Druchlässigkeit Pflege/Rettungsdienst: Wie die notwenidgen Kentnisse erwerben (Ergänzungsqualifikation)?

  • Problematisch wird es jedoch dann, wenn die Akademisierung beginnt, nämlich inwiefern man das dann noch umsetzen könnte. Aus der Hebamme wird nächstes Jahr die Midwifery B.Sc. Obwohl auch an meiner Hochschule die Module zwischen den Studiengängen sich in einigen Bereichen ähnlich oder sogar gleich sind, wie beispielsweise Soziologie, Grundlagen Betriebswirtschaft, Controlling im Gesundheitswesen, Empirische Sozialforschung, Wissenschaftliches Arbeiten / Statistik, Qualitätsmanagement, usw. Irgendwo gibt es da immer vergleichbare oder gleiche Inhalte.


    Gerade die Modularisierung in der Akademisierung ist eine gute Grundlage Ausbildungsanteile anzuerkennen.
    Ich habe im Rahmen meiner FWB Module einer örtlichen Hochschule absolviert, die mir im Rahmen eines weiterführenden Studiums anerkannt werden/würden.

  • Grundsätzlich finde ich jedoch auch, genau so wie Bodo, dass ein gewisser Teil der Ausbildung gemeinsam absolviert werden könnte. Beispielhaft wäre hier Anatomie, Physiologie, Naturwissenschaftliche Fächer wie Physik, Chemie, usw., aber auch Staatsbürgerkunde, Rechtskunde, Hygiene und ähnliches zu nennen, wo man sicher Synergieeffekte schaffen könnte.


    Den Vorteilen stehen allerdings zwei möglicherweise nicht unerhebliche Nachteile gegenüber:


    1) Die Inhalte müssen dann notwendigerweise thematisch geblockt unterrichtet werden. Kann man machen, scheint mir aber der Lernfeldorientierung zu widersprechen - man macht eben nicht erst einmal "Anatomie und Physiologie komplett" und dann später Pathyphysiologie, Notfallbilder und entsprechende Maßnahmen, sondern verknüpft Anatomie und Physiologie der Lunge mit den entsprechenden Erkrankungen, Notfallbildern und Maßnahmen.


    2) DIe gemeinsamen Inhalte lassen sich nur schwer zielgruppenspezifisch aufbereiten. Wenn man einmal davon absieht, dass "Staatsbürgerkunde" ohnehin keinen erkennbaren Platz in einer Berufsausbildung hat, sondern an die allgemeinbildenden Schulen gehört, kann man bspw. "Rechtskunde" natürlich ebenso allgemein unterrichten, um so nach Kräften sicherzustellen, dass niemand sich dafür interessiert - sinnigerweise stellt man bei solchen Ausbildungsinhalten auf die für den spezifischen Beruf relevanten Fragen ab und verknüpft auch Grundlagenwissen damit. Sonst sind wir wieder bei den EH-Kursen für betriebliche Ersthelfer, die sich u.a. damit befassen, wie man eine Unfallstelle absichert und Motorradfahrern den Helm abnimmt - sicherlich wichtige Themen, aber ohne direkten Bezug zu dem, was die Kursteilnehmer eigentlich lernen sollen.


    Aus der Hebamme wird nächstes Jahr die Midwifery B.Sc.


    Hervorragend.

  • 1) Die Inhalte müssen dann notwendigerweise thematisch geblockt unterrichtet werden. Kann man machen, scheint mir aber der Lernfeldorientierung zu widersprechen - man macht eben nicht erst einmal "Anatomie und Physiologie komplett" und dann später Pathyphysiologie, Notfallbilder und entsprechende Maßnahmen, sondern verknüpft Anatomie und Physiologie der Lunge mit den entsprechenden Erkrankungen, Notfallbildern und Maßnahmen.


    Du kannst das durchaus Lernfeld-orientiert machen, die Frage ist ja wo du es aufsplittest.
    Man muss halt in kleineren Einheiten denken.
    Sprich: Erste und zweite Stunde: Anatomie und Physiologie der Lunge
    Dritte Stunde: Generelle Pathologie der Lungen
    Vierte und fünfte Stunde: Aufspaltung in "GuK" und "NFS" Teil.


    Kriegen andere Ausbildungen und Länder mit "common trunk" ja auch ohne Probleme hin.
    Das Argument dagegen ist eher mal wieder das liebe Geld bzw. der Personalaufwand.

  • ...

    [...]

    Den Vorteilen stehen allerdings zwei möglicherweise nicht unerhebliche Nachteile gegenüber:


    1) Die Inhalte müssen dann notwendigerweise thematisch geblockt unterrichtet werden. Kann man machen, scheint mir aber der Lernfeldorientierung zu widersprechen - man macht eben nicht erst einmal "Anatomie und Physiologie komplett" und dann später Pathyphysiologie, Notfallbilder und entsprechende Maßnahmen, sondern verknüpft Anatomie und Physiologie der Lunge mit den entsprechenden Erkrankungen, Notfallbildern und Maßnahmen.

