Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finanzierung

  • Das ist inhaltlich extat der gleiche Punkt, den wir vor einigen Wochen mit den Klinikschließungen und den dadurch "frei" werdenden Pflegepersonal / Hebammen hatten. Ich stimme Dir da aber zu. Das ist bei den Ärzten natürlich das gleiche Problem.

    Das ist nicht genau der selbe Punkt, weil die NA-Stelle in den meisten Kliniken, wenn sie überhaupt NÄ stellen (müssen), halt auch nur eine Dienst-Stelle ist, die dazu fast immer neben den eigentlichen Diensten der jeweiligen Abteilung läuft. Fällt der NA-Dienst weg, wird dadurch nicht eine höhere zweistellige Zahl an Ärzten frei, die sich anderen Dingen widmen können. Dann man macht derjenige Arzt halt einen Dienst im OP, der Intensivstation oder der Aufnahme mehr.

    Wenn der NA-Dienst aber eine willkommene Abwechslung ist, und er gleichzeitig, wie VK-Retter richtig schreibt, wenigstens etwas Abwechslung in den Klinik-Alltag bringt, dann reduziert man halt die Arbeitszeit entsprechend, so dass man wieder bei der gleichen Anzahl der Dienste in den anderen Bereichen wie zuvor bleibt. Gewonnen hat eine Klinik damit gar nichts.


    Schließt man dagegen Stationen oder ganze Krankenhäuser bzw. Kliniken, setzt das sofort, je nach Größe der Schließung, eine höhere zwei-, drei- oder gar vierstellige Zahl an ärztlichen sowie pflegerischem Personal frei. Das ist etwas ganz anderes, als wenn in einer Region statt 10 nur noch 2 Notärzte unterwegs sind.

  • Wie ich vorher schrieb:

    Kurzfristig werden einige Arbeitgeber damit Oberwasser haben weil ein Teil der AN damit "zurück kommen". Denn nicht jeder kann aus finanzieller Verpflichtung heraus (Alleinverdiener, Haus gekauft, etc.) mal eben 30-50% des Einkommens einfach "verlieren", ebenso wird es eine Weile dauern bis die Leute die dann wieder 100% "zurück kommen" durch die Bedingungen nach und nach wieder "raus geschwemmt" werden (denn kurzfristig sind die Bedingungen ja vielleicht sogar besser weil kurz mal "mehr" Personal da ist. Kurz).


    Parallel wird kurzfristig der Verteilungskampf um die Nischen zunehmen, langfristig sehe ich das aber eher nicht - ein Teil wird die Klinik ganz verlassen, weil eben 100% Klinik für Sie nicht zum Aushalten sind und gleichzeitig die Qualifikationsanforderungen an den neuen NA nicht erreichbar sind. Ein Teil wird sich fügen weil sie müssen.

    Und die Demographie beendet jeden Überhang so oder so wieder.

  • Auf Hilope bezogen: (Handy spinnt gerade)


    Ist dem so? Ich sehe das gerade ein ein paar Kliniken. Der Stellenplan ist bei weitem in der Abteilung nicht gefüllt. Dienste werden durch Honorar Ärzte besetzt (bei 100€/h). Und dann muss noch ein Arzt aus der Abteilung das NEF besetzen. Oder die Börse regelt es.


    Ich glaube schon, das hier auch eine Entspannung stattfinden kann und wird. Verstehe aber auch deinen Punkt mit der Möglichkeit der Klinik "mal zu entkommen".


    Es wird mit Sicherheit keine Probleme in der Klinik lösen. Dennoch wird sich der Arbeitsmarkt anpassen. So wie die Bedürfnisse der Arbeitnehmer.

  • Ich sehe das gerade ein ein paar Kliniken. Der Stellenplan ist bei weitem in der Abteilung nicht gefüllt.

    Das dürfte im Moment wahrscheinlich in so gut wie jeder Klinik so sein.


    Dienste werden durch Honorar Ärzte besetzt (bei 100€/h). Und dann muss noch ein Arzt aus der Abteilung das NEF besetzen. Oder die Börse regelt es.


