Frankfurt testet Notfallsanitäter-Erkunder

  • https://www.skverlag.de/rettun…lsanitaeter-erkunder.html


    "In Frankfurt am Main ist am 1. September das Pilotprojekt „Notfallsanitäter-Erkunder im urbanen Bereich (NotSan-Erkunder)“ gestartet."

    ...mit Legenden ist das so eine Sache...
    ...manche sind wahr... 8)

  • Wenn es funzt wäre das sicher ein Modell für andere Städte.

    Ich komme aus einem Kurzurlaub in HH und bei der Ankunft sah ich im Bereich des Hbf. spontan vier Personen wo Otto-Normalbürger die 112 anruft.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Wenn es funzt wäre das sicher ein Modell für andere Städte.

    Ich komme aus einem Kurzurlaub in HH und bei der Ankunft sah ich im Bereich des Hbf. spontan vier Personen wo Otto-Normalbürger die 112 anruft.

    Von der Sorte habe ich heute um 15:45 Uhr an der sogenannten "Oettingerwiese" am Hauptbahnhof Hannover 20 bis 30 Personen gesehen. Egal ob mit einem RTW oder mit einem Erkunder - da möchte ich als NotSan gar nicht hin fahren! Da gibt es sowie so nichts, was man noch retten könnte. Und ich bin mir sicher, wenn ich zum Raschplatz (auch am Hauptbahnhof) oder hinter dem Amtsgericht (Ostseite vom Hauptbahnhof) geschaut hätte, dann hätte ich da auch ganz viel rum sitzen und liegen sehen, was man nicht mehr retten kann. Das ist nur eine Verschiebung des Problems.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich tue mich schwer mit deiner Einschätzung, da gäbe es nichts zu retten...

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Irgendwie mag mir der Frankfurter Ansatz richtig gut gefallen! Die Nummer mit dem San-Helfer als Assistent hat sicherlich ein gewissen Geschmäckle, allerdings überwiegt das die Option mit dem N-KTW plus NotSan vom "Erkunder" und die Konzentrierung auf ein echte "Problemgebiet".
    Bedauerlich finde ich die Dauer des Projekts, 3 Monate finde ich einfach zu kurz, um richtig Zahlen und Erfahrungen sammeln zu können.

    Ansonsten Teile ich die Meinung von M1k3. Auch wenn es anders scheint, mancher ist tatsächlich noch zu retten, zumindest ein Stück weit. Neben der üblichen Entgiftung braucht es zur Rettung aber durchaus mehr, auch eine Langzeit ist hier manchmal nicht ausreichend nach meiner Erfahrung. Tatsächlich braucht es schon initial eine Ursachenforschung und erste Therapieversuche, denn viele haben das "Problem" nur um andere Probleme zu übertünchen. Folgend bräuchte es dann wie bei Straftätern eine entsprechende Anschlussbetreuung, d.h. ggf. Wohnortwechsel, dauerhafte & echte Ansprechpartner, echte Hilfe zum Systemwechsel, Langzeittherapie und vor allem: eine Überwachung auf Rückfällen mit entsprechenden Sanktionen.
    Gewährt man den Personen andauernd wieder einen Entzug und entlässt sie dann mit ihren alten Problemen in ihre alte Umgebung, dann ist das meist wirklich nur rausgeschmissenes Geld und damit kann man quasi keinen retten.

    Im übrigen gibt es ohne Zweifel auch Personen die einfach nicht zu retten sind, dazu zählen aber zum Teil auch die, die die 112 wählen. Auch bei uns erlebe ich es immer und immer wieder, dass Leute einfach aus der Distanz (tlw. beim Autofahren) anrufen und keinen direkten Kontakt suchen. Die Angst das einem was passiert oder man was "falsch" macht, wenn man mehr macht ist einfach zu groß. Auch hier bräuchte es dringend Hilfe, dann könnte man die ganzen "Wecken-Fahrten" sicherlich erheblich reduzieren.

  • Folgend bräuchte es dann wie bei Straftätern eine entsprechende Anschlussbetreuung, d.h. ggf. Wohnortwechsel, dauerhafte & echte Ansprechpartner, echte Hilfe zum Systemwechsel, Langzeittherapie und vor allem: eine Überwachung auf Rückfällen mit entsprechenden Sanktionen.
    Gewährt man den Personen andauernd wieder einen Entzug und entlässt sie dann mit ihren alten Problemen in ihre alte Umgebung, dann ist das meist wirklich nur rausgeschmissenes Geld und damit kann man quasi keinen retten.

