Rettungsdienst in Frankfurt vor dem Kollaps

  • Das habe ich so verstanden. Allerdings nützt es auch nichts, wenn die Wertschätzung und die Arbeitsbedingungen toll sind, aber das Gehalt scheiße ist. Auch dann verlassen die Leute das Unternehmen. Deswegen betone ich ja immer, dass ALLE Dinge wichtig sind. Oft kommt das in den letzten Monaten hier so rüber, dass das Gehalt nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Das stimmt nicht, wie ich finde. Es ist nicht das alleinige Merkmal, aber durchaus ein wichtiges Merkmal für eine attraktive Stelle. Ich finde, dass dieses in den ganzen Diskussionen nicht mehr so richtig rüber kommt.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Harris NRÜ - wir sind vermutlich mit unseren Ansichten recht nahe. Ich sehe durch den aktuellen Fachkräftemangel die Tendenz, dass nur an der Stellschraube Gehalt gedreht wird, die anderen Faktoren jedoch ignoriert werden.

  • Harris NRÜ - wir sind vermutlich mit unseren Ansichten recht nahe. Ich sehe durch den aktuellen Fachkräftemangel die Tendenz, dass nur an der Stellschraube Gehalt gedreht wird, die anderen Faktoren jedoch ignoriert werden.

    Ich glaube, in dem Fall sind wir quasi best friends - diese Befürchtung habe ich auch.


    Problem ist dabei auch, dass die richtig großen Stellschrauben nicht (zwingend) von den Arbeitgebern gestellt werden können, sondern das da die Politik ran muss. Aber die Arbeitgeber könnten gemeinsam an die Politik herantreten. Und die sehr langsamen Mühlen der Politik (Kreispolitik, Städte-/Kreistag der Länder, Landtage, Bundestag) und der fehlende Mut für "mal richtig ran klotzen" fehlt, so dass das eher das Problem ist.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich glaube, dass die AG sehr wohl etwas machen könnten: Wunschdienstplan, Nachtdienstbefreiung, individuelle Weiterbildung wäre ja schon ein guter Schritt. Vernünftige Kompetenzen und ordentliches Arbeitsmaterial wäre der nächste Schritt.

  • Teilweise muss man aktuell über die Gehaltsschiene als fast alleinigen Motivationsfaktor gehen um sich als AG genug zeitlichen Puffer zu erkaufen zwecks Fachkräftegewinn, Fachkräfteausbildung und Strategieaufbau zur Personalbindung.

    In einem benachbarten RD gesehen: Personalmangel, üppige Zulagen für Zusatzdienste, hat dazu geführt, dass RS im ersten Berufsjahr mit einem Netto von über 3000 Euro am Monatsende heimgegangen sind. Kaum Autos unbesetzt. Unheimlich viele alte Kollegen wegen der Kohle wieder hingewechselt.

    Nach Übernahme durch einen anderen Anbieter Streichung der Zulagen und ständig abgemeldete Autos.

  • In einem benachbarten RD gesehen: Personalmangel, üppige Zulagen für Zusatzdienste, hat dazu geführt, dass RS im ersten Berufsjahr mit einem Netto von über 3000 Euro am Monatsende heimgegangen sind. Kaum Autos unbesetzt. Unheimlich viele alte Kollegen wegen der Kohle wieder hingewechselt.

    Aber wir sind uns doch sicher einig, dass die Lösung des Problems nicht darin liegen kann, dass ein Hilfsarbeiter mit dreimonatiger Ausbildung besser verdient als ein Akademiker mit mehrjährigem Universitätsstudium?!

  • Die Lösung nicht. Aber vielleicht ein notwendiger Puffer um die Lösung zu finden.


    Ich persönlich finde es selbst krass.

  • Die Lösung nicht. Aber vielleicht ein notwendiger Puffer um die Lösung zu finden.


    Ich persönlich finde es selbst krass.

    Und wie will man den Wahnsinn dann wieder zurückschrauben?


    Vielleicht wirkt es ja auch beschleunigend auf die Lösungsfindung, wenn die (nicht besetzte) Karre endlich mal mit Schmackes an die Wand fährt! Aber klar, man kann auch noch zehn Jahre lang Pflaster auf die spritzende Wunde kleben. Als Puffer.

  • Ich frage mich bei solchen Zahlen immer, ob da nicht brutto und netto verwechselt wird.

    They say God doesn't close one door without opening another.

    Please, God, open that door. :oncoming_fist_light_skin_tone:

  • Aber wir sind uns doch sicher einig, dass die Lösung des Problems nicht darin liegen kann, dass ein Hilfsarbeiter mit dreimonatiger Ausbildung besser verdient als ein Akademiker mit mehrjährigem Universitätsstudium?!

    Angebot und Nachfrage sind doch der Fetisch einer unserer Regierungsparteien?

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Teilweise muss man aktuell über die Gehaltsschiene als fast alleinigen Motivationsfaktor gehen um sich als AG genug zeitlichen Puffer zu erkaufen zwecks Fachkräftegewinn, Fachkräfteausbildung und Strategieaufbau zur Personalbindung.

