Norwegen: 91 Tote

  • 91 Tote - das ist die vorläufige Bilanz der Terroranschläge in Norwegen . Ich bin wirklich sprachlos, welche Ausmaße das Ganze angenommen hat. Und es zeigt einmal mehr, dass jeder Staat zu jeder Zeit damit rechnen muss, dass es im eigenen Land zu solch einem Szenario kommt - auch Deutschland.


    Interessant für uns wäre nun, wie man von Seiten der Rettungsdienste die Einsätze abgearbeitet hat. Die Lage in Oslo muss für die ersteintreffenden Kräfte ja völlig unklar gewesen sein, was mich den Bogen zu dieser Diskussion spannen lässt: Amok, Ausbildung POL-RD

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ich persönlich glaube, dass keiner von uns auf eine derartige Situation vorbereitet wäre - weder individuell noch als Teil eines Systems wie z.B. des RD der Stadt in welcher ich lebe und wohne. Ich will und werde mich daher jedweder Spekulation enthalten. Allerdings war mein erster Gedanke wie bei jedem Terroranschlag in den letzten Jahren, dass es mutmaßlich einmal mehr hauptsächlich jene getroffen hat, die für die Politik, welche die Attentäter bekämpfen zu wollen behaupten am wenigsten verantwortlich sind, was das Ganze umso sinnloser erscheinen lässt. Grausig, sich auszumalen, mit so etwas live konfrontiert zu werden...

    Unter den Blinden ist der Einäugige der Arsch - er muss allen Anderen vorlesen...

  • Das selbe ging mir ebenfalls durch den Kopf...erster Gedanke war 'Oslo ? Wieso Oslo?'
    Ich glaube auch das KEINER, der mit solch einer Situation konfrontiert wird, da irgendwie drauf vorbereitet ist oder sich darauf vorbereiten kann...

  • Wir hatten vor zwei Wochen hier in der Stadt eine (lange geplante und angekündigte) öffentliche Veranstaltung mit 120.000 Besuchern. Es waren noch keine 10 Patienten von dieser Veranstaltung durch die Rettungsdienste in die drei großen Krankenhäuser der Stadt transportiert worden, als diese anfingen, überfordert zu sein. Wie so oft tat sich besonders das größte Haus am Platz dadurch hervor, dass das Personal der ZNA bei jedem neuen Patienten laut jammerte und lamentierte, wo denn die ganzen Patienten herkämen und ob es nicht noch andere Krankenhäuser gäbe. Wie gesagt: Alles bei einer Veranstaltung, auf die man sich personell hätte vorbereiten können (Der Rettungsdienst beispielsweise hatte einige zusätzliche RTW und KTW sowie zwei zusätzliche NEF im Dienst) und bei der es zu keinen außergewöhnlichen Vorkommnissen kam. Da frage ich mich wirklich, was die Krankenhäuser machen, wenn es irgendwann mal wirklich "rappelt". Ich glaube fast, dass die Rettungsdienste (durch Einsatz überregionaler Strukturen und Strukturen des Katastrophenschutzes) damit besser klarkämen als die Krankenhäuser.


    J.

  • Hallo!
    vielleicht kann uns ja ein Insider ( Nordmann ;) ) was über die RD-Struktur von Norwegen oder speziell Oslo erzählen....


    Grüsse

    Wenn man tot ist, ist das für einen selbst nicht schlimm, weil man ja tot ist. Schlimm ist es aber für die anderen...
    Genau so ist es übrigens wenn man doof ist...

  • Zum einen kann so eine Art von Gewaltanwendung niemals die richtigen treffen, da es kein Problem gibt, welches eine solche Gewaltanwendung rechtfertigen würde.
    Jugendliche gezielt zusammen zu rufen um dann um sich zu schießen ist allerdings eine Form von Barbarei, wie ich Sie mir bisher kaum vorstellen konnte.
    Einzeln kann sich niemand darauf vorbereiten, Strukturen wie RD oder KH können es. Es ist nur aufwendig.
    ich war gestern bei einer Planspielübung unserer uni Klinik dabei (im Bereich der Sichtung) und es haben sich noch einige Fehler im Plan offenbart. Wobei einige Fehler der Vorbereitung (oder der Verantwortlichen Personen) des Planspiels zuzuordnen waren.
    Wenn ich mir anschaue, dass die Notaufnahme der Uni mit drei Schockräumen, Herzkatheter, 5 Einzelbehandlungsräumen und einem Überwachungsraum mit 6 Plätzen regelmäßig mit 2 Pflegekräften besetzt ist, ist mir auch manchmal klar, warum die bei vielen Patienten auf einmal überfordert sind.

  • Problematisch stelle ich mir bei diesem Fall die Anlandung der Rettungskräfte auf der Insel. Bei einer solch einer hohen Zahl an Betroffenen in einem Gebiet welches zu Luft oder zu Wasser erreicht werden kann, müssen ja gewaltige logistische Vorgänge innerhalb kürzester Zeit von statten gegangen worden sein.


    Meine Hochachtung an alle beteiligten Einsatzkräfte die dieses Szenario mitgemacht haben.

  • Ich finde es erschreckend, wie heutzutage eine einzelne Person alleine so etwas grausames anrichten kann.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Es waren noch keine 10 Patienten von dieser Veranstaltung durch die Rettungsdienste in die drei großen Krankehnhäuser der Stadt transportiert worden, als diese anfingen, überfordert zu sein. Wie so oft tat sich besonders das größte Haus am Platz dadurch hervor, dass das Personal der ZNA bei jedem neuen Patienten laut jammerte und lamentierte, wo denn die ganzen Patienten herkämen und ob es nicht noch andere Krankenhäuser gäbe.


    Ja, kommt mir bekannt vor! Bei mir wech jammert das Pflegepersonal und die Ärzte auch jeden Tag rum (was ich auch oft verstehe). Und dafür braucht man noch nicht einmal eine Großveranstaltung oder ein größeres Schadensereignis - ein ganz normaler Tag reicht da aus! Das Problem sehe ich hier häufig an einem unterdimensionierten Personalschlüssel (zu wenig Pflegepersonal, Ärzte) sowie auch das die räumlichen Verhältnisse der Notaufnahmen sehr häufig nicht mehr den Erfordernissen der heutigen Zeit entsprechen. Als Leitstellendisponent muss man sich auch täglich die Klagen der Ärzte und des Pflegepersonals anhören, ja sogar beschimpfen lassen. Man ist ja mittlerweile gewöhnt das die Leitstelle grundsätzlich an allen Schuld ist... :pillepalle:


    Da frage ich mich wirklich, was die Krankenhäuser machen, wenn es irgendwann man wirklich "rappelt". Ich glaube fast, dass die Rettungsdienste (durch Einsatz überregionaler Strukturen und Strukturen des Katastrophenschutzes) damit besser klarkämen als die Krankenhäuser.


    Ja, auch das sehe ich genau so! Auch wenn die Strukturen des Rettungsdienstes und des medizinischen Katastrophenschutzes auch nicht perfekt sind. Hier wird sich auch viel zu viel selbst was vorgelogen. Aber wenn ich das ganze mit den Krankenhäusern vergleiche, glaube ich schon das Du @ Jörg recht hast!


    Auch ich würde gerne wissen wie die norwegischen Kollegen die zwei Ereignisse abgearbeitet haben. Vor allem wie die Strukturen des medizinischen Katastrophenschutzes und die Vorbereitungen der Krankenhäuser aussehen würde ich gerne wissen. Ohne Wertung - einfach nur Neugier wie andere so arbeiten...


    Gruß & Gute Nacht

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Da frage ich mich wirklich, was die Krankenhäuser machen, wenn es irgendwann man wirklich "rappelt". Ich glaube fast, dass die Rettungsdienste (durch Einsatz überregionaler Strukturen und Strukturen des Katastrophenschutzes) damit besser klarkämen als die Krankenhäuser.


    J.


    "Verantwortlich" dafür sind u.a. die verschiedenen Krankenhausgesetze der Bundesländer, in denen die Aufgaben stationärer Gesundheitseinrichtungen geregelt ist.
    MANV etc. findet sich dort nur vereinzelt.
    Wenn in diesen Gesetzen überhaupt fixiert, steht keinerlei Aussage über die Konsequenzen für eine Klinik, wenn sie ihrem gesetzlichen Auftrag NICHT nachkommt.
    Letztendlich ist es auch eine Finanzierungsfrage; selbst wenn eine Klinik ja grundlegend mit Planungen und Beschaffungen beginnen möchte:
    im Rahmen der Fallpauschalen werden Einzeldiagnosen behandelt und abgerechnet; nicht die Ursache.
    Eine Schussverletzung, um einmal ein kriminelles/terr. Geschehen anzusetzen, wird eben mit der Summe "X" gleichgesetzt.
    Kommen aber zeitgleich zehn Patienten mit Schussverletztungen, langt die Fallpauschale niemals, um eine Rücklage für banalste Beschaffungen und/oder Planungen zu bilden.


    Auch bei der Abrechnung über einen Pflegesatz sind Vorhaltungskosten für ein MANV-Ereignis kaum umsetzbar.


    Nach meiner Kenntnis ist Frankfurt/Main die einzige Stadt in HE, die nach den Grundlagen des Hess. Krankenhausgesetzes plant und übt.
    Das funktioniert, weil zwei Behörden (Gesundheitsamt und Feuerwehr) sich einig sind, der Magistrat mitmacht und private/freigemeinnützige Kliniken, die sich hier "quer" stellen möchten, darürber informiert werden, welche (finanziellen) Folgen es für ein Haus haben kann, wenn es bspw. wg. einer Kontanimation aufgrund nichtvorhandener Planung, Beschaffung und Schulung für einige Tage komplett geschlossen werden muss :pfeif:

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Als im Rahmen einer Übung eine Leitstelle A die Nachbarleitstelle B um einen Bettennachweis bat, und diese zu diesem Zweck in einer Universitätsklinik in diesem schönen Lande anrief, wurde der Leitstellenmitarbeiter ausgelacht und mit den Worten "Wie sind voll und haben keine Beatmungskapazitäten" abgewimmelt.


    :dash:

  • ... als ich das letzte im Rahmen einer Übung das ortsansässige Haus der Grundversorgung um einen Kapazitätsnachweis gebeten habe wurde mir die Aufnahme von 50 Pat. in Aussicht gestellt...



    :D

    Manchmal ist das Blatt zwischen den Zeilen auch einfach nur weiß.

  • Als im Rahmen einer Übung eine Leitstelle A die Nachbarleitstelle B um einen Bettennachweis bat, und diese zu diesem Zweck in einer Universitätsklinik in diesem schönen Lande anrief, wurde der Leitstellenmitarbeiter ausgelacht und mit den Worten "Wie sind voll und haben keine Beatmungskapazitäten" abgewimmelt.:dash:


    Keine Betten und keine Beatmungsgeräte heißt ja nicht das keine OP-Kapazitäten mehr frei sind. Und ein Uniklinikum wird ja wohl ein paar schwerverletzte Kunden eben wech operieren können, die nach der OP ggf. durch Sekundärtransporte (sekundäre Transportorganisation nach Erstversorgung) landesweit verlegt werden können. Es gab schon MANV-Einsätze in meiner Heimat, wo nach der Erstalarmierungsphase bereits landesweit & bundeslandübergreifend mehrere ITW´s, ITH´s und GRTW´s zu einem Sammelplatz in der Nähe eines Krankenhauses der (Supra-)Maximalversorgung entsendet/angefordert wurden, um nach der Erstversorgung der Patienten in den Krankenhäusern die Patienten weiterzuverlegen. Alles eine Sache der Organisation und des Wollens. Und rausreden ist nicht - schon gar nicht bei einem Uniklinikum. Also: PP...Patienten kommen trotzdem! Basta!


    ... als ich das letzte im Rahmen einer Übung das ortsansässige Haus der Grundversorgung um einen Kapazitätsnachweis gebeten habe wurde mir die Aufnahme von 50 Pat. in Aussicht gestellt...:D


    Würde ja gerne mal wissen ob das Krankenhaus die genannte Anzahl in einer Übung auch wirklich abgearbeitet bekommen hätte? Krankenhäuser werden leider viel zu wenig mitbeübt!


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Diese Frage stellte ich mal in einem Kreiskrankenhaus der Person die sich genau um diese Betten-Planungen kümmert. Auch wenn das Haus voll ist, beim Massenanfall stehen die Neuzugänge auch zu Dutzenden halt im Flur. Blöde ist es nur bei Intensivbetten.

  • Im Rahmen einer Übung (NORIA -> Blog) wurden alle Krankenhäuser in der Umgebung auf ihre Kapazitäten abgefragt. Alle rund 30 Verletzten (davon ca. 20 Schwerverletzte) wurden - virtuell - in max. 45 min. Transportzeit via Autobahn untergebracht.

  • Als im Rahmen einer Übung eine Leitstelle A die Nachbarleitstelle B um einen Bettennachweis bat, und diese zu diesem Zweck in einer Universitätsklinik in diesem schönen Lande anrief, wurde der Leitstellenmitarbeiter ausgelacht und mit den Worten "Wie sind voll und haben keine Beatmungskapazitäten" abgewimmelt.


    :dash:


    Und wo ist da der Hase jetzt im Pfeffer ?


    Letzte Übung hier in der Uni lief ganz geschmeidig. Jeder weiß, wie alarmiert wird, was man dann zu tun hat, Registrierung lief gut, Kapazitäten wurden recht schnell geschaffen ( im Rahmen von IMCs ). So zumindest das, was ich mitbekommen habe, in meinem Bereich.
    Doch...lief gut...weiss halt leider nicht was in der Triage abging und ob da auch alles reibungslos verlief..


    Grüßle

  • Der Hase liegt dort im Pfeffer, dass man soetwas in unserer Uni weder anspricht, noch ausdiskutiert und schon gar nicht übt.

  • ... als ich das letzte im Rahmen einer Übung das ortsansässige Haus der Grundversorgung um einen Kapazitätsnachweis gebeten habe wurde mir die Aufnahme von 50 Pat. in Aussicht gestellt...



    :D


    Das kenne ich ... :D
    Ein Haus der Grundversorgung hat hier die Aufnahme von 4 polytraumatisierten Patienten im Fall der Fälle in Aussicht gestellt ...

  • Der Hase liegt dort im Pfeffer, dass man soetwas in unserer Uni weder anspricht, noch ausdiskutiert und schon gar nicht übt.


    Man hat wohl noch nicht das Krankenhausgesetz in Baden-Württemberg gelesen!? :grumble:


    Das kenne ich ...
    Ein Haus der Grundversorgung hat hier die Aufnahme von 4 polytraumatisierten Patienten im Fall der Fälle in Aussicht gestellt ...


    Werktags im Regelbetrieb, wo mehrere Ärzte (Chirurgie, Anästhesie) im Hause sind, oder auch am Wochenende und in der Nacht, wenn i.d.R. nur ein Chirurg und Anästhesist im Hause ist? Oder sollte das KH zu den wenigen Häusern gehören, dass seinen Auftrag ernst nimmt und sich entsprechend mit Alarmplänen vorbereitet? Ach, was bin ich neugierig... :D


    Nur mal so nebenbei: Wäre das Thema nicht unter "Nachrichten aus dem Rettungswesen" besser aufgehoben? Es handelt sich ja schon um ein bedeutendes mediales und geschichtliches Ereigniss! Solche Ereignisse und Diskussionen findet man i.d.R. ja dort. Nur mal so...


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Mich würde in diesem Fall viel eher die Versorgung und der Transport der Verletzten der Lage auf der Insel interessieren. Welche Kräfte wurden auf der Insel vorgehalten? Welche Kräfte wurden wie nachgeführt? Wann bzw wo wurde mit welchen Schutzmaßnahmen die Arbeit aufgenommen? Usw...

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.