    Ohne hohe intrinsische Motivation der Betroffenen funktioniert das aber nicht. Viele Krankheiten führen leider zu genau diesem Motivationsmangel und lässt viele Betroffene trotz wirklich guter Betreuung und engagierter Betreuer sowie niederschwelliger Hilfe in die alten Probleme abgleiten. So lassen viele Hilfe von außen gar nicht erst zu und lehnen diese oft konsequent ab bis zu dem Punkt, wo es dann wieder gar nicht mehr anders geht.

  • Ich tue mich schwer mit deiner Einschätzung, da gäbe es nichts zu retten...

    Verstehe mich da nicht falsch. Mir ging es bei meiner Aussage nicht um Hass ggü. diesen Personen aus dem Alkohol- und BTM-Milieu. Ich habe durchaus Mitgefühl für diese "Problemmenschen". Allerdings weiß ich nach 28 Jahren auch, dass die Hilfe, die ich und andere bieten, nahezu immer vergebens sind. Wie Hilope das schon richtig beschrieben hat. Der Mensch muss sich helfen lassen wollen. Die Hilfen sind sicher nicht perfekt, aber es gibt sie. Und die soziale Hängematte in Deutschland ist im Vergleich zum Rest der Welt sicher schon sehr ausgeprägt.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Klingt nach dem üblichen Gemeindenotfallsanitäter, den man um eine Person zum Schreibbretthalten aufgestockt hat.

    Do your job right – Treat people right – Give all out effort – Have an all in attitude.

    ~ Mark vonAppen

  • Für mich klingt das mal wieder nach Rad neu erfinden, anstatt über den Tellerrand zu blicken und Elemente zu adaptieren, die bereits gut funktionieren: The Sociolance: A mobile clinic requested through emergency medical dispatch center serving socially vulnerable and homeless people in the Capital City of Denmark

  • Allerdings weiß ich nach 28 Jahren auch, dass die Hilfe, die ich und andere bieten, nahezu immer vergebens sind. Wie Hilope das schon richtig beschrieben hat. Der Mensch muss sich helfen lassen wollen. Die Hilfen sind sicher nicht perfekt, aber es gibt sie.


    Es gibt nachweislich zu wenig Hilfen, und zu wenige soziale Konzepte. Menschen die in den Bereichen arbeiten können das bescheinigen. Auch Therapeutenplätze sind viel zu wenige verfügbar für den Bedarf den es gibt.


    Ich glaube auch, dass deine Einschätzung "nach 28 Jahren" nicht fundiert ist. Du bekommst einen ganz kleinen Bereich mit, und das nur für wenige Minuten.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ich glaube auch, dass deine Einschätzung "nach 28 Jahren" nicht fundiert ist. Du bekommst einen ganz kleinen Bereich mit, und das nur für wenige Minuten.

    Wie soll man denn sonst darüber denken, wenn Vladimir oder Thorsten zum dreiundneuzigsten Mal zum Entzug wollen und einige Tage später wieder an den typischen Stellen vorzufinden sind (ggf. sogar dreimal in einer Nacht, weil man immer wieder aus dem Krankenhaus weg läuft)? Man kann nicht alles auf ein unvollständiges oder nicht effizentes System schieben. In der Regel wird jedoch niemand dazu gezwungen BTM oder Alkohol einzunehmen; am Anfang stand also die Wahl. Ich möchte an dieser Stelle die Hilfen auch nicht negieren und kann mir auch gut vorstellen, dass diese ggf. nicht ausreichen. Aber das wichtige ist: Wir haben immerhin welche. Denn dieses wird in den meisten Ländern dieser Welt eben nicht so sein.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Wie soll man denn sonst darüber denken, wenn Vladimir oder Thorsten zum dreiundneuzigsten Mal zum Entzug wollen und einige Tage später wieder an den typischen Stellen vorzufinden sind (ggf. sogar dreimal in einer Nacht, weil man immer wieder aus dem Krankenhaus weg läuft)?

