denke ich auch, dass die alten Sanitätszüge eine gute Idee wären, um verletzte Soldaten (und Zivilisten bzw. Zivilschutz?) nach der Erstversorgung aus dem rückwärtigen Bereich in andere Länder zu bringen (Frankreich, Spanien, usw.). Das könnte auch für den Katastrophenschutz interessant sein (lange und großflächige Lagen, Pandemie, usw.). Edit: Vorausgesetzt, die Infrastruktur ist dann noch vorhanden (was in Friedenzeiten in Deutschland ja schon problematisch ist). Allerdings trifft das auch auf Straßen und den Luftweg zu (Lufthoheit und militärische Luftbewegungen im Kriegsfall bzw. Einstellung des zivilen Luftverkehrs im Kriegsfall).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

    Einmal editiert, zuletzt von Harris NRÜ ()

  • Ich meine Fzg. die abseits von Strassen eingesetzt werden können.

    Das sowohl für den militärischen wie auch zivilen Gebrauch.


    Die vorhandenen Fzg. des Kats haben zwei Tragen. Punkt.

    Geländegängigkeit, Watfähigkeit???


    Die in geringsten Stückzahlen vorhandenen Fzg. auf MB-Unimog-Basis zeigen die techn. Möglichkeiten auf.

    Es wird ein politisches Problem werden so etwas umzusetzen weil es nicht nur um die Beschaffung sondern auch um Fahrerschulung und Wartung geht.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich meine Fzg. die abseits von Strassen eingesetzt werden können.

    Ich lese das anders:

    - viel mehr geschützte (und geländegängige) Fahrzeuge da durch Drohnen der gefährdete Frontbereich viel größer wird

    - viel mehr Fahrzeuge um Patienten bodengebunden mit geringem Bedarf an schwer verfügbaren medizinischem Personal über große Entfernungen zu transportieren (Busse, Eisenbahn etc)

  • Täuschkörper bzw. Nebelgranatenwerfer hätte ich auch gerne an meinem RTW. :)

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Zum Beispiel den Piranha 6x6 Sanität:


    war eines meiner Fahrzeuge im Dienst und top für Evakuierungen aus dem Frontbereich ausgerüstet. Relativ starke Panzerung mit Möglichkeit einer weiteren Verstärkung und top Geländefähigkeit mit Watttiefen bis zu fast 2 Metern…

    Es können 6 sitzende oder 4 liegende oder aber 3 sitzende und 2 liegende Patienten zeitgleich evakuiert werden.

  • Was mich persönlich erschreckt hat, war die Aussage, das gezielt Einheiten des Sanitätsdienste angegriffen wurden und Russland gezielt Krankenkraftwagen angreift.

  • Das tun sie doch schon lange in allen Konflikten?


    Afghanistan, Tschetschenien,Georgien... You name it...

  • Was mich persönlich erschreckt hat, war die Aussage, das gezielt Einheiten des Sanitätsdienste angegriffen wurden und Russland gezielt Krankenkraftwagen angreift.

    So erschreckend finde ich das gar nicht, sondern eher absehbar, dass das passiert. Leider. Das zerstört die Moral. Und im zivilen Bereich gibt es den "second hit" - der gezielte Angriff der Helfer nach einem "first hit". Muss man mit rechnen. Leider.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Schon in den 1990er Jahren hat ein mit mir befreundeter Bundeswehroffizier statt von der Genfer Konvention scherzhaft von der „Genfer Konfession“ gesprochen. Zitat: „Entweder man glaubt daran oder man glaubt nicht daran.“

  • So erschreckend finde ich das gar nicht, sondern eher absehbar, dass das passiert. Leider. Das zerstört die Moral.

    Ist das so? Eine der folgenschwersten Fehleinschätzungen im zweiten Weltkrieg war, dass das "moral bombing" (also die flächendeckende Bombardierung von Wohngebieten) tatsächlich die Moral der Bevölkerung untergräbt. Wie die Geschichtsforschung gezeigt hat, war das Gegenteil der Fall.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Das weiß ich nicht, denn ich musste (gott sei dank) noch keinen Krieg am eigenen Leibe mit erleben. Vielleicht hast Du da mehr Erfahrung. Ich würde es vermuten, wenn meine Sani´s, die mir im Notfall den Arsch retten sollen, beliebte Ziele des Gegners sind. Die zitierte Stelle hatte aber einen anderen Schwerpunkt. Ich finde ein solches Verhalten, das gezielte beschießen von Sanitätseinheiten oder den Missbrauch der Symbole, nicht überraschend.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Vielleicht hast Du da mehr Erfahrung.

    Dass ich mich nicht auf eigene Erfahrungen beziehe, geht ja aus meinem Beitrag hervor. Ich kann mir allerdings auch nicht vorstellen, dass Angriffe auf verwundete Kameraden, die unter dem (vermeintlichen) Schutz eines Neutralitätszeichens stehen, meinen Kampfwillen negativ beeinflussen würden. Ich würde auch da vom Gegenteil ausgehen.

    You know as well as I do decisions made in real time are never perfect. Don't second-guess an operation from an armchair. [Noah Vosen]

    Oldschool EMS. The Gold Standard of Ass Kickin'!

  • Ist das so? Eine der folgenschwersten Fehleinschätzungen im zweiten Weltkrieg war, dass das "moral bombing" (also die flächendeckende Bombardierung von Wohngebieten) tatsächlich die Moral der Bevölkerung untergräbt. Wie die Geschichtsforschung gezeigt hat, war das Gegenteil der Fall.

    Die flächendeckende Bombardierung von Städten (mit relevanten Industrieanlagen) führte erst ab Sommer 1944 zu nennenswerten Beeinträchtigungen der Produktion.

    Es mag sein das sich der Anteil demoralisierter Menschen erhöhte - das war aber keine öffentlich vorgetragene Meinung. "Hochverrat" hatte seinen Preis.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Zumindest überall dort, wo KrKW auch von Aggressoren missbraucht wurden. Aktuell z.B. wohl auch in Gaza.

    Zu mindestens in Afghanistan und Georgien war das russische Huhn vor der Ei-Handlung.