    Kurzfristig geht das, aber nur kurzfristig. Ich erlebe bei uns gerade die Folgen von Gehaltszuwachs bzw. Altersoptionen und zeitgleich gleichbleibend "vergleichbar (sehr) guten" Arbeitsbedingungen, viele Mitarbeiter überlegen das Gehaltsplus zur Stabilisierung ihrer finanziellen Situation zu verwenden und zeitgleich im entsprechenden Umfang Stunden zu reduzieren. Die die Alt genug sind ziehen zu einem sehr großen mindestens eine der Altersoptionen zu Verbesserung der persönlichen Situation. Der Arbeitgeber ist davon wenig begeistert.
    Ein Gehaltsplus bedeutet also nicht immer auch ein echtes Plus beim Personal bzw. eine bessere Bindung, unbestritten kann es aber ein Argument sein beim Arbeitgeber zu bleiben bzw. zu diesem zu wechseln, wenn es auch nur der Punkt ist für das "gleiche Geld" weniger zu Arbeiten. So macht sich mancher Arbeitnehmer die Situation etwas besser, aber eine echte Lösung erkenne ich daran nicht.

  • Dann können die ja mal im öffentlichen Dienst damit anfangen.

    Meinetwegen sehr gerne. Und ein stückweit passiert das ja auch. Kein mD mehr bei vielen Landespolizeien, Verbeamtung bei Lehrern bleibt bestehen, TVöD verbessert sich usw.

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Meinetwegen sehr gerne. Und ein stückweit passiert das ja auch. Kein mD mehr bei vielen Landespolizeien, Verbeamtung bei Lehrern bleibt bestehen, TVöD verbessert sich usw.

    Und auch dort löst das in den Bereichen, in denen echter Mangel an (hoch-)qualifiziertem Personal besteht, kein einziges Problem.

    Falsche Stellschrauben.

  • Kein mD mehr bei vielen Landespolizeien, Verbeamtung bei Lehrern bleibt bestehen, TVöD verbessert sich usw.

    Der Wegfall des mittleren Dienstes ist - ebenso wie die Stellenhebung der Eingangsämter - keine "Lösung". Die Lösung wäre, die Besoldung insgesamt so anzuheben, dass auch der mittlere Dienst und die Eingangsämter angemessen besoldet werden. Ansonsten wird das Besoldungssystem nach gar nicht so langer Zeit schon wieder verfassungswidrig.

  • So lange man ohne wenn und aber versucht das bestehende (Organisations-)System am Leben zu erhalten, wird man keine nachhaltige Lösung etablieren können.


    Der Landesgeschäftsführer einer grossen Hilfsorganisation hat in den letzten Tagen auf LinkedIn ein "Statusupdate" zu einem Changeprojekt in der Organisation gepostet und sich dabei "kritisch" zum aktuellen Status geäussert (man ist seit einem Jahr dran und noch nicht am Ziel). Dafür wurde er gefeiert, auffälliger Weise massgeblich von anderen Führungskräften der Organisation, insbesondere für seine Transparenz, Ehrlichkeit, etc.


    Auf meine Frage was denn das Ziel dieses Wandelprojekts sei, antwortete er: "Das Ziel ist ganz einfach formuliert: die - Hilforganisation Y im Bundesland X - will die besten Führungskräfte."


    Die Entscheider:innen in den Organisationen und Unternehmen sind nicht bereit das eigene Organisationssystem grundsätzlich zu hinterfragen und versuchen das klassische Command and Control System (Taylorismus) aufrecht zu erhalten, um ihre "Macht" nicht zu verlieren.


    In einer komplexen Welt wie heute, wird dies auf Dauer nicht funktionieren.


    Wenn diese Hilfsorganisation wirklich an einer Transformation interessiert wäre, bräuchten sie diese "Führungskräfte" nicht mehr, sondern hätte sich dezentralisiert und selbstorganisiert aufgestellt. Man muss die Trennung von "Denken" und "Machen" stoppen und endlich damit beginnen die Mitarbeitenden wie erwachsene Menschen zu behandeln. Die Entscheidungskompetenz muss auf den Ebenen liegen, die direkten Markt-/Kundenkontakt haben. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Transformation maximal 180 Tage dauert, inklusive Vor- und Nachbereitung, egal wie gross die Organisation ist.


    Und dass diese "Beta-Modelle" funktionieren, auch bei Organisationen mit mehr als 10'000 Mitarbeitenden, wird immer wieder bewiesen.


    Hier ein Beispiel: How Buurtzorg Works (YouTube)

  • Wie würde man das praktisch umsetzen auf einer RW?

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Der Wegfall des mittleren Dienstes ist - ebenso wie die Stellenhebung der Eingangsämter - keine "Lösung". Die Lösung wäre, die Besoldung insgesamt so anzuheben, dass auch der mittlere Dienst und die Eingangsämter angemessen besoldet werden. Ansonsten wird das Besoldungssystem nach gar nicht so langer Zeit schon wieder verfassungswidrig.

    Absolut. Zumal man vom letzten Punkt abgesehen ja auch gute potentielle Bewerber aufgrund der Einstellungsvoraussetzungen schon vor der Bewerbungsphase "verliert". Und, man merkt zB bei der Polizei in NRW ganz enorm, dass man nur noch Abiturienten und akademisiertes Personal hat. Der typische Polizist des mD fehlt ganz enorm!

  • Wie würde man das praktisch umsetzen auf einer RW?

    Eine Rettungswache allein innerhalb einer Organisation, kann das nicht umsetzen. Es MUSS die ganze Organisation sein.

    Alles unter 30 Mitarbeitende ist nicht realisierbar.


    Und die Transformation einer ganzen Organisation hier darzulegen (die übrigens nur ca. 180 Tage dauern würde, inkl. Vor- und Nachbereitung, egal wie gross), sprengt den Rahmen.