    Ich glaube schon, das hier auch eine Entspannung stattfinden kann und wird.

    Wenn das NEF nicht mehr besetzt werden muss, dann ändert das doch in deinem Beispiel auch nichts daran, dass die übrigen Dienste nicht besetzt werden können und Honarar-Kräfte zugekauft werden müssen?

    Die einzige Entspannung, die hier stattfinden wird, ist, dass man sich das Geld für die NA-Börse sparen kann. Das wären im Jahr dann vielleicht eine halbe Million Euro, was bei einem Multi-Millionen-Umsatz nicht ganz so entscheidend sein wird, vor allem, wenn ich an anderer Stelle dann noch mehr teurere Honorar-Kräfte einkaufen muss, weil der Arbeitsplatz, den ich ohne NA-Tätigkeit anbiete, noch unattraktiver wird, und ich weiter reguläre Kräfte verliere.

  • Nachtrag:

    Natürlich ginge mein Beispiel von der schlagartigen Umstellung um - die ja eher unwahrscheinlich ist.

    Realistischer ist eher ein schleichender Übergang und dann..nunja..

  • Es kommt mir auch nicht sinnvoll vor, die knappe erste Sorte Akademiker durch eine absehbar ebenfalls knappe zweite Sorte Akademiker zu ersetzen. Systemisch kann das kaum einen Unterschied machen. Es mag gute Gründe für eine Akademisierung von Rettungsfachberufen geben (ich persönlich bin tendenziell eher skeptisch), aber Arztmangel leuchtet mir aus dem Stegreif nicht ein.

    Lügen ist keine Kunst. Kunst ist, anderen die Wahrheit in einem neuen Licht zu zeigen.

  • Das verstehe ich jetzt nicht. Als Arzt habe ich deutlich mehr Beschäftigungsmöglichkeiten als ein "normaler" Krankenpfleger und kann mir durch die bessere Bezahlung deutlich einfacher eine Teilzeitbeschäftigung leisten.

    Das ist nicht schlimm. Ich habe allerdings auch keine Lust, dass hier (noch einmal) ausgiebig auszudisktutieren. Aber auch mir fallen einige andere Arbeitsmöglichkeiten als Krankenpfleger ein, die ich nicht in einer Klinik ausüben muss. Das "deutlich mehr" ist nicht alleine durch die Ärzteschaft gepachtet.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das ist nicht schlimm. Ich habe allerdings auch keine Lust, dass hier (noch einmal) ausgiebig auszudisktutieren. Aber auch mir fallen einige andere Arbeitsmöglichkeiten als Krankenpfleger ein, die ich nicht in einer Klinik ausüben muss. Das "deutlich mehr" ist nicht alleine durch die Ärzteschaft gepachtet.

    Sorry, wenn du dich da jetzt persönlich in der Krankenpfleger-Ehre angegriffen fühlst. Das war weder böse gemeint, noch weiß ich, warum man das schon wieder so negativ auffassen muss. Wahrscheinlich wieder mal das altbekannte Problem der chronisch untergelobten Pflege :face_with_rolling_eyes:

  • Es kommt mir auch nicht sinnvoll vor, die knappe erste Sorte Akademiker durch eine absehbar ebenfalls knappe zweite Sorte Akademiker zu ersetzen. Systemisch kann das kaum einen Unterschied machen. Es mag gute Gründe für eine Akademisierung von Rettungsfachberufen geben (ich persönlich bin tendenziell eher skeptisch), aber Arztmangel leuchtet mir aus dem Stegreif

    In den Reihen des Rettungsfachpersonals sehe ich durchaus ungenutzte Ressourcen an akademischem Potential, welches in der derzeitigen Lage gar nicht genutzt wird oder das System verlässt.

    Und knapp ist die erste akademische Sorte im RD nur, weil sie bissher unglaublich ineffizient eingesetzt wurde und in vielen Bereichen immer noch wird.

