ARD Plusminus: Falsche Notärzte

  • Falsche Notärzte


    Wie unfähige Mediziner Patienten in Gefahr bringen:


    http://www.daserste.de/plusmin…d,kq3we12he805401c~cm.asp


    Zus. des Fazit der Redaktion:
    Bei ernsthaften Erkrankungen direkt 112 und auf den KV Notdienst verzichten.

    "Wer einen Fehler begeht, ohne dessen Ursache zu beheben, hat schon einen zweiten gemacht!" Sinngemäß nach Konfuzius (551 - 479 B.C.)

  • Ein grundsätzlich vorhandenes Problem wird (mal wieder) medienwirksam aufgebauscht.


    Ignoriert wird:
    - dass durch breite Aufklärung der Bevölkerung mittlerweile bekannt sein sollte, was ein Herzinfarkt ist
    - dass der Anrufe-entgegen-nehmende Mitarbeiter des ÄND im Normalfall auch eine gewisse medizinische Ausbildung vorweist und von daher hier auch die Abfrage Infrage gestellt werden muss
    - dass der ÄND auch durchaus gute, den RD entlastende Arbeit leistet


    Ich möchte nicht wissen, wie groß das Geschrei wäre, wenn zu den geschätzten 10% der ÄND-Patienten der RD kommen würde.



    Fazit: Es ist wie so oft, wenn Angehörige auf mehr oder weniger tragische Weise sterben. Ein Schuldiger muss her. Ob nun die Kinderärztin
    aufgrund der Klinik - die keiner von uns im aktuellen Fall kennt - einen HI hätte erkennen müssen, sei dahingestellt. Sie hätte ihn zumindest
    auschließen lassen müssen. Das hierzu der KTW nicht unbedingt geeignet ist, zeigt das Ende der Geschichte.
    Aber:
    Kann man nicht von einem Erwachsenen erwarten, dass man

    Zitat

    Atemnot, Schweißausbrüche und Schmerzen im Brustkorb

    mit einem Herzinfarkt assoziiert? Und die Tatsache, dass es einen "Notruf" gibt, sollte sich doch mittlerweile rumgesprochen haben.
    Jaja, ich weiss, die alte Hausarzt-Geschichte... Trotzdem würde ich hier von einer Art "Mitverschulden" ausgehen. Gerade im Hinblick auf die Aussage

    Zitat

    "Wäre doch bloß schnell genug ein Notarzt da gewesen!"

    .
    Weiterhin kann man doch davon ausgehen, dass in der Telefon-Annahme jemand sitzt, der zumindest ansatzweise einen medizinischen
    Hintergrund hat. In denke da an eine Arzthelferin o.Ä., die auch gerne mal bei o.g. Symptomen stutzig werden darf.


    Auch wenn dieser Artikel pro-RD sein soll, bleibt ein schaler Beigeschmack.

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

  • Wobei die Verpflichtung von KV-Ärzten aller Fachrichtungen zum Notdienst sicherlich suboptimal ist.
    Einer unserer Docs macht für einen befreundeten Augenarzt regelmäßig dessen KV-"Pflichtdienste" (gegen Obulus), da dieser sich der Aufgabe nicht wirklich gewachsen sieht.
    Und trotz der aggressiven (teilweise einseitigen) Berichterstattung stellt sich die berechtigte Frage warum der ÄND nicht grundsätzlich von den Leitstellen disponiert wird. Steckt da etwa soviel (finanzielles) Potential drin das die KVs das nicht abgeben wollen?

    Einmal editiert, zuletzt von Tachyphylaxie ()

  • Zitat

    Original von Tachyphylaxie
    Steckt da etwa soviel (finanzielles) Potential drin das die KVs das nicht abgeben wollen?


    Ja. Wobei nicht nur die KV das "nicht abgeben will", oft sind es auch Unternehmer, die sich den Geschäftszweig nicht klauen lassen wollen. Oder würdest du freiwillgig auf leicht verdientes Geld verzichten?

  • Zitat aus dem Bericht:


    Zitat

    [...] Bis zu zehn Prozent aller Patienten, die von kassenärztlichen Notfalldiensten versorgt werden, sind eigentlich ein Fall für den Notarzt. Nur weil der nicht schnell genug oder gar nicht kommt, geht diesen Patienten kostbare Zeit verloren.[...]



    Gibt es denn RD-Bereiche wo der NA nicht kommt?


    Kommt mal kein NA, dann wurde auch keiner alarmiert. Wurde er alarmiert, hat er auch auszurücken und muss zum Einsatzort ausrücken und sich den Patienten anschauen. Es sei denn das NEF wird von der, bereits beim Patienten eingetroffenen, RTW-Besatzung abbestellt.
    Also so kenn ich das.


