Sollte der Inhalt der NFS Ausbildung verändert werden?

  • Meiner Meinung nach zeigst du mit deinen Aussagen, dass du noch nicht die Reife für die NFS Ausbildung hast...
    Notfallmedizin ist mehr als ACS, Bienenstiche und Polytraumata...



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    Wer war jetzt angesprochen? Nick?

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ja, sorry



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    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • PTBS ist noch ziemlich neu am Markt des Wissens.
    Vor dreissig Jahren hat noch kein RA in seiner Ausbildung etwas davon vermittelt bekommen.


    1987 gab es noch keine RA. Das Gesetz ist von 1989.
    Was nichts daran ändert das in meiner RS Ausbildung (noch mit dem Ziel Transportführer RTW) das Thema der eigenen Belastung nicht vorgekommen ist.


    Seit Ramstein (1988) und spätestens seit Eschede (1998) sollte das aber jeder kennen. Als neu sollte man das nicht bezeichnen.


  • 1987 gab es noch keine RA. Das Gesetz ist von 1989.
    Was nichts daran ändert das in meiner RS Ausbildung (noch mit dem Ziel Transportführer RTW) das Thema der eigenen Belastung nicht vorgekommen ist.


    Seit Ramstein (1988) und spätestens seit Eschede (1998) sollte das aber jeder kennen. Als neu sollte man das nicht bezeichnen.

    Wenn ich es korrekt verstanden habe, ging es nicht um das Kennen durch Ereignisse selbst, sondern um die gezielte Vermittlung notfallpsychologischer Inhalte und soziologischer Faktoren in der Ausbildung selbst. Meine RettSan Ausbildung fand Jahre nach Ramstein statt, meine RettAss Ausbildung kurz nach Eschede. In der NotSan-EP war keine Zeit dafür da. Letztendlich habe ich, abgesehen vom Studium, nur in der Krankenpflegeausbildung psychologische und soziologische Inhalte vermittelt bekommen. Ob es in der normalen RettAss-Ausbildung passiert ist weiß ich nicht, vielleicht lag das auch an der verkürzten Ausbildung für Krankenpflege/RettSan-Fuzzis? Und selbst in der Pflege ist es sinnvoll, wenn man sich Maslow´s und Juchli´s Ideen mal zu Gemüte führt.


    Im übrigen finde ich "neu" noch nicht einmal so schlimm. Jahre oder einige wenige Jahrzehnte werden auch noch als jung oder neu bezeichnet. Erst die Tage habe ich einen Bericht zum RettAss gelesen, der aus dem Jahre 2011 war und den Beruf als neu bezeichnet hatte. Aus der Blickrichtung könnte man PTBS tatsächlich als neu bezeichnen, wenn man sich erst seit 20 oder 30 Jahren vermehrt Gedanken drüber macht. Und das dieses noch nicht einmal alle Arbeitgeber erkannt haben, zeigt eine Projektarbeit aus dem Jahre 2007, wo knapp die Hälfte aller bayrischen Rettungsdienstbetreiber psychische Belastungen nicht in ihren Gefährdungsbeurteilungen aufgenommen hatten. Quelle: Stadler, Peter Dipl. Psych. / Schärtel, Beate Dr. med. (2007): Psychische Fehlbelastungen von Rettungsdienstmitarbeitern und Optimierungsmöglichkeiten - Eine Projektarbeit der bayrischen Gewerbeaufsicht in Zusammenarbeit mit dem Bayrischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. LGL Bayern / BZR Mittelfranken, München / Ansbach. Und ich bin mir sicher, dass es heute immer noch einen ganz großen Teil von RD-Arbeitgebern gibt, die dieses immer noch nicht getan haben. PTBS scheint immer noch zu "neu" zu sein...

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ja, und überhaupt dieser ganze neue Schnick schnack, PTBS, EKG, NFS, Medikamente... Braucht man doch alles nicht, früher in der guten alten Zeit haben wir die Leute auch gefahren und hat gepasst.
    Alles neumodisch... Und Veränderung braucht es sowieso nicht.


    Früher war aaalles besser!