    Bleibt auf jeden Fall spannend die nächsten Jahre...

  • Ich glaube auch nicht an das Freiwerden einer relevanten Anzahl an Ärzten. Warum? Ein erheblicher Teil der NA Funktionen wird derzeit von Ärzten aus der Klinik besetzt, die während ihrer NA Tätigkeit in der Klinik eine weitere Aufgabe hätten, die ohnehin besetzt sein muss, und ein weiterer sehr großer Anteil sind von vorneherein Honorarkräfte. Da machen es doch recht viele eher für den Spaß als dass sie auf das Geld angewiesen wären.


    Bei denen, die dann noch übrig bleiben, könnte ich mir schon vorstellen, dass viele dann auch mal seinen reduzieren, wenn der Ausgleich wegfällt. Meine jetzige Klinik ist da ein ganz gutes Beispiel, die Vordergrunddienstgruppe (AssÄ und FÄ jeweils mit Diensttauglichkeit) besteht aus 12 Kollegen, von und sind zwei in Vollzeit. Und auch mit größeren finanziellen Verpflichtungen kann man sich das schon leisten, wenn man möchte. Wäre ich jetzt nicht aufgrund des späten Studiums recht alt und würde mal mittelfristig Facharzt werden wollen, wäre ich wohl inzwischen auch in Teilzeit.


    Ich würde weder kurz noch mittelfristig noch langfristig mit einer merklichen Veränderung rechnen.


    Und die Kostenrechnung steht der Motivation auch sehr entgegen, qualifiziert man zu wenige weiter, fällt die Motivation der nicht oder nur B.Sc. studierten NotSan vermutlich stärker, als gegenwärtig, qualifiziert man zu viele, fällt das Performancelevel ab und die Kosten steigen enorm, weil ständig zwei Master-NFS eine maßnahmenlose Entlassfahrt machen dürfen.

    Land zwischen den Meeren,
    vor dem sich sogar die Bäume verneigen,
    du bist der wahre Grund,
    warum Kompassnadeln nach Norden zeigen!

    Einmal editiert, zuletzt von Johannes D. ()

  • Sorry, wenn du dich da jetzt persönlich in der Krankenpfleger-Ehre angegriffen fühlst. Das war weder böse gemeint, noch weiß ich, warum man das schon wieder so negativ auffassen muss. Wahrscheinlich wieder mal das altbekannte Problem der chronisch untergelobten Pflege :face_with_rolling_eyes:

    Vermutlich weil Du glaubst, dass bei Dir bzw. euch Ärzten alles anders ist. Der letzte Satz sagt viel über Deine Denkweise aus. Daher will ich es nicht noch einmal ausdiskutieren, weil bringt nichts. Viele Berufe haben Alternativen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Vermutlich weil Du glaubst, dass bei Dir bzw. euch Ärzten alles anders ist. Der letzte Satz sagt viel über Deine Denkweise aus. Daher will ich es nicht noch einmal ausdiskutieren, weil bringt nichts. Viele Berufe haben Alternativen.

    Harris NRÜ ick sehe das in dem Fall aber ähnlich wie Hilope. Auch wenn es auch für Pflege deutlich mehr gibt als nur die Pflege, ist es für Ärzte deutlich einfacher, bzw vielseitiger möglich sich beruflich zu verändern. Neben einem Fachwechsel und div. Möglichkeiten in der Klinik (inkl. dem Wechsel in eine rein administrative Stelle/Stabsstelle) gibt es auch umher die Möglichkeit der ambulanten Tätigkeit/ Niederlassung, sowohl in Selbstständigkeit, als auch Anstellung. Dann die Zeitarbeit, die Tätigkeit als Notarzt, Tätigkeit in einer klinischen oder ambulanten Subspezialisierung inkl. Betriebs/Arbeitsmedizin, Tätigkeit bei einer Behörde/Stadt/KV/MDK und Co als Amtsarzt, Gutachter oder in Beratung, Forschung, Entwicklung/Strategie in der Medizintechnik/Pharma, Consulting (zB bei einer der Big 5 oder auch klein und individuell) , Fachautor, Fachlektorat, Fachjournalismus, Nischentätigkeit, Medizindidaktik/Lehre, Humanitäre Hilfe/ Entwicklungshilfe, NGOs, etc...

