Telenotarzt in RLP

  • Wir hatten jahrelang die Möglichkeit, telefonisch mit einem Anästhesisten Rücksprache zu nehmen, einfach per Handy. Obligatorisch war dies bei der Gabe von Beta-Blockern und Amiodaron (ausserhalb der Rea). Als das abgeschafft wurde, ist das Team intensiv geschult worden. Aktuell gibt es nur die Vorgabe, mit der Cardiologie des Zielspitals (4 verschiedene) bei STEMI Rücksprache zu nehmen wegen Heparin und Brillique (inklusive Telemetrie). Funktioniert und ist ein schlankes System. Notarzt (Boden/Luft) ist vorgesehen, wenn der Patient einen Nutzen dadurch erfahren könnte: In der Realität: Rea, Thoraxdrainage, Intubationsnarkose.

  • Es gibt eine Sache, die ich noch zu bedenken geben möchte: Gerade als Notarzt bekommt man die Routine und Gefühl für Patienten und Teams durch die Einsätze. Wenn die Notärzte jetzt nur noch die super special Sachen machen sollen und ansonsten nur noch telemedizinisch unterstützen- woher soll dann die Routine kommen?

  • Durch ihre jahrelange Erfahrung und Training (!). Wie überall, wenn es um Expertenwissen und Maßnahmen geht. Es hindert ja formal niemanden einen NA in die jährliche RD Fortbildung zu den NFS zu entsenden. Auch da kann er Punkte erhalten.


    Und Routine für Teamarbeit sollte durch die klinische Tätigkeit ausgeprägt sein, man muss hier nur auch dort damit anfangen (speak up, Debriefing etc.). Meine Lebensgefährtin ist aktuell im PJ. Zumindest da, es geht besser!

  • Es gibt eine Sache, die ich noch zu bedenken geben möchte: Gerade als Notarzt bekommt man die Routine und Gefühl für Patienten und Teams durch die Einsätze. Wenn die Notärzte jetzt nur noch die super special Sachen machen sollen und ansonsten nur noch telemedizinisch unterstützen- woher soll dann die Routine kommen?

    Aus der klinischen Versorgungsroutine. Wie auch beim Notarzt empfehle es sich nicht, nur "auf dem Bock" oder eben "auf dem Schreibtischstuhl" tätig zu sein.

    Und ein guter Notarzt ist ein erfahrener Kliniker und ein guter TNA ist ein erfahrener Notarzt. Andersrum wird kein Schuh draus und scheitert es schnell an fehlender Glaubwürdigkeit (und ja, dass merken die Retter und ärztlichen Kollegen sehr schnell). Gerade wenn man auf einem Auge blind ist, nichts riecht und nur indirekt Einfluss auf die Situation hat, braucht es Erfahrung und ein Standing sich selbst, aber auch den Kollegen gegenüber.


    PS: Es wird gerne vergessen, dass der TNA noch andere Sachen macht als nur Primäreinsätze abzuarbeiten. So kommt man dann schnell auf gut gefüllte Dienste und fragt sich nicht, warum da 24/7 vor Ort einer am Schreibtisch sitzt (wobei Remote/Home Office zumindest im Backup/Spitzenbedarf schneller kommen wird, als ihr denkt. Die Programme sind längst auf Tabletbedienung ausgelegt und nur mehr primär auf fen PC)..

  • Da beisst sich die Katze aber wieder in den Schwanz- Klinik ist nicht Präklinik. Und in der Klinik werden die Ärzte in Zukunft dank PA und Co auch einige Skills erst viel später erleben und Routine bekommen.
    Wie willst dann den erfahrenen Notarzt haben, wenn die kaum noch selber Einsätze real vor Ort abarbeiten.


    Versteh mich nicht falsch- ich bin auch kein Freund davon, als Notarzt jeden noch so unsinnigen Einsatz zu fahren.


    Und dann noch ein Punkt: Werden sich genug Ärzte finden, die diese Art von Verantwortung auf sich nehmen wollen?

  • Ich frage mich wie man das dann in der Schweiz, UK,etc. macht wo NAs nur auf die wirklich seltenen Fälle kommen.....

  • Ich frage mich wie man das dann in der Schweiz (…) macht wo NAs nur auf die wirklich seltenen Fälle kommen.....

    Keine Ahnung, ich hatte dieses Jahr nur 2 Einsätze mit Notarzt.