    Das ist doch genau das Problem des RD mit den winzigen Zeitfenstern die wir betrachten. Du denkst anhand deiner Erlebnisse, dass du ein repräsentatives Bild der Gesamtlage hast. Dein Einblick in das Leben des Patienten ist aber winzig, und dein Einblick in den Alltag von Suchtkranken oder Obdachlosen ist eben auch winzig.


    Sozialarbeiter haben da gemeinhin einen umfassenderen Eindruck, und wären besser geeignet das einzuschätzen ob das alles sinnlos ist.


    Ich habe mal in einer "Drückerkammer" Praktikum gemacht, das war Augenöffnend.

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  • Klingt nach dem üblichen Gemeindenotfallsanitäter, den man um eine Person zum Schreibbretthalten aufgestockt hat.

    Ich war vor ein paar Wochen mit dem Zug in Frankfurt und muss sagen, dass hat mit Gemeindenotfallsanitäter wenig zu tun. Laufen musste man auf der Straße, da die Gehwege voller Junkies waren. Gefühlt stand in jeder Seitenstraße ein RTW und POL. Der NotSan Erkunder braucht hier kein Auto, sondern kann als Fußstreife den ganzen Tag durch die Gegend laufen und Leute wecken, bzw. dies auf Weisung der Leitstelle machen.

  • Ich war vor ein paar Wochen mit dem Zug in Frankfurt und muss sagen, dass hat mit Gemeindenotfallsanitäter wenig zu tun. Laufen musste man auf der Straße, da die Gehwege voller Junkies waren. Gefühlt stand in jeder Seitenstraße ein RTW und POL. Der NotSan Erkunder braucht hier kein Auto, sondern kann als Fußstreife den ganzen Tag durch die Gegend laufen und Leute wecken, bzw. dies auf Weisung der Leitstelle machen.

    Ernstgemeinte Frage: Welche Kollegen haben denn auf sowas Bock? Also wer soll/darf/muss dieses Fahrzeug besetzen?

  • Das ist doch genau das Problem des RD mit den winzigen Zeitfenstern die wir betrachten. Du denkst anhand deiner Erlebnisse, dass du ein repräsentatives Bild der Gesamtlage hast. Dein Einblick in das Leben des Patienten ist aber winzig, und dein Einblick in den Alltag von Suchtkranken oder Obdachlosen ist eben auch winzig.


    Sozialarbeiter haben da gemeinhin einen umfassenderen Eindruck, und wären besser geeignet das einzuschätzen ob das alles sinnlos ist.

    Ich gehe da soweit mit, dass die Stellen, die öfters und längeren Kontakt mit Situationen und Personen haben, einen besseren Überblick haben. Das gilt ja für viele Bereiche (man erinnere sich an die vielen "blöde Leitstelle" Diskussionen). Das die Situation aus Sicht des Rettungsdienstes jedoch trotzdem frustierend ist (und nervt), sollte jedoch auch verständlich sein, oder nicht? Ziehen wir den Schuh einmal von der anderen Seite her an: Warum sollte der Rettungsdienst es nicht als sinnlos empfinden, wenn dieser immer wieder das gleiche Klientel mit den gleichen Vorfällen auf seiner RTW-Pritsche liegen hat? Ich habe nur noch zwei 12-Stunden Dienste im Monat. Trotzdem habe ich einige Patienten dabei, die ich regelmäßig immer wieder treffe, einige schon bis zu 40 mal im RTW hatte (z. B. eine Psychiatrie-Patientin, die ich seit ihrem 18. Lebensjahr immer wieder treffe). Und bevor Du es aus dem ersten Beitrag vergessen haben solltest: Ich habe durchaus Mitgefühl für diese Betroffenen. Nur ob ich einen Sinn erkennen kann, ob es was bringt, was ich tue (tun muss), ist eine andere Sache. Und ja, vielleicht nicht ganz objektiv. Allerdings überprüfe ich auch nicht alle 20 bis 30 Personen, die in allen Ecken an jedem Tag rund um den Hauptbahnhof sehe, ob diese noch Vitalzeichen haben oder Hilfe haben möchten, wenn ich privat unterwegs bin (bzw. Dienstschluss habe; privat halte ich mich eher ungern in der großen Stadt auf).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich tue mich schwer mit deiner Einschätzung, da gäbe es nichts zu retten...