  • Vor gut zehn Jahren gab es hier in der Gegend einen tragischen Verkehrsunfall mit fünf toten Jugendlichen. Ein älterer Kollege, inzwischen selbst verstorben, meinte über die Anwesenheit der Notfallseelsorge (die damals bei uns noch absolut in den Kinderschuhen steckte und konfessionell organisiert war): "So einen Sch*** braucht keine S*u. Ich hätte die Klamotten von den Bälgern in einen Müllsack gesteckt und den Eltern vor die Haustüre geworfen, dann hätten die schon gewusst, was Sache ist."
    Das für mich absolut entsetzliche: Das meinte der vollkommen ernst und ich bin auch überzeugt davon, dass er das oft genug so praktizierte. Die Kopfbewegungen mancher Kollegen - und zwar in die zustimmende Richtung - bestätigten dies.
    Mit einem solchen Rettungsdienst möchte ich nichts zu tun haben - weder als Patient noch als Kollege.

  • Du hast natürlich recht bzgl. der Jahreszahlen.


    Ramstein und Eschede waren natürlich markante Ereignisse.
    Damit wurde thematisiert, daß neben den körperlichen Schäden auch andere Folgen denkbar ist.


    Ich selbst hatte 1994 meinen Weg in die Notfallseelsorge gefunden.
    Zu dieser Zeit waren SbE, Nachsorgeteams, Notfallseelsorge - oer wie man es immer auch nennt - echte Innovationen und noch keine Standards.



    Was heute als CISM weltweiter Standard ist: begründet wurde es durch das "Vietnam-Syndrom".
    Die USA machten die Erfahrung, daß heimgekehrte Soldaten den Weg zurück in die Gesellschaft oft nicht mehr schafften und eine besondere Betreuung benötigten, die nicht nur durch wissenschaftler/Ärzte geleistet werden sollte
    Daraus folgte die Erkenntnis: was für Soldaten gut ist, das taugt auch für Forefighter und Cops.


    Dann dauerte es noch einmal einige Jahre mit mühsamer Kleinarbeit bis zum Rüberschwappen nach -D-
    Ich erinnere mich noch an einen dt. Chef einer BF der sagte: "Meine Männer müssen auf Kommando Eiswürfel pinkeln können" - angesprochen auf die Thematik sensibler Einsätze und den Umgang damit.


    Zusammengefasst:
    Sehr vieles, was JETZT als Standard läuft, war eine Innovation.
    In der Medizin gilt dies besonders.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ich habe nicht gesagt, dass die psychologischen Inhalte der Notfallsanitäterausbildung insgesamt schlecht sind - ich habe einzig und alleine angemerkt das es *meiner Meinung nach* ein teils viel zu hoher Stundenansatz insbesondere bei den soziologischen Themen gegenüber dem teils recht mageren Stundenanteil bei spezieller Notfallmedizin ist. Und diese macht eben mit den Kernpunkt des formulierten Ausbildungsziel aus. Die Formulierung "unnötiger Balast" und ein paar andere Aussagen waren evtl ein bisschen pauschal, ja. Sorry. Wie man hiervon meine "Reife für diesen Beruf" ableiten kann, gut, keine Ahnung. Themen wie PTBS, CISM oder Trauerphasen etc haben sicher ihre Berechtigung und sind eine Bereicherung im Lehrplan.

  • Vor gut zehn Jahren gab es hier in der Gegend einen tragischen Verkehrsunfall mit fünf toten Jugendlichen. Ein älterer Kollege, inzwischen selbst verstorben, meinte über die Anwesenheit der Notfallseelsorge (die damals bei uns noch absolut in den Kinderschuhen steckte und konfessionell organisiert war): "So einen Sch*** braucht keine S*u. Ich hätte die Klamotten von den Bälgern in einen Müllsack gesteckt und den Eltern vor die Haustüre geworfen, dann hätten die schon gewusst, was Sache ist."
    Das für mich absolut entsetzliche: Das meinte der vollkommen ernst und ich bin auch überzeugt davon, dass er das oft genug so praktizierte. Die Kopfbewegungen mancher Kollegen - und zwar in die zustimmende Richtung - bestätigten dies.
    Mit einem solchen Rettungsdienst möchte ich nichts zu tun haben - weder als Patient noch als Kollege.

    Wer so etwas sagt und ernst meint, der hat meiner Meinung nach ein ernsthaftes Problem und im Rettungsdienst nichts verloren. Ich bezweifle aber, dass ein paar Stunden Psychologie aus solchen A****löchern professionelle und emphatische Retter machen.