    [...]
    Fett durch mich


    Das unterstreiche ich als Lehrer unbedingt. Es ist sogar ein eklatanter Widerspruch. Lernfeldorientierung in Kombination mit einem Spiralcurriculum macht einen Quereinstieg extrem schwer. Denn wenn die Inhalte an schulspezifische Lernsituationen angepasst sind, wird es kompliziert. Ich möchte ein kleines Beispiel nennen:


    Nehmen wir zwei fiktive Schulen und das Thema "Haut". Deren Anatomie und Physiologie könnten bei Schule A in einer Lernsituation in Kombination mit Wunden im ersten Lehrjahr, in Schule B beim Legen von Zugängen im zweiten Lehrjahr eingebunden werden. Thematisch gibt es noch viele andere Möglichkeiten.


    Selbst der Schulwechsel eines NotSan-Schülers innerhalb eines Bundeslandes gestaltet sich derzeit nicht immer so, dass der Schüler nahtlos übertreten kann.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Das sieht für mich aber auf den ersten Blick eher nicht lernfeld- und lernsituationsorientiert aus, sondern fächerorientiert.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Warum hat man überhaupt diese Lernfeldorientierung für die NotSan-Ausbildung übernommen? Sie fällt ja nicht unters Berufsbildungsgesetz und entginge somit der KMK-Maßgabe, in beruflicher Bildung lernfeldorientiert zu unterrichten.

  • Warum hat man überhaupt diese Lernfeldorientierung für die NotSan-Ausbildung übernommen? Sie fällt ja nicht unters Berufsbildungsgesetz und entginge somit der KMK-Maßgabe, in beruflicher Bildung lernfeldorientiert zu unterrichten.


    Weils gut ist vielleicht?

  • Ist das so? Ernst gemeinte Frage, ich hab da wenig Einblick/Vergleich. Was sagt der Fachmann?

    Ich unterrichte erst seit drei Jahren in diesem Umfeld, gelte daher sicher noch nicht als Fachmann. Meine bisherigen Erfahrungen sagen, dass es gut ist.

    Speed is life!
    Es gibt 10 Arten von Menschen. Solche, die binär zählen können, und Solche, die es nicht können.

  • Warum hat man überhaupt diese Lernfeldorientierung für die NotSan-Ausbildung übernommen? Sie fällt ja nicht unters Berufsbildungsgesetz und entginge somit der KMK-Maßgabe, in beruflicher Bildung lernfeldorientiert zu unterrichten.



    Man hat sich halt der Pflege angepasst...
    Auch ob POL das Nonplusultra ist, streiten sich die Professoren

    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • Ob ein Professor geeignet ist, über die Wissenschaft der Lehre zu Urteilen kann man auch in Frage stellen...

    Under pressure, you don't rise to the occasion. You sink to your level of training.

  • Ob ein Professor geeignet ist, über die Wissenschaft der Lehre zu Urteilen kann man auch in Frage stellen...



    In dem Buch, was mir dazu gerade im Kopf herumgeistert ist
    https://www.technikum-wien.at/personal/martin-lehner/


    sicherlich eine Fachperson, die über Wissenschaft und Lehre urteilen kann und darf

    Ich habe einen ganz einfachen Geschmack - ich bin stets mit dem Besten zufrieden.
    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller, 1854 - 1900


    Ich prüfe jedes Angebot. Es könnte das Angebot meines Lebens sein.
    Henry Ford 1863 - 1947

  • Es wäre an der Zeit die Berufe und die Ausbildung durchlässig zu gestalten. Die Frage ist nur ob sich die Verantwortlichen dazu durchringen können. Viele Bereiche der Ausbildung behandeln die gleichen Themen.
    So müsste ein NotSan den pflegerischen Bereich erlernen und ein GuKpf den Bereich technische Rettung. Also meine Meinung: möglich und sinnvoll, aber vermutlich scheitert es an der Umsetzung.

    ...es gibt für alles im Leben den richtigen Zeitpunkt...

  • Mit dem technischen Bereich alleine ist es mMn auch nicht getan. Meiner Erfahrung nach wird im Bereich Pflege zwar viel Wissen bzgl. Anatomie und Physiologie vermittelt. Die tatsächliche Behandlung von akuten Notfällen wird aber nur sehr allgemein behandelt. An Algorithmen mit konkreten Handlungsempfehlungen und deren eigenständige Durchführung ist gar nicht zu denken. Darin sehe ich auch den grössten Unterschied der Ausbildungen. Der NotSan soll(te) zum eigenständigen Handeln befähigt werden, in der Pflege geht es halt (noch) in eine andere Schwerpunktrichtung. Deshalb glaube ich auch, dass in beiden Ausbildungen gar nicht soviel Synergien vorhanden sind.

  • Mit dem technischen Bereich alleine ist es mMn auch nicht getan. Meiner Erfahrung nach wird im Bereich Pflege zwar viel Wissen bzgl. Anatomie und Physiologie vermittelt. Die tatsächliche Behandlung von akuten Notfällen wird aber nur sehr allgemein behandelt.