  • Die grundsätzlichen Probleme hast du ja bereits selbst angesprochen:
    - die Symptome eines Herzinfarktes sind trotz aller Aufklärung eben nicht immer bekannt bzw. werden als solche oftmals nicht gedeutet, insbesondere nicht bei Senioren
    - die "gewisse medizinische" Ausbildung der Telefonisten/-innen beim ÄND variiert sicherlich sehr stark von RettAss bis Arzthelferin, wobei von Letzterer bspw. nicht grundsätzlich eine adäquate Abfrage erwartet werden kann


    Zum Notruf, der eigentlich bekannt sein sollte:
    Die Erfahrung im Rettungsdienst zeigt es doch auch immer wieder - geht es den Leuten schlecht, rufen sie nach einem Arzt. Erreichen sie ihren Hausarzt nicht telefonisch, wird dort per Bandansage im Regelfall auf den ÄND oder - im Idealfall - die Rettungsleitstelle verwiesen. In den Tageszeitungen stehen neben den Notrufnummern noch die "Notrufnummern" des ÄND, dort erreicht man eben im Notfall einen Arzt.
    Es kommt neben den persönlichen Faktoren wie Kenntnisse über Symptome und Kenntnisse über "echte" Notrufnummern also auch darauf an, wie Notfalldienste lokal organisiert und publiziert werden. Die Bezeichnung "Ärztlicher Notfalldienst" bspw. klingt im Notfall sicherlich noch etwas Ruffordernder, als die Bezeichnung "Ärztlicher Bereitschaftsdienst".
    Wie oft kommt man zu Patienten die erzählen, sie hatten erst vor Kurzem den "Notarzt" hier - gemeint ist oftmals der Arzt des Ärztlichen Notfalldienstes.
    Man kann nicht grundsätzlich erwarten, dass Laien die genauen Unterschiede kennen und situationsgerecht die richtige Nummer wählen. Hier muss von Seiten der Verantwortlichen größtmögliche Sicherheit gewährleistet werden, indem nur entsprechend qualifiziertes Personal in den Zentralen sitzt und entsprechend qualifizierte Ärzte Dienst versehen oder aber - ebenfalls im Idealfall - die Anrufe für den ÄND in den zuständigen RLS auflaufen.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Hallo !


    Im Rahmen meiner Rehabilitation komme ich gerade von zwei Unterrichtseinheiten "Erste Hilfe" in einer Altenpflegeschule.
    Die Auszubildenden kommen alle aus dem Rhein-Main-Gebiet, einer Region, die rettungsdienstlich gut versorgt ist und auch der ärztliche Notdienst gut organisiert ist.


    Ich erlebte heute - wie auch früher schon immer wieder - dass die Erläuterungen über die Unterschiede zwischen dem


    - Rettungsdienst (mit dem NOTARZT...) und dem
    - ärztlichen Notdienst


    grosse Aha-Reaktionen hervorrufte - und das bei Personen, die durchaus schon als fachkundig gelten können und die alle bereits in ihren praktischen Einsätzen Situtationen mit lebensbedrohlich bedrohten BewohnerInnen erlebt haben.


    Da Notfallsituationen i.d.R. im häuslichen Millieu passieren, kann ich davon ausgehen, dass hier u.U. im realen Notfallgeschehen der "falsche" Notdienst verständigt wird, denn schliesslich haben die angehenden Fachkäfte dies in den Praxisphasen von bereits jahrelang aktiven KollegInnen auch so erlebt (die es nicht besser wissen bzw. denen nie einer den Unterschied erklärt hat).

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Werden also zukünftig wohl noch mehr Menschen die 112 anrufen und einen NOTARZT verlangen weil sie ein ziehen im großen Zeh verspüren...


    Von einem öffentlich-rechtlichen Sender der über die GEZ finanziert wird hätte ich mir eine kontroverse Berichterstattung gewünscht. Sonst können wir diese auch abschaffen und uns nur noch an den Privaten und dem Springer-Verlag orientieren...

    Manchmal ist das Blatt zwischen den Zeilen auch einfach nur weiß.

  • das thema ÄND hatten wir hier ja schon mal.


    ich kenne beiden seiten und muß gleich dazu sagen, das ich nicht mehr im ÄND arbeite.


    aus meiner sicht und persönlichen meinung, müssten die meisten mitarbeiter besser geschult werden. das scheitert aber schon daran, das die angestellten auf 400 euro basis arbeiten. bei uns wurde die fortbildungen nicht bezahlt, da kann man sich vorstellen wieviel schwestern immer da waren. hinzu kam noch, das nicht immer die besten ärzte in der praxis waren. das führte zeitweise dazu, das die beschwerden immer mehr wurden und fehlbehandlungen nicht sellten waren.´
    genau so schlimm empfand ich die hilflosigkeit der angestellten im altenheim. da wurde erst bei uns angerufen, wenn jemand bewusstlos im zimmer lag bzw. am ersticken war.


    also ich denke da sollte von der KV ein konzept entwickelt werden, was für personal da arbeitet und wie der ÄND umgesetzt werden soll. kann ja nicht sein, das in manchen gegenden es super läuft und in anderen nicht

  • Zitat

    Original von Joke
    Werden also zukünftig wohl noch mehr Menschen die 112 anrufen und einen NOTARZT verlangen weil sie ein ziehen im großen Zeh verspüren...


    Was grundsätzlich kein Problem darstellen sollte. Diese Anrufer bekommen ihren "Notarzt" - nur eben den Bereitschaftsarzt des Kassenärztlichen Notfalldienstes.


    NACHTRAG: Das Thema ÄND/ÄBD wurde unter anderem auch hier diskutiert: Ärztlicher Bereitschaftsdienst verweist auf Rettungsdienst

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Moin Daniel!


    Natürlich hast du recht, diese alltäglichen Geschichten kennt wohl jeder im
    Rettungsdienst Tätige.
    Meiner Meinung nach macht es sich die Angehörige aus dem Beitrag - so sie
    denn richtig zitiert worden ist - zu einfach, wenn sie nur auf die vor Ort
    befindliche Ärztin verantwortlich macht.
    Die anderen Faktoren spielen hier meiner Meinung nach eine ebenso große
    Rolle. Die Berichterstattung ist halt wie üblich recht einseitig.


    Gruß Al


    P.S. Auch ich habe mittlerweile aufgegeben, in jedem Fall den Unterschied
    ÄND - Notarzt zu erklären. Dann doch lieber gegen Windmühlen kämpfen.



    edit: "Layout"

    Alle sagten: "Das geht nicht!". Dann kam einer, der wusste das nicht und hat es einfach gemacht.

    Einmal editiert, zuletzt von ihm-al ()

  • bis vor ein paar Jahren hatten wir genau dieses Modell: Der ÄND wurde von der hiesigen RLST disponiert. Wurde dann abgeschafft.



    Grüsse, Oli

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • das problem gibt es doch fast überall, wo die leitstelle den ÄND mit disponiert. als erstes entstehen gebühren die der ÄND zahlen muß und wenn die leitstelle einen auftrag raus gíbt muß dieser auch gefahren werden. so kann man immer noch selber entscheiden, ob man hin fährt oder ob man gleich einen RD hin schickt. was soll der ÄND bei einer gestürzten person im heim mit platzwunde ?? oder lungenödem, AP beschwerden. früher hieß es, wir schicken erst mal den ÄND und wenn was ist sollen sie nach bestellen. also ist man den ganzen tag nur durch gefahren. weil die leitstelle alles angenommen hat, anstatt die gefähigen leute in die praxis zu bestellen.

  • Zitat

    Original von ihm-al
    Ein grundsätzlich vorhandenes Problem wird (mal wieder) medienwirksam aufgebauscht.
    ...



    Klassse Beitrag von Dir! Habe ähnliche Gedanken gehabt...

  • Oft hilft letztlich nur das medienwirksame Darstellen von Missständen, damit sich etwas bewegt - siehe Hilfsfristendiskussion in Baden-Württemberg.

    Knüpfe dich nicht an Geringes, es zieht dich ab und hinab, fügt dir Geringeres zu.

  • Ich sage von meinem Standpunkt aus immer wieder. Propagiert die 112 - den Rest macht der Disponent. Ich telefoniere lieber x mal mehr am Tag, als das ein Patient nicht das bekommt was er eigentlich benötigt. Es ist leider doch immer öfters so das die Menschen sich nicht trauen die 112 anzurufen. Es ist schwierig das Thema Notarzt + Kassenärztlicher Bereitschaftsdienst der allgemeinheit zu erklären, daher bin ich auch nicht im geringsten genervt wenn ich Anrufe bekomme die lediglich den KÄB erfordern.

  • Zitat

    Original von Blaulix
    Ich sage von meinem Standpunkt aus immer wieder. Propagiert die 112 - den Rest macht der Disponent. Ich telefoniere lieber x mal mehr am Tag, als das ein Patient nicht das bekommt was er eigentlich benötigt. Es ist leider doch immer öfters so das die Menschen sich nicht trauen die 112 anzurufen. Es ist schwierig das Thema Notarzt + Kassenärztlicher Bereitschaftsdienst der allgemeinheit zu erklären, daher bin ich auch nicht im geringsten genervt wenn ich Anrufe bekomme die lediglich den KÄB erfordern.


    Du bist da vielleicht nicht genervt, aber es gibt Kollegen, denen sind die "richtigen" Notrufe schon zu viel Arbeit. Und wenn man sich traut, die 112 anruft und dann angemacht wird, weil es doch gar kein echter Notruf ist, ruft man sicher nicht so schnell wieder an und verständigt das nächste Mal den Hausarzt.


    So lange es keine einheitlichen Qualitätsstandards gibt, gibt es zeitweise in einer Leitstelle schon große Unterschiede von Telefonmann zu Telefonmann.

  • Zitat

    Original von Tachyphylaxie
    Und trotz der aggressiven (teilweise einseitigen) Berichterstattung stellt sich die berechtigte Frage warum der ÄND nicht grundsätzlich von den Leitstellen disponiert wird. Steckt da etwa soviel (finanzielles) Potential drin das die KVs das nicht abgeben wollen?


    Unsere integrierte Leitstelle bereitet sich gerade darauf vor, dieses zu Übernehmen.