    Vieles davon geht auch mit einer Pflegeausbildung, aber bei weitem nicht alles und vor allem oft nicht so, dass man auch gut davon leben kann.

  • Ich ergänze mit:


    - werksärztliche Dienste

    - öffentliche Gesundheitsdienste


    Beides regelhaft ohne Wochenend- oder Bereitschaftsdienste.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • VK-Retter Das alles will ich auch gar nicht abstreiten, dass die Möglichkeiten umfangreich sind (habe ich auch zuvor nicht). Mir geht nur die selbstverliebte Denkweise und der ungehobelte Sprachgebrauch etwas auf den Keks. Vielleicht musste das einfach mal raus.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • VK-Retter Das alles will ich auch gar nicht abstreiten, dass die Möglichkeiten umfangreich sind (habe ich auch zuvor nicht). Mir geht nur die selbstverliebte Denkweise und der ungehobelte Sprachgebrauch etwas auf den Keks. Vielleicht musste das einfach mal raus.

    Vielleicht ist das aber auch nur deine Interpretation. Ich habe das nicht so verstanden.

  • So ist das eben mit den vier Ohren. Da die entsprechende Zielgruppe hier kaum vertreten ist, wird dieses auch nicht so häufig auffallen (so wie Du dieses anders verstanden hast).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Abgesehen von den beruflichen Perspektiven: Welche Patienten kann ein 3-jährig gelernter NotSan nicht eigenständig versorgen wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen ihm ermöglichen seinen Skill komplett zu nutzen?


    Wie viele davon könnten dann mit telemedizinischer Konsultation zusätzlich ausschließlich durch einen NotSan versorgt werden?


    Für welche Patienten braucht man einen weiteren Skill vor Ort?


    Mir fallen ein

    Endotracheale Intubationen (wenn man davon ausgeht das 100 Intubationen erforderlich sind um das für draußen zu können)

    Thoraxdrainagen

    Beatmung von respiratorisch komplexen Patienten

  • Rein medizinisch käme ggf. neben der reinen Intubation noch die Narkose dazu (als Beispiel), ggf. Antiarrhythmika etc.

    Ich persönlich halte aber davon abgesehen viel von einem Supervisor System, das ein erfahrener und dann eben entsprechend weiterqualifizierter NotSan bieten könnte. Der muss den Einsatz ja nicht zwingend übernehmen, sondern im Dialog das Team nach Bedarf unterstützen.
    Das Problem, das wir hier z.B. haben, ist, dass wir tatsächlich viele Einsätze incl. Narkose, Rea, Trauma usw. im 2er-Team abarbeiten. Das geht natürlich, aber ein bis zwei zusätzliche qualifizierte Händepaare helfen da halt deutlich weiter.

    Wenn in Zukunft kein NA mit Fahrer mehr kommt, würde das die Versorgung schon aufgrund fehlender (Wo)Menpower verschlechtern. Und gerade bei diesen Einsätzen reichen da halt First Responder oder Feuerwehler nicht aus.

  • Es sind ja deutlich über 100 Intubationen + Erhaltung der Kompetenz. Letztlich ist es ein manueller Skill, aber der Anwender müsste schon regelmäßig in einer Anästhesie arbeiten/intubieren..


    Aber ich denke das ein NotSan (+ TNA) auch ohne Studium die meisten Sachen alleine machen könnte. Der Rest ist de facto ja weniger eine Frage der akademischen Ausbildung (auch wenn ein gewisser Backround da sein sollte), als der Erfahrung in der Versorgung entsprechender Krankheitsbilder. Daher kann ja auch nicht jeder Arzt gleich gut Notarzt ubd nicht jeder Notarzt gleich gut jedes Einsatzbild...