    Beschränkt auf den Rettungsdienst halte ich die Einschätzung für insgesamt zutreffend; wenn sich da etwas tun soll, bedarf das einer langfristigen Betreuung (die nach meinem - notwendig unvollständigen Eindruck - dennoch häufig ohne Erfolg bleibt; aber ich sehe natürlich auch nur die, bei denen es nicht klappt).

  • Ernstgemeinte Frage: Welche Kollegen haben denn auf sowas Bock? Also wer soll/darf/muss dieses Fahrzeug besetzen?

    Sehe da schon, dass das mit einer Zulage, und einer besonderen Verwendung für einige Jahre interessant sein kann.

    Selten wird man so konzentriert und intensiv mit Drogenabusus konfrontiert, und kann damit Erfahrungen sammeln die man im Landkreis ZurGeringenBevölkerungsDichte selten hat. Wenn die BF da eineng schickte Rotation hinbekommt, kann das schon spannend sein.


    Auch bei der Polizei gibt es ja Kontaktbeamte, darauf hätte sicher ebenfalls nicht jeder bock.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Für mich klingt das mal wieder nach Rad neu erfinden, anstatt über den Tellerrand zu blicken und Elemente zu adaptieren, die bereits gut funktionieren: The Sociolance: A mobile clinic requested through emergency medical dispatch center serving socially vulnerable and homeless people in the Capital City of Denmark

    Ich gebe dir vollkommen Recht. sociolancen wird recht gut angenommen - sowohl von den hilfebedürftigen Personen als auch vom (Rettungsdienst-)Personal. Es bietet eine Abwechslung zum normalen RD-Alltag und durch die Zusammenarbeit mit einem Sozialarbeiter kann man sich auch persönlich weiterentwickeln und das dem entsprechendem Patientenklientel zu Gute kommen lassen.
    Das Frankfurter Modell wirkt auf mich wie nichts Halbes und nichts Ganzes. Bei dem Zielklientel geht es doch sehr oft um soziale Problemstellungen. Daher würde es m.E.n. Sinn machen - analog zu Kopenhagen - das Fahrzeug/Team mit einem Sozialarbeiter zu ergänzen.

    Ich finde es gut, dass auch in Deutschland ein Umdenken stattfindet aber leider - wie du es schreibst - jedesmal das Rad neu erfunden werden muss. Hier in Dänemark tauschen sich die Leitungserbringer der einzelnen Regionen bzw. die Regionen untereinander aus um möglichst effektiv zu arbeiten und Kosten zu sparen.

  • Das Frankfurter Modell wirkt auf mich wie nichts Halbes und nichts Ganzes. Bei dem Zielklientel geht es doch sehr oft um soziale Problemstellungen. Daher würde es m.E.n. Sinn machen - analog zu Kopenhagen - das Fahrzeug/Team mit einem Sozialarbeiter zu ergänzen.

    Genau dieser Kontakt zu den Schnittstellen ist m.M.n. Grundvoraussetzung, damit so ein Modell überhaupt Sinn macht. Das werden in dem Milieu die Sozialarbeiter:innen sein, die ich auch mal kurzfristig aktivieren können muss, ggf. auch ein psychologischer (Not-)Dienst. Das wären beim Gemeinde-NotSan zusätzlich noch die ambulanten Pflegedienste, die KV-Ärzte usw.

    Wenn es hier keine niederschwelligen Kontaktmöglichkeiten (mit der Option dass der jeweilige Dienst auch vor Ort kommt) gibt, sehe ich nicht, was der NotSan da vor Ort dann "reissen" soll. Dann kann ich auch einen RTW hinschicken, weil den kann ich dann auch für andere "Notfälle" einsetzen (und brauch auch einen NotSan + "Fahrer"). Und wenn es diese Kontaktmöglichkeiten gäbe, könnte man sich wahrscheinlich wiederum den "Erkunder" sparen.

    Weil auch der Erkunder, wie auch der Gemeinde-NotSan ist ja nur eine Reaktion des RDs darauf, dass andere Dienste (die ggf. viel besser geeignet wären) einfach nicht (mehr) oder nur in beschränktem Ausmass vorhanden bzw. kurzfristig erreichbar sind.