Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finanzierung

  • Die Zahl von Intensivtransporten (mit der dafür notwenigen Personalressource!) wird zunehmen.

    Die Frage ist doch, ob bereits heutzutage wirklich ein ITW benötigt wird, um einen kreislaufstabilen, tracheotomierten Patienten, der abwechselnd feuchte Nase und etwas CPAP atmet, in die REHA verlegen zu können? Viele dieser ITW Transporte sind nämlich eigentlich keine Intensivtransporte im diesem Sinne und werden mit "es könnte ja sein" argumentiert.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Ich würde mich heute schon über praxisorientierte Ausbildung freuen :D

    Das schließt sich aber nicht zu einer universitären Ausbildung aus. Es gibt ja durchaus Möglichkeiten auch im B.sc entsprechende Pflichtpraktika analog zu den Hebammen oder den Paramedics anderer Länder einzubauen. Am Beispiel meines australischen Ex-Arbeitgebers:
    Ab dem dritten Semester sitzen die Students wechselnd in der Uni und auf dem RTW (dort fix als zweite Position wobei ab Tag 1 zwischen Beifahren und Fahren gewechselt wird).

  • Das schließt sich aber nicht zu einer universitären Ausbildung aus. Es gibt ja durchaus Möglichkeiten auch im B.sc entsprechende Pflichtpraktika analog zu den Hebammen oder den Paramedics anderer Länder einzubauen. Am Beispiel meines australischen Ex-Arbeitgebers:
    Ab dem dritten Semester sitzen die Students wechselnd in der Uni und auf dem RTW (dort fix als zweite Position wobei ab Tag 1 zwischen Beifahren und Fahren gewechselt wird).

    Aber heute scheint sich das bei mancher Bildungseinrichtung auszuschließen.

    Das man es in Zukunft besser macht ist dem unbenommen und auch sehr wünschenswert!

  • Die Frage ist doch, ob bereits heutzutage wirklich ein ITW benötigt wird, um einen kreislaufstabilen, tracheotomierten Patienten, der abwechselnd feuchte Nase und etwas CPAP atmet, in die REHA verlegen zu können? Viele dieser ITW Transporte sind nämlich eigentlich keine Intensivtransporte im diesem Sinne und werden mit "es könnte ja sein" argumentiert.

    Das frage ich mich immer beim Anblick eines ITW auf Basis eines MB-Sprinter.

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • Das frage ich mich immer beim Anblick eines ITW auf Basis eines MB-Sprinter.

    Och, das geht schon. Mit einem langen Radstand und langen Koffer. Man muss nur Ausbau und Ausrüstung gut bedenken. Einen normalen RTW-Koffer halte ich auch für zu wenig Platz. Fette LKW-Fahrgestelle sind gerade in Flächenländern doof, weil es die Anfahrzeiten extrem in die Länge zieht. Mit einem Sprinter ist das schon besser (wenn die blauen Lampen an sind).

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • Das schließt sich aber nicht zu einer universitären Ausbildung aus. Es gibt ja durchaus Möglichkeiten auch im B.sc entsprechende Pflichtpraktika analog zu den Hebammen oder den Paramedics anderer Länder einzubauen.

    So ist es. Die Berufsfachschule wurde ja nur durch eine Fachhochschule oder Universität ersetzt. Hebammen beispielsweise haben immer noch ihre Praxiseinsätze im Kreißsaal, Wochenbett, Externat (Präklinik), usw. Nur das sie eben anstatt 3 nun 4 Jahre büffeln müssen.

    Ich komme aus Ironien, das liegt am sarkastischen Meer.

  • So ist es. Die Berufsfachschule wurde ja nur durch eine Fachhochschule oder Universität ersetzt.

    Ganz so ist es nun nicht. Eine Ausbildung im dualen System ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass der Schwerpunkt auf der praktischen Tätigkeit im Ausbildungsbetrieb liegt (beim NotSan: 2.680 h praktische Ausbildung in RD und KH, 1.920 h Unterricht). Ein Studium ist mehr oder weniger akademisch ausgerichtet; selbst wenn das wissenschaftliche Arbeiten nicht nur durch kurze Pflichtpraktika unterbrochen wird, sondern lange Praxisphasen vorgesehen sind, liegt der Schwerpunkt aber immer beim Unterricht. Auch ein praxisorientiertes Studium ist eben in erster Linie ein Studium. Nehmen wir den gehobenen Dienst der Polizei: auf 2 Jahre Studium (plus, bspw. in BW, 9 Monate theoretisch-praktische Vorausbildung) kommt 1 Jahr Praktikum.