  • Da beisst sich die Katze aber wieder in den Schwanz- Klinik ist nicht Präklinik. Und in der Klinik werden die Ärzte in Zukunft dank PA und Co auch einige Skills erst viel später erleben und Routine bekommen.
    Wie willst dann den erfahrenen Notarzt haben, wenn die kaum noch selber Einsätze real vor Ort abarbeiten.


    Versteh mich nicht falsch- ich bin auch kein Freund davon, als Notarzt jeden noch so unsinnigen Einsatz zu fahren.


    Und dann noch ein Punkt: Werden sich genug Ärzte finden, die diese Art von Verantwortung auf sich nehmen wollen?

    Die Klinik schafft die Grundlage um in der Präklinik überhaupt kompetent sein zu können. In der Klinik gibt es eine deutlich höhere Dichte an Notfällen, kritisch kranken/verletzen Patienten und komplexen Fällen, aber auch notwendiger (invasiver) Prozeduren.

    Ich erkenne das/ dein Problem daher nicht. Und zumindest in meiner klinischen Realität sind PA und Co noch nicht wirklich angekommen, geschweige denn, dass sie relevante Tätigkeiten in der Fläche übernehmen würden. Ich wüsste in dem Fall auch nicht welche Tätigkeiten sie (angehenden) Notärzten wegnehmen wollen würden..

  • Keine Ahnung, ich hatte dieses Jahr nur 2 Einsätze mit Notarzt.

    Ich frage mich wie man das dann in der Schweiz, UK,etc. macht wo NAs nur auf die wirklich seltenen Fälle kommen.....

    Man muss fairerweise auch sagen, dass es auch in der Schweiz in vielen Regionen und auch auf den RTH teilweise üblich ist, dass Assistenzärzte als Notärzte eingesetzt werden. Die Devise ist auch hier leider oft "Hauptsache ein Arzt vor Ort" und die Indikationsschwelle wird dann auch entsprechend nach unten gesetzt, damit die NA "sich auch rentieren".

    So gut die Zusammenarbeit ist, wenn am Einsatzort ein Notarzt benötigt wird, braucht man eben auch einen "Notarzt". Und das schafft man in CH auch nicht flächendeckend. Das führt dazu, dass gerade die komplexen Einsätze oft in kollegialer Zusammenarbeit abgearbeitet werden (was ja eigentlich auch gut ist), der NA aber nicht DER Experte am Einsatz ist, den man eigentlich benötigen würde. Der "NA-Schein" und die innerklinische Arbeit in der "geschützten Werkstatt" reichen für den Transfer in die Bedingungen in der Präklinik leider oft nicht aus (wie überall: "Ausnahmen/Regel/Einzelfälle usw.").


    Vor allem wenn man davon ausgeht, dass ein NA in diesen Ländern nur zu den wirklich komplexen Fällen kommt (bzw. kommen sollte) und alles andere von RS / Paramedics etc. abgearbeitet wird, brauche ich eben einen kompetenten Notfallmediziner (idealerweise ein Facharzt mit langjähriger notfallmedizinischer Erfahrung).

    Und das sollte (wie schon oft geschrieben) die Prämisse für den Einsatz eines NAs sein (mindestens auf dem RTH aber eigentlich auch am Boden). Nur dann macht der Einsatz auch Sinn, gegenüber Advanced Paramedics o.ä. (und erst dann macht das Tier-System aus verschiedenen Qualifikationen auch richtig Sinn; weil die Frage ist nicht Paramedic oder NA sondern wen, wann zu welchem Pat.).

  • Ich kann nur für meinen Bereich reden und hier kommen auf den SMUR (NEF) zwischenzeitlich nur noch Ärzte, die den Schockraum-Lead haben. Die Einsatzleitung behält das erste RTW-Team, wenn sie als erstes eintreffen, umgekehrt, wenn der SMUR zuerst da ist. Am Ende geht das ganze in eine Teamentscheidung einher.

  • Nein. So lange KTWs im Mittel KH Entlassungen oder Diagnostik/Therapiefahrten oder eben einfach nur Krankenfahrten machen wäre es vor allem eine Verschwendung von Ressourcen.

    Und, ich kann KTW Besatzungen zwar schulen, ich kann deren kognitiv-emotionalen Grenzen aber nicht verschieben. Und es besteht eben durchaus ein Unterschied zwischen einem NotSan/RTW-RettSan und einem KTW-RettSan/RettHelf. Und ja, ich weiß es gibt auch Kollegen die beides machen müssen. Die Mehrzahl fährt aber mittlerweile eher entweder oder.