    Ja, das ist korrekt und entspricht auch meiner Erfahrung. In der dreijährigen Krankenpflege-Ausbildung haben wir einen Erste Hilfe Kurs absolviert, in dessen Rahmen einmal kurz die Beutel-Masken-Beatmung gezeigt wurde. Die Betonung liegt dabei auf "kurz gezeigt". Die Grundlagen in Anatomie, Physiologie und Krankheitslehre war (ist) vorhanden, jedoch hätte ein Team von zwei, drei Pflegekräften (frisch examiniert oder kurz vor dem Examen im dritten Ausbildungsjahr) trotzdem wie Hein Blöd vor der Reanimation gestanden, wenn man ihnen eine BLS-Ausrüstung zur Hand gegeben hätte (AED, O2, Beutel, Absaugpumpe, LT) und auch noch erwartet hätte, dass sie suffizient im Team arbeiten sollen. Das haben sie einfach nie gelernt und auch nie regelmäßig geübt.


    Deshalb glaube ich auch, dass in beiden Ausbildungen gar nicht soviel Synergien vorhanden sind.

    Nun ja doch, da würde schon was gehen. Einige Beispiele wurden ja schon genannt. Komplette Anerkennungen oder Crash Kurse würden mMn aber tätsächlich keinen Sinn machen. Da muss schon was fundiertes her, für beide Bereiche (NotSan oder GuK).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ergänzend zu Harris NRÜ:


    die EH-Schulung in der Alten- und Krankenpflegeausbildung wird regelhaft "eingekauft" d.d. durch einen x-beliebigen Ausbilder einer Hiorg gemacht die eben vor Ort ansässig oder das günstigste Angebot abgegeben hat.
    Dieser Lehrgang erfolgt dann ebenso regelhaft zum Beginn der Ausbildung.
    Die Hiorg-Ausbilder haben nach meinen Erfahrungen selbst keinen Hintergrund durch RD, klinik, Intensiv usw.
    Es wird eben lediglich ein Standard-Lehrgang abgespult.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Ergänzend zu Harris NRÜ:


    die EH-Schulung in der Alten- und Krankenpflegeausbildung wird regelhaft "eingekauft" d.d. durch einen x-beliebigen Ausbilder einer Hiorg gemacht die eben vor Ort ansässig oder das günstigste Angebot abgegeben hat.
    Dieser Lehrgang erfolgt dann ebenso regelhaft zum Beginn der Ausbildung.
    Die Hiorg-Ausbilder haben nach meinen Erfahrungen selbst keinen Hintergrund durch RD, klinik, Intensiv usw.
    Es wird eben lediglich ein Standard-Lehrgang abgespult.



    Ergänzung zur Ergänzung:


    Das ist aber nicht zwingend so. Aktuell wird an einer Pflegeschule hier die Ausbildung durch einen exam. Krankenpfleger und Lehrrettungsassistenten wahrgenommen. Zur meiner Zeit war es eine Mischung aus Pflege und Anästhesie, die uns das gezeigt hatten. Ich kann mich auch an zwei Ausbildungseinheiten, einmal zu Beginn (EH) und kurz vor dem Schluss (da war dann auch mal der Beatmungsbeutel drin), erinnern.


    Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Pflege- und Hebammenausbildung sowas wie ein Basic Life Support (BLS) / AED Provider Kurs und ein Immediate Life Support Provider Kurs (ILS) gut tun würde. BLS+AED im 1. Lehrjahr, danach ILS. ILS dann im 2. und im 3. Jahr noch einmal wiederholen (allerdings nur mit AED). Sollte von der Zeit her (Theoretische Ausbildungszeit) zu schaffen sein.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Deshalb glaube ich auch, dass in beiden Ausbildungen gar nicht soviel Synergien vorhanden sind.


    Das sehe ich genau gegenteilig.
    Meine Ausbildungen in der Krankenpflege haben mir in vielen Situationen im Rettungsdienst Problemlösungswege aufgezeigt die ich sonst nicht auf dem Schirm gehabt hätte. Ebenso profitiere ich in der Arbeit in der Klinik sehr von meiner rettungsdienstlichen Erfahrung, insbesondere was das Notfallmanagement (klinisches Notfall-Team und Schockraumversorgung) anbelangt.
    Ich sehe da durchaus enorme Synergieeffekte und sei es nur das wachsende Verständnis für die Tätigkeit der anderen Berufsgruppe.

  • Meine Ausbildungen in der Krankenpflege haben mir in vielen Situationen im Rettungsdienst Problemlösungswege aufgezeigt die ich sonst nicht auf dem Schirm gehabt hätte. Ebenso profitiere ich in der Arbeit in der Klinik sehr von meiner rettungsdienstlichen Erfahrung, insbesondere was das Notfallmanagement (klinisches Notfall-Team und Schockraumversorgung) anbelangt.
    Ich sehe da durchaus enorme Synergieeffekte und sei es nur das wachsende Verständnis für die Tätigkeit der anderen Berufsgruppe.

    Das kann ich so auch bestätigen!

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.