Lieferengpass für Remifentanil (Ultiva)

  • Zitat

    "GSK hat zuletzt am 22. Februar 2017 an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet, es gebe eine Verzögerung in der Herstellung und daraus resultierend einen Lieferengpass, der bis auf weiteres andauere. Gleiches gilt für die Hersteller Hexal, Fresenius-Kabi, B. Braun, Hameln Pharma und Ratiopharm/Teva, die ein Generikum unter ihrem jeweiligen Namen vertreiben. Ratiopharm hatte am 15. März den Lieferengpass gemeldet."


    Quelle und ausführlicher Bericht: http://www.faz.net/aktuell/wir…aus-14987584.html#GEPC;s6

  • Dazu gibt es eine Stellungnahme der Präsidenten von BDA/DGAI Prof. Dr. G. Geldner und Prof. Dr. B. Zwißler:


    Zitat

    "Als Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) und des Berufsverbandes Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA), die gemeinsam die über 23.000 Anästhesistinnen und Anästhesisten in Deutschland vertreten, teilen wir die in dem Artikel angesprochene Sorge über die anhaltenden Lieferengpässe des Opioids Remifentanil. Gleichwohl möchten wir ausdrücklich betonen, dass sich kein Patient Gedanken darüber machen muss, dass er nicht die von ihm benötigte Anästhesie auf qualitativ hohem und sicherem Niveau erhält oder dass deswegen notwendige Operationen verschoben werden müssen. Der Einsatz von Remifentanil ist nicht alternativlos. Der mögliche Einsatz von anderen Präparaten bedingt aber einen Systemwechsel bei der Narkoseführung, der u.a.mit einer verlängerten Aufwach- und Überwachungsphase nach Operationen verbunden sein kann.
    Remifentanil kommt im Rahmen einer Allgemeinanästhesie als hochpotentes Analgetikum regelmäßig zum Einsatz. Es ist extrem gut steuerbar, d.h. der Grad der Schmerzausschaltung (Analgesietiefe) kann situationsgerecht und schnell erhöht oder erniedrigt werden. Das „Einschlafen“ und „Aufwachen“ der Patienten nach Operationen ist gut regelbar. Dieses hat zu einer weiten Verbreitung, speziell in der ambulanten Anästhesie, beigetragen. Remifentanil wird aber auch im stationären Bereich insbesondere bei besonders schmerzhaften oder langandauenden Eingriffen angewendet. Gleiches gilt zur Unterstützung der Schmerzausschaltung bei Regionalanästhesien. Daher hoffen wir sehr, dass es den zuständigen Behörden gemeinsam mit den Herstellern gelingt, die bestehenden Lieferengpässe von Remifentanil schnellstmöglich zu beheben."
    Prof. Dr. G. Geldner, Präsident BDA
    Prof. Dr. B. Zwißler, Präsident DGA

    "The end and aim of all medical practice is prevention; and, failing that, cure; and, failing that, amelioration." (J.W. Ballantyne, 1902)

  • Also nicht ganz so schlimm, wie ein akrinor mangel



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  • Und auch ein Akrinor-Mangel ist nicht der Untergang der Welt.

    "We are the Pilgrims, master; we shall go
    Always a little further: it may be
    Beyond that last blue mountain barred with snow,
    Across that angry or that glimmering sea,


    White on a throne or guarded in a cave
    There lives a prophet who can understand
    Why men were born: but surely we are brave,
    Who take the Golden Road to Samarkand."


    James Elroy Flecker

  • Leicht OT: Ich erhielt heute eine offizielle Information, dass es auch bei Aspirin i.v. (mal wieder) zu Lieferengpässen kommt. Unsere Zentralapotheke liefert nur noch "kontingentiert" unter Bevorzugung von "Rettungsdiensten, Notaufnahmen und Katheterlaboren", im Übrigen wird ein wohlüberlegter Einsatz empfohlen, wobei insbesondere zur Analgesie auf andere Präparate ausgewichen werden soll...

    „Ein Staat ist immer nur so frei wie sein Waffengesetz.” (Gustav Heinemann)

  • Aber echt. :-O ;-)


    Aber mal ernsthaft: Das ist halt der große Nachteil des freien Arzneimittelmarktes. Ein befreundeter Großhandels-Apotheker kotzt nur noch - das Problem ist wohl deutlich ausgeprägter als man das gemeinhin mit bekommt und schon jetzt ist eine Sicherstellung der Versorgung oft nur noch mit Klimmzügen möglich, grade auch da international halt gerne in das Land verschoben wird was grade die beste Marge bietet.


    Wäre ja zu einfach als Land Verträge mit einem Hersteller zu schließen der eine Versorgung sicherstellt bzw. bei Nicht-Erfüllung die Ersatzkosten+ Konventionalstrafe in Rechnung stellt.

  • Zitat

    Wäre ja zu einfach als Land Verträge mit einem Hersteller zu schließen der eine Versorgung sicherstellt bzw. bei Nicht-Erfüllung die Ersatzkosten+ Konventionalstrafe in Rechnung stellt.


    Es würde vor allem Geld kosten.


    Zu den Lieferengpässen kommt ja noch das Thema der Rabattverträge ...

  • Auch ich persönlich musste 2015 bis Mitte 2016 auf ein viel genutztes Medikament (Kortisoncreme) verzichten bzw. eine deutliche kleinere Packung nutzen, weil die große Tube über 15 Monate nicht mehr lieferbar war. Ich brauche nur zwei Tuben im Jahr, musste dann jedoch aufgrund der kleinen Tuben diese deutlich öfters beim Hausarzt nachbestellen. Problem: Es darf nur einmal pro Quartal aufgeschrieben werden, weshalb ich bei weniger Beschwerden mehrmals auf frei verkäufliche Kortisoncremes umsteigen musste, weil mir der Nachschub verweigert wurde. Seit Mitte 2016 ist nun die große Tube wieder lieferbar.


    Ähnliches erging meiner Frau vor einigen Wochen, als diese aufgrund eines Infektes Antibiose benötigte. Der Arzt stellte ein Rezept über 16 Tabletten eines Antibiotikums aus. Ich holte dieses für meine Frau aus der Apotheke ab, wo die Apothekerin erst einmal begann minutenlang im Computer zu suchen, es offensichtlich ein Problem gab. Diese gab mir dann eine wesentlich kleinere Packung mit 12 Tabletten, weil die größere Packung, wie durch den Arzt verordnet, durch die Krankenkasse meiner Frau nicht bezahlt würde. Fazit: Meine Frau musste noch einmal zum Arzt, weil die geplante Einnahmedauer mit der Anzahl der zur Verfügung stehenden Antibiose-Tabletten nicht ausreichte und dieser ein weiteres Rezept für eine zweite Packung ausstellte. Letztendlich musste die Krankenkasse nun mehr bezahlen.


    Gruß

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Zitat

    es offensichtlich ein Problem gab. Diese gab mir dann eine wesentlich kleinere Packung mit 12 Tabletten, weil die größere Packung, wie durch den Arzt verordnet, durch die Krankenkasse meiner Frau nicht bezahlt würde


    Mit dem Antibiotikum war ja ne andere Sache und hat mit den Modalitäten der Kasse, nicht aber mit der Lieferfähigkeit zu tun.


    Fakt ist nunmal, dass viele Arzneimittel in Niedriglohnländern produziert und dann international vermarktet werden - zum einen ist das System dann viel fragiler, wenn Infrastruktur (Fabrikbrand ect) zerstört wird, andere Probleme auftreten (Qualitätsprobleme bei nur einem weltweiten Produzenten) oder sich die Verschreibungspraxis/Leitlinien in manchen Ländern ändern und dann plötzlich ein einzelnes Land ein vielfaches des vorherigen Bedarfs hat (Beispielsweise Milzbrandhysterie und Einlagerung von Ciprofloxacin in den USA).


    Auch die Verfügbarkeit von Generika (somit mehrere Hersteller die das Präparat vertreiben), ist kein wirklicher Schutz vor einem Mangel, da diese oftmals die Rohstoffe aus der gleichen Bezugsquelle beziehen, wie der Ursprungshersteller und es von daher zwar nicht absolut mehr Stoff zur Verfügung steht sondern die gleiche Menge nur unter unterschiedlichen Labels.


    Ich kann mir vorstellen, dass diese Problematik, gerade bei Antibiotika, antiviralen Medikamenten ect, noch zunehmen wird - durch Erschließung weiterer Märkte wird halt das Medikament woanders besser vermarktet, erzielt dort einen höheren Preis und wird dorthin verkauft.


    Wir leben in einer globalisierten Welt und es wäre naiv anzunehmen, dass dieses vor Medikamenten Halt macht.

  • Mit dem Antibiotikum war ja ne andere Sache und hat mit den Modalitäten der Kasse, nicht aber mit der Lieferfähigkeit zu tun.

    Das weiß ich, deswegen sagte ich ja auch "ähnliches".

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Es würde vor allem Geld kosten.


    Zu den Lieferengpässen kommt ja noch das Thema der Rabattverträge ...


    Glaube ich ja nicht mal - die Länder die das so betreiben (Australien, Neuseeland, UK, usw.) haben deutlich niedrigere Medikamentenpreise - denn man schließt ja keinen Einzelvertrag für Ultiva sondern für gesamte Produktpaletten ab.
    Abgesehen davon: In solche Verträgen kann man durchaus festlegen, dass z.B. über X-Standorte verteilt produziert werden muss. Ich weiß, dass es eine gewisse Palette Medikamente gibt bei denen dies z.B. von australischen Gesetzgeber gefordert ist.


    Mal abgesehen davon: Is ja nicht so, dass kein Geld da wäre.

  • Zitat

    Und auch ein Akrinor-Mangel ist nicht der Untergang der Welt.


    Da gabs Stellungnahmen, die haben sich anders gelesen.



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    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • arterenolperfusor (10mcg/ml) oder ephedrin boli

    "The end and aim of all medical practice is prevention; and, failing that, cure; and, failing that, amelioration." (J.W. Ballantyne, 1902)

  • Fehlen von Akrinor? Zum Beispiel intraoperativ?


    Ich weiß es jetzt nicht konkret, wie die Kollegen es machen
    als Alternative mit ähnlichem Profil käme das Ephedrin als Möglichkeit in Betracht (http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00101-006-1033-4) allerdings ist es finanziell sicherlich dem Akrinor ebenbürtig.
    preislich deutlich interessanter ist die Gabe von Noradrenalin als potenter Vasopressor, hier muss man jedoch mit Bolusgaben sehr vorsichtig sein, es bietet sich eher die Applikation mittels Spritzenpumpe an (aber selbst mit Perfusor und Zubehör noch günstiger als Akrinor, spätestens wenn man davon ausgeht, dass der Patient mehr als eine Ampulle Akrinor gebrauchen würde).