    Man wird kaum einen Studiengang akkreditieren können, in dem primär nicht studiert, sondern praktisch gearbeitet werden soll. Das macht auch wenig Sinn.


    (Ja, in anderen Ländern ist das ggf. anders; das liegt dann aber idR daran, dass es keine Ausbildungsberufe in unserem Sinne gibt.)

    Ab dem dritten Semester sitzen die Students wechselnd in der Uni und auf dem RTW (dort fix als zweite Position wobei ab Tag 1 zwischen Beifahren und Fahren gewechselt wird).

    Das passt. 2 Semester Studium, dann 4 Semester halb Studium, halb Praktika - also 2 Jahre Studium, 1 Jahr Praktika.

  • Ein ÄLRD darf dann künftig nicht nebenher mit einem Anteil von 50% der AZ möglich sein.

    Das ist bewusst so gemacht, damit der ÄLRD eben kein reiner Sesselfurzer ohne Realitätsbezug ist, sondern jemand, der in dem System arbeitet, für das er verantwortlich ist.

  • Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen das ein so fein ausdifferenziertes System die Kosten in der Fläche senken kann.


    Aber es böten sich halt (hoffentlich) attraktive Aufstiegschancen für NotSan, (hoffentlich) sowohl bei den Kompetenzen als (hoffentlich) auch finanziell.

    Das schließt sich m.M. nach eben aus. In der Fläche viele Studierte statt einem, wird die Kosten des RD nicht senken.


    Ein paar Jahre als NotSan Erfahrung sammeln und dann auf dieser Kompetenz aufbauend eine medizinische Zusatzqualifikation und danach geht’s noch Richtung Führungsfunktion.

    Es geht doch hier um die praktische Tätigkeit auf den Fahrzeugen und nicht eine Fluchtmöglichkeit aus dem Betrieb. Die Leute zu Super-NFS auszubilden, damit sie dann eine Leitungsfunktion wahrnehmen, ist mit der Reform sicher nicht gewollt. Ich habe ja auch nicht studiert, um eine Führungsaufgabe zu übernehmen, sondern praktisch als Arzt zu arbeiten.

  • Das ist bewusst so gemacht, damit der ÄLRD eben kein reiner Sesselfurzer ohne Realitätsbezug ist, sondern jemand, der in dem System arbeitet, für das er verantwortlich ist.

    Das begrüsse ich ausdrücklich!

    raphael-wiesbaden


    Artikel 1
    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.


    Selig sind die geistig Armen - nur: kann der Himmel die ganzen Seligen auch wirklich aufnehmen ?

  • So ist es. Die Berufsfachschule wurde ja nur durch eine Fachhochschule oder Universität ersetzt. Hebammen beispielsweise haben immer noch ihre Praxiseinsätze im Kreißsaal, Wochenbett, Externat (Präklinik), usw. Nur das sie eben anstatt 3 nun 4 Jahre büffeln müssen.

    es haben sich aber auch die Zugangsvoraussetzungen geändert (Fachhochschulreife statt Mittlerem Bildungsabschluss).

  • Man wird kaum einen Studiengang akkreditieren können, in dem primär nicht studiert, sondern praktisch gearbeitet werden soll. Das macht auch wenig Sinn.


    (Ja, in anderen Ländern ist das ggf. anders; das liegt dann aber idR daran, dass es keine Ausbildungsberufe in unserem Sinne gibt.)

    Bologna lässt grüssen, es zeigt sich, zumindest in Europa, dass die rettungsdienstlichen oder pflegerischen Bachelor ihre Stärke im theoretischen Verständnis haben, die Praxis eine untergeordnete Rolle spielt.
    Frage an eine (osteuropäische) BA, was sie den an Praxis vorweisen könnte: „Fallstudien im Krankenhaus“. Und dies erscheint mir, erklärend durch das System, die Regel zu sein, sowohl im RD, wie in der Pflege.

  • Warum sollte man eine 3jährige Ausbildung zum NotSan machen, wenn man stattdessen auch ein 3jähriges Studium absolvieren kann? Das macht ja wenig Sinn.

    Das kann man ja, u.a. in dem man als Regelbesetzung für die ZNA oder Intensivstation auch studierte Notfallsanitäter oder Pflegefachkräfte vorsieht. Das spart soviel ärztliches Personal in der Breite ein, dass man an die wenigen noch notwendigen Ärzte entsprechend höhere Anforderungen stellen kann.


    Darum ist es ja auch durchaus sinnvoll, dass die Grundausbildung weiter der „normale“ NotSan bleibt. Was danach kommt ist durchaus in einem Mix aus Theorie und Praxis zu vermitteln. Und das ist doch eigentlich der perfekte Weg. Grundausbildung „für alle“ und wer noch mehr möchte kann das Studium draufsetzen.

  • Ich fürchte mich hier unbeliebt zu machen, trotzdem möchte ich meinen Punkt anbringen.

    Warum muss alles akademisiert werden? Wie lange haben wir für die Einführung eines "richtigen" Lehrberufs gekämpft?


    Jetzt ist der NotSan gerade mal neun Jahre vorhanden, läuft m.M.n. sehr gut, wir haben viele junge, gut motivierte und vor allem theoretisch und praktisch fitte Leute ausgebildet, warum dieses gute System jetzt wieder abschaffen?


    Welchen Vorteil hat das? Alle prügeln sich um die Abiturienten, warum nehmen wir mit einem Studium denn Absolventen der mittleren Reife die Möglichkeit, sich für diesen Beruf zu bewerben?

  • Welchen Vorteil hat das? Alle prügeln sich um die Abiturienten, warum nehmen wir mit einem Studium denn Absolventen der mittleren Reife die Möglichkeit, sich für diesen Beruf zu bewerben?

    das war ein Grund, warum man bei der Pflege beim Zugang "mittlere Reife" geblieben ist. Das mit dem Zugang Abitur wurde bei der letzten Reform auch überlegt.

  • In Summe das was es braucht. Differierende Versorgungsstufen, eng verknüpft. Ausbildung entsprechend der Notwendigkeit vor Ort. Spezialkräfte für komplexsituationen flächendeckend vorzuhaltend ist eine Herausforderung, ist aber auch heute schon so, wenn der NA so etwas nicht regelmäßig in der Klinik hat. Das ist z.B. auch ein Mangel am Rettungspersonal, dass diese invasiven Maßnahmen selten macht, in der komplexen Situation aber draußen machen sollte. Vielleicht ist das auch etwas was einfach so ist und nicht immer lösbar ist.


    Ich freue mich dann darauf als alter Mann in dieser Struktur ordentlich versorgt zu werden. Bis dahin schaue ich faszinierend zu, wie die Umstellung erstmal als ein großes deutsches Problem angesehen wird.

  • Bei allem Optimismus, den ich natürlich auch spüre (da viele der Dinge auch von mir hier mal angesprochen und gewünscht worden sind):

    Ich sehe dies als einen Vorschlag einer Kommission, der zu Überstunden in den Rechtsabteilungen der GKV und Ärzteverbänden geführt hat.

    Ich wette diese arbeiten seit Freitag morgen bereits im Akkord an ihren Texten gegen diese Vorschläge.

    Und eine Gruppe wurde hier (fast) ausgeblendet: Die Schulbetreiber. Diese werden sich nicht gegen FH austauschen lassen.

  • Bei allem Optimismus, den ich natürlich auch spüre (da viele der Dinge auch von mir hier mal angesprochen und gewünscht worden sind):

    Ich sehe dies als einen Vorschlag einer Kommission, der zu Überstunden in den Rechtsabteilungen der GKV und Ärzteverbänden geführt hat.

    Ich wette diese arbeiten seit Freitag morgen bereits im Akkord an ihren Texten gegen diese Vorschläge.

    Und eine Gruppe wurde hier (fast) ausgeblendet: Die Schulbetreiber. Diese werden sich nicht gegen FH austauschen lassen.

    Da sind sie wieder, die vielen Probleme. Ich sehe Lösungen. ;-)