  • Diese Generation - und das war zumindest bei dem damaligen Arbeitgeber wirklich weitverbreitete Ansicht unter "den Alten" - ist zum Glück im Aussterben begriffen.
    Und da inzwischen eine kritische Masse bezüglich derartiger Dinge, auch dank umfassenderer Ausbildung diesbezüglich, sensibilisiert ist, ist auch der Widerstand gesunken. Es werden von diesen Leuten Dinge immer noch als überflüssig erachtet, aber inzwischen wenigstens stillschweigend hingenommen.

  • Insgesamt soll mit der Ausbildung dem NFS eine Basis geschaffen werden, auf die er/sie aufbauen kann. Es erfordert ordentliches Basiswissen, um z.B. Studien kritisch zu lesen und sich auf dem neuesten Stand zu halten.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Das für mich absolut entsetzliche: Das meinte der vollkommen ernst


    Nichts anderes als eine falsch kanalisierte Selbstschutz-Reaktion, wenn es Ihm geholfen hat über solche Situationen gesund hinwegzukommen sollte man es nicht einfach verteufeln, nur weil es einem nicht in den eigenen -evt. auch durch aktuelle Moden- Kram passt.

  • Nichts anderes als eine falsch kanalisierte Selbstschutz-Reaktion, wenn es Ihm geholfen hat über solche Situationen gesund hinwegzukommen sollte man es nicht einfach verteufeln, nur weil es einem nicht in den eigenen -evt. auch durch aktuelle Moden- Kram passt.


    Sehe ich anders. Gerade diese "Moden" zeigen, dass es auch andere, funktionierende Wege gibt, derartige Situationen kurz- wie auch langfristig zu bewältigen, ohne sich dabei wie - pardon - das letzte A****loch verhalten zu müssen. Denn mit dieser Art des Selbstschutzes hilft er vielleicht sich selbst, dies aber auf Kosten anderer - in diesem Falle der Angehörigen.
    Hierfür benötigt man aber ein gewisses Maß an Selbstreflektion und Offenheit für Neues - womit wir bei dem Modell der "Big Five" und damit beim Ausgang dieser Diskussion angelangt wären :yes:

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  • Gerade diese "Moden" zeigen, dass es auch andere, funktionierende Wege gibt


    Habe ich auch gar nicht ausgeschlossen. Als SBE Peer wurde mir aber eben auch beigebracht, und das empfand ich eigentlich auch schon immer so, du sollst niemanden etwas auf erzwingen.


    Außer einem rhetorischen Erguss, war tatsächlich wohl eher nicht damit zurechnen, das irgendwer einen Sack Opfer- Wäsche den Eltern vor die Füße geworfen hätte.
    Also wenn es seine Art des Selbstschutzes ist und dieses so auch seiner Psychohygiene erfolgreich hilft, mein Gott dann soll er eben so reagieren. Heißt ja nicht, dass man ihm nicht dezent den Hinweis geben könnt: "man, das schon harter Tobak. Ich habe da nen Vorschlag, willst du es dir mal anhören?"

  • Okay, vielleicht haben wir etwas aneinander vorbeigeredet.
    Dieser Kollege (bzw. diese Kollegengeneration, es waren mehrere) hat das ziemlich sicher auch tatsächlich so gemacht. Die Einsicht, dass "was früher Recht war, kann heute nicht Unrecht sein" hatten sie nicht.
    Insofern begrüße ich durchaus, wenn auch psychiologische Inhalte in allen Facetten von Anfang an zur Ausbildung dazugehören. Selbst wenn man diese Kollegen durch Aus- und Fortbildung nicht mehr erreicht, so geraten sie doch irgendwann von der Mehrheit zur Minderheit und stellen dieses Verhalten vielleicht nicht aus Einsicht ab, aber zumindest auf mehrheitlichen Druck.
    Ob dieses Verhalten, kombiniert mit der Ablehnung professioneller Unterstützungsstrukturen (in diesem Falle der kirchlichen Notfallseelsorger) letztendlich aus Selbstschutz, Gleichgültigkeit oder einem selbstauferlegten Erziehungsauftrag ("du hast auf deine Kinder nicht aufgepasst, jetzt sind sie tot") heraus entstand, vermag ich nicht mehr zu beurteilen.
    Es zeugt aber meines Erachtens nach aber auf jeden Fall von einer gefährlichen Unkenntniss in den Bereichen Stressbewältigung und Empathie.

  • Meiner jugendlichen Meinung nach, war früher aber auch gesellschaftlich mehr "erlaubt". Der Besoffene, der vom RD irgendwo im Gebüsch versteckt wurde. Die Backpfeife vom Lehrer. Das Herumstehen direkt um einen Unfallort. Mehr Gewalt bei Demonstrationen. Die Prügelei auf dem Schulhof oder vor der Disko. All das ist ja heute jenseits von gut und böse, während es früher (zumindest wurde es mir so erzählt) eher akzeptiert war.


    Derartige Bemerkungen waren vermutlich auch damals schon deutlich außerhalb dessen, was akzeptiert wurde, aber vielleicht nicht ganz so weit wie heute. Ich glaube daher, dass es eher eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung ist, die zu einer anderen Art der Stressbewältigung geführt hat, als ein paar Stunden Ausbildung (auch wenn Ausbildung zweifelsohne einen Schubs in die gewünschte Richtung geben kann).

  • Ich kann Nick nur zustimmen. Klar sind die ganzen "Psycho"-Themen wichtig! Aber wenn man das Thema EKG in der gesamten Ausbildung nur zwei Tage hat, dafür aber zwei Wochen mit dem Thema "Tod und Sterben" genervt wird, dann ist das ganze für offensichtlich falsch gewichtet.
    Zumindest stand ich in den 3 Jahren viele Male planlos vor einem 12-Kanal-EKG, aber noch nie planlos vor einem Angehörigen.

  • Ich sehe das ehrlich gesagt ähnlich. Es ist durchaus wichtig, dass die Themen besprochen werden und dafür auch einen angemessenen zeitlichen Umfang bekommen. Allerdings ist in den derzeitigen Curricula die Gewichtung tatsächlich deutlich verschoben. Ich stimme auch zu, dass das maßgeblich im Zeitgeist liegt. Im Medizinstudium haben sich die psychosozialen Fächer drastisch erweitert, und der Rahmen ist schon ziemlich weit gefasst. Durch den Hype der Skillslabs und entsprechender Integration in die Lehre normalisiert es sich aber langsam (je nach Uni) wieder. Dennoch sollte man die Bedeutung der Fächer nicht in Frage stellen, die Bedeutung einer guten Behandler - Patientenbeziehung kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Über den Umfang kann man aber sehr wohl unterschiedliche Meinungen haben, denn am Ende muss der Behandler doch noch wissen und umsetzen können, was nun zu tun ist.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

  • Meiner Meinung nach zeigst du mit deinen Aussagen, dass du noch nicht die Reife für die NFS Ausbildung hast...
    Notfallmedizin ist mehr als ACS, Bienenstiche und Polytraumata...

    Wer als einer der ersten Teilnehmer eines Vollzeitlehrganges die (bei uns nunmal noch in den Kinderschuhen steckende) Ausbildung und deren Inhalte überdenkt und kritisch hinterfragt, der ist also nicht reif genug für die NFS-Ausbildung? Das ist aber schon eine ganz schön (unreife) pauschalisierte Denke! :timeout:


    Nicht jeder, der sich kritisch mit der Frage der Sinnhaftigkeit einzelner Ausbildungsinhalte auseinandersetzt, ist automatisch ein unreifer, auf ACS, Bienenstiche und Polytraumata fixierter Blaulicht-Junkie.
    Statt also einem Member hier unnötigerweise einen (möglicherweise falschen) Stempel aufzudrücken, wäre es doch sinnvoller sich mit dem eigentlichen Thema auseinander zu setzen, oder nicht?



    Ich persönlich halte die in der NFS-Ausbildung neu hinzugekommenen bzw. grundlegend überarbeiteten Themen(-gebiete) tatsächlich auch zum Großteil für angebracht und teilweise sogar recht überfällig. Inwieweit der inital gesteckte zeitliche Rahmen sinnvoll bzw. ausreichend ist sollte meiner Meinung nach eben genau auch von Teilnehmern der ersten dreijährigen Lehrgänge und deren Lehrkräften konstruktiv gefeedbackt werden (dürfen).


    Auch ich habe schon (sowohl lernender-, als auch lehrenderweise) Themen und Zeitansätze erlebt, die ich durchaus für fragwürdig erachte. Hinterfragen und/oder konstruktives Feedback heiße ich an dieser Stelle dann durchaus für gut, um ein Überdenken und damit ggf. auch irgendwann eine entsprechende Anpassung anzuregen!


    Trotzdem: Eine Angleichung/Annäherung an bestehende Ausbildungsformate (auch und vor allem gem. BBiG) muss durchaus auch erfolgen und langfristig im Auge behalten werden.

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
    [Kurt Tucholsky]