    Nicht jeder ist zu allem geeignet/befähigt - auch wenn uns das die junge Generation gerne anders verkaufen möchte.

    Also in unseren Breiten ist der RS welcher KTW und RTW fährt Standard, aber das ist auch gar nicht der Punkt.

    Der Rest deines Posts ist aber eben genau das was geändert gehört: wenn KTW nur noch Entlassungen oder Dialyse - Fahrten machen ist am System etwas falsch. Dann gehört dies in erster Linie geändert und nicht ein TNA installiert, welcher dann wegen "kognitiv-emotionalen Grenzen" (was ich persönlich schon ne herbe Absage finde) lieber nicht mit diesem Leuten zusammenarbeiten will.

    Auch wenn das böse klingt: macht eure Hausaufgaben, stellt einen entsprechenden Indikationskatalog auf, bindet alle möglichen Fahrzeug - Typen mit ab und schult die Leute entsprechend (was ja auch einen Aufstieg auf höherwertige Fahrzeuge abbilden könnte?).

  • Da muss man sich die Frage stellen, was diese ganze Hardware für einen Nutzen bringt und ob das nicht anders zu bewerkstelligen ist. In Aachen/Euskirchen/Heinsberg (wo ggf. VK-Retter arbeitet?!) ist, meines Wissens nach, das volle Programm Standard. Also Router am Monitor und im RTW, Fahrzeug-Kamera, etc. Andere fahren mit weitaus weniger Zeug umher und haben einen ähnlichen/gleichen Output. Goslar - mit dem Harz auch keine Region, die durch tollen Netzausbau gesegnet ist - nutzt auf den RTW nur Handy mit Headset und den Monitor mit SIM-Karte, fertig. Die erzielen damit wohl eine Erreichbarkeit von über 95%.

    Ja... Entschuldigung, aber was soll es denn jetzt sein?

    Bei allem Respekt, aber ein Handy habe ich auch jetzt schon, Headsets gibt es für 50 Euro in guter Qualität. Wer das TNA nennt...

    Entweder man macht so etwas richtig um (theoretische?) Rechts-, Patienten-, und / oder Anwendungssicherheit zu optimieren oder man lässt es. Und dann kostet es halt auch mal richtig Geld, ja.

  • Ich kann nur für meinen Bereich reden und hier kommen auf den SMUR (NEF) zwischenzeitlich nur noch Ärzte, die den Schockraum-Lead haben. Die Einsatzleitung behält das erste RTW-Team, wenn sie als erstes eintreffen, umgekehrt, wenn der SMUR zuerst da ist. Am Ende geht das ganze in eine Teamentscheidung einher.

    In meinem Umkreis setzen leider gerade Systeme, die kürzlich vom früheren "RS/Anästhesie"-System auf ein NA-System umgestellt haben (oder parallel fahren) auf "Assistenz-Notärzte". Wie gesagt: im Alltag fällt das auch gar nicht auf und die Zusammenarbeit ist echt gut. Weil der STEMI z.B. wird ja super versorgt und zwei Paar qualifizierte Hände mehr am Einsatz sind ja auch wirklich sinnvoll (das würden die RS aber auch allein hinbekommen). Die Frage ist halt, wie sieht es bei den kritischen und wirklich komplexen Patienten aus (also z.B. wenn der o.g. STEMI wirklich mal dekompensiert). Läuft es dann weiterhin so "entspannt" wie bei den ganzen Alltagseinsätzen?

    Und wenn man den Unterschied in der Versorgung (also "echter Notfallmediziner" ggü. "Greenhorn") dann halt öfter mal "live" gesehen hat, ist das schon eindrücklich. Gerade auf der "heiligen Kuh der Schweiz", der REGA, sieht man da halt Unterschiede wie Tag und Nacht.

  • Nochmal kurz zurück zu PAs und Co: Die sollen ja "einfache" , eigentlich ärztliche Aufgaben übernehmen. Also nicht papierkramtechnisch den Rücken freihalten, sondern Nähte in der Chirurgie, ASA-I-Narkosen, Ultraschall etc.. War zu meiner Zeit ja teilweise schon schwierig meine Intubationen zusammenzubekommen.
    Das mag in anderen Ländern vielleicht gut funktionieren- ich denke auch, weil die eine andere Ausbildungskultur als wir haben. Aber auch da müsste man kritisch hinschauen, welche Skills dann ein Notarzt dann doch haben sollte, den man dann in der Klinik nicht lernt.

    Die Frage ist halt was das Notarzt können soll, welche Skills er haben sollte, wie bildet man diese Kollegen aus und vielleicht DIE entscheidende Frage: Wo bekommt man diese Menschen in der notwendigen Anzahl her.


    Und da wird Deutschen recht gut darin sind, Dinge zu versaubeuteln, ist mein worst case Szenario zum Telenotarzt, dass da nicht der erfahrene Anästhesist oder Internist aus dem örtlichen Krankenhaus sitzt, der vielicht auch noch regelmäßig Rotationen auf dem NEF hat, sondern die Anrufe in irgendeinem Callcenter landen, wo man mit etwa Glück noch den Muttersprachler/Muttersprachniveau Hochdeutsch erreicht, im schlechteren Fall jemand mit breitestem Sächsisch oder Bayerisch den man kaum versteht und im schlechtesten Fall das irgendein outgesourceter Dienstleister ist mit irgendwelchen "Ärzten" fraglichlicher Qualifikation, die sonst keinen anderen Job finden und kaum Deutsch können.

  • Und bevor ihr das falsch versteht- ich denke auch, dass man uns Notärzte für viele Einsätze nicht braucht und die problemlos von NFS abgearbeitet werden können, wenn man sie denn lässt.

    So ein bisschen muss man allerdings Medikamentennebenwirkungen und Entwicklnugen von Notfällen im Hinterkopf behalten.


    Als Maßstab kann dann auch nicht der top motivierte und lernwillige Spitzen-NFS genommen werden, sondern der Durchschnitts-NFS.


    Und was ich auch ganz gut finde- war das nicht sogar die Schweiz, wo es ein abgestuftes System an Rettern gibt? Erstmal Art Grundqualifikation und mit der Zeit kann man dann Zusatzqualifikationen erwerben, mit denen man dann auch mehr Maßnahmen eigenständig durchführen darf.

  • Und was ich auch ganz gut finde- war das nicht sogar die Schweiz, wo es ein abgestuftes System an Rettern gibt? Erstmal Art Grundqualifikation und mit der Zeit kann man dann Zusatzqualifikationen erwerben, mit denen man dann auch mehr Maßnahmen eigenständig durchführen darf.

    Leider nicht. Der bisherige (sicher für draussen auch nicht optimale) RS mit NDS Anästhesie wird immer mehr abgeschafft und wird mMn mittelfristig „aussterben“.

    Auch die Option für RS das NDS zu machen wurde mehr oder weniger gestrichen (nur noch mit Pflegeausbildung) und damit auch die Durchlässigkeit in die Spitäler reduziert.
    Und dann hat man es leider verpasst, als Reaktion darauf eine eigene Weiterqualifikation für den RS zu schaffen. D.h. der 24-jährige RS bleibt halt (mit Ausnahme weniger Kaderpositionen) „RS“. Die nächsthöhere medizinische Qualifikation ist dann der NA. Ein eigenes NDS oder Bachelor/Master „Paramedic“ wäre halt auch eine Chance, den Job attraktiver zu machen 🤷🏻‍♂️ und der „präklinische Fachspezialist“ (Pendant zum Gemeinde-NotSan) für die „08/15-Fälle“ geht hier halt in eine komplett andere Richtung („low-codes“).

  • Es gibt eine Sache, die ich noch zu bedenken geben möchte: Gerade als Notarzt bekommt man die Routine und Gefühl für Patienten und Teams durch die Einsätze. Wenn die Notärzte jetzt nur noch die super special Sachen machen sollen und ansonsten nur noch telemedizinisch unterstützen- woher soll dann die Routine kommen?


    Weniger Notärzte, mehr Routine.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Und zumindest in meiner klinischen Realität sind PA und Co noch nicht wirklich angekommen, geschweige denn, dass sie relevante Tätigkeiten in der Fläche übernehmen würden. Ich wüsste in dem Fall auch nicht welche Tätigkeiten sie (angehenden) Notärzten wegnehmen wollen würden..

    Punktionen, Intubationen, Katheteranlagen.


    Können die machen, auf unserer Gastro machen die PAs die Aszitespunktionen, damit die Ärzte schön weiter Briefe schreiben können.

    Mein OA meinte, als eine PA im Praktikum bei ihm war, hat die ZVKs, Arterien usw gemacht, eigentlich bräuchte er keinen zusätzlichen Arzt auf Station.


    Insofern sehe ich zum einen die Jobs etwas gefährdet, zum anderen aber auch die Ausbildung. Weil PAs Kosten weniger, machen ihren Stiefel und wollen nicht immer